Anspruch auf Grundsicherung für Arbeitsuchende; Vorliegen einer Bedarfsgemeinschaft bei Partnerschaft auf Probe
Gründe:
I. Der Antragsteller begehrt, ihm im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch
- Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) ab 29. April 2009 ohne Berücksichtigung des Einkommens der mit ihm in einer
Wohnung lebenden Frau D. zu gewähren.
Der Antragsgegner hat den von dem Antragsteller, der zunächst bis zum 12. März 2009 Arbeitslosengeld I (Alg) bezog, am 12.
Februar 2009 gestellten Antrag auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts abgelehnt (Bescheid vom 12.03.2009, Widerspruchsbescheid
vom 23.04.2009), weil aufgrund des Einkommens von Frau D., die zur Bedarfsgemeinschaft gehöre, Hilfebedürftigkeit nicht vorliege.
Dagegen hat der Antragsteller Klage bei dem Sozialgericht (SG) Osnabrück erhoben (S 22 AS 342/09), über die noch nicht entschieden worden ist.
Mit Beschluss vom 11. Mai 2009, auf den Bezug genommen wird, hat das SG Osnabrück den Antragsgegner auf den am 29. April 2009
vom Antragsteller gestellten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung verpflichtet, dem Antragsteller vorläufig und
unter dem Vorbehalt der Rückforderung ab dem 29. April 2009 Leistungen nach dem SGB II in Höhe von 550,50 EUR bis zu einer
rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache, längstens bis zum 28. August 2009 zu gewähren.
Der Antragsgegner hat am 18. Mai 2009 gegen den am 14. Mai 2009 zugestellten Beschluss Beschwerde eingelegt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakte Bezug genommen.
Neben der Prozessakte hat die den Antragsteller betreffende Verwaltungsakte des Antragsgegners vorgelegen.
II. Die gemäß §§
172,
173 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) statthafte und zulässige Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des SG Osnabrück vom 11. Mai 2009 ist begründet.
Der Antragsteller hat keinen Anspruch auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, weil die Voraussetzungen für die begehrte
Regelungsanordnung nicht gegeben sind. Insbesondere fehlt es an der Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruchs.
Einstweilige Anordnungen sind nach §
86b Abs.
2 Satz 2
SGG zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung
zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung ist, dass
ein geltend gemachtes Recht gegenüber dem Antragsgegner besteht (Anordnungsanspruch) und der Antragsteller ohne den Erlass
der begehrten Anordnung wesentliche Nachteile erleiden würden (Anordnungsgrund). Sowohl die hinreichende Wahrscheinlichkeit
eines in der Sache gegebenen materiellen Leistungsanspruchs als auch die Eilbedürftigkeit der Regelung zur Abwendung wesentlicher
Nachteile sind glaubhaft zu machen (§
86b Abs.
4 SGG i. V. m. §
920 Abs.
2 Zivilprozessordnung -
ZPO -).
Die Voraussetzungen für den Erlass einer Regelungsverfügung gemäß §
86b Abs.
2 Satz 2
SGG liegen nicht vor, denn der Antragsteller hat seine Hilfebedürftigkeit nicht hinreichend glaubhaft gemacht. Das heißt, es
fehlt an der Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruchs, denn das Einkommen und Vermögen der Frau D. ist bei der Bedürftigkeitsprüfung
des Antragstellers zu berücksichtigen. Zwischen dem Antragsteller und Frau E. besteht eine Bedarfsgemeinschaft und zwar in
Form einer sogenannten Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft.
Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes erhalten nach § 7 SGB II Personen, die das 15. Lebensjahr vollendet und die
Altersgrenze nach § 7a SGB II noch nicht vollendet haben, erwerbsfähig und hilfebedürftig sind, ihren gewöhnlichen Aufenthalt
in der Bundesrepublik Deutschland haben (Abs. 1 Satz 1) sowie die mit ihnen in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen
(Abs. 2).
Hilfebedürftig ist nach § 9 Abs. 1 SGB II, wer seinen Lebensunterhalt, seine Eingliederung in Arbeit und den Lebensunterhalt
der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Mitteln und Kräften, vor
allem durch Aufnahme einer zumutbaren Arbeit oder aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen, sichern kann und
die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen, erhält.
Bei Personen, die in einer Bedarfsgemeinschaft leben, sind auch das Einkommen und Vermögen des Partners zu berücksichtigen
(§ 9 Abs. 2 Satz 1).
