Anspruch auf Krankengeld in der gesetzlichen Krankenversicherung
Rechtmäßigkeit der Zahlungseinstellung nach der Feststellung eines positiven Leistungsbildes für leichte körperliche Arbeiten
Auferlegung von Verschuldenskosten im sozialgerichtlichen Verfahren aufgrund rechtsmissbräuchlichen Verhaltens
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten um die Bewilligung von Krankengeld über den 15.03.2015 hinaus bis zum 22.11.2015 (Erreichen der Höchstbezugsdauer).
Der im Jahr 1962 geborene Kläger, ein gelernter Tischler, der zuletzt in einer Firma für Kunststofftechnik tätig war, war
im streitigen Zeitraum bei der Beklagten gesetzlich krankenversichert. Seit dem 01.05.2013 war er arbeitslos und bezog im
Anschluss an eine aufgrund eigener Kündigung verhängte sechsmonatige Sperrzeit Arbeitslosengeld (ALG I).
Am 31.07.2014 stürzte der u.a. an einem Morbus Bechterew, Beschwerden der Wirbelsäule und einem Impingement-Syndrom der Schulter
leidende und mit einer Hüfttotalendoprothese links versorgte Kläger in der Türkei auf den Rücken, woraufhin ihm ärztlicherseits
Arbeitsunfähigkeit (AU) zunächst vom 31.07.2014 bis 15.08.2014 bescheinigt wurde. Die Bundesagentur für Arbeit stellte ihre
Leistungen mit Ablauf des 10.09.2014 (Ende der Leistungsfortzahlung im Krankheitsfall) ein. Ausweislich eines von der Beklagten
eingeholten Gutachtens des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) vom 11.09.2014 war der Kläger aufgrund einer
am 25.08.2014 durchgeführten Acromioplastik der rechten Schulter aus medizinischer Sicht auf Zeit arbeitsunfähig. Ab dem 11.09.2014
gewährte die Beklagte ihm daraufhin Krankengeld, zunächst bis zum 22.10.2014. Ausweislich der vom Orthopädisch-Neurochirurgischen
Zentrum (ONZ) erstellten Bescheinigungen für Krankengeldzahlung war der Kläger aufgrund eines Impingementsyndroms der Schulter
(M75.4) arbeitsunfähig.
Aus einer zulasten des Rentenversicherungsträgers erbrachten stationären Rehabilitationsmaßnahme vom 23.10.2014 bis 13.11.2014
- in dieser Zeit erhielt er Übergangsgeld - wurde der Kläger formal als arbeitsfähig entlassen. Er legte in der Folgezeit
weitere AU-Bescheinigungen vor und bezog von der Beklagten erneut Krankengeld. Am 12.01.2015 wurde bei ihm eine arthroskopische
Operation des rechten Schultergelenks durchgeführt. Auch in der Folgezeit legte der Kläger AU-Bescheinigungen vor. So stellte
das ONZ in einer Bescheinigung für Krankengeldzahlung am 26.02.2015 AU voraussichtlich bis zum 26.03.2015 fest.
Ausweislich eines von der Beklagten angeforderten, nach Untersuchung des Klägers am 12.03.2015 erstellten weiteren MDK-Gutachtens
bestand beim Kläger ein positives Leistungsbild für leichte körperliche Arbeiten; er sei ab dem 16.03.2015 nicht weiter arbeitsunfähig.
Dies sowie die Einstellung der Zahlung von Krankengeld mit dem Ende der Arbeitsunfähigkeit am 15.03.2015 teilte die Beklagte
dem Kläger mit Bescheid vom 12.03.2015 mit.
Vom 16.03.2015 bis 10.04.2015 bezog der Kläger erneut ALG I und anschließend vorübergehend darlehensweise ALG II.
Den gegen den Bescheid vom 12.03.2015 mit Schreiben vom 26.04.2015 erhobenen Widerspruch begründete der Kläger damit, dass
nach seiner Auffassung über den 15.03.2015 hinaus Arbeitsunfähigkeit vorliege. Er legte ein Attest des ONZ vom 06.05.2015
vor, wonach er aufgrund der persistierenden Beschwerdesymptomatik mit Schmerzen, Kraftlosigkeit und Bewegungseinschränkung
bis auf weiteres nicht arbeitsfähig sei.
Ausweislich einer bei der Beklagten am 06.05.2015 eingegangene AU-Bescheinigung vom selben Tag war durch das ONZ beim Kläger
am 25.03.2015 AU bis zum 06.05.2015 festgestellt worden. Am 12.05.2015 beantragte der Kläger erfolglos eine Rente wegen Erwerbsminderung.
