Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Verurteilung der Beklagten zur Erstattung von Kosten in Höhe von noch 3.257,06 Euro, die im Rahmen
der künstlichen Befruchtung seiner privat krankenversicherten Ehefrau entstanden sind (ICSI, intracytoplasmatische Spermieninjektion).
Der 1967 geborene Kläger ist bei der Beklagten krankenversichert. Er ist seit September 2000 verheiratet und leidet unter
Subfertilität bei Oligoasthenoteratospermie. Aufgrund ihres Kinderwunsches ließen die Eheleute ab Oktober 2002 Voruntersuchungen
für eine künstliche Befruchtung der Ehefrau durchführen. Die ICSI-Behandlung begann am 7. Januar 2003.
Nachdem die private Krankenversicherung der Ehefrau mit Schreiben vom 17. Februar 2003 die Übernahme jeglicher Kosten abgelehnt
hatte, da die Ehefrau völlig gesund sei und daher die gesetzliche Krankenversicherung des Ehemannes einzustehen habe, beantragte
der Kläger (erstmals) mit Schreiben vom 23. Februar 2003 bei der Beklagten, die Kosten der Behandlung (bis dahin 3.734,34
Euro) zu übernehmen.
Mit Bescheid vom 1. April 2003, bestätigt durch Widerspruchsbescheid vom 20. April 2004, teilte die Beklagte dem Kläger mit,
dass die Kosten für die ICSI-Behandlung der Ehefrau nicht erstattungsfähig seien. Zu übernehmen seien nur die Kosten für die
extrakorporalen Behandlungen und für die eindeutig dem Kläger zuzuordnenden Behandlungen. Die nicht extrakorporalen Maßnahmen
bei dem nicht gesetzlich krankenversicherten Ehepartner fielen nicht in den Leistungsbereich der gesetzlichen Krankenkasse
des anderen Ehepartners. Auf dieser Grundlage erstattete die Beklagte Kosten in Höhe von insgesamt 2.391,05 Euro.
Mit der am 19. Mai 2004 erhobenen Klage hat der Kläger einen Zahlungsanspruch in Höhe von 6.197,83 Euro verfolgt (14 Rechnungen
für die Behandlung der Ehefrau - insbesondere: Hormonbehandlung - im Zeitraum November 2002 bis Oktober 2003). Er meint, einen
Anspruch auf Kostenerstattung auch für die Behandlung seiner Ehefrau zu haben. Dies ergebe sich schon aus dem Gebot der Gleichbehandlung
mit Eheleuten, die beide einer gesetzlichen Krankenversicherung angehörten.
Mit Urteil vom 6. Dezember 2005 hat das Sozialgericht Potsdam die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt:
Der Kläger habe keinen Anspruch auf Erstattung der Kosten, die bei der ICSI-Behandlung seiner Ehefrau angefallen seien. Eine
Erstattung von Kosten für die Zeit vor Erteilung des Bescheides vom 1. April 2003 scheide schon deshalb aus, weil die Kosten
insofern nicht auf die Ablehnung der Kostenübernahme zurückzuführen seien. Im Übrigen lägen die gesetzlichen Voraussetzungen
für eine Kostentragung nicht vor. Die gesetzliche Krankenkasse sei nämlich nur verpflichtet, die Kosten von Maßnahmen der
künstlichen Befruchtung zu tragen, die bei ihrem Versicherten durchgeführt worden seien.
Gegen das ihm am 21. Dezember 2005 zugestellte Urteil hat der Kläger am 16. Januar 2006 Berufung eingelegt. Mit ihr begehrt
er noch die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 3.257,06 Euro (Höhe der nach Antragstellung vom 23. Februar 2002 angefallenen
Rechnungen: 5.648,11 Euro; davon erstattet: 2.391,05 Euro; Rest: 3.257,06 Euro). Ein Anspruch resultiere aus §
27 a SGB V in Verbindung mit dem Schutz von Ehe und Familie (Art.
6 Abs.
1 GG), der Gewährleistung der freien Entfaltung der Persönlichkeit (Art.
2 Abs.
1 GG), dem Gleichheitsgebot (Art.
3 Abs.
1 GG) sowie dem Sozialstaatsprinzip (Art.
20 Abs.
1 GG). §
27 a Abs. 3
SGB V sei verfassungwidrig, soweit er im vorliegenden Fall zu einem Leistungsausschluss führe.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 6. Dezember 2005 sowie den Bescheid der Beklagten vom 1. April 2003 in der Fassung
des Widerspruchsbescheides vom 20. April 2004 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, Kosten in Höhe von 3.257,06 Euro
für die künstliche Befruchtung seiner Ehefrau zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das mit der Berufung angegriffene Urteil für zutreffend.
Wegen des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird ergänzend auf den Inhalt der Gerichtsakte und des Verwaltungsvorgangs
der Beklagten Bezug genommen, der, soweit wesentlich, Gegenstand der Entscheidungsfindung war.
Entscheidungsgründe:
Aufgrund der ausdrücklichen Zustimmung der Beteiligten im Erörterungstermin vom 24. Oktober 2008 darf über die Sache vom Berichterstatter
und ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entschieden werden (§§
155 Abs.
3 und Abs.
