Berücksichtigung rumänischer Beitragszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung nach dem FRG
Kürzung der Entgeltpunkte für nicht nachgewiesene Beitragszeiten um ein Sechstel – hier durch Arbeitsbescheinigungen des rumänischen
Arbeitgebers
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über höhere Altersrente für besonders langjährig Versicherte unter ungekürzter Anerkennung der vom
Kläger in der Zeit vom 03.02.1970 bis zum 19.10.1972 und vom 07.03.1974 bis zum 11.01.1985 in Rumänien zurückgelegten Beitragszeiten.
Der am 00.00.1952 in Rumänien geborene Kläger legte nach dreijährigem Besuch der Berufsschule im Juni 1970 die Prüfung ab
und wurde zum qualifizierten Arbeiter im Handwerk Chemie-Fachwerker in der Fabrik für Farbstoffe und Zwischenprodukte erklärt
(Diplom vom 00.05.1971). Im Juni 1977 bestand der Kläger die Abiturprüfung nach Besuch der Kurse im Schuljahr 1976/1977 (Zeugnis
vom 00.07.1977). Er siedelte am 00.03.1985 aus Rumänien nach Deutschland über und ist im Besitz eines Vertriebenenausweises
"A".
Aus der Adeverinta Nr. 00 vom 28.02.1985 gehen folgende Zeiten eines Arbeitseinsatzes hervor:
03.02.1970 - 19.10.1972 Chemie-Fachwerker bei D, D1
25.10.1972 - 12.02.1974 Militärdienst
07.03.1974 - 11.01.1985 Chemie-Fachwerker bei D, D1
Mit Bescheid vom 15.01.1990 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15.11.1990 stellte die Landesversicherungsanstalt
Rheinprovinz als Rechtsvorgängerin der Beklagten (Beklagte) die in Rumänien zurückgelegten Versicherungszeiten verbindlich
fest. Die in Rumänien zurückgelegten Versicherungszeiten vom 07.03.1974 bis zum 11.01.1985 erkannte die Beklagte nach § 15 des Fremdrentengesetzes (FRG) zu 6/6 an; die Zeit vom 03.02.1970 bis zum 19.10.1972 erkannte sie zu 5/6 an.
Am 14.11.2006 übersandte der Kläger der Beklagten den Fragebogen "V300 zu Rechtsänderungen ab 01.01.1992 oder zu einem späteren
Zeitpunkt" und bat um kurzfristige Erteilung einer Rentenauskunft inklusive Berechnungsanlagen. Der Kläger teilte auf Nachfrage
mit, er habe die Prüfung an der Berufsschule bereits im Januar 1970 abgelegt und ab Februar 1970 in Vollzeit gearbeitet; nur
das Zeugnis sei aufgrund der politischen Verhältnisse in Rumänien erst im Juni ausgestellt worden.
In der weiteren Adeverinta Nr. 0 vom 21.05.1998 bescheinigte die Firma D dem Kläger eine Tätigkeit als Chemie-Operator/-Arbeiter
in den Zeiträumen vom 03.02.1970 bis 19.10.1972 und vom 07.03.1974 bis 11.01.1985 auf Grundlage der Lohnzahlungslisten. Der
Sozialversicherungsbeitrag sei für die gesamte Zeitspanne gezahlt worden, 12 Monate im Jahr. Die Arbeitswoche habe 6 Tage,
ein Arbeitstag 8 Stunden umfasst. Im Einzelnen wurde folgendes aufgeführt:
Jahr - Arbeitstage - Urlaubstage - Krankenurlaub
1970 - 281 -./. - 3
1971 - 215 - 39 - 54
1972 - 228 - 21 -
1973 - Militärdienst
1974 - 236 - 17 -./.
1975 - 290 - 21 -./.
1976 - 290 - 22 -./.
1977 - 261 - 22 - 24
1978 - 266 - 18 - 21
1979 - 267 - 28 -./.
1980 - 268 - 23 - 6
1981 - 273 - 24 -./.
1982 - 273 - 24 -./.
1983 - 274 - 24 -./.
1984 - 239 - 25 - 32
1985 - 7 -./. -./.
Die weiteren Spalten für unbezahlten Urlaub, Dienstbefreiungen und unentschuldigte Fehlzeiten enthielten keine Eintragungen.
Mit Bescheiden vom 19.03.2007, 31.07.2007 und 19.12.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.02.2008 berücksichtigte
die Beklagte unter anderem die Zeiten vom 03.02.1970 bis 19.10.1972 und vom 07.03.1974 bis 11.01.1985 zu 5/6 mit der Begründung,
dass ein Nachweis der Beitragszeiten nicht erbracht sei. Die Arbeitsbescheinigung Nr. 0 vom 21.05.1998 sei nicht geeignet,
einen Nachweis der Beitragsentrichtung zu erbringen, da sie im Jahr 1985 nur sieben Arbeitstage bescheinige, obwohl 10 Arbeitstage
möglich gewesen wären. Fehlzeiten seien für das Jahr 1985 nicht bestätigt worden. Da die Feiertage in Rumänien wie Arbeitstage
bezahlt worden seien, seien diese auch in den Adeverintas wie Arbeitstage zu bescheinigen gewesen. Zum damaligen Zeitpunkt
hätte zudem die 6-Tage-Woche gegolten, weshalb eine Herausrechnung der Samstage zuzüglich zu den Sonntagen nicht vorzunehmen
sei.
