Zuständigkeit der BG Chemie für ein Unternehmen zum Betrieb von Tierkörperbeseitigung in der gesetzlichen Unfallversicherung
Tag der Aufnahme in das Unternehmensverzeichnis als maßgeblicher Zeitpunkt
Kein Anspruch auf Überweisung wegen einer eingetretenen wesentlichen Änderung der tatsächlichen Verhältnisse durch eine Verlagerung
des Schwerpunkts des Geschäftsbereichs allein auf die Betriebseinrichtung eines Fuhrparks
Anforderungen an das Vorliegen eines abgrenzbaren Unternehmens bzw. eines verschiedenartigen Teilunternehmens
Tatbestand
Die Klägerin begehrt die Überweisung ihres Unternehmens von der Zuständigkeit der Beklagten als Träger der Gesetzlichen Unfallversicherung
in die der Beigeladenen.
Mit Bescheid vom 06.03.1991 nahm die Rechtsvorgängerin der Beklagten, die Berufsgenossenschaft der chemischen Industrie (im
Folgenden: BG Chemie), die "Tierkörperverwertung H GmbH" auf deren Antrag hin ab 01.01.1991 in ihr Unternehmerverzeichnis
auf. Deren Gewerbe bestand laut Gewerbeanmeldung bei der Stadt H vom 21.02.1991 in der Einsammlung, Sterilisation und Aufbereitung
sowie Vermarktung von gefallenen Tieren, Tierkörperteilen und sonstigen tierischen Abfällen sowie Handelsgeschäften in dieser
Art. In ihrer Unternehmensbeschreibung gab die "Tierkörperverwertung H GmbH" am 17.06.1991 an, sie stelle tierische Eiweißfuttermittel
unter Verwendung von Schlachtabfällen, Knochen und Kadavern her; insoweit seien 100 Mitarbeiter beschäftigt. Außerdem unterhalte
sie eine Instandhaltungsabteilung mit 8 Beschäftigten sowie eine Verwaltung mit 22 Beschäftigten. Es gebe insgesamt fünf Produktionsstätten.
Mit Bescheid vom 24.07.1991 veranlagte die BG Chemie die "Tierkörperverwertung H GmbH" in der Tarifstelle 200 ihres seinerzeit
gültigen Gefahrtarifs.
Im Dezember 1991 firmierte die "Tierkörperverwertung H GmbH" - nach der Übernahme durch die S-Gruppe, die u.a. seit 1977 in
N eine im Unternehmerverzeichnis der BG Chemie gelistete Tierkörperbeseitigungsanlage betrieb - um in die "S TBA H GmbH",
die zwei Standorte unterhielt. Deren angemeldete Tätigkeit umfasste alle mit der Einsammlung, Beseitigung und Verwertung von
Tierkörpern nach den Bestimmungen des Tierkörperbeseitigungsgesetzes und sonstigen Abfällen in Verbindung stehenden Handelsgeschäfte sowie Herstellung, Vertrieb und Handel mit tierischen Produkten
(Gewerbeanmeldung vom 01.03.1993). In der Unternehmensbeschreibung vom 01.12.1993 wurden als Unternehmenstätigkeiten die Tierkörperbeseitigung
und die Herstellung von tierischen Eiweißfuttermitteln unter Verwendung von Tierkadavern, Schlachtabfällen, Küchen- und Speiseabfällen
sowie Abfallfetten angegeben. Im Jahr 1995 zog das Unternehmen um nach N1/Landkreis K; in der Gewerbe-Anmeldung vom 13.09.1995
beim Landkreis K wurde als angemeldete Tätigkeit - wie bei der Gewerbeanmeldung zuvor - u.a. auch das Einsammeln von Tierkörpern
als Tätigkeit angegeben.
Zum 01.01.1996 verschmolz die Firma "S TBA H GmbH" mit der Firma "S TBA M GmbH" zur Firma "S TBA Nordost GmbH"; die Mitgliedschaft
bei der BG Chemie wurde entsprechend umgeschrieben.
Zum 01.08.1998 firmierte die "S TBA Nordost GmbH" um und führte seither den Namen "U Bio-Industries GmbH". In der Gewerbe-Ummeldung
wurde neben der Ausübung aller mit der Einsammlung, Beseitigung und Verwertung von Tierkörpern und sonstigen Abfällen in Verbindung
stehenden Handelsgeschäften sowie der Herstellung, dem Vertrieb und Handel mit tierischen Produkten nunmehr auch das Einsammeln,
der Transport und Umschlag von organischen Abfallstoffen, das Betreiben von Anlagen zur Verarbeitung dieser Stoffe sowie der
Handel mit den gewonnenen Produkten als Tätigkeiten angegeben (Gewerbe-Ummeldung beim Landkreis K vom 22.07.1998). Bei der
BG Chemie erfolgte eine entsprechende Umschreibung unter Beibehaltung der Mitgliedschaft. Im August 1999 wurde der Sitz der
Verwaltung nach O verlegt; in der Gewerbe-Abmeldung beim Amt N1 wurde als Tätigkeit u.a. auch das Einsammeln von Tierkörpern
angeführt (Gewerbe-Abmeldung vom 24.02.2000).
Mit Wirkung zum 01.10.2007 firmierte die "U Bio-Industries GmbH" in die "T GmbH" - die Klägerin - um, auf die im Jahr 2009
weitere Gesellschaften verschmolzen und die weiterhin Teil der U-Unternehmensgruppe ist. Die Klägerin verlegte in der Folgezeit
ihre Hauptniederlassung von H nach M2 (Gewerbe-Ummeldung vom 19.01.2012). Sie betreibt insgesamt neun Standorte, von denen
die in B, D, L, S1 und S2 reine Logistikstandorte sind. Anlagen zur Tierkörperbeseitigung werden an den Standorten in L, N1,
N und E betrieben.
Im Jahr 2010 gab die Klägerin bei der Beklagten anlässlich der Prüfung einer gesonderten Veranlagung der Logistikstandorte
an, der Transport von Tierkörpern und Schlachtabfällen erfolge grundsätzlich nur zu den eigenen Verarbeitungsstandorten; es
würden ausschließlich Tierkörper und Schlachtabfälle transportiert. Beschäftigt seien (in allen Standorten) insgesamt 306
Mitarbeiter, davon 45 Mitarbeiter in der Verwaltung, 91 Mitarbeiter in der Produktion, 160 Mitarbeiter im Fuhrpark und 10
Reinigungskräfte. Die logistischen Aktivitäten hätten im Jahr 2010 zugenommen. Der Unternehmensschwerpunkt liege daher eindeutig
im logistischen Bereich (Schreiben der Klägerin vom 22.09.2010). Mit Schreiben vom 24.11.2010 lehnte die Beklagte eine gesonderte
Veranlagung des Logistikbereichs der Klägerin ab. Der Bereich Logistik stelle ein typisches Hilfsunternehmen dar, das keinen
eigenen wirtschaftlichen Zweck verfolge.
Mit Schreiben vom 07.02.2011, bei der Beklagten am 09.02.2011 eingegangen, beantragte die Klägerin bei der Beklagten ausdrücklich
die Überweisung an die zuständige Berufsgenossenschaft für Verkehr (= Beigeladene). Die Zuordnung zur Beklagten entspreche
nicht länger dem Unternehmenszweck. Es sei eine wesentliche Änderung der Verhältnisse nach § 48 SGB X eingetreten, da das Unternehmen grundlegend und auf Dauer i.S.d. §
136 Abs.
1 S. 4
SGB VII umgestaltet worden sei. Der Schwerpunkt der unternehmerischen Tätigkeit liege im Logistikbereich; von derzeit 306 Mitarbeitern
seien 180 im logistischen Bereich als Kraftfahrer oder Disponenten/Fuhrparkverwaltung tätig. Auch ein Großteil des Umsatzes
werde im logistischen Bereich erwirtschaftet. Der Schwerpunkt der wirtschaftlichen Tätigkeit liege nicht mehr in der Entsorgung,
sondern im Bereich der Entsorgungsdienstleistung bei den Kunden aus der Landwirtschaft. Zu diesem Zweck werde ein ausgeprägtes,
umfangreiches Logistiknetzwerk unterhalten. Die Entsorgung des eingesammelten Materials stelle lediglich noch einen untergeordneten
Betriebszweck dar. Der Betrieb einer klassischen Tierkörperbeseitigungsanlage sei dauerhaft eingestellt worden, vielmehr werde
das eingesammelte Material der Kategorie 1 in den angeschlossenen Kraftwerken zur Energiegewinnung genutzt.
Die Beklagte leitete hierauf ein Schiedsverfahren bei der Schiedsstelle für Katasterfragen bei der Deutschen Gesetzlichen
Unfallversicherung (DGUV) ein (Schreiben vom 30.03.2011). Im Schiedsverfahren schloss sich die Beigeladene der Auffassung
der Beklagten an; die Voraussetzungen einer Überweisung nach §
136 Abs.
1 S. 4
SGB VII lägen nicht vor. Sie sei jedoch bereit, die Klägerin zu versichern, wenn die Angelegenheit so einvernehmlich beendet werden
könne (Schreiben der Beigeladenen vom 14.06.2011). Mit Votum vom 28.06.2011 entschied die Schiedsstelle für Katasterfragen
der DGUV, dass die Beklagte der zuständige Unfallversicherungsträger für die Klägerin sei. Die Voraussetzungen einer Überweisung
lägen nicht vor. Die Klägerin betreibe weiterhin Tierkörperbeseitigung, darüber hinaus habe sie auch den Charakter eines Produktionsunternehmens.