Zur Bedarfsgemeinschaft gehört nach § 7 Abs. 3 Nr. 3c SGB II eine Person, die mit dem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in einem
gemeinsamen Haushalt so zusammenlebt, dass nach verständiger Würdigung der wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung
füreinander zu tragen und füreinander einzustehen.
Der Gesetzgeber hat in der Neuregelung des § 7 Abs. 3 Nr. 3c SGB II den Begriff "eheähnliche Gemeinschaft" aufgegeben (vgl.
zur früheren Rechtslage: §
7 Abs.
3 Nr.
3b SGB III in der bis zum 31.07.2006 geltenden Fassung), um die Zuordnung von zwei in einer nicht eingetragenen gleichgeschlechtlichen
Partnerschaft lebenden Personen zu einer Bedarfsgemeinschaft zu ermöglichen (vgl. BT-Drucks. 16/1410, S. 19). Der Prüfungsmaßstab
für das Vorliegen einer solchen Einstands- und Verantwortungsgemeinschaft ist jedoch unverändert (vgl. bspw. Beschluss des
Senats vom 08.01.2008 - L 7 AS 662/07 ER -) und knüpft an die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) an, wonach für die Annahme einer eheähnlichen
Gemeinschaft die Bindungen der Partner so eng sein müssen, dass daneben kein Raum für eine weitere Lebensgemeinschaft gleicher
Art ist und von den Partnern ein gegenseitiges Einstehen in den Not- und Wechselfällen des Lebens erwartet werden kann, also
über die Beziehung einer reinen Haushalts- und Wirtschaftsgemeinschaft hinausgehen (BVerfG, Urteil vom 17.11.1992 - 1 BvL 8/87 - BVerfGE 87, S. 234 ff, 265; Beschluss vom 02.09.2004 - 1 BvR 1962/04 -). Ob eine solche Lebensgemeinschaft auf der Grundlage entsprechender innerer Bindungen auf Dauer angelegt ist, kann letztlich
nur anhand von Indizien festgestellt werden. Grundsätzlich ist hierzu die Wohngemeinschaft der Partner erforderlich. Als weitere
Hinweistatsachen dienen die Dauer des Zusammenlebens, bekannte intime Beziehungen, eine Versorgung von Kindern und Angehörigen
im gemeinsamen Haushalt, die Befugnis über Einkommens- und Vermögensgegenstände des anderen Partners zu verfügen. Hinsichtlich
der Dauer des Zusammenlebens sind wichtige Hinweistatsachen die Dauer und Intensität der Bekanntschaft vor Begründung der
Wohngemeinschaft, der Anlass für das Zusammenziehen, die konkrete Lebenssituation während der streitgegenständlichen Zeit
und die nach außen erkennbare Intensität der gelebten Gemeinschaft (vgl. Bundesverwaltungsgericht - BVerwG -, Urteil von 17.05.1996
- 5 C 16/96 -). Damit sind aber keineswegs die einzig zulässigen Indizien für das Vorliegen einer eheähnlichen Gemeinschaft aufgezählt
und umschrieben, noch müssen diese Indizien kumulativ vorliegen, um die Annahme einer eheähnlichen Gemeinschaft zu rechtfertigen.
Entscheidend ist stets das Gesamtbild der im streitgegenständlichen Zeitraum festgestellten Indizien (vgl. auch BSG in SozR
3-4100 § 119 Nr. 15). Dabei ist es Sache des Antragsgegners, das Vorliegen einer Einstands- und Verantwortungsgemeinschaft
im Sinne des § 7 Abs. 3 Nr. 3c SGB II im einstweiligen Rechtsschutzverfahren mit überwiegender Wahrscheinlichkeit glaubhaft
zu machen. Dies führt allerdings nicht dazu, nur dann vom Vorliegen einer Einstands- und Verantwortungsgemeinschaft auszugehen,
wenn dies von den Betroffenen zugestanden wird. Unerheblich ist auch, dass die Antragsteller die rechtlichen Folgen, welche
der Gesetzgeber an das Bestehen einer solchen Gemeinschaft im Rahmen des SGB II geknüpft hat, offensichtlich nicht zu tragen
gewillt sind. Vielmehr beurteilt sich die Frage nach allen äußeren, objektiv erkennbaren Umständen.
An diesen Grundsätzen gemessen, steht nach dem derzeitigen Sach- und Streitstand zur Überzeugung des Senats fest, dass der
Antragsteller und Frau E. eine Bedarfsgemeinschaft im Sinne des § 7 Abs. 3 Nr. 3c SGB II bilden.