Hiergegen führte der Kläger vor dem Sozialgericht (SG) Düsseldorf (Az.: S 45 (40) R 91/08) ein Klageverfahren. Er trug vor, die Adeverinta vom 21.05.1998 sei in sich schlüssig.
Für den Monat Januar 1985 seien lediglich sieben Arbeitstage zu bescheinigen gewesen. Er sei Chemiefacharbeiter im Schichtdienst
in einem großen Chemieunternehmen gewesen, und bei Schichtarbeitern seien die Feiertage nicht wie Arbeitstage bezahlt worden;
dies treffe lediglich auf Mitarbeiter im Angestelltenverhältnis zu. In Rumänien habe zum damaligen Zeitpunkt der 02.01. als
Feiertag gegolten, weshalb der 01. und 02.01. nicht als Arbeitstage zu bescheinigen seien. Auch habe nicht generell die 6-Tage-Woche
gegolten; bereits im Jahr 1983 sei stufenweise die 5-Tage-Woche zunächst in den größeren Betrieben eingeführt worden, wozu
auch das Unternehmen, in dem er gearbeitete habe, gehört habe. Aus diesem Grund seien von den 11 möglichen Kalendertagen der
01. und 02.01., sowie der 05. (Samstag) und 06.01. (Sonntag) abzuziehen; es verlieben lediglich 7 Arbeitstage. Ausweislich
der notariell beglaubigten Erklärung der Frau M habe seit dem 01.07.1984 im Unternehmen D die 5-Tage-Woche gegolten. Die Beklagte
wies darauf hin, dass der 01.01., 02.01., 01.05., 02.05. und der 23.08. in Rumänien arbeitsfreie Feiertage gewesen seien.
Zur Erledigung des Rechtsstreits schlossen die Beteiligten am 30.03.2012 einen Vergleich, in dem sich die Beklagte dazu verpflichtete,
die Bescheide vom 19.03.2007, 31.07.2007 um 19.12.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.02.2008 aufzuheben,
soweit damit die Zeiten vom 03.02.1970 bis 19.10.1972 und vom 07.03.1974 bis 11.01.1985 nur zu 5/6 berücksichtigt worden seien.
Diesbezüglich sei nach Anforderung des dem Kläger vorliegenden Arbeitsbuches ein neuer Feststellungsbescheid zu erteilen.
Hierbei sei zu berücksichtigen, welchen Regelungsgehalt die bestandskräftigen Bescheide vom 28.10.1998 und 18.11.2005 bezüglich
der Berücksichtigung der oben genannten Zeiten gehabt hätten. Ferner sei zu prüfen, ob eine Korrektur nach §
149 Abs.
5 Satz 2 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB VI) möglich oder im Falle einer notwendigen Aufhebung die §§ 45 ff. des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) anzuwenden seien.
Im sodann vom Kläger vorgelegten Arbeitsbuch ist angegeben, dass der gesamte vom 03.02.1970 bis 19.10.1972 und vom 07.03.1974
bis 11.01.1985 gearbeitete Zeitraum 13 Jahre, zehn Monate und zwei Tage betrage. Im Einzelnen sind u.a. folgende Angaben -
neben Angaben zu Änderung der Lohnhöhe bzw. Eingruppierung - zu den streitigen Zeiträumen enthalten:
03.02.1970 beschäftigt beim Chemiewerk "D" D1 als Chemiearbeiter
25.10.1972 Einberufung zum Militärdienst
07.03.1974 Rückkehr vom Militärdienst als Chemiearbeiter, Arbeitsvertrag Nr. 00/1974 mit Chemiewerk "D", D1
11.01.1985 Beendigung des Arbeitsverhältnisses
Mit Bescheid vom 23.01.2013 führte die Beklagte den Vergleich aus. Der Bescheid vom 15.01.1990 über die Feststellung der Zeit
vom 07.03.1974 bis 11.01.1985 werde nach §
149 Abs.
5 S. 2
SGB VI mit Wirkung zum 01.07.1990 aufgehoben. Die vorgelegten Unterlagen, insbesondere die Adeverinta Nr. 0 vom 21.05.1998 sowie
das rumänische Arbeitsbuch seien nicht geeignet, eine ungekürzte Anerkennung der Zeit vom 07.03.1974 bis zum 11.01.1985 zu
begründen. Die Zeit der Berufsausbildung vom 01.09.1967 bis zum 19.10.1972 sei in den früheren Bescheiden vom 15.01.1990 und
28.10.1998 zu Unrecht als Pflichtbeitragszeit anerkannt worden. Eine Rücknahme dieser Bescheide sei wegen Fristablaufs jedoch
nicht möglich, weshalb eine Aussparung nach § 48 Abs. 3 SGB X vorzunehmen sei.
Hiergegen legte der Kläger am 20.02.2013 Widerspruch ein. Die Ausführungen im angefochtenen Bescheid seien widersprüchlich
und könnten nicht nachvollzogen werden. Insbesondere sei nicht nachvollziehbar, welche Rechtsänderung nach Erlass des Bescheides
vom 15.01.1990 eingetreten sei.