Zum weitaus überwiegenden Teil erzeuge sie Tiermehl und Tierfette nunmehr als Brennstoff. Darüber hinaus würden ihre Produkte
für die Herstellung von Haustiernahrung und Düngemittel verwendet. Der Fuhrpark füge sich in den gesamten Tätigkeitsbereich
der Tierkörperbeseitigung ein und könne nicht gänzlich auf eine reine Transporttätigkeit reduziert werden. Der Transportbereich
sei weiterhin Hilfsunternehmen der Tierkörperbeseitigung. Somit habe sich der Geschäftsgegenstand nicht grundlegend verändert.
Mit Bescheid vom 06.06.2012 lehnte die Beklagte die Überweisung der Klägerin an die Beigeladene ab. Gegenstand ihres Unternehmens
sei der Betrieb von Tierkörperbeseitigungs-/Verarbeitungsanlagen. Eine wesentliche Änderung der tatsächlichen Verhältnisse
in Form einer Verlagerung von einem Verwertungsbetrieb für Tierkörper und tierische Abfallprodukte hin zu einem Logistik-
bzw. Transportunternehmen sei nicht erfolgt. Der Logistikbereich sei weiterhin ein typisches Hilfsunternehmen; prägend für
das gesamte Unternehmen sei hingegen der Betrieb von Tierkörperbeseitigungsanlagen. Der Logistikbereich diene überwiegend
dem Zweck des Hauptunternehmens, der weiterhin in der Tierkörperbeseitigung bestehe. Hieran habe sich nichts geändert, auch
wenn zwischenzeitlich infolge des Verfütterungsverbots nach der sog. BSE-Krise das Tiermehl nicht mehr als Tierfutter, sondern
als Brennmaterial in Kraftwerken verwendet werde.
Dagegen legte die Klägerin am 05.07.2012 Widerspruch ein. Die historische Herleitung der sachlichen Zuständigkeit für Tierkörperbeseitigungsanlagen
habe nichts mehr mit den heutigen Verhältnissen zu tun. Seien früher aus Tierkörpern unter Einsatz von Chemikalien nützliche
Dinge produziert worden, seien sie heute aus Gründen der Seuchenprävention ausnahmslos zu entsorgen. Demzufolge sei sie ein
Entsorgungsunternehmen, nicht aber ein Produktionsunternehmen; insoweit liege auch eine wesentliche Änderung der tatsächlichen
Verhältnisse vor. Die Ausführungen der Schiedsstelle, die erzeugten Produkte würden für die Herstellung von Haustiernahrung
und Düngemittel verwendet, sei schlicht falsch. Aus seuchenhygienischen Gründen werde das Material mit unterschiedlichsten
Spezialfahrzeugen direkt bei den Kunden eingesammelt. Dieses Einsammeln sei eine von der Entsorgung getrennt zu betrachtende
Dienstleistung, die teilweise separat öffentlich ausgeschrieben werde (so etwa der Zweckverband Tierkörperbeseitigung Nordbayern).
Dass eine vollständige Trennung von Tierkörperbeseitigung einerseits und Transport andererseits nicht möglich sei, sei daher
falsch. Der vorgesehene Ablauf, der aus den einzelnen Schritten Einsammlung, Zerkleinerung, Drucksterilisation, Auftrennung
und Entsorgung bestehe, erfülle nicht die Kriterien für ein Produktionsunternehmen, da kein Endprodukt hergestellt werde.
Das Material werde vielmehr, vergleichbar mit einem Recyclingunternehmen, in die einzelnen Bestandteile aufgetrennt, welche
dann ordnungsgemäß entsorgt würden. Dabei kämen auch keinerlei chemischen Verfahren mehr zum Einsatz. Die Art und der Gegenstand
ihrer unternehmerischen Tätigkeit seien daher eindeutig durch das Einsammeln geprägt: In diesem Bereich sei seit der Aufstockung
des Fuhrparks im Jahr 2010 auch der Mitarbeiter-, Tätigkeits-, Umsatz-, Unfall- und Präventionsschwerpunkt zu finden.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 06.11.2012 zurück. Die von der Klägerin geschilderten Änderungen
im Verfahren der Verwertung bzw. Entsorgung von Tierkörpern und tierischen Nebenprodukten führten nicht zu einer Herauslösung
dieses Gewerbes aus ihrem Zuständigkeitsbereich. Nach der aktuellen Satzung sei sie zuständiger Träger der gesetzlichen Unfallversicherung
u.a. auch für Unternehmen, deren Tätigkeit im Verwerten von Tierkörpern und tierischen Abfällen bzw. Extrahieren von tierischen
Abfallprodukten bestehe (§ 3 i.V.m. Anlage 1 C VII der Satzung vom 20.01.2010). Der in der Widerspruchsbegründung dargestellte
Unternehmensgegenstand der Klägerin werde dadurch abgedeckt. Die Ausweitung der Transporttätigkeiten führe nicht zu einer
Änderung der Zuständigkeit. Es sei nicht die Hauptaufgabe der Klägerin, die Tierkörper und tierischen Abfallprodukte beim
Kunden abzutransportieren, Hauptaufgabe sei vielmehr die beschriebene Verwertung bzw. Entsorgung. Der Logistikbereich sei
ein Hilfsunternehmen i.S.d. §
131 SGB VII. Daran ändere nichts, dass im Transportbereich mehr Arbeitnehmer beschäftigt seien als im Hauptunternehmen, weil Hilfsunternehmen
auch personalstärker sein könnten als das Hauptunternehmen.
Hiergegen hat die Klägerin am 06.12.2012 Klage vor dem Sozialgericht (SG) Dortmund erhoben. Die historische Herleitung aus dem auf §§ 12 und 15 des Unfallversicherungsgesetzes vom 06.07.1884 beruhenden Bundesratsbeschluss vom 21.05.1885, wonach der ehemaligen Berufsgenossenschaft
der chemischen Industrie "Abdeckereien" zugewiesen gewesen seien, habe mit den heutigen Verhältnissen nichts mehr zu tun.
Logistische Tätigkeiten wie den Transport bzw. die Sammlung von Tierkörpern hätten sog. Abdeckereien früher nicht durchgeführt,
vielmehr seien die Tierkörper lediglich zerlegt worden, um unter Einsatz chemischer Verfahren Produkte wie etwa Futter- oder
Düngemittel zu gewinnen. Spätestens seit der sog. BSE-Krise und dem im Dezember 2000 in Kraft getretenen Verfütterungsverbot
würden aber keine Futtermittel mehr für die Landwirtschaft produziert. Ebenfalls würden auch keine Grundstoffe zur Herstellung
von Haustiernahrung oder Düngemitteln oder weitergehende Grundstoffe für die chemische Industrie im Wege der Extraktion (im
Sinne einer physikalischen, chemischen Herauslösung von Grundstoffen) mehr hergestellt. Das Material werde vielmehr in die
Bestandteile Wasser, Fett und Feststoff getrennt. Das abgetrennte Wasser werde über eine Kläranlage, das abgetrennte Fett
durch Verbrennung entsorgt. Verbleibende Feststoffe würden in zermahlenem Zustand durch Verbrennung in Kraftwerken thermisch
vernichtet bzw. entsorgt. Es komme vor, dass bei einer Veräußerung dieser Stoffe geringe Preise erzielt werden könnten; in
Zeiten großer Erkrankungswellen müsse für die Verbrennung hingegen noch dazu gezahlt werden. Mit zur Vorbereitung der Vernichtung
produzierten Mehlen sei indes kein Geld zu verdienen, hier müsse für die Entsorgung ebenfalls noch gezahlt werden. Chemische
Verfahren, die ursprünglich zur Zuständigkeit der Beklagten für Abdeckereien geführt hätten, kämen nicht mehr zur Anwendung.
Es liege lediglich eine Behandlung der sog. K1-Materialien im Sinne einer Abfallbehandlung zur Vorbereitung der Entsorgung
vor. Insoweit werde ein Produktions- oder Verwertungsunternehmen nicht mehr unterhalten. Es liege vielmehr eine Zertifizierung
als Entsorgungsfachbetrieb vor. Insbesondere stelle sie selbst auch kein Bio-Diesel hier; dies werde in anderen Unternehmen
des Konzerns gemacht. Die Logistiktätigkeit sei von ihr im Laufe der Jahre zusätzlich übernommen worden. Transportiert würden
nicht nur Tierkörper, sondern z.B. auch Speisereste und überlagerte Lebensmittel im Auftrag anderer Unternehmen. Nur in seltenen
Fällen, d.h. mit einem Fahrzeug je Niederlassung in den neuen Bundesländern, würden Tierkörper zu anderen als den eigenen
Anlagen verbracht (sog. Sektionsfahrdienstleistung); mit der Verwertung (z.B. Müllverbrennungsanlage) habe man in diesen Fällen
nichts zu tun. Inzwischen werde auch der Transport verendeter Pferde im Auftrag des Halters in Tierkrematorien angeboten.