Nach eigenen Angaben haben sich der Antragsteller und Frau E. Ende des Jahres 2007 kennengelernt und waren zunächst nur gute
Freunde. Mitte des Jahres 2008 sind die beiden nach Angaben des Antragstellers "richtig zusammengekommen" beziehungsweise
hat sich der Kontakt nach der Einlassung von Frau E. intensiviert. Am 28. August 2008 ist Frau E. mit in die Wohnung des Antragstellers
gezogen (vgl. Bl. 118 VA). Die Wohnung wird seither vom Antragsteller und Frau E. ohne Einschränkung gemeinsam genutzt. Das
Verhältnis wird als freundschaftlich beschrieben. Es bestehen intime Kontakte. Der Antragsteller und Frau E. bezeichnen sich
als "Paar". Im Verwaltungsverfahren (Bl. 122 VA) hat der Antragsteller angegeben, dass er die Miete zahle und Frau E. die
Einkäufe erledige. Auch aus den im Gerichtsverfahren vorgelegten eidesstattlichen Versicherungen ergibt sich, dass Frau E.
die gemeinsamen Einkäufe tätigt und sich teilweise an der Mietzahlung beteiligt. Aus alledem ergibt sich, dass der Antragsteller
und Frau E. zusammenleben und einen gemeinsamen Haushalt führen. Neben dem sogenannten "Wirtschaften aus einem Topf" (hier:
gemeinsames Einstehen für die Mietzahlungen, gemeinsame Einkäufe etc.) spricht für das Vorliegen einer Wirtschaftsgemeinschaft
bereits die gemeinsame Nutzung der gesamten Wohnung. Denn sie führt zu einer Mitbenutzung der dem jeweils anderen Partner
gehörenden Gegenstände und begründet insoweit eine Verfügungsbefugnis, die unabhängig davon besteht, wer die Haushaltsgegenstände
angeschafft hat und in wessen Eigentum sie stehen.
Darüber hinaus ist nach verständiger Würdigung ein wechselseitiger Einstandswille anzunehmen. Das resultiert zu einem daraus,
dass die Verbindung des Antragstellers mit Frau E. keine weitere Lebensgemeinschaft gleicher Art zulässt. Denn das gemeinsame
Zusammenleben in einer Haushalts- und Wirtschaftsgemeinschaft verbunden mit der Tatsache, dass der Antragsteller und Frau
E. intime Kontakte pflegen, sich freundschaftlich verbunden fühlen und sich als Paar bezeichnen, zeugt von einer wirtschaftlichen
und emotionalen Verflechtung, die daneben keine weitere Lebensgemeinschaft gleicher Art zulässt. Vielmehr ist es so, dass
eine solche Verbindung als "eheähnlich" zu bezeichnen ist. Denn hier sind die Partner auf allen Ebenen der zwischenmenschlichen
Bereiche miteinander verknüpft, sodass von einer gemeinsamen Lebensgestaltung ausgegangen werden muss, wie dies klassischerweise
in einer Ehe anzutreffen ist. Anhaltspunkte dafür, dass die Verbindung der Partner nicht auf Dauer angelegt ist, sind nicht
zu finden. Denn den Willen zu einer derartigen auf Dauer angelegten Partnerschaft haben der Antragsteller und Frau E. mit
der Bildung einer Haushalts- und Wirtschaftsgemeinschaft manifestiert. Der Antragsteller kann sich auch nicht mit Erfolg darauf
berufen, es nur miteinander "probieren" zu wollen. Denn die Verbindung kann nicht etwa als lose, vorübergehend oder einseitig
bezeichnet werden. Vielmehr lebten der Antragsteller und Frau E. bereits ein knappes halbes Jahr zusammen und führten einen
gemeinsamen Haushalt; bei Antragstellung bei Gericht bereits 8 Monate. Bei der nach außen erkennbaren Intensität der gelebten
Gemeinschaft, die sich unter anderem in der gemeinsamen Antragstellung beim Antragsgegner widerspiegelt sowie der Bezeichnung
als Paar (zur Bezeichnung als "Lebensgefährten" als gewichtiges Indiz für eine Einstandsgemeinschaft vgl. LSG Niedersachsen-Bremen,
Beschluss vom 20.09.2005 - L 8 AS 131/05 ER -), kann sich der Antragsteller nicht mehr darauf berufen, er würde es erstmal nur mit Frau E. "probieren". Andererseits
ist ein "Probieren" im Sinne des "Arbeitens" an einer Partnerschaft, regelmäßig getragen von dem Wunsch, dass diese auf Dauer
halte, einer solchen Verbindung gerade immanent und ehetypisch. Das spricht folglich jedoch nicht gegen das Vorliegen einer
Einstands- und Verantwortungsgemeinschaft.