Mit Schreiben vom 26.02.2013 wies die Beklagte den Kläger darauf hin, dass die Aufhebung des Bescheides vom 15.01.1990 die
ungekürzte Anerkennung der Zeit vom 07.03.1974 bis zum 11.01.1985 betreffend auf eine geänderte Rechtslage zurückzuführen
sei. Die Regelung des § 19 Abs. 2 FRG, wonach eine glaubhaft gemachte Beitragszahlung bzw. Beschäftigung bei einem ununterbrochenen Beschäftigungsverhältnis von
zehnjähriger Dauer bei demselben Arbeitgeber zu einer nachgewiesenen Beitrags- bzw. Beschäftigungszeit geführt habe, sei bereits
zum 01.07.1990 gestrichen worden. Aus diesem Grund habe eine nachgewiesene Beitragszeit für diesen Zeitraum nicht mehr anerkannt
werden können. Das rumänische Arbeitsbuch könne nicht als Nachweis für die darin enthaltenen Zeiten ausreichen, weil nach
der vorherrschenden Rechtsprechung geltend gemachte Zeiten nur dann nachgewiesen seien, wenn feststehe, dass Ausfalltatbestände
(krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit, Arbeitslosigkeit oder unbezahlte Fehltage während eines Arbeitsverhältnisses) nicht
eingetreten seien. Ein Nachweis liege nicht schon dann vor, wenn lediglich Anfang und Ende der Versicherungs- und Beschäftigungszeiten
feststünden. Aus einem rumänischen Arbeitsbuch gingen jedoch nur der Anfang und das Ende der einzelnen Beschäftigungen hervor.
Mit Widerspruchsbescheid vom 17.06.2013 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Die noch streitige ungekürzte Anerkennung
der rumänischen Beitragszeiten sei nach § 22 Abs. 3 FRG in der ab dem 01.01.1992 geltenden Fassung nicht möglich. Danach seien Beitrags- und Beschäftigungszeiten um ein Sechstel
zu kürzen, wenn sie nur glaubhaft gemacht aber nicht nachgewiesen seien. Ein Nachweis sei durch die vorgelegten Unterlagen
nicht erbracht. Zweifel am Beweiswert der rumänischen Arbeitsbescheinigung würden sich aus mehreren Gründen ergeben. In der
Adeverinta Nr. 0 vom 21.05.1998 würden für die Zeit vom 03.02.1970 bis 11.01.1985 (mit Ausnahme des Wehrdienstes) die jährlichen
Arbeits-, Urlaubs- und Krankheitstage bescheinigt. Sonstige Fehltage seien laut dieser Bescheinigung nicht angefallen. Die
Bescheinigung sei jedoch unschlüssig, da in mehreren Jahren die maximal mögliche Anzahl an Kalendertagen überschritten werde
bzw. durch die bestätigten Arbeitstage die maximal möglichen Kalendertage nicht erreicht würden. So würden z.B. für das Jahr
1971 insgesamt 308 Tage (215 Arbeitstage, 39 Urlaubstage, 54 Krankheitstage) bescheinigt. Allerdings seien bei einer Arbeitswoche
von sechs Tagen unter Berücksichtigung der arbeitsfreien Sonn- und Feiertage und eventueller Brückentage 307 Tage möglich
gewesen. Für das Jahr 1975 seien insgesamt 311 Arbeitstage aufgeführt, obwohl tatsächlich nur 307 Tage möglich gewesen sein.
Für das Jahr 1976 würden 312 Tage bescheinigt, obwohl nur 308 Tage möglich gewesen wären. Außerdem würden beispielsweise für
das Jahr 1977 307 Tage bescheinigt. Unter Berücksichtigung der arbeitsfreien Sonn- und Feiertage und evtl. Brückentage seien
allerdings 309 Arbeitstage möglich gewesen. Da keine weiteren Fehltage aufgeführt seien, die diesem Jahr zugeordnet werden
könnten, könne nicht nachvollzogen werden, weshalb die maximal mögliche Anzahl an Arbeitstagen nicht eingehalten worden sei.
Ebenso verhalte es sich beim Jahr 1978. Dort seien nur 305 Tage aufgeführt, obwohl tatsächlich 307 Tage möglich gewesen wären.
Auch für das Jahr 1979 seien bei 306 möglichen Tagen nur 295 Tage belegt. Vergleichbare Abweichungen fänden sich auch bei
den Jahren 1980 bis 1984. Die Bescheinigung könne daher nicht als Nachweis für die darin enthaltenen Zeiten dienen, und die
nach dem FRG zurückgelegten Beitragszeiten könnten nur zu 5/6 anerkannt werden.