Anderseits würden Tierkörper auch von Subunternehmern in die eigenen Anlagen geliefert. Eine Zwischenlagerung an den Logistikstandorten
finde nicht statt; die Materialien würden vielmehr zu größeren Einheiten umgeschlagen und sodann zu den Anlagen verbracht.
Diese Logistiktätigkeit stehe nicht in zwingendem Zusammenhang mit der schadlosen Beseitigung von Tierkörpern, sondern sei
vollständig getrennt zu betrachten. Ein Zusammenhang sei auch bei Ausschreibung von Aufträgen der öffentlichen Hand zur Tierkörperbeseitigung
nicht zwingend. So sei es nicht unüblich, dass Unternehmer, die keine Tierkörperbeseitigungsanlage unterhielten, den Transport
selbst durchführten und organisierten.
An lediglich vier der insgesamt neun Standorte befänden sich Tierkörperbeseitigungsanlagen, weitere vier Standorte seien reine
Logistikstandorte, an denen Kraftfahrzeuge und Personal als Kraftfahrer vorgehalten würden, um Tierkörper zu sammeln und zu
transportieren. Ein Standort sei lediglich eine kleine Verwaltungseinheit. Von insgesamt 306 Mitarbeitern seien rund 180 ausschließlich
im Bereich der Logistik beschäftigt. Auch werde der größte Teil ihres Umsatzes durch ihre Tätigkeiten im logistischen Bereich
erzielt; die Kosten der Logistikdienstleistungen machten etwa 70 Prozent der insgesamt anfallenden Kosten aus. Auch liege
hier der Schwerpunkt der Lohnsummen. Das Gepräge des Unternehmens liege daher in der Sammlung und dem Transport von Tierkörpern.
Hinsichtlich der zum Schwerpunkt gewordenen Transportdienstleistungen seien die Leistungen der Beklagten unter Präventionsgesichtspunkten
im Übrigen unzureichend. Hierfür halte die Beklagte weder das erforderliche Fachwissen noch das erforderliche Personal vor.
Rückfragen blieben in vielen Fällen unbeantwortet, das Personal sei überfordert. Die Beigeladene stelle hingegen die zweckmäßigste
Betreuung im Rahmen der Unfall- und Krankheitsverhütung für den überwiegenden Teil der Mitarbeiter sicher. Das Unternehmen
passe nicht mehr in die bisherige Gefahrengemeinschaft bei der Beklagten unter Berücksichtigung der zentralen Aufgaben Prävention
und Erbringung von Entschädigungsleistungen. So habe sie in den Jahren 2012 und 2013 der Beklagten insgesamt 45 Unfallereignisse
gemeldet, davon seien 26 auf Mitarbeiter des Fuhrparks, drei auf Mitarbeiter der Verwaltung und 15 auf Mitarbeiter der Produktion
entfallen. Der Schwerpunkt im Hinblick auf die Erbringung von Entschädigungsleistungen liege demnach unzweifelhaft im Logistikbereich.
Da das Unternehmen damit grundlegend und auf Dauer umgestaltet worden sei, liege eine wesentliche Änderung der tatsächlichen
Verhältnisse gemäß §
136 Abs.
2 S. 2
SGB VII vor. Dadurch werde der Grundsatz der Katasterstetigkeit durchbrochen. An dem Schiedsverfahren schließlich sei sie nicht beteiligt
gewesen. Die Schiedsstelle habe wohl auch deswegen einen unzutreffenden Sachverhalt beurteilt. Insbesondere sei nicht beachtet
worden, dass das Material nicht zur Herstellung von Nahrung oder Düngemitteln verwendet, sondern einer umweltgerechten Vernichtung
zugeführt werde.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 06.06.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.11.2012 zu verurteilen,
die Klägerin aus ihrer Zuständigkeit zu entlassen und in die Zuständigkeit der Berufsgenossenschaft für Verkehr zu überweisen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat ausgeführt, an der seit 1885 bestehenden, unmittelbar gesetzlich begründeten Zuständigkeit für Unternehmen der Tierkörperverwertung
bzw. für das Extrahieren von tierischen Abfallprodukten habe sich bis heute nichts geändert. Es liege auch keine wesentliche
Änderung des Unternehmensgegenstandes vor. Wesentlicher Unternehmensgegenstand der Abdeckereien sei das Wegschaffen und die
Beseitigung von Tierkörpern und deren wirtschaftlich günstige Verwertung gewesen. Dies sei genau der gleiche Unternehmensgegenstand
der heute bestehenden Verwertungsbetriebe für Tierkörper. Die Extraktion sei weiterhin das angewandte Trennverfahren der Wahl,
geändert habe sich lediglich das Extraktionsmittel. Lediglich technologische Veränderungen machten eine unmittelbare gesetzliche
Zuweisung indes nicht unwirksam. Auch nach dem vom ehemaligen Hauptverband der gewerblichen Berufsgenossenschaften herausgegebenen
"Alphabetischen Verzeichnis der Gewerbezweige mit Angabe der Zuständigkeit der gewerblichen Berufsgenossenschaften" sei für
Tierkörperverwertungsbetriebe die ehemalige Berufsgenossenschaft der chemischen Industrie zuständig. Dieses Verzeichnis stelle
jedenfalls ein antizipiertes Sachverständigengutachten dar, das die Berufsgenossenschaften bei ihren Zuständigkeitsprüfungen
zu Grunde legten. Auch habe das ehemalige Reichsversicherungsamt in seinem alphabetischen Verzeichnis der Gewerbezweige von
1910 die Herstellung von Knochenmehl der ehemaligen Berufsgenossenschaft der chemischen Industrie zugewiesen. Darüber hinaus
seien ihr neben Desinfektionsanstalten, Betrieben für Fettspaltung, Fleischmehl, Kadaververnichtungsanstalten, Knochenmehl
und Talgsiedereien auch Abfuhranstalten mit der Verarbeitung der Abfuhrstoffe zugewiesen. Dies zeige, dass ihr auch das Transportgeschäft
unmittelbar zugewiesen sei und dieses zuständigkeitsrechtlich nachrangig betrachtet werde. Nur Abfuhranstalten ohne eigene
Verarbeitung der Abfuhrstoffe seien der Beigeladenen zugeordnet. Eine Verwertung der Tierkörper in Form von Brennstoff für
Kraftwerke und Treibstoff für Kraftfahrzeuge (Bio-Diesel) finde im Übrigen weiterhin statt. Ihre Zuständigkeit bestehe hiervon
abgesehen aber auch für Unternehmen mit dem Gegenstand "Entsorgen von besonderen Abfällen in Anlagen". Die Logistikstandorte
entsprächen dem Konzept des Unternehmens, Tierkörper dezentral zu sammeln. Ihre Aufgaben ergäben sich aus den organisatorischen
Erfordernissen zum Betrieb der Tierkörperbeseitigungsanlagen und seien deren Erfordernissen nachgeordnet. Der Fuhrpark werde
nur unterhalten, weil Tierkörper verwertet würden. Er sei demzufolge eine Hilfstätigkeit und könne dem Gesamtunternehmen nicht
das Gepräge geben. Ein Fuhrpark existiere im Übrigen in einer Vielzahl gewerblicher Unternehmen, in denen er den eigentlichen
Unternehmenszweck nur stütze. Hauptunternehmen sei das Unternehmen, das dem gesamten Unternehmen sein eigentliches Gepräge
gebe und nach außen hervortrete. Dies sei vorliegend die Tierkörperverwertung. Der Transport sei hingegen nur Hilfstätigkeit,
er verfolge keinen Selbstzweck, sondern diene lediglich dazu, die zu verwertenden Tierkörper zur Tierkörperverwertungsanlage
zu verbringen.
Defizite in der Präventionstätigkeit lägen nicht vor. Ihre Mitarbeiter seien ebenso gut wie Mitarbeiter anderer Berufsgenossenschaften
in der Lage, die Mitgliedsunternehmen auf dem Gebiet der Arbeitssicherheit und des Gesundheitsschutzes für einen Fuhrpark
zu betreuen. Seien Mitarbeiter einmal nicht in der Lage, eine Fachfrage zu beantworten, werde die Auskunft bei anderen Berufsgenossenschaften
eingeholt. Lediglich in einem einzigen Fall habe eine Technische Aufsichtsperson aus Zeitproblemen unmittelbar auf die ehemalige
Berufsgenossenschaft für Fahrzeughaltung verwiesen; dieser Einzelfall habe nicht dem üblichen Verfahren entsprochen. Seitens
der Klägerin seien bisher niemals Vorwürfe oder Beschwerden wegen angeblicher Defizite in der Prävention erhoben worden. Die
Unternehmen der Tierkörperverwertung seien auch nicht die einzigen, die einen Transport-/Logistikbereich unterhielten. Vor
Einleitung des Schiedsverfahrens bei der Schiedsstelle für Katasterfragen sei die Klägerin im Übrigen um ihre Einwilligung
gebeten worden. Nach Vorlage des Einverständnisses der Klägerin habe diese gegenüber der Schiedsstelle aber keine weiteren
Äußerungen mehr gemacht.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 07.10.2016 abgewiesen. Die Zuständigkeit der Beklagten sei weder von Anfang an unrichtig gewesen,
noch hätten sich die tatsächlichen Verhältnisse im Unternehmen der Klägerin nachträglich so wesentlich geändert, dass nunmehr
die Beigeladene zuständig sei. Nach Art und Gegenstand der unternehmerischen Betätigung in Form von Sammeln und Verarbeiten
sowie Verwerten von im wesentlichen Tierkörpern sei das Unternehmen der Klägerin im Jahr 1991 der Beklagten zuzuordnen gewesen.