Ein in diesem Zusammenhang geführtes Klageverfahren blieb erstinstanzlich erfolglos, das Berufungsverfahren (L 3 R 685/18) ist noch anhängig.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 24.06.2015 als unbegründet zurück. Mit seiner hiergegen am
28.07.2015 erhobenen Klage hat der Kläger sein Begehren weiter verfolgt.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 12.03.2015 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 24.06.2015 zu verurteilen,
ihm Krankengeld über den 15.03.2015 hinaus bis zum 22.11.2015 nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat ihre Entscheidung für zutreffend gehalten und darauf hingewiesen, dass nach der AU-Bescheinigung vom 26.02.2015, mit
der AU bis zum 26.03.2015 attestiert worden war, die nächste AU erst am 06.05.2015 festgestellt und attestiert worden sei.
Zu diesem Zeitpunkt sei der Kläger nicht mehr mit Anspruch auf Krankengeld versichert gewesen.
Das Sozialgericht hat zunächst Befundberichte eingeholt. Der Orthopäde Dr. G vom ONZ hat den Kläger auch ab dem 16.03.2015
als arbeitsunfähig angesehen, wobei er ihn erst für die Zeit vom 06.05.2015 bis 25.10.2015 krankgeschrieben habe, zuvor habe
dies der Hausarzt getan. Der Allgemeinmediziner Dr. L hat mitgeteilt, dass der Kläger bei ihm für die Zeit ab dem 16.03.2015
nicht arbeitsunfähig gewesen sei.
Das Sozialgericht hat sodann ein fachorthopädisches Gutachten bei dem Sachverständigen Dr. T eingeholt. Dieser ist in seinem
Gutachten vom 22.06.2017 in Übereinstimmung mit dem Gutachten des MDK aus März 2015 zu dem Ergebnis gelangt, dass der Kläger
über den 15.03.2015 hinaus nicht arbeitsunfähig war, ihm vielmehr leichte körperliche Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt
vollschichtig zumutbar waren.
Auf Antrag des Klägers hat das Sozialgericht zudem ein fachorthopädisches Sachverständigengutachten nach §
109 SGG bei Dr. E eingeholt. Dieser ist in seinem Gutachten vom 31.08.2018 in Übereinstimmung mit dem Gutachten des MDK aus März
2015 und Dr. T ebenfalls zu dem Ergebnis gekommen, dass über den 15.03.2015 hinaus beim Kläger bezogen auf den allgemeinen
Arbeitsmarkt keine AU vorliege.
Das Sozialgericht hat die Klage daraufhin unter Würdigung der eingeholten Sachverständigengutachten mit Urteil vom 06.12.2018
als unbegründet abgewiesen und dem Kläger Verschuldenskosten gemäß §
192 Abs.
1 SGG in Höhe von 150,00 Euro auferlegt.
Gegen das ihm am 19.12.2018 zugestellte Urteil hat der Kläger am 14.01.2019 Berufung eingelegt. Zur Begründung hat er im Wesentlichen
unter Berufung auf die Feststellungen seines behandelnden Orthopäden ausgeführt, dass er - entgegen der Annahme der im gerichtlichen
Verfahren beauftragten Sachverständigen - auch über den 15.03.2015 hinaus durchgehend arbeitsunfähig gewesen sei. Es sei zu
einer Verschlimmerung seiner Beschwerden und Beeinträchtigungen gekommen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 06.12.2018 zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 12.03.2015
in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.06.2015 zu verurteilen, ihm Krankengeld über den 15.03.2015 hinaus nach Maßgabe
der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid, in den Sachverständigengutachten und in der Entscheidung des Sozialgerichts,
die sie für zutreffend erachtet. Zudem sei die AU-Bescheinigung vom 06.05.2015 verspätet eingereicht worden. Ein möglicher
Krankengeldanspruch beliefe sich auf kalendertäglich 34,61 Euro (brutto wie netto).
Der Kläger ist seitens des Senats darauf hingewiesen worden, dass die Berufung keine Aussicht auf Erfolg hat, eine Entscheidung
durch Beschluss nach §
153 Abs.
4 SGG beabsichtigt sei und gemäß §
192 SGG die Möglichkeit der Verhängung von Verschuldenskosten bestehe.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt des Verwaltungsvorgangs der Beklagten sowie
der Prozessakte und der Prozessakte des beigezogenen Verfahrens L 3 R 685/18 Bezug genommen, der der Entscheidung des Senats zu Grunde liegt.