Mit der am 16.07.2013 beim SG Düsseldorf erhobenen Klage hat der Kläger sein Begehren auf ungekürzte Anerkennung der in Rumänien
zurückgelegten Versicherungszeiten weiterverfolgt. Nach den Entscheidungen des SG München vom 21.01.2010 - S 31 R 189/08 - und des Bayerischen Landessozialgerichts (LSG) vom 20.09.2012 - L 14 R 217/10 - sei eine ungekürzte Anerkennung der Beitragszeiten in Rumänien nach § 15 FRG vorzunehmen. Es komme weder auf die Fragen etwaiger Arbeitsunfähigkeitszeiten noch auf den Nachweis an, ob an einzelnen Tagen
gearbeitet worden sei, da hierdurch die Beitragszahlung durch den Arbeitgeber nicht unterbrochen worden sei. Er selbst habe
unstreitig in einem ununterbrochenen Arbeitsverhältnis gestanden und hierfür seien durchgehend Beiträge an die rumänische
Sozialversicherung abgeführt worden, was zum Nachweis ausreichend sei. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG; Urteile vom 19.11.2009 - B 13 R 145/08 R - und 21.08.2008 - B 13/4 R 25/07 R -) sei eine Beitragszeit als nachgewiesen anzusehen, wenn für den Arbeitnehmer eine gesetzliche Rentenversicherungspflicht
bestanden habe und keine konkreten Anhaltspunkte für eine Nichtentrichtung der Beiträge oder eine Unterbrechung der Beitragszahlung
bestünden.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 23.01.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.06.2013 zu verurteilen,
die Zeiten vom 03.02.1970 bis 19.10.1972 und vom 07.03.1974 bis 11.01.1985 als nachgewiesene Beitragszeiten zu 6/6 festzustellen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat Bezug genommen auf ihre Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden und ergänzend ausgeführt, mit dem angefochtenen
Bescheid sei festgestellt worden, dass der Bescheid vom 15.01.1990 über die Feststellung der Zeit vom 07.03.1974 bis 11.01.1985
nach §
149 Abs.
5 Satz 2
SGB VI mit Wirkung zum 01.07.1990 aufgehoben werde. Die Kürzung der nach dem FRG zurückgelegten Beitragszeiten um ein Sechstel sei zutreffend. In den vom Kläger zitierten Entscheidungen des SG München sowie
des Bayerischen LSG sei es - anders als hier - um die Anerkennung der zurückgelegten Versicherungszeiten als Mitglied einer
landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaft (LPG) in den Jahren 1966 bis 1977 als nachgewiesene oder glaubhaft gemachte Beitragszeiten gegangen. Diesem Personenkreis gehöre
der Kläger nicht an. Es sei auf die vorliegende Arbeitsbescheinigung Nr. 0 sowie auf das Arbeitsbuch abzustellen. Nach der
Rechtsprechung des LSG Baden-Württemberg (Urteil vom 28.10.2009 - L 2 R 1381/09 -) und des Hessischen LSG (Urteil vom 28.03.2008 - L 5 R 32/07 -) seien die Kriterien für den Nachweis einer Beitragsentrichtung durch Vorlage einer rumänischen Arbeitsbescheinigung nicht
erbracht. Nach rumänischem Recht hätten Krankheitszeiten unter drei Monaten trotz Nichtabführung von Beiträgen als Versicherungszeiten
gegolten, weshalb kein Erfordernis bestanden habe, solche Krankheitszeiten in den Unterlagen zu dokumentieren. Eine Adeverinta
sei unschlüssig, wenn in der Bescheinigung die maximal mögliche Anzahl an Kalendertagen überschritten bzw. durch die bestätigten
Arbeitstage die maximal mögliche Anzahl an Kalendertagen nicht erreicht werde.
Mit Urteil vom 11.03.2015 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Beklagte habe die Anerkennung der in Rumänien zurückgelegten Beitragszeiten auf Grundlage der vorgelegten
Unterlagen als ungekürzte Beitragszeiten zu Recht abgelehnt. Diese Zeiten könnten nur als glaubhaft gemacht, nicht jedoch
als nachgewiesen angesehen werden. Der Arbeitsbescheinigung Nr. 0 sei der Nachweis einer ununterbrochenen Beitragsentrichtung
nicht zu entnehmen, wie die Beklagte zutreffend im Widerspruchsbescheid ausgeführt habe. Die Besonderheiten der LPGs seien
auch nicht auf den Kläger als Arbeitnehmer in einem rumänischen Staatsbetrieb übertragbar.
Gegen das am 03.07.2015 zugestellte Urteil hat der Kläger am 30.07.2015 Berufung eingelegt.
Während des Berufungsverfahrens hat die Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 19.08.2015 ab dem 01.11.2015 eine Altersrente
für besonders langjährig Versicherte in Höhe eines monatlichen Rentenzahlbetrages von 1.479,33 EUR gewährt. Die Zeiten vom
03.02.1970 bis zum 19.10.1972 und vom 07.03.1974 bis zum 11.01.1985 hat sie dabei jeweils zu 5/6 berücksichtigt und ausgeführt,
diese Beitrags- bzw. Beschäftigungszeiten könnten nicht voll berücksichtigt werden, weil sie nicht nachgewiesen, sondern nur
glaubhaft gemacht seien.