Nicht überzeugend ist das Vorbringen des Antragstellers, eine Einstandsgemeinschaft könne nicht angenommen werden, da eine
lange Dauer der Beziehung nicht gegeben sei. Wie oben bereits ausgeführt, ist der Antragsteller mit Frau E. nach seinen Angaben
seit Mitte 2008 richtig zusammen. Sie lebten zum Zeitpunkt der Antragstellung bei Gericht bereits 8 Monate zusammen in einem
gemeinsamen Haushalt. Eine Bedarfsgemeinschaft im Sinne von § 7 Abs. 3 Nr. 3c SGB II kann bei Vorliegen der Voraussetzungen,
nämlich des Zusammenlebens in einem gemeinsamen Haushalt angenommen werden, wenn nach verständiger Würdigung der wechselseitige
Wille anzunehmen ist, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen. Allein das Vorliegen dieser Voraussetzungen
ist entscheidend. Irgendeine zeitliche Einschränkung hinsichtlich des Zusammenlebens hat der Gesetzgeber nicht getroffen,
sodass die Möglichkeit besteht, bei Vorliegen sämtlicher Voraussetzungen bereits vom ersten Tag des Zusammenlebens von einer
derartigen Bedarfsgemeinschaft auszugehen. Daran ändert auch der durch das Gesetz zur Fortentwicklung der Grundsicherung für
Arbeitsuchende vom 20.07.2006 (BGBl. I S. 1706) in das Gesetz eingefügte Abs. 3a des § 7 SGB II nichts. Nach dieser Regelung kann in bestimmten Fällen der Wille vermutet
werden, eine Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft einzugehen. Dieses ist nach § 7 Abs. 3a Nr. 1 SGB II der Fall, wenn
Partner länger als ein Jahr zusammenleben. Das bedeutet, dass nicht nach den Gesamtumständen, sondern anhand des Vorliegens
eines Kriteriums gesetzlich vermutet wird, dass eine Einstandsgemeinschaft besteht. Diese Vermutung kann vom Betroffenen widerlegt
werden. Das bedeutet jedoch nicht im Umkehrschluss, dass bei einem kürzeren als einjährigen Zusammenleben der Partner eine
Einstandsgemeinschaft nicht bestehen kann. Gleiches gilt für die anderen in § 7 Abs. 3a SGB II genannten Kriterien, die für
sich genommen zur Vermutung der Einstandsgemeinschaft führen und nur die Vermutenstatbestände abschließend regeln. Das Vorliegen
einer Einstandsgemeinschaft bemisst sich jedoch nach § 7 Abs. 3a Nr. 3c SGB II und ist danach auch bei einem kürzeren als
einjährigem Zusammenleben der Partner möglich.
Nicht nachvollziehbar in diesem Zusammenhang ist die Einlassung des Antragstellers, der Zusammenzug sei eher aus der Not heraus
erfolgt. Frau E. wohnte zu dieser Zeit unstreitig bei ihren Eltern und hatte bereits einen anderen Mietvertrag abgeschlossen,
wobei sich der Einzug (wohl wegen Fertigstellung der Wohnung) verzögerte. Nicht vorgetragen wurde, dass, ob und wann es der
Frau E. unmöglich geworden sei, in diese von ihr angemietete Wohnung zu ziehen. Konkrete Belege für eine erfolglose anderweitige
Wohnungssuche hat der Antragsteller nicht vorgelegt und auch nichts diesbezüglich vorgetragen. Relativiert wird die Einlassung
durch die eidesstattliche Versicherung von Frau E. (Bl. 44 ff GA), in dem diese angibt, dass sie und der Antragsteller, da
sich bei der Wohnung in F. nichts tat, mit dem Gedanken spielten, dass sie bei ihm einziehen könne. Von einer Notsituation
im Sinne einer Wohnungslosigkeit oder drohenden Wohnungslosigkeit etc. kann daher vorliegend nicht ausgegangen werden.
Letztendlich unerheblich ist der weitere Vortrag des Antragstellers, eine Bedarfsgemeinschaft könne nicht angenommen werden,
da keine gemeinsamen Kinder versorgt würden und die Partner nicht die Verfügungsgewalt über die Konten des jeweils Anderen
hätten. Insoweit handelt es sich um die Darstellung der Vermutenstatbestände des § 7 Abs. 3a SGB II, deren Nichtvorliegen
jedoch eine Einstands- und Verantwortungsgemeinschaft im Sinne von § 7 Abs. 3c SGB II nicht ausschließt. So spricht auch das
Nichtinnehaben der Verfügungsgewalt über die Konten des anderen Partners nicht gegen das Vorliegen einer Einstandsgemeinschaft.