Sie habe klassische Abdeckerarbeiten ausgeführt, die nach den allgemeinen Regelungen bei der Beklagten versichert seien. Eine
wesentliche Änderung sei nicht eingetreten, da die reinen Logistikstandorte dazu dienten, Tierkörper zu den eigenen Beseitigungsanlagen
zu transportieren, auch wenn keine ausschließliche Verwertung in den eigenen Anlagen erfolge. Damit dienten diese Logistikstandorte
dazu, die Auslastung der eigenen Tierkörperbeseitigungsanlagen zu begünstigen. Nach dem eigenen Internetauftritt beschäftige
sich die Klägerin allein mit der Tierkörperbeseitigung. Dass die Tierkörper nicht mehr durch die Verwendung von chemischen
Prozessen verwertet und die aus den Tierkörpern extrahierten Bestandteile nicht mehr in der chemischen Industrie verwertet
würden, sei unbeachtlich. Allein der Name könne nicht alle Berufszweige abdecken, mit denen sich die Trägerin der gesetzlichen
Unfallversicherung beschäftige. Ebenfalls spiele keine Rolle, welcher Träger bestimmte Leistungen besser erbringen könne und
wo das Übergewicht der angestellten Arbeitnehmer beim Unternehmer liege. Die Beklagte sei nach Satzung und Zuordnung durch
die alphabetische Auflistung auch für Entsorgungsunternehmen zuständig, sie habe sich auch durchgängig mit diesem Geschäftszweig
beschäftigt und ihre Organisation entsprechend ausgerichtet. Dass die Beigeladene eine allgemeine und alleinige Zuständigkeit
für den Unternehmenszweig Entsorgung innehabe, sei nicht erkennbar. Insoweit sei es unbeachtlich, dass es Unternehmen gebe,
die allein auf den Abtransport von Tierkörpern spezialisiert seien, denn es komme nicht darauf an, ob Sonderbetriebe existierten
oder nicht. Entscheidend seien allein die konkreten Umstände des Einzelfalles und wie sich das jeweilige Unternehmen organisiert
habe. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gründe der Entscheidung Bezug genommen.
Gegen das am 11.11.2016 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 09.12.2016 Berufung eingelegt und ihr bisheriges Vorbringen
bekräftigt und vertieft. Es bleibe bei der bisher im Verfahren dargestellten Struktur des Unternehmens, zu ergänzen sei lediglich,
dass inzwischen Produkte von den beiden Logistikstandorten in D und L auch an zwei andere Entsorgungsunternehmen (hundertprozentige
Töchter) in I und S verbracht würden. Die Wertung des SG sei nicht nachvollziehbar. Es habe nicht dargelegt, wieso es nicht signifikant sei, dass im Bereich Fuhrpark fast doppelt
so viele Mitarbeiter beschäftigt seien wie im Bereich Verwertung. Insbesondere sei nicht erforderlich, dass das Gepräge als
Tierkörperverwertungsunternehmen vollständig entfalle; entscheidend sei vielmehr das Gepräge des Gesamtunternehmens. Es gebe
aber auch im Bereich der Tierkörperverwertung durchaus Unternehmen, die allein über eine Entsorgungslogistik ohne eigene Anlagen
verfügten. Eine "eindeutige" Zuständigkeit sei entgegen der Auffassung des SG nicht erforderlich. Dies ergebe sich insbesondere nicht aus der Vorschrift des §
136 Abs.
1 S. 4 i.V.m. Abs.
2 S. 2
SGB VII, die im Gegensatz zu einer anfänglichen Unrichtigkeit der Zuständigkeitsbestimmung (§
136 Abs.
2 S. 1
SGB VII) diese Voraussetzung nicht enthalte. Die Umgestaltung des Unternehmens sei auch auf Dauer erfolgt. Der wirtschaftliche Schwerpunkt
liege bereits mindestens seit 2010 auf dem Bereich Fuhrpark. Hier liege auch der Schwerpunkt der meldepflichtigen Arbeitsunfälle
aller Standorte.
Insofern sei die Beigeladene fachlich deutlich besser aufgestellt als die Beklagte, so biete sie etwa für Entsorgungstätigkeiten
einen eigenen Präventionsbereich an. Maßstab für die Zuordnung sei, welche Berufsgenossenschaft die zweckmäßigste Krankheits-
und Unfallverhütung leiste. Unabhängig davon verletze sie die Ablehnung der Überweisung trotz objektiv begründbarer Zuständigkeit
der Beigeladenen in ihrem Grundrecht aus Art.
2 Abs.
1 Grundgesetz (
GG). Das Verlangen einer "eindeutigen" Zuständigkeit erschwere den Wechsel in unverhältnismäßiger Weise, so dass Zweifelsfälle
zu Gunsten der Stattgabe des Überweisungsanspruches und nicht zu Gunsten der Katasterstetigkeit zu entscheiden seien. Die
Versagung der Überweisung verfolge bereits keinen legitimen Zweck, wenn - wie hier - anhand objektiver Maßstäbe eine grundlegende
und dauerhafte Änderung der Verhältnisse dargelegt sei. Aufgrund des förmlichen Überweisungsverfahrens bestehe auch nie eine
Unsicherheit hinsichtlich der Zuständigkeit des Unfallversicherungsträgers; allein die Planungssicherheit und die Sicherung
des Mitgliederbestandes einer Berufsgenossenschaft rechtfertigten den Eingriff nicht. Sie selbst erleide indes aufgrund höherer
Beitragsbelastung Wettbewerbsnachteile gegenüber Mitbewerbern, die bei der Beigeladenen mit geringerer Beitragslast versichert
seien. Die Versagung der Überweisung verstoße des Weiteren gegen die Dienstleistungsfreiheit der Klägerin (Art. 56 und 57 AEUV). Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) sei die Pflichtmitgliedschaft in einer Berufsgenossenschaft
damit nur vereinbar, soweit dieses System nicht über das hinausgehe, was zur Erreichung des Ziels der Gewährleistung des finanziellen
Gleichgewichts eines Zweigs der sozialen Sicherheit erforderlich sei (Bezugnahme auf EuGH, Urteil vom 05.03.2009 R. C-350/07 - Kattner Stahlbau GmbH). Werde von ihr aber lediglich innerhalb der gesetzlich vorgesehenen Pflichtversicherung ein Wechsel
erstrebt, nicht aber eine Befreiung von der Versicherungspflicht, werde die Stabilität und Lebensfähigkeit des Systems der
gesetzlichen Unfallversicherung nicht gefährdet. Die Versagung der Überweisung gehe daher über das hinaus, was zur Erreichung
des Ziels eines finanziellen Gleichgewichts des Systems der gesetzlichen Unfallversicherung erforderlich sei. Die Fallgestaltung
in dem von der Beklagten herangezogenen Urteil des Hessischen Landessozialgerichts sei grundlegend anders gewesen, insbesondere
im Hinblick auf die dortigen Mitarbeiterzahlen und Lohnsummen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 07.10.2016 abzuändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 06.06.2012
in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.11.2012 zu verurteilen, die Klägerin in die Zuständigkeit der Beigeladenen
nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu überweisen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist auf ihr bisheriges Vorbringen sowie auf das Urteil des SG, das sie für zutreffend hält. Das Unternehmen der Klägerin beseitige bzw. entsorge Tierkörper und Tierreste, was auch der
Beschreibung ihres Unternehmensgegenstandes auf ihrer Webseite zu entnehmen sei. Für solche Unternehmen, die früher Abdeckerei
genannt worden seien, ergebe sich aus §
122 Abs.
2 SGB VII i.V.m. dem alphabetischen Verzeichnis der Gewerbezweige ihre Zuständigkeit auf quasi-gesetzlicher normativer Grundlage. Der
Transport sei genauso wie die Verwertung und Entsorgung die originäre Tätigkeit eines Abdeckunternehmens und dessen integraler
Bestandteil. Die eindeutige Zuweisung für Abdeckereien sei insoweit speziell zur Zuweisung für die Abfuhr von sonstigen Materialien
und daher unmissverständlich. Die Klägerin ignoriere, dass sich alle Gewerbezweige seit 1885 bzw. 1910 grundlegend verändert
haben dürften. Nur nachhaltige, wesentliche Betriebsveränderungen, die das Gepräge des Unternehmens grundlegend umgestalteten
und zu einer grundlegenden Änderung der Unternehmensstruktur führten, könnten aber eine Überweisung begründen. Qualifiziere
die Klägerin den Fuhrpark als Hauptunternehmen und die Tierkörperverwertung als deren Hilfsunternehmen, lenke dies davon ab,
dass die Entsorgung im Wesentlichen nicht im Abtransport des zu entsorgenden Materials, sondern dessen Verwertung bzw. Verarbeitung
bestehe. Die Tierkörper und tierische Nebenprodukte würden vielmehr gesammelt, um sie zu verarbeiten, weil sie zu beseitigen
bzw. entsorgen seien. Ohnehin seien im alphabetischen Verzeichnis der Gewerbezweige von 1910 aber (u.a.) auch Abfuhranstalten
mit Verarbeitung der Abfuhrstoffe zugewiesen, was die Argumentation der Klägerin wie auch der Beigeladenen entkräfte. Die
Beigeladene spiele die Bedeutung der Entsorgung in fast unsachlicher Weise herunter, obwohl sich am Unternehmenszweck der
Klägerin gar nichts geändert habe. Auch sei zu hinterfragen, ob die Rohstoffherstellung tatsächlich wirtschaftlich so bedeutungslos
sei, wie die Klägerin vorgebe, denn immerhin entstehe beim Verbrennungsprozess Wärme, die einer wirtschaftlichen Nutzung zugeführt
werde. Aufgrund der Arbeitsverfahren, der Betriebsmittel und der seuchenhygienischen Anforderungen sowie den für den Arbeitsschutz
geltenden rechtlichen Bestimmungen, wie sie in der Verordnung über Sicherheit und Gesundheitsschutz bei Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen (BioStoffVO) vorgegeben seien, sei eine Ansiedlung von Tierkörperbeseitigungsanlagen aufgrund der Expertise für biologische
Arbeitsstoffe bei ihr schlüssig und zwingend. Auch unterhalte sie einen entsprechend spezialisierten Messtechnischen Dienst.