Im Hinblick auf diesen Rentenbescheid hat der Kläger das Berufungsverfahren gegen die Vormerkungsbescheide für erledigt erklärt
und verfolgt sein Begehren im Rahmen der Klage gegen den Rentenbescheid weiter. Zur Begründung wiederholt er seinen erstinstanzlichen
Vortrag. Ergänzend führt er aus, das SG habe die von ihm angeführten Entscheidungen unzutreffend ausgelegt. Unstreitig habe er in einem ununterbrochenen Arbeitsverhältnis
gestanden und für ihn seien ununterbrochen Beiträge an die rumänische gesetzliche Sozialversicherung abgeführt worden; dies
reiche für den im Rahmen des § 15 FRG erforderlichen Nachweis aus. Es entfalle damit jeder Grund, die lückenlosen Beitragsleistungen nicht als nachgewiesen, sondern
nur als glaubhaft gemacht anzusehen. Die Kürzung der Bewertung der Entgeltpunkte um ein Sechstel nach § 22 Abs. 3 FRG entbehre damit jeder Rechtsgrundlage. Ein Nachweis des Nichtvorhandenseins größerer Fehlzeiten sei nicht zu fordern, weil
auch während der Fehlzeiten eine Beitragspflicht des Arbeitgebers bestanden und dieser sie erfüllt habe. Das Rechtsgutachten
des Instituts für Ostrecht München vom 19.07.2019 beziehe sich auf das sowjetische Arbeits- und Sozialrecht und sei auf den
vorliegenden Fall nicht anwendbar.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 19.08.2015 zu verurteilen, dem Kläger höhere Altersrente für besonders langjährig
Versicherte unter Berücksichtigung der vom 03.02.1970 bis 19.10.1972 und vom 07.03.1974 bis 11.01.1985 zurückgelegten Beschäftigungszeiten
als nachgewiesene Beitragszeiten zu 6/6 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie nimmt Bezug auf ihre erstinstanzlichen Ausführungen sowie die Ausführungen im angefochtenen Urteil. Aus dem Gutachten
des Instituts für Ostrecht München vom 15.07.2019 ergäben sich keine neuen Erkenntnisse, da der Kläger die streitigen rentenrechtlichen
Zeiten in Rumänien zurückgelegt habe.
Der Senat hat das vom 14. Senat des LSG Nordrhein-Westfalen (L 14 R 714/15) eingeholte Rechtsgutachten des Instituts für Ostrecht München zum sowjetischen Arbeit- und Sozialversicherungsrecht vom
15.07.2019 beigezogen und zum Gegenstand des Verfahrens gemacht.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der Verwaltungsvorgänge
der Beklagten Bezug genommen. Diese waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe
I. Die Klage gegen den Rentenbescheid vom 19.08.2015 ist zulässig. Dieser ist allein Gegenstand des Verfahrens, nicht hingegen
der Vormerkungsbescheid vom 23.01.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.06.2013. Mit der Klage hatte sich
der Kläger ursprünglich gegen letztere Bescheide insoweit gewandt, als damit die Berücksichtigung der in Rumänien zurückgelegten
Zeiten als nachgewiesene Zeit und damit die Berücksichtigung der entsprechenden Entgeltpunkte ohne Kürzung um ein Sechstel
gemäß § 22 Abs. 3 FRG abgelehnt wurde. Während des Berufungsverfahrens ist der Rentenbescheid vom 19.08.2015 ergangen. Damit ist der Rentenbescheid
Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits insoweit geworden, als darin zur Rentenberechnung die in Rumänien zurückgelegten
Zeiten als nicht nachgewiesene Zeit angesehen und die entsprechenden Entgeltpunkte nur zu 5/6 angerechnet wurden. Denn ein
neuer Verwaltungsakt wird nach Klageerhebung gem. §
96 Abs.
1 Sozialgesetzbuch (
SGG) Gegenstand des Klageverfahrens, wenn er nach Erlass des Widerspruchsbescheides ergangen ist und den angefochtenen Verwaltungsakt
abändert oder ersetzt. Vorliegend hat der Rentenbescheid vom 19.08.2015 die streitbefangenen Feststellungen von Tatbeständen
rentenrechtlicher Zeiten im Vormerkungsbescheid vom 23.01.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.06.2013 im
Sinne von §
96 Abs.
1 SGG i.V.m. §
153 Abs.
1 SGG ersetzt (vgl.dazu BSG, Urteil vom 06.05.2010 - B 13 R 118/08 R -; Urteil vom 25.02.2010 - B 13 R 61/09 R -; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 16.06.2015 - L 9 R 4225/11 -). Insoweit befindet der Senat erstinstanzlich auf Klage (vgl. BSG, Urteil vom 8. Oktober 2019 - B 12 KR 22/19 R -; Urteil vom 25.02.2010 - B 13 R 61/09 R -).
II. Die Klage ist indes unbegründet. Der Bescheid vom 19.08.2015 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten
(§
54 Abs.
2 Satz 1
SGG). Der Kläger hat keinen Anspruch auf Berücksichtigung der in der Zeit vom 03.02.1970 bis 19.10.1972 und vom 07.03.1974 bis
11.01.1985 in Rumänien zurückgelegten Beitragszeiten im Rahmen der Rentenberechnung zu 6/6 anstelle zu 5/6 nach § 22 Abs. 3 FRG.
1. Ein Anspruch auf Berücksichtigung der Zeit vom 07.03.1974 bis 11.01.1985 als nachgewiesene Beitragszeit zu 6/6 ergibt sich
nicht bereits aus dem Bescheid vom 15.01.1990. Die Beklagte war nach §
149 Abs.
5 Satz 2
SGB VI dazu berechtigt den bestandskräftigen Bescheid vom 15.01.1990, mit dem sie die vom Kläger nach dem FRG zurückgelegte Beitragszeit vom 07.03.1974 bis 11.01.1985 zu 6/6 anerkannt hatte, mit Wirkung zum 01.07.1990 aufzuheben.
Nach §
149 Abs.
5 Satz 2
SGB VI ist der Feststellungsbescheid bei Änderung der ihm zugrunde liegenden Vorschriften durch einen neuen Feststellungsbescheid
oder im Rentenbescheid mit Wirkung für die Vergangenheit aufzuheben; die §§ 24 und 48 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) sind nicht anzuwenden.
