Rechtmäßigkeit der Entscheidung über die Kosten des Verfahrens im sozialgerichtlichen Verfahren
Geltung des Veranlassungsprinzips
Mitveranlassung einer Klage durch eine falsche Begründung der Behörde im Ausgangsbescheid
Gründe
Die Beklagte hat Klägerin 1/3 der außergerichtlichen Kosten aus beiden Rechtszügen zu erstatten.
Die Entscheidung zu den Kosten des Verfahrens beruht auf §
193 Abs.
1 Satz 3 Sözialgerichtsgesetz (
SGG). Nach dieser Vorschrift entscheidet das Gericht auf Antrag über die Kosten des Verfahrens, wenn dieses sich - wie hier -
anders als durch eine streitige Entscheidung erledigt hat. Bei einer Kostenentscheidung nach §
193 Abs.
1 Satz 3
SGG ist gerichtlich nach billigem (sachgemäßen) Ermessen zu beurteilen ist, inwieweit die Beteiligten einander Kosten zu erstatten
haben (vgl dazu Bundessozialgericht <BSG>. E 6, 92, 93, 8, 178, 181; 14, 25, 26 sowie Schmidt in: Meyer-Ladewig u.a., Kommentar
zum
SGG, 12. Auflage 2017, §
193 Rn. 12ff.), wobei der Sach- und Streitstand zur Zeit der Erledigung zu berücksichtigen ist (Schmidt, a.a.O., Rdnm. 12c und 13 sowie Zeihe: Das Sözialgerichtsgesetz und seine Anwendung 12. Auflage Stand 1.10.2018,
Anmerkung 7a zu § 193). Maßgeblicher Anknüpfungspunkt für die Frage der Kostenerstattung ist damit immer das Veranlassungsprinzip (vgl. Schmidt, a.a.O., Rn. 12b, Zeihe. a.a.O.), d. h. es ist darauf abzustellen, welchem Beteiligten die Durch- bzw. Fortführung des Klageverfahrens (ganz oder teilweise)
zuzurechnen ist.
Hiernach wird es in der Regel der Billigkeit entsprechen, wenn derjenige Kosten zu erstatten hat, der im Prozess - voraussichtlich
- unterlegen wäre (BSG SozR Nr. 4 zu §
193;
SGG; Schmidt, a.a.O. Rdnr. 12a). Die allein am mutmaßlichen Prozessausgang orientierte Betrachtungsweise ist jedoch nicht in allen Fällen angemessen, da nach
dem Veranlassungsprinzip immer auch zu berücksichtigen ist, ob und ggf. inwieweit der beklagte Sozialleistungsträger - keine
- Veranlassung zur Klageerhebung geboten hat (Peters/Sautter/Wolff. Kommentar zur Sozialgerichtsbarkeit 4: Auflage, Stand November 2018, § 193 IIl/109 -60, 61-). Unentschieden bleiben kann, ob zur weiteren Begründung dieses der Billigkeit entsprechenden Grundsatzes auf §
93 der
Zivilprozessordnung (
ZPO), zurückzugreif en ist (vgl hierzu Schmidt, a.a.O., Rdnr. 12b einerseits und LSG NRW 1987, 1360 [LS] andererseits). Jedenfalls kann auch eine im Zeitpunkt der Erledigung unzulässige oder unbegründete Klage/Berufung dann zur (teilweisen)
Kostenerstattungspflicht eines beklagten Sozialleistungsträges führen, wenn und soweit dieser die. Durch- oder Fortführung
des Klageverfahrens aus sonstigen Gründen veranlasst hat (Landessozialgericht Nordrhein Westfalen- <LSG NRW> Beschlüsse, vom 28.2.2003. Aktenzeichen <Az> L 2 B 10/02 KN KR, vom 2.2.2004 Az L 2 B 23/03 KN, KR, vom 23.4.2007 Az L 2 B 3/07 KN KR, und vom 10.1.2007 Az L 2 B 49/07 KN jeweils mwN).