Das Unfallgeschehen spiele sich keineswegs schwerpunktmäßig im Bereich des Fuhrparks ab. Von 24 im Jahr 2017 gemeldeten Arbeitsunfällen
aller Standorte seien zwölf im Bereich des Fuhrparks passiert, hiervon sei nur einer ein Verkehrsunfall gewesen, im Übrigen
habe es sich um Stolper-, Rutsch- und Sturzunfälle gehandelt, die in allen Branchen der gewerblichen Wirtschaft häufig anzutreffen
seien. Allerdings habe in diesen Fällen das besondere Transportgut eine Rolle gespielt, was zeige, dass das zur Abdeckerei
gehörende Fuhrgeschäft deutlich anders als viele andere Logistikdienstleistungen einzuordnen sei. Auch bei den Unfällen im
Jahr 2015 und 2016 sei eine Mehrzahl nicht auf transportspezifische Gefahren zurückzuführen. Der Maßstab der Zahl der Beschäftigten
und der Lohnsummen gelte im Übrigen für Hilfsunternehmen nicht. Sie seien vielmehr bei der Bestimmung des Hauptunternehmens
von vornherein nicht zu berücksichtigen und gedanklich auszuklammern, bevor unter den verbleibenden Unternehmensbestandteilen
der Schwerpunkt und damit das Hauptunternehmen festgestellt werden könne. Auch gebe es keinen Grundsatz, dass ein Hilfsunternehmen
nicht angenommen werden könne, wenn es Unternehmen gebe, die dieselbe Tätigkeit rechtlich selbstständig ausüben.
Die Ausführungen der Klägerin zur Verletzung des Art.
2 Abs.
1 GG seien nicht weiterführend, da es allein darum gehe, ob die tatbestandlichen Voraussetzungen einer Überweisung vorlägen oder
nicht. Die Vereinbarkeit der diese Überweisung regelnden Normen mit höherrangigem Recht werde von niemandem infrage gestellt.
Der Verweis der Klägerin auf die Dienstleistungsfreiheit auf unionsrechtlicher Ebene sei ebenfalls irrelevant, da das in Bezug
genommene Urteil eine völlig andere Fragestellung behandele. Auch wenn ein einzelner Zuständigkeitswechsel die Stabilität
des Systems der gesetzlichen Unfallversicherung insgesamt nicht gefährde, seien die gesetzlichen Überweisungsvoraussetzungen
zu beachten, da ansonsten jeder Unternehmer bei Zweifeln an seiner Zuständigkeit mit dem Hinweis auf fehlende Systemrelevanz
ein Zuständigkeitswechsel durchsetzen könne. Mögliche Beitragsunterschiede zwischen den Berufsgenossenschaften seien rechtlich
ohne Bedeutung und vorliegend weit weniger günstig für die Klägerin als erhofft. Im Übrigen werde auf ein Urteil des Hessischen
Landessozialgerichts (LSG) vom 22.11.2016 - L 3 U 125/12 - verwiesen, das im Falle eines zum selben Konzern wie die Klägerin gehörenden Betriebs mit vergleichbaren Unternehmensverhältnissen
deutliche Ausführungen dazu enthalte, warum der Fuhrpark kein Nebenunternehmen, sondern nur ein nicht gesondert zu veranlagendes
Hilfsunternehmen darstelle.
Der Senat hat mit Beschluss vom 21.09.2017 die Berufsgenossenschaft für Transport Verkehrswirtschaft zum Verfahren gemäß §
75 Abs.
2 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) beigeladen.
Die Beigeladene stellt keinen Antrag. Sie tritt dem mit der Berufung geltend gemachten Begehren der Klägerin auf Überweisung
bei. Die Klägerin habe überzeugend begründet, dass das Abholen, Sammeln und Befördern tierischer Nebenprodukte den Schwerpunkt
ihrer Tätigkeit darstelle und damit auch eigene wirtschaftliche Zwecke verfolge. Seit die von ihr betriebenen Tierkörperbeseitigungsanlagen
grundsätzlich keine Weiterverarbeitung des Materials zu marktgängigen Produkten mehr vornähmen, sondern lediglich die Rohstoffe
Tiermehl und Tierfett gewonnen und anschließend beseitigt würden, werde mit diesem Betriebsteil kein eigener wirtschaftlicher
Zweck verfolgt. Allenfalls könne der Tierverwertung noch der Status eines Nebenunternehmens zugebilligt werden, was aber nichts
an einem Wechsel des Schwerpunkts in ihren Zuständigkeitsbereich ändere. Die Beklagte übersehe gerade im Hinblick auf die
gesetzliche Aufgabe der Prävention die technische Entwicklung in verschiedenen Branchen. In ihrem 25. Gefahrtarif seien unter
der Gefahrtarifstelle 551 Unternehmen als Entsorgungswirtschaft (Einsammeln und Transport von gefährlichen Abfällen mit Spezialfahrzeugen
einschließlich der Abfallbehandlung, -recycling und -vermarktung) aufgeführt und damit ihr zuzuordnen. Sei ein Gewerbezweig
weder im Beschluss des Bundesrats vom 21.05.1885, noch im alphabetischen Verzeichnis aufgehführt und lägen auch keine späteren
Beschlüsse über eine Zuweisung vor, sei der Betrieb der Berufsgenossenschaft zuzuweisen, die ihm nach Art und Gegenstand am
nächsten stehe. Dies meine die Gewährleistung der zweckmäßigsten, fachspezifischen und leistungsfähigsten Unfall- und Krankheitsverhütung,
was sich nach den Arbeitsverfahren und Betriebseinrichtungen richte, die tatsächlich ausgeführt würden. Das Unfallgeschehen
sei daher näher bei ihr als bei der Beklagten zu sehen. Eine Differenzierung zwischen spezifischen und unspezifischen Gefahren
des Fuhrgeschäfts sei nicht tunlich; spezifische Gefahren von Beschäftigten im Fuhrpark seien alle Gefahren, denen sie beim
Führen des Fahrzeugs sowie bei Tätigkeiten mit Fahrzeugaufbauten und im Umgang mit der Ladung ausgesetzt seien. Schließlich
sei die Klägerin als Teil der S-Gruppe, die sich auf ein Fuhrunternehmen zurückführen lasse und nun Muttergesellschaft der
Sparten U und V sei, auf dass engste mit anderen Betrieben der Entsorgungswirtschaft verbunden, die auch bei ihr versichert
seien.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen
Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen. Der Inhalt dieser Akten ist Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe
A. Die zulässige, insbesondere statthafte (§
144 Abs.
1 S. 1 Nr.
1 SGG) und fristgemäß erhobene (§
151 Abs.
1 SGG) Berufung der Klägerin ist unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen, denn die Klägerin ist durch die angefochtenen Bescheide der Beklagten nicht beschwert,
§
54 Abs.
2 S. 1
SGG.
Die als Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§
54 Abs.
1 S. 1, 56
SGG) statthafte und auch im Übrigen zulässige Klage ist unbegründet. Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf
die Überweisung in die Zuständigkeit der Beigeladenen als Träger der gesetzlichen Unfallversicherung.
I. Grundlage des Anspruchs ist §
136 Abs.
1 S. 4 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch - Gesetzliche Unfallversicherung (
SGB VII). Die Regelung knüpft an S. 1 der Vorschrift an, wonach Beginn und Ende der Zuständigkeit für ein Unternehmen vom Unfallversicherungsträger
durch schriftlichen Verwaltungsakt gegenüber dem Unternehmer festzustellen sind. Von einem solchen (bindenden) Zuständigkeitsbescheid
ist eine Abwendung mit Wirkung für die Zukunft nur nach Maßgabe der speziellen Regelung des §
136 Abs.
1 S.4
SGB VII möglich.
Nach dieser Vorschrift überweist der bisher zuständige Träger ein Unternehmen dem tatsächlich sachlich zuständigen Träger,
wenn die Feststellung der Zuständigkeit von Anfang an unrichtig war (Alt. 1) oder sich die Zuständigkeit für das Unternehmen
nachträglich ändert (Alt. 2).