Der Bescheid vom 15.01.1990 über die Feststellung der Zeit vom 07.03.1974 bis 11.01.1985 beruhte auf § 19 Abs. 2 Satz 1 FRG in der bis zum 30.06.1990 geltenden Fassung. Hiernach wurden für das einzelne Jahr nicht nachgewiesener Zeiten 5/6 als Beitrags-
oder Beschäftigungszeit angerechnet; die Zeit eines ununterbrochenen Beschäftigungsverhältnisses von mindestens zehnjähriger
Dauer bei demselben Arbeitgeber - wie die des Klägers vom 07.03.1974 bis 11.01.1985 - wurde in vollem Umfang angerechnet.
Mit der Aufhebung des § 19 Abs. 2 Satz 1, 2. Halbsatz FRG mit Wirkung zum 01.07.1990 durch das Gesetz zur Reform der gesetzlichen Rentenversicherung (Rentenreformgesetz 1992 - RRG 1192) vom 18.12.1989 (BGBl. I S. 2261-2396). ist eine Änderung der dem Feststellungsbescheid vom 15.01.1990 ínsoweit zugrunde liegenden Vorschrift eingetreten.
Die Zeit war nach der neuen Rechtslage nicht mehr aufgrund der mehr als zehnjährigen Dauer des Beschäftigungsverhältnisses
bei demselben Arbeitgeber als nachgewiesene Zeit anzuerkennen und der Feststellungsbescheid vom 15.01.1990 daher aufzuheben.
2. Die Beklagte hat die in Rumänien in der Zeit vom 03.02.1970 bis 19.10.1972 und vom 07.03.1974 bis 11.01.1985 bei der Firma
D zurückgelegten Beitragszeiten zutreffend um ein Sechstel gekürzt.
Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 1 Buchstabe a) FRG in der seit dem 01.01.1992 geltenden Fassung (im Folgenden: FRG) stehen bei anerkannten Vertriebenen - wie dem Kläger - die bei einem nichtdeutschen Träger der gesetzlichen Rentenversicherungen
zurückgelegten Beitragszeiten inländischen Beitragszeiten gleich. Für Zeiten der in § 15 FRG genannten Art werden gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 FRG Entgeltpunkte in Anwendung von §
256b Abs.
1 Satz 1 Hs. 1, Satz 2 und 9
SGB VI ermittelt. Hierzu werden nach § 22 Abs. 1 Satz 2 FRG für Zeiten nach dem 31.12.1949 die in Anlage 14 des
SGB VI genannten oder nach §
256b Abs.
1 Satz 2
SGB VI festgestellten Durchschnittsjahresverdienste um ein Fünftel erhöht. Für Beitragszeiten, die nicht nachgewiesen sind, werden
nach § 22 Abs. 3 FRG die ermittelten Entgeltpunkte um ein Sechstel gekürzt. Nach § 22 Abs. 4 FRG werden die nach den Absätzen 1 und 3 der Vorschrift maßgeblichen Entgeltpunkte mit dem Faktor 0,6 vervielfältigt. Für die
Feststellung zurückgelegter Beitragszeiten genügt gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 FRG, dass sie glaubhaft gemacht werden. Eine Tatsache ist nach § 4 Abs. 1 Satz 2 FRG dann glaubhaft gemacht, wenn ihr Vorliegen nach dem Ergebnis der Ermittlungen, die sich auf sämtliche erreichbaren Beweismittel
erstrecken sollen, überwiegend wahrscheinlich ist. Der vollständige Beweis (Nachweis) ist demgegenüber regelmäßig erst dann
geführt, wenn für das Vorliegen der behaupteten rechtserheblichen Tatsachen ein derart hoher, an Gewissheit grenzender Grad
von Wahrscheinlichkeit spricht, dass sämtliche begründeten Zweifel demgegenüber aus der Sicht eines vernünftigen, die Lebensverhältnisse
klar überschauenden Menschen vollständig zu schweigen haben (BSG, Urteil vom 28.11.1957, 4 RJ 186/56 -; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 16.06.2015 - L 9 R 4225/11 -; Hessisches LSG, Urteil vom 28.03.2008 - L 5 R 32/07 -). Beitragszeiten nach § 15 FRG sind nur dann nachgewiesen und zu 6/6 anrechenbar, wenn zur Überzeugung des Tatsachengerichts feststeht, dass Ausfalltatbestände
(krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit, Arbeitslosigkeit usw.) nicht eingetreten sind (BSG, Urteil vom 24.07.1980 - 5 RJ 38/79 -). Eine Beitragszeit ist z.B. dann nicht nachgewiesen, wenn in den streitigen Zeiten (nachweisbar) auch Zeiten einer Arbeitsunfähigkeit
oder einer sonstigen Arbeitsunterbrechung fallen, für die der Arbeitgeber anders als bei den Beschäftigungszeiten keine Beiträge
zur rumänischen Rentenversicherung entrichten musste oder solche Zeiten jedenfalls nicht ausgeschlossen werden können (BSG, Urteile vom 19.11.2009 - B 13 R 67/08 R - und 21.08.2008 - B 13/4 R 25/07 R - m.w.N.).