Denn dieses Merkmal bleibt wiederum nur ein Indiz, und die mangelnde Verfügungsgewalt ist teilweise auch bei ehelichen Gemeinschaften
anzutreffen. Letztendlich ist hier entscheidend, dass sich der Lebenssachverhalt nach den geschilderten Gesamtumständen als
"Wirtschaften aus einem Topf" darstellt.
Bei dieser Sachlage ist davon auszugehen, dass eine Einstandsgemeinschaft zwischen dem Antragsteller und Frau E. besteht.
Ein anderes Bild ergibt sich nicht aus den vorgelegten eidesstattlichen Versicherungen des Antragstellers und von Frau E ...
Aus der eidesstattlichen Versicherung von Frau E. ergibt sich lediglich, dass diese zurzeit nicht für den Antragsteller finanziell
aufzukommen gewillt ist, da sie keine sittliche Verpflichtung dazu empfinde. Ob dies tatsächlich so ist, kann dahinstehen,
da bereits nach den äußeren, objektiv erkennbaren Umständen, wie oben dargelegt, von einer Einstandsgemeinschaft auszugehen
ist.
Unter Zugrundelegung einer Bedarfsgemeinschaft zwischen dem Antragsteller und Frau E. lässt sich eine Bedürftigkeit nach §
9 Abs. 2 Satz 1 SGB II nicht feststellen. Die Höhe des gegenwärtigen Gesamtbedarfs errechnet sich aus jeweils 316,00 EUR als
Regelleistung und den tatsächlichen Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von 399,00 EUR, insgesamt also 1.031,00 EUR.
Ausweislich der von Frau E. vorgelegten Verdienstbescheinigung (Bl 113 VA) erzielt sie gleichbleibend einen Nettoverdienst
in Höhe von 1.414,74 EUR. Unter Berücksichtigung der Freibeträge nach § 11 Abs. 2 Satz 2 SGB II (100,00 EUR) und § 30 SGB
II (180,00 EUR) ergibt sich damit ein einzusetzendes Einkommen in Höhe von 1.134,74 EUR monatlich. Damit ist davon auszugehen,
dass durch das Einkommen der Bedarf des Antragstellers und von Frau E. gedeckt ist.
Entgegen der Auffassung des Antragstellers sind die monatlichen Beträge in Höhe von 275,00 EUR, die Frau E. zur Schuldentilgung
aufbringt (vgl. Bl. 28 GA), nicht einkommensmindernd zu berücksichtigen. Welche Absetzungen vom Einkommen möglich sind, bestimmt
sich nach § 11 Abs. 2 SGB II. Schulden, die von dem Einkommen abgesetzt werden dürfen, sind dort nicht genannt (BSG vom 19.09.2008
- B 14/7 AS 10/07 -). Es fehlt insoweit an einer gesetzlichen Grundlage für das Begehren des Antragstellers. Frau E. muss ihr Einkommen als
Mitglied der Bedarfsgemeinschaft (§ 7 Abs. 3 SGB II) für deren Mitglieder einsetzen (§ 9 Abs. 2 SGB II). Insoweit sind Einnahmen
zur Vermeidung eines gegenwärtigen Bedarfs für den Lebensunterhalt einzubringen. Nur soweit danach noch Einkommen verbleibt,
kann es zur Tilgung der in der Vergangenheit eingegangenen Verpflichtungen eingesetzt werden. So hat bereits das Bundesverwaltungsgericht
für das Sozialhilferecht entschieden, dass es nicht Aufgabe der Sozialhilfe sei, durch staatliche Leistungen die Schulden
eines im Übrigen nicht Hilfebedürftigen zu tilgen, indem er von staatlicher Fürsorge lebt und sein Einkommen zur Tilgung seiner
Verbindlichkeiten verwendet (BVerwG 13.01.1083 - 5 C 114/81 - BVerwGE 66, 342). Nach diesen Maßstäben hat ebenso das Bundessozialgericht im Recht der Arbeitslosenhilfe entschieden (BSG, Urteil vom 26.10.2004
- B 7 AL 2/04 R - SozR 4-4300 § 194 Nr. 5). Diese Maßstäbe gelten ebenso für die Beurteilung der Hilfebedürftigkeit nach § 9 SGB II.
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung von §
193 SGG.
Dieser Beschluss ist mit der Beschwerde nicht anfechtbar (§
177 SGG).