Nach §
136 Abs.
2 S. 1
SGB VII ist die Feststellung der Zuständigkeit von Anfang an unrichtig gewesen (Alt. 1), wenn sie den Zuständigkeitsregelungen eindeutig
widersprochen hat oder das Festhalten an dem Bescheid zu schwerwiegenden Unzuträglichkeiten führen würde. Nach §
136 Abs.
2 S. 2
SGB VII liegt eine wesentliche Änderung der tatsächlichen Verhältnisse im Sinne des § 48 Abs. 1 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X), die zu einer Änderung der Zuständigkeit führt, vor (Alt. 2), wenn das Unternehmen grundlegend und auf Dauer umgestaltet
worden ist. Diese Voraussetzungen eines Überweisungsanspruchs sollen Kontinuität und Rechtssicherheit in Bezug auf die Zuständigkeit
der Träger für die bei ihnen versicherten Unternehmen gewährleisten (Grundsatz der Katasterstetigkeit, vgl. BSG, Urteil vom 02.04.2009 - B 2 U 20/07 R Rn. 24).
II. Nach diesen Maßstäben hat die Klägerin keinen Überweisungsanspruch gegen die Beklagte.
Dies folgt nicht bereits aus dem Votum der Schiedsstelle für Katasterfragen der DGUV, das einem Überweisungsanspruch nicht
entgegensteht. Hierbei handelt es sich lediglich um ein internes Verfahren, welches die Sach- und Rechtslage im Interesse
der Unfallversicherungsträger klären soll; eine rechtsverbindliche Klärung kann auf diesem Wege nicht erreicht werden, da
die Bestimmungen des Gesetzes über die Zuständigkeit der Unfallversicherungsträger zwingendes Recht sind. Die gesetzlich vorgesehenen
Möglichkeiten des Unternehmers, den Rechtsweg zu beschreiten, werden dadurch nicht berührt (vgl. Waltermann, DGUV Forum 10/2009,
37 ff.).
Die Beklagte (bzw. die BG Chemie als deren Rechtsvorgängerin) ist der für die Klägerin bisher verfahrensrechtlich zuständige
und daher auch für die Entscheidung über den Überweisungsanspruch sachlich zuständige Unfallversicherungsträger, da sie ihre
Zuständigkeit gegenüber der Klägerin bzw. deren Rechtsvorgängerin festgestellt und auch praktiziert hat (dazu unter 1). Diese
Zuständigkeit ist weder von Anfang an unrichtig gewesen (dazu unter 2), noch haben sich die tatsächlichen Verhältnisse im
Unternehmen der Klägerin nachträglich wesentlich geändert (dazu unter 3).
1) Die BG Chemie als Rechtsvorgängerin der Beklagten hat durch Aufnahme der "Tierkörperverwertung H GmbH" in ihr Unternehmerverzeichnis
ab 01.01.1991 mit Bescheid vom 06.03.1991 über deren Mitgliedschaft entsprechend der seinerzeit bestehenden Rechtslage nach
§ 664 Abs. 1
Reichsversicherungsordnung (
RVO) bindend entschieden (vgl. BSG, Urteil vom 28.11.2006 - B 2 U 33/05 R Rn. 16) und damit der Rechtsvorgängerin der Klägerin bestätigt, dass sie ihr Mitglied sei. Ob der Aufnahmebescheid rechtmäßig
war, kann dahinstehen, denn dieser Verwaltungsakt ist bestandskräftig geworden und entfaltet deshalb für Klägerin und Beklagte
Bindungswirkung (§
77 SGG). Die Beklagte ist damit auch für die Entscheidung über den Überweisungsantrag der Klägerin sachlich zuständig (§
136 Abs.
1 S. 4
SGB VII).
2) Die Zuständigkeit der BG Chemie für das Unternehmen der Rechtsvorgängerin der Klägerin war nicht i.S.v. §
136 Abs.
2 S. 1 1. Alt.
SGB VII von Anfang an unrichtig, da diese Zuordnung zu Recht erfolgt ist. Maßgeblicher Zeitpunkt der Beurteilung ist dabei der Tag
der Aufnahme der Rechtsvorgängerin der Klägerin in das Unternehmensverzeichnis der BG Chemie, also der 01.01.1991.
Zuständig sind gemäß §
121 Abs.
1 SGB VII die gewerblichen Berufsgenossenschaften, die in der Anlage 1 zu §
114 SGB VII genannt werden, für alle Unternehmen (Betriebe, Verwaltungen, Einrichtungen, Tätigkeiten), soweit nicht die landwirtschaftlichen
Berufsgenossenschaften oder Unfallversicherungsträger der öffentlichen Hand aufgrund gesetzlicher Regelung zuständig sind.
Dies entspricht der Vorgängerregelung des § 646 Abs. 1 i.V.m. §§ 643, 653 ff.
RVO. Eine vorrangige Zuständigkeit landwirtschaftlicher Berufsgenossenschaften oder von Unfallversicherungsträgern der öffentlichen
Hand ist weder zum Zeitpunkt der erstmaligen Zuständigkeitsfeststellung noch aktuell nach den §§
123 bis
129a SGB VII ersichtlich.
Die sachliche Zuständigkeit der gewerblichen Berufsgenossenschaft richtet sich nach §
122 Abs.
1 SGB VII, der § 646 Abs. 2
RVO entspricht. Danach kann das Bundesministerium für Arbeit und Soziales durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates
die sachliche Zuständigkeit der gewerblichen Berufsgenossenschaften nach Art und Gegenstand der Unternehmen unter Berücksichtigung
der Prävention und der Leistungsfähigkeit der Berufsgenossenschaften und die örtliche Zuständigkeit bestimmen. Da der Verordnungsgeber
nach wie vor von dieser Ermächtigungsgrundlage zur Regelung der sachlichen Zuständigkeit durch Rechtsverordnung keinen Gebrauch
gemacht hat, bleibt gemäß §
122 Abs.
2 SGB VII jede Berufsgenossenschaft für diejenigen Unternehmensarten sachlich zuständig, für die sie bisher zuständig war. Die Zuständigkeit
der gewerblichen Berufsgenossenschaften nach dem bisherigen Recht und damit heute wie zum Zeitpunkt der Erstfeststellung im
Jahr 1991 richtet sich daher weiter nach dem Beschluss des Bundesrates vom 21.05.1885 (AN 1885, 143 ff.), sowie nach dem vom
Reichsversicherungsamt (RVA) aufgestellten alphabetischen Verzeichnis "der Gewerbezweige nach ihrer berufsgenossenschaftlichen
Zugehörigkeit" (Handbuch der Unfallversicherung, 1910, Dritter Band S. 1 ff.) und nach dem Erlass des Reichsarbeitsministers
(RAM) vom 16.03.1942 (AN 1942 II 201) und den dazu ergangenen Ausführungsbestimmungen des RVA vom 22.04.1942 (AN 1942 II 287)
(vgl. BSG, Urteil vom 09.05.2006 - B 2 U 34/04 R Rn. 21 ff.; Urteil vom 05.09.2006 - B 2 U 27/05 R Rn. 19). Diese Bestimmungen gelten als vorkonstitutionelles Recht weiter, denn nach Art.
123 Abs.
1 Grundgesetz (
GG) gilt Recht aus der Zeit vor dem (ersten) Zusammentritt des Deutschen Bundestages (07.09.1949) fort, soweit es dem
GG nicht widerspricht (vgl. dazu BSG, Urteil vom 05.09.2006 - B 2 U 27/05 R Rn. 21 ff.; Urteil vom 09.05.2006 - B 2 U 34/04 R Rn. 23).
Hat die Rechtsvorgängerin der Klägerin laut Gewerbeanmeldung bei der Stadt H vom 21.02.1991 als Unternehmensgegenstand die
Einsammlung, Sterilisation und Aufbereitung sowie Vermarktung von gefallenen Tieren, Tierkörperteilen und sonstigen tierischen
Abfällen sowie Handelsgeschäften in dieser Art angegeben, fällt dies begrifflich unter den Betrieb einer "Abdeckerei", die
im Bundesratsbeschluss vom 21.05.1885 (AN 1885 143, 149) wie auch im alphabetischen Verzeichnis "der Gewerbezweige nach ihrer
berufsgenossenschaftlichen Zugehörigkeit" (Ordnungsnummer 18 Ziffer 12, Handbuch Unfallversicherung, a.a.O., S. 8, 22) der
BG Chemie zugeordnet ist. Die Zuständigkeit der BG Chemie war demnach von Anfang an zutreffend.
Einen Überweisungsanspruch wegen von Anfang an unrichtiger Feststellung der Zuständigkeit gemäß § 44 Abs. 2 SGB X in Verbindung mit §
136 Abs.
2 S.1
SGB VII macht die Klägerin auch nicht geltend; vielmehr sind die Beteiligten sich darüber einig, dass die ursprüngliche Feststellung
der sachlichen Zuständigkeit der Rechtsvorgängerin der Beklagten rechtmäßig war.
3) Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die Überweisung an die Beigeladene wegen einer seit der erstmaligen Feststellung der
Zuständigkeit eingetretenen wesentlichen Änderung der tatsächlichen Verhältnisse im Sinne von §
136 Abs.
2 SGB VII i.V.m. § 48 SGB X. Eine wesentliche Änderung der tatsächlichen Verhältnisse im Sinne des § 48 Abs. 1 SGB X, die zu einer Änderung der Zuständigkeit des Trägers der gesetzlichen Unfallversicherung führt, liegt vor, wenn das Unternehmen
grundlegend und auf Dauer umgestaltet worden ist (§
136 Abs.
2 S. 2
SGB VII).