Zwischen den Beteiligten streitig ist vorliegend lediglich die Kürzung der Entgeltpunkte für nicht nachgewiesene Beitragszeiten
um ein Sechstel in Anwendung des § 22 Abs. 3 FRG. Nicht nachgewiesen sind Beitragszeiten nach § 15 FRG z.B. dann, wenn in diese Zeiten auch Zeiten einer Arbeitsunfähigkeit oder einer sonstigen Arbeitsunterbrechung fallen können,
für die der Arbeitgeber keine Beiträge zur Rentenversicherung entrichten musste oder solche Zeiten jedenfalls nicht ausgeschlossen
werden können (vgl. BSG, Urteil vom 21.08.2008 - B 13/4 R 25/07 R -). Eine volle Anrechnung der entsprechenden Zeiten ohne Kürzung um ein Sechstel setzt demgemäß voraus, dass in die betreffenden
Zeiten nachweisbar keine Zeiten einer Arbeitsunfähigkeit oder sonstigen Arbeitsunterbrechung ohne Beitragsentrichtung fallen
oder sie nicht ein Sechstel der Zeiten erreichen (vgl. BSG, Urteil vom 21.08.2008 - B 13/4 R 25/07 R -). Die Kürzung der Entgeltpunkte für nicht nachgewiesene Beitragszeiten um ein Sechstel gemäß § 22 Abs. 3 FRG beruht auf der durch statistische Untersuchungen gewonnenen Erfahrung, dass auch die durchschnittliche Beitragsdichte im
Bundesgebiet (nur) diesem Umfang entspricht. Um eine Besserstellung des fremdrentenberechtigten Personenkreises gegenüber
den in der Bundesrepublik Deutschland rentenversicherungspflichtigen Arbeitnehmern zu vermeiden, muss daher eine höhere Beitragsdichte
bezüglich etwaiger Fremdrentenzeiten jeweils im Einzelfall nachgewiesen werden (Bayerisches LSG, Urteil vom 07.06.2011 - L
6 R 9./09 -; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 16.06.2015 - L 9 R 4225/11 -).
Ausgehend von diesen Grundsätzen können die vom Kläger behaupteten Beitragszeiten nicht als nachgewiesen angesehen werden.
a) Dem Arbeitsbuch des Klägers kann entnommen werden, dass er im streitigen Zeitraum in Rumänien durchgehend beim gleichen
Arbeitgeber beschäftigt war und grundsätzlich der Beitragspflicht zur dortigen Rentenversicherung unterlag. Dies schließt
aber nicht aus, dass in diese Zeit auch Zeiten einer Arbeitsunfähigkeit oder einer sonstigen Arbeitsunterbrechung gefallen
sind, die im rumänischen Sozialversicherungsrecht unabhängig von einer Beitragsentrichtung durch den Arbeitgeber voll als
Beschäftigungszeit anerkannt wurden. Aus dem (ersten) Rechtsgutachten des Instituts für Ostrecht vom 13.05.1981 zum Beweiswert
der Angaben einer rumänischen Arbeitsbescheinigung ergibt sich, dass die Zeit der krankheits- oder unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit
im rumänischen Arbeits- und Sozialversicherungsrecht grundsätzlich voll als Beschäftigungszeit anerkannt wurde. Sie gilt nicht
als Arbeitsunterbrechung und muss in den Arbeitsbüchern nicht eingetragen werden. Diese Gesetzeslage trifft sowohl für die
Zeit der Geltungsdauer des Sozialversicherungsgesetzes vom 22.12.1938 (Monitorul Oficial Nr. 298 - Geltungsdauer bis Ende
1948) als auch für die anschließende Zeit zu (Monitural Oficial Nr. 1; vgl. Hessisches LSG, Urteil vom 28.03.2008 - L 5 R 32/07 - m.w.N.). Angaben über das Vorliegen bzw. Fehlen von Arbeitsunterbrechungen enthält das Arbeitsbuch nicht. Der Nachweis
einer lückenlosen tatsächlichen Beitragsentrichtung während des gesamten bestätigten Zeitraums kann daher mit den Angaben
aus dem Arbeitsbuch vorliegend nicht geführt werden.
Gleich es gilt für die vom Kläger vorgelegte Adeverinta Nr. 00 vom 28.02.1985, die nur die Zeiträume der Arbeitseinsätze bescheinigt.
b) Auch der Adeverinta Nr. 0 vom 21.05.1998 kann nicht unzweifelhaft entnommen werden, dass relevante Unterbrechungen nicht
erfolgt sind. Vielmehr resultieren daraus nicht unerhebliche Zeiten der Arbeitsunterbrechung für Urlaubs- und Arbeitsunfähigkeitszeiten.
Aus der Bescheinigung geht nicht hervor, ob für die Zeiten der Arbeitsunfähigkeit Sozialversicherungsbeiträge durchgehend
entrichtet wurden.