4,
153 Abs.
1,
124 Abs.
2 SGG).
Die Berufung des Klägers ist zulässig, hat jedoch keinen Erfolg. Das Sozialgericht beurteilt in dem mit der Berufung angefochtenen
Urteil vom 6. Dezember 2005 die Sach- und Rechtslage zutreffend.
§
27 a Abs.
1 SGB V sieht - unter bestimmten Voraussetzungen - vor, dass die Leistungen der Krankenbehandlung auch medizinische Maßnahmen zur
Herbeiführung einer Schwangerschaft umfassen. Nach §
27 a Abs.
3 SGB V in der bis zum 31. Dezember 2003 geltenden Fassung übernimmt die gesetzliche Krankenkasse jedoch nur Kosten, die bei ihrem
Versicherten durchgeführt werden (ähnlich §
27 a Abs.
3 Satz 3
SGB V aktueller Fassung: Anspruch auf Übernahme von 50 Prozent der mit dem Behandlungsplan genehmigten Kosten für Maßnahmen, die
bei ihrem Versicherten durchgeführt werden).
Hieran gemessen hat der Kläger keinen Anspruch auf Erstattung der Kosten, die für die Behandlung seiner Ehefrau im Rahmen
der Bemühungen um künstliche Befruchtung entstanden sind. Eine gesetzliche Krankenkasse ist ihrem Versicherten nach der gesetzlichen
Regelung nicht leistungspflichtig für Maßnahmen, die unmittelbar und ausschließlich am Körper des nicht bei ihr versicherten
Ehegatten ihres Versicherten ausgeführt werden (vgl. hierzu Bundessozialgericht, Urteil vom 22. März 2005, B 1 KR 11/03 R, zitiert nach juris, dort Rdnr. 16 ff.). Die zitierte Entscheidung des Bundessozialgerichts bezog sich gerade auch auf eine
Fallkonstellation, in der der andere Ehegatte nicht bei einer gesetzlichen Krankenversicherung versichert war. Hierzu hat
es ausgeführt (aaO., Rdnr. 20), es sei dann gegebenenfalls Sache des Ehegatten, bei seiner eigenen Krankenkasse bzw. privaten
Versicherung oder Beihilfestelle die unmittelbar und ausschließlich seinen Körper betreffende Behandlung zur künstlichen Befruchtung
geltend zu machen. Dies gilt auch dann, wenn die private Krankenversicherung des anderen Ehegatten eine Leistungspflicht -
zu Recht oder zu Unrecht - verneint hat, denn insoweit sieht §
27 a SGB V keine Leistungsausweitung vor. Sinn dieses Gesetzes ist es, den Versicherten der gesetzlichen Krankenkassen für eigene Erkrankungen
bzw. für eigene Maßnahmen zur extrakorporalen Befruchtung Leistungen zu gewähren. Dies geschieht hinsichtlich der Leistungen
am und im Körper des Versicherten selbst sowie für extrakorporale Maßnahmen. Es ist hingegen nicht Aufgabe der gesetzlichen
Krankenversicherung, Leistungsausschlüsse von privaten Krankenversicherungsunternehmen gegenüber deren eigenen Versicherten
dadurch auszugleichen, dass auch Leistungen für Behandlung am oder im Körper der Menschen zu tragen sind, die selbst nicht
bei der gesetzlichen Krankenkasse versichert sind (vgl. Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 19. Oktober 2006,
L 9 KR 122/03, zitiert nach juris, dort Rdnr. 17).
Die vom Kläger aufgeworfenen verfassungsrechtlichen Bedenken teilt der Senat nicht. Der Einwand der Ungleichbehandlung mit
Eheleuten, die beide gesetzlich krankenversichert sind, ist schon deshalb nicht tragfähig, weil unterschiedliche Sachverhalte
Differenzierung erlauben. Im Übrigen hat das Bundesverfassungsgericht in einem Beschluss vom 27. Februar 2009 (1 BvR 2982/07) in Zusammenhang mit der Begrenzung der Kostenübernahme auf 50 Prozent Folgendes betont: Den Gerichten obliege größte Zurückhaltung,
dem Gesetzgeber im Bereich gewährender Staatstätigkeit über den Gleichheitssatz zusätzliche Leistungsverpflichtungen aufzuerlegen,
vor allem wenn sie aus den Beiträgen der Gemeinschaft der Versicherten finanziert werden. In Bezug auf Maßnahmen der künstlichen
Befruchtung bestehe keine staatliche Verpflichtung des Gesetzgebers, die Entstehung einer Familie mit den Mitteln der gesetzlichen
Krankenversicherung zu fördern. Es handele sich vielmehr um eine in seinem Ermessen stehende Leistung, die nicht medizinisch
für eine Therapie notwendig ist, sondern die Wünsche eines Versicherten für seine individuelle Lebensgestaltung betrifft.
Dann bleibe es aber im Rahmen des gesetzgeberischen Gestaltungsspielraums, wenn er sich zu einer Förderung von Maßnahmen künstlicher
Befruchtung entschließt, dies aber generell auf eine Teilförderung beschränkt.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG. Die Revision war nicht zuzulassen, weil Zulassungsgründe nach §
160 Absatz
2 SGG nicht vorliegen.