Der Gesetzgeber hat mit den Erfordernissen der grundlegenden und dauerhaften Umwandlung die Rechtsprechung zu § 667 Abs. 1
RVO übernommen. Danach sollen im Hinblick auf die Grundsätze der Katasterrichtigkeit und Katasterstetigkeit nur solche nachhaltigen
wesentlichen Betriebsänderungen zu einer Überweisung führen, die das Gepräge des Unternehmens (seine Struktur) grundlegend
umgestaltet haben. Grundlegend bedeutet, dass das Unternehmen bzw. seine Tätigkeit nicht mehr in die bisherige Gefahrengemeinschaft,
der die beiden zentralen Aufgaben Unfallverhütung und Erbringung von Entschädigungsleistungen übertragen sind, passt. Die
wesentliche Änderung muss sich nach der Rechtsprechung auf die Herstellungsweise der Erzeugnisse, die in Betracht kommenden
Arbeitsvorgänge sowie die dabei benutzten Betriebseinrichtungen beziehen (BSG, Urteil vom 11.08.1998 - B 2 U 31/97 R Rn. 30; Urteil vom 09.05.2006 - B 2 U 34/04 R Rn. 31; Quabach in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-
SGB VII, 2. Auflage, §
136, Stand: 15.03.2014, Rn. 88). Eine wesentliche Änderung kann zum Beispiel durch Änderung der Arbeitsweisen, durch Erweiterung
auf neue Geschäftsbereiche oder durch Verschiebung des Schwerpunkts innerhalb eines Gesamtunternehmens eintreten (vgl. die
Gesetzesbegründung zum Unfallversicherungsmodernisierungsgesetz - UVMG -, BT-Drs. 16/9154 S.28). Eine Änderung ist darüber
hinaus nur dann wesentlich, wenn der Zeitpunkt der Änderung der tatsächlichen Verhältnisse mehr als ein Jahr zurückliegt und
seitdem keine der geänderten Zuständigkeit widersprechenden Veränderungen eingetreten sind oder wenn die Änderung der Zuständigkeit
durch Zusammenführung, Aus- oder Eingliederung von abgrenzbaren Unternehmensbestandteilen bedingt ist (§
136 Abs.
2 S. 3
SGB VII); das gilt aber nicht, wenn feststeht, dass die tatsächlichen Umstände, welche die Veränderung der Zuständigkeit begründen,
innerhalb eines Zeitraums von zwei Jahren nach deren Eintritt entfallen (§
136 Abs.
2 Satz 5
SGB VII). Eine Änderung gilt nach §
136 Abs.
2 S. 4
SGB VII nicht als wesentlich, wenn ein Hilfsunternehmen im Sinne von §
131 Abs.
2 S. 2
SGB VII in eigener Rechtsform ausgegliedert wird, aber ausschließlich dem Unternehmen, dessen Bestandteil es ursprünglich war, dient.
a) Maßgeblicher Ausgangspunkt für die Prüfung der Änderung der tatsächlichen Verhältnisse ist der 01.01.1991; denn ab diesem
Zeitpunkt ist - zu Recht, vgl. oben - die Eintragung der Klägerin gemäß §§ 658, 659
RVO in das Unternehmerverzeichnis der Rechtsvorgängerin der Beklagten erfolgt. In der Gewerbeanmeldung bei der Stadt H vom 21.02.1991
bestand der Gegenstand des Unternehmens in der Einsammlung, Sterilisation und Aufbereitung sowie Vermarktung von gefallenen
Tieren, Tierkörperteilen und sonstigen tierischen Abfällen. Damit waren in erster Linie die Verwertung bzw. Entsorgung von
Tierkörpern, daneben aber auch deren Einsammeln mit eigener Logistik Gegenstand des Unternehmens. Dieser Gegenstand wurde
unverändert auch von den Rechtsnachfolgerinnen der "Tierkörperverwertung H GmbH" verfolgt und entsprechend in den Gewerbean-
bzw. -ummeldungen und Unternehmensbeschreibungen ausdrücklich so bezeichnet.
b) Ausgehend hiervon sind im Unternehmen der Klägerin keine wesentlichen Änderungen eingetreten, die eine Überweisung in die
Zuständigkeit der Beigeladenen rechtfertigen können. Im Kern unverändert seit 1991 betreibt die Klägerin in erster Linie das
Geschäft der Tierkörperbeseitigung und -verwertung. Es hat insbesondere keine Verlagerung des Schwerpunkts des Geschäftsbereichs
allein auf die Betriebseinrichtung des Fuhrparks stattgefunden.
Weiterhin steht - nach dem Einsammeln des Materials durch den eigenen Fuhrpark - die Verwertung bzw. Entsorgung der eingesammelten
Tierkörper in den eigenen Anlagen als (jedenfalls ein) Schwerpunkt im Mittelpunkt des Unternehmens. Zu diesem Zweck betreibt
die Klägerin nach wie vor an vier Standorten in Deutschland spezielle Tierkörperbeseitigungsanlagen, in denen die Beseitigung
der Tierkörper unter Beachtung seuchenhygienischer Vorgaben (vgl. Verordnung (EG) Nr. 1069/2009 sowie das Tierische Nebenkörper-Beseitigungsgesetz
- TierNebG -) in einem aufwändigen Verfahren erfolgt. Diese Anlagen zur Entsorgung bzw. Verwertung dienen dabei dem Zweck
des Unternehmens, dem Kunden ein Verfahren anzubieten, mit dem er sich der Tierkörper allein durch die Beauftragung der Klägerin
entledigen kann. Damit muss sich der Kunde nicht selbst gesondert um den Transport zu einer Beseitigungsanlage und um die
seuchenhygienische Beseitigung kümmern; vielmehr bietet die Klägerin den Abtransport und die Beseitigung - wie auch schon
im Jahr 1991 - "aus einer Hand" an.
Entsprechend tritt die Klägerin auch werbend nach außen hin auf, wie der Internetauftritt zeigt: "Wir kommen mit einem Spezialfahrzeug
zum vereinbarten Ort und holen die gefallenen Tiere oder Risikomaterial aus der Schlachtung ab. Dabei fahren wir landwirtschaftliche
Betriebe jeder Größe sowie private Tierhaltungen, Pferdekoppeln, Reiterhöfe oder Tierkliniken an. Das verstorbene Tier wird
zur zuständigen Anlage der T GmbH gebracht, wo eine professionelle und sichere Tierkörperbeseitigung unter strenger Einhaltung
der EU-Richtlinien erfolgt. Nach jeder Tagestour wird das Fahrzeug von innen und außen gereinigt und desinfiziert. ( ) Das
Thema Tierkörperbeseitigung ist auf Grund seiner seuchenhygienischen Bedeutung Gegenstand zahlreicher Gesetze und Verordnungen
auf Länder- und EU-Ebene. T garantiert eine professionelle und sichere Abholung sowie eine anschließende Beseitigung nach
geltendem Recht." (www.T.de/.../dienstleistungen, Zugriff am 20.05.2020). Außerdem wird dort weiter ausgeführt: "Innovative
Brennstoffgewinnung - Energie aus tierischem Rohmaterial - Durch Aufbereitung von tierischem Risikomaterial produziert T Fette
und Mehle, die aufgrund von gesetzlichen Vorgaben beseitigt werden müssen. Als einzige Nutzungsmöglichkeit ist die Verbrennung
erlaubt. Die Fette werden als Vorprodukt für Biodiesel vermarktet. Die sterilen Mehle dienen als Alternativbrennstoff für
Kraftwerke oder die Zementindustrie. Natürlich ist beim Umgang mit tierischen Nebenprodukten das kompromisslose Einhalten
strengster Hygienestandards ganz wesentlich. Für größtmögliche Sicherheit läuft die spezielle Behandlung darum in genau festgelegten
Schritten ab." (www.T.de/.../technologie-und-umwelt, Zugriff am 20.05.2020). Dieses Angebot der Tierkörperbeseitigung "aus
einer Hand" deckt sich mit der Motivation der Kunden, gerade die Klägerin zu beauftragen. Denn diese haben nicht nur ein Interesse
an dem Transport der Tierkörper, sondern vor allem - insbesondere vor dem Hintergrund der strengen seuchenhygienischen Vorschriften
- an deren im selben Zuge erfolgenden endgültigen Beseitigung; die Klägerin wird wegen dieses "Gesamtpakets" beauftragt. Insoweit
ist die Beseitigung des Tierkörpers notwendige Folge des Transportes, was die Klägerin - jedenfalls weit überwiegend - in
den eigenen Anlagen anbietet und selbst übernimmt.