Darüber hinaus bestehen nicht auszuräumende Zweifel an den in der Adeverinta getätigten Angaben, da die Arbeitstage der jeweiligen
Jahre nicht mit den möglichen Arbeitstagen übereinstimmen. Teilweise unterschreiten und teilweise überschreiten die angegebenen
Arbeitstage die mögliche Höchstzahl. Ausgehend von einer 6-Tage-Woche und den von der Beklagten aufgeführten Feiertagen in
Rumänien (01.01., 02.01., 01.05., 02.05. und 23.08.) ergibt sich folgendes Bild:
Zeitraum - Tage insg. - Sonntage - Feiertage, die nicht auf einen Sonntag fallen - Arbeitstage - Bescheinigt
03.02.1970 bis 31.12.1970 - 332 - 47 - 4 - 281 - 284 (281 Arbeitstage + 3 AU)
1971 - 365 - 52 - 4 - 309 - 308 (215 Arbeitstage + 39 U + 54 AU)
01.01.1972 bis 19.10.1972 - 293 - 42 - 4 - 247 - 249 (228 Arbeitstage + 21 U)
07.03.1974 bis 31.12.1974 - 300 - 43 - 3 - 254 - 253 (236 Arbeitstage + 17 U)
1975 - 365 - 52 - 5 - 308 - 311 (290 + 21 U)
1976 - 366 - 52 - 4 - 310 - 312 (290 + 22 U)
1977 - 365 - 52 - 3 - 310 - 307 (261 + 22 U + 24 AU)
1978 - 365 - 53 - 4 - 308 - 305 (266 + 18 U + 21 AU)
1979 - 365 - 52 - 5 - 308 - 295 (267 + 28 U)
1980 - 366 - 52 - 5 - 309 - 297 (268 + 23 U + 6 AU)
1981 - 365 - 52 - 4 - 309 - 297 (273 + 24 U)
1982 - 365 - 52 - 4 - 309 - 297 (273 + 24 U)
1983 - 365 - 52 - 3 - 310 - 298 (274 + 24 U)
1984 - 366 - 53 - 4 - 309 - 296 (239 + 25 U + 32 AU)
01.01.1985 bis 11.01.1985 - 11 - 1 - 2 - 8 - 7
Selbst bei Unterstellung, dass ab dem 01.07.1984 die 5-Tage-Woche im Unternehmen des Klägers gegolten hat, stimmen zwar für
das Jahr 1985 die Angaben in der Adeverinta mit den tatsächlich möglichen Arbeitstagen überein, da in diesem Fall ein Samstag
in Abzug zu bringen wäre. Für das Jahr 1984 ergibt sich jedoch ein eklatanter Unterschied dahingehend, dass der Kläger an
296 Tagen gearbeitet haben soll, aber nur 283 Arbeitstage denkbar wären (366 Kalendertage abzüglich 53 Sonntagen, 26 Samstagen
in der Zeit ab 01.07. und 4 Feiertagen). So hätte nach der Bescheinigung das Kalenderjahr 1984 nicht 366, sondern 379 Kalendertage
haben müssen.
Darüber hinaus werden Zweifel an den Angaben in der Adeverinta Nr. 0 dadurch genährt , dass der Kläger ausweislich seines
Abiturzeugnisses im Schuljahr 1976/1977 die Kurse zum Ablegen der Abiturprüfung besucht hat. Entsprechende Fehlzeiten im Unternehmen
sind der Adeverinta Nr. 0 für diesen Zeitraum jedoch nicht zu entnehmen. Vielmehr galten nach rumänischem Recht auch solche
Zeiten als Beschäftigungszeiten, in denen ein Arbeitnehmer beruflich oder politisch ausgebildet wurde. Die dem deutschen Rentenrecht
eigene Unterscheidung zwischen Beitragszeiten und beitragslosen Versicherungszeiten kannte das rumänische Recht hingegen nicht
(Hessisches LSG, Urteil vom 28.03.2008 - L 5 R 32/07 - m.w.N.; LSG Saarland, Urteil vom 14.10.2005 - L 7 RJ 98/03 -; vgl. zu Zeiten schulischer Ausbildung auch z.B. BSG, Urteil vom 13.11.2008 - B 13 R 43/07 R - m.w.N.).
3. Entgegen der Auffassung des Klägers ist er auch nicht mit den Mitgliedern einer rumänischen LPG gleichzustellen. Für Versicherte, für die als Mitglied einer LPG pauschal Beiträge abgeführt wurden, ist davon auszugehen, dass eine vollständige Beitragsentrichtung zum Rentenversicherungssystem
stattgefunden hat (BSG, Urteile vom 12.02.2009 - B 5 R 40/08 R und B 5 R 39/06 R -, vom 21.08.2008 - B 13/4 R 25/07 R - und vom 08.09.2005 - B 13 RJ 44/04 R -). Dies folgt aus der ehemals in Rumänien getroffenen unterschiedlichen Ausgestaltung der Beitragspflicht von Mitgliedern
einer LPG zu denjenigen anderen Arbeitnehmern. Die Rentenversicherungsbeiträge wurden nach dem Dekret Nr. 535/1966 vom 24.06.1966 von
den LPGen nicht für einzelne, namentlich genannte Mitglieder bemessen, sondern für die Gesamtheit ihrer Mitglieder abgeführt.
Bemessungsgrundlage war die von der LPG erzielte Jahresproduktion. Nach Auffassung des BSG stützt die Geltung des rumänischen Dekrets Nr. 535/1966 vom 24.06.1966 über die Pflichtversicherung der Mitglieder aller
LPGs auch ohne weitere Ermittlungen die Schlussfolgerung, dass bei einer ununterbrochenen LPG-Mitgliedschaft auch entsprechende Beiträge zur Sozialversicherung ohne Unterbrechung entrichtet worden sind. Diese für LPGs
bestehenden Besonderheiten sind auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar. Für andere Arbeitnehmer bestand keine, dem Dekret
535/1966 vom 24.6.1966 vergleichbare gesetzliche Regelung (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 17.11.2016 - L 7 R 2582/15 -; Bayerisches LSG, Urteil vom 07.06.2011 - L 6 R 945/09 -).
4. Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§
160 Abs.
2 SGG).