Nach diesen Grundsätzen hat die Beklagte ein Dritte! der außergerichtlichen Kosten des gerichtlichen Verfahrens zu erstatten,
weil, sie. durch die in ihrem ablehnenden Ausgangsbescheid gegebene falsche Begründung die Klageerhebung (mit-) veranlasst
hat. Die Beklagte hat ihre Ablehnung darauf gestützt, dass die Klägerin in der von ihr ausgeübten Tätigkeit nicht die vier Kriterien, einer rechtsanwaltlichen Tätigkeit (Rechtsberatung, -entscheidung, -gestaltung und -vermittlung), erfülle. Diesen
Standpunkt hat sie auch, im Berufungsverfahren weiterverfolgt, nachdem das SG ihn für nicht stichhaltig gehalten und der Klage stattgegeben hatte (Urteil vom 29.10.2012). Für die Befreiung von der Versicherungspflicht
in der gesetzlichen Rentenversicherung kam es jedoch nach geltendem Recht zu keinem Zeitpunkt entscheidend auf die vier genannten
Kriterien an. (Urt des Senats vom 7. Mai 2013, Az L 18 R 170/12, bestätigt durch BSG Urt v 3:4.2014, Az B 5 RE 1314 R= BSGE 115/267ff = SozR 4-2600 § 6 Nr 12, nachfolgend BVerfG, Beschluss vom 22. Juli 2016,
Az 1 BvR 2534/14; Urt des Senats vom 7:5,2013, Az L. 18 R 1038/11, und vom 11.6.2013, Az L18 R 843/11; BSG, Urt v 3.4,2014, Az B 5 RE 3/14 R). Der Senat ist davon überzeugt, dass die fehlerhafte Rechtsanwendüng der Beklagten, die sich zuvor bereits Jahre zuvor (auch
bei stattgebenden Entscheidungen) auf die 4-Kritenen-Theone, gestützt hatte, die Klageerhebung wesentlich mitveranlasst hat.
Dies genügt, sie aus Veranlassungsgesichtspunkten zur teilweisen Kostenerstattung zu verpflichten (vgl. dazu BayLSG, B v 7.1.2019; Az L 6 R 87/16). Eine weiter oder tiefer gehende Begründung hält der Senat hier für entbehrlich, da die Frage der Kostenerstattung unter Bezugnahme
auf die genannte Entscheidung des Bayerischen LSG im Erörterungstermin vom 7.5.2019 besprochen worden und die. Beklagte der
Argumentation mit ihrer, lapidaren Stellungnahme vom 16.5.2019 nicht substantiell entgegengetreten ist. Zu ergänzen ist, dass
das BSG den Standpunkt der Beklagten, ein (Folge-)Bescheid nach §
231 Abs
4b Sechstes Buch Sozialgesetzbuch
SGB VI werde, selbst dann nicht Gegenstand eines anhängigen Klage- oder Berufungsverfahrens, wenn es darin um die Befreiung von
der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung für die gleiche Tätigkeit und den gleichen Zeitraum geht, zwischenzeitlich bestätigt hat.(BSG Urt v 28,6,201,8 in: SozR 4-2600 § 6 Nr 17),
Für die Einbeziehung der Beigeladenen in die Regelungen zur Kostenerstattung besteht, keine Veranlassung. Vielmehr entspricht
die Beiladung dem wohlverstandenen Interesse der Beigeladenen. Daraus folgt, dass diese keinen Anspruch auf Kostenerstattung,
sondern unabhängig vom Ausgang des Verfahrens ihre eigenen Kosten selbst zu tragen haben.
Diese Entscheidung, die durch den Berichterstatter als Einzelrichter ergeht. (§
155 Abs.
2 Satz 1 Nr.
5 i.V.m. Abs.
4 SGG), kann - nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden, §
177 SGG.