II.
Der Senat kann die Berufung gemäß §
153 Abs.
4 SGG durch Beschluss zurückweisen, weil er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich
hält. Er hat von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht, weil der Fall keine Schwierigkeiten in tatsächlicher oder rechtlicher
Hinsicht aufweist und zur Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes eine weitere mündliche Verhandlung nicht erforderlich erscheint.
Die Beteiligten sind dazu schriftlich angehört worden.
Die gemäß §§
143,
144 SGG statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet. Der Kläger ist durch die angefochtenen Bescheide
nicht beschwert im Sinne von §
54 Abs.
2 Satz 1
SGG. Der Senat nimmt zur Begründung zunächst Bezug auf die Ausführungen des Sozialgerichts in dem angefochtenen Urteil und macht
sich diese nach Überprüfung zu eigen (§
153 Abs.
2 SGG in entsprechender Anwendung). Die Berufungsbegründung des Klägers rechtfertigt eine abweichende rechtliche Beurteilung nicht.
Zutreffend hat das Sozialgericht hinsichtlich der Frage der Arbeitsunfähigkeit über den 15.03.2015 hinaus auf den allgemeinen
Arbeitsmarkt abgestellt und dargelegt, dass sich unter Würdigung der Sachverständigengutachten der vom Kläger geltend gemachte
Anspruch nicht begründen lässt.
Auch aus den im Rentenverfahren L 3 R 685/18 vom Sozialgericht eingeholten Sachverständigengutachten des Internisten und Sozialmediziners Dr. Q, des Arztes für Nervenheilkunde,
Psychiatrie und Psychotherapie Dr. Q1 sowie der Chirurgin und Sozialmedizinerin Dr. E ergeben sich keine das Begehren des
Klägers stützenden Feststellungen.
Soweit in der Berufungsbegründung ausgeführt wird, dass sich die Beschwerden und Beeinträchtigungen des Klägers weiter verschlimmert
hätten, musste der Senat hierzu - da es für den streitigen Zeitraum vom 15.03.2015 bis 22.11.2015 nicht darauf ankommt - keine
weiteren Ermittlungen anstellen.
Darüber hinaus weist der Senat darauf hin, dass für den streitigen Zeitraum keine lückenlosen AU-Bescheinigungen vorgelegt
wurden. So hat das ONZ am 26.02.2015 zunächst AU voraussichtlich bis zum 26.03.2015 festgestellt. Die nächste vorgelegte AU-Bescheinigung
datiert auf den 06.05.2015. Aus den eingeholten Befundberichten des Dr. L und des ONZ ergibt sich, dass von dort jeweils keine
AU für die die Zeit bis zum 06.05.2015 attestiert wurde. Am 06.05.2015 aber war der Kläger nicht mehr mit Anspruch auf Krankengeld
versichert. Denn seit dem 12.04.2015 bestand nach Ende seines Anspruchs auf ALG I eine Familienversicherung gemäß §
10 SGB V, so dass der Kläger gemäß §
44 Abs.
2 Satz 1 Nr.
1 SGB V keinen Anspruch auf Krankengeld hatte. Ab dem 12.05.2015 war er als Rentenantragsteller gemäß §
5 Abs.
1 Nr.
11 SGB V bei der Beklagten krankenversichert. Zwar sind Rentner und Rentenantragsteller nicht generell von Krankengeldansprüchen ausgeschlossen,
nach der Rechtsprechung des BSG setzt ein Krankengeldanspruch dieser Personengruppe aber voraus - was beim Kläger nicht der Fall war -, dass aus einer neben
dem Rentenbezug ausgeübten Beschäftigung oder Tätigkeit Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen erzielt wurde, das der Beitragsberechnung
unterlag (vgl. BSG, Urteile vom 26.06.2007 - B 1 KR 2/07 R und B 1 KR 8/07 R).
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.
Der Senat macht von der Möglichkeit Gebrauch, dem Kläger nach entsprechendem Hinweis gemäß §
192 Abs.
1 Satz 1 Nr.
2 SGG Verschuldenskosten in Höhe des gesetzlichen Mindestumfangs (§§
192 Abs.
1 Satz 3,
184 Abs.
2 SGG) aufzuerlegen, weil das Verhalten des Klägers rechtsmissbräuchlich ist und auch kein Zweifel daran besteht, dass er bzw.
sein Prozessbevollmächtigter eine hinreichende Einsichtsfähigkeit insoweit hat.
Gründe, die Revision zuzulassen (§
160 Abs.
2 SGG), sind nicht ersichtlich.