Eine wesentliche Änderung des Unternehmensgegenstandes durch eine Verlagerung des Schwerpunkts des Geschäftsbereichs allein
auf die Betriebseinrichtung des Fuhrparks hat nicht stattgefunden. Die unternehmerische Entscheidung der Klägerin, in einigen
der heutigen zum Gesamtunternehmen gehörenden Standorten die dortigen Beseitigungsanlagen zu schließen und dort lediglich
noch Teile des Fuhrparks vorzuhalten, hat daran nichts geändert; denn auch diese Fuhrparks werden ganz überwiegend dazu eingesetzt,
Tierkadaver in die eigenen Beseitigungsanlagen zu verbringen. Dies zeigt lediglich, dass die Klägerin - womöglich aufgrund
des technologischen Fortschritts oder den Ausbau der bestehenden Anlagen - auch mit dieser Anzahl von Anlagen in der Lage
ist, das eingesammelte Material fachgerecht zu beseitigen. Werden bei der Möglichkeit, immer mehr Material zu beseitigen,
aber auch immer mehr Fahrzeuge eingesetzt, verändert dies nicht das seit jeher bestehende Wesen des Betriebs, nämlich das
Einsammeln und die Beseitigung von Tierkörpern.
Aus dem Umstand, dass es im Unternehmerverzeichnis der Beigeladenen Unternehmen geben mag, deren Gegenstand ausschließlich
der Transport von Tierkörpern ist, kann die Klägerin nichts für sich herleiten; denn im Unterschied dazu betreibt sie in ihrem
Unternehmen eigene Anlagen zur Beseitigung/Verwertung, die ohne Zweifel ihrem Unternehmensgegenstand - Transport und Beseitigung
von Tierkörpern - dienen. Ohnehin kommt es nicht auf eine Vergleichbarkeit mit anderen Unternehmen an, sondern allein darauf,
ob eine wesentliche Änderung der tatsächlichen Verhältnisse i.S.d. §
136 Abs.
1 S. 4, Abs.
2 S. 2
SGB VII eingetreten ist.
Dass insoweit auch - etwa nach gesonderter Ausschreibung der öffentlichen Hand - Tierkörper lediglich eingesammelt werden
und in andere als die eigenen Anlagen verbracht werden, rechtfertigt keine andere Einschätzung. Nach den Angaben der Personalleiterin
der Klägerin im Erörterungstermin vom 17.12.2015 vor dem SG ist dies nämlich "eher selten" der Fall. Weiter hat die Klägerin angegeben, je Niederlassung in den neuen Bundesländern werde
dafür "etwa" ein Fahrzeug eingesetzt, also maximal fünf Fahrzeuge. Werden inzwischen von den Logistik-Standorten Detmold und
Linnich aus zwei Anlagen angefahren, die nicht zum Unternehmen der Klägerin gehören, kann auch dies (noch) keine wesentliche
Veränderung des Unternehmensschwerpunktes bedeuten, da weiterhin von den anderen Fuhrparks eigene Anlagen angefahren werden.
Ohnehin ist fraglich, ob dem eine wesentliche Bedeutung beizumessen ist, da es sich bei den Standorten I und S nach Angaben
des Geschäftsführers um 100-prozentige Töchter mit personengleicher Geschäftsführung handelt. Eine wesentliche Veränderung
bzw. Erneuerung des Geschäftsbereichs mit Verlagerung des Schwerpunktes auf den Fuhrpark ist angesichts der nach wie vor von
der Klägerin betriebenen Tierkörperbeseitigungsanlagen jedenfalls nicht ersichtlich.
Zwar mögen sich die Arbeits- bzw. Herstellungsvorgänge im Bereich der Tierkörperverwertung im Laufe der Jahrzehnte verändert
haben. Dies mag dabei nur zum Teil unternehmerischen Entscheidungen geschuldet sein; größtenteils sind - neben einem technologischen
Fortschritt, der Arbeitsabläufe verändert - auch die rechtlichen Vorgaben und technischen Standards im Bereich der Tierkörperverwertung
strenger geregelt worden, was z.B. die Verwertung der Tierkörper als Rohstoff für die Herstellung von Futter- und Düngemittel
in der Landwirtschaft unmöglich gemacht hat. Hier sind aber entsprechende Anpassungen durch die Klägerin bzw. deren Rechtsvorgängerin(nen)
erfolgt, insbesondere im Bereich der eigentlichen Zersetzung und Beseitigung der Tierkörper. Diese werden nunmehr u.a. in
brennbare Materialien (Mehle) oder solche zur Herstellung anderer Brennstoffe (Fette, für Biodiesel) getrennt. Eine Tierkörperbeseitigung
wird indes auch unter Beachtung dieser Veränderungen im Arbeitsvorgang unverändert weiter in den eigenen Anlagen betrieben.
Bei hochtechnisierten Anlagen dürfte es im Übrigen nicht unüblich sein, dass sie von weniger Arbeitskräften betrieben bzw.
überwacht werden müssen, so dass die Reduzierung der Anzahl der Mitarbeiter in diesem Bereich erklärbar, nicht aber wesensverändernd
ist. Im Gegensatz dazu muss jeder Lkw mindestens von einem Beschäftigten besetzt sein.
Insbesondere auch vor dem Hintergrund des Grundgedankens, dass eine "grundlegende" Umgestaltung des Unternehmens erfordert,
dass dessen Tätigkeit nicht mehr in die bisherige Gefahrengemeinschaft, der die beiden zentralen Aufgaben Unfallverhütung
und Erbringung von Entschädigungsleistungen übertragen sind, passt, lässt sich eine wesentliche Änderung i.S.d. §
136 Abs.
2 S. 2
SGB VII, § 48 SGB X im Falle der Klägerin nicht begründen. Denn nach den Angaben der Klägerin in der Berufungsbegründung waren im Jahr 2016 insgesamt
137 Mitarbeiter von insgesamt 311 Mitarbeitern nicht im Bereich des Fuhrparks tätig, sondern im Bereich Verwertung (99 Mitarbeiter)
und im Bereich Verwaltung (38 Mitarbeiter). Waren somit aber noch 99 Mitarbeiter im speziellen Bereich der Tierkörperverwertung
beschäftigt, war die Gefahrengemeinschaft der bei der Beklagten versicherten Unternehmer, die auch den Bereich Tierkörperverwertung/-beseitigung
erfasst, jedenfalls nicht ungeeignet für das Unternehmen der Klägerin. Die Beklagte hat insbesondere ausführlich dargelegt,
dass sie in der Lage ist, ihre Präventionsaufgaben auch im Hinblick auf die Mitarbeiter des Fuhrparks ordnungsgemäß zu erfüllen.
Da nahezu jeder größere Betrieb auch über Fahrzeuge verfügen dürfte, ist dies auch ohne weiteres nachvollziehbar. Vielmehr
erscheint es zweifelhaft zu sein, ob die Gefahrengemeinschaft der bei der Beigeladenen versicherten Unternehmer für die Aufgaben
der Prävention bzw. Unfallverhütung dieser 99 Mitarbeiter im Bereich Tierkörperverwertung hinreichend passend ist, da der
Betrieb von speziellen Tierkörperverwertungsanlagen und -verfahren seit jeher der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin zugeordnet
ist. Eine Expertise der Beigeladenen in diesem Bereich ist nicht ersichtlich. Im Gegensatz dazu verfügen viele der Beklagten
zuzuordnende Betriebe nach deren nachvollziehbaren Angaben über Fuhrparks bzw. Transportfahrzeuge.
Liegt hiernach bereits keine grundlegende Änderung des Unternehmensgegenstandes vor, kommt es auf die Anzahl der Mitarbeiter
und den Schwerpunkt der Gewinnerzielung in den einzelnen Bereichen des Unternehmens nicht entscheidungserheblich an.
c) Eine andere Bewertung kommt auch nicht aufgrund §
131 SGB VII in Betracht. Umfasst danach ein Unternehmen verschiedenartige Bestandteile (Hauptunternehmen, Nebenunternehmen, Hilfsunternehmen),
die demselben Rechtsträger angehören, ist der Unfallversicherungsträger zuständig, dem das Hauptunternehmen angehört. Der
Gesetzgeber verfolgt damit das Ziel, ein Unternehmen im Rechtssinne auch dann einem Unfallversicherungsträger zuzuordnen,
wenn dessen Unternehmensbestandteile selbst Unternehmen im unfallversicherungsrechtlichen Sinne darstellen würden angesichts
des weiten Unternehmensbegriffs der §§
121,
122 Abs.
2 SGB VII (vgl. BSG, Urteil vom 15.11.2016 - B 2 U 19/15 R Rn. 21; Quabach a.a.O., §
131 Rn. 7). Die Anwendung von §
131 SGB VII setzt dabei voraus, dass das Unternehmen aus einzelnen, voneinander abgrenzbaren Unternehmen besteht, die eine gewisse organisatorische
Selbständigkeit besitzen (vgl. BSG, Urteil vom 14.12.1995 - 2 RU 37/94 Rn. 33). Ferner müssen die Bestandteile zueinander in einem Verhältnis von Haupt-, Hilfs- und Nebenunternehmen stehen, d.h.
ein Bestandteil - das Hauptunternehmen - muss das Gesamtunternehmen prägen bzw. den wirtschaftlichen Unternehmensschwerpunkt
(Abs. 2 S. 1) bilden, während die anderen Bestandteile demgegenüber zurücktreten (Hilfs- oder Nebenfunktionen). Zu berücksichtigen
sind bei Bestimmung des Hauptunternehmens u.a. die Zahl der beschäftigten Arbeitnehmer und die Entgeltsummen in den Betriebsteilen
sowie welchem Unfallversicherungsträger das Unternehmen nach seiner Eigenart bzw. nach seinem Unternehmenszweck nähersteht
(vgl. Quabach a.a.O., § 131 Rn. 32; BSG, Urteil vom 02.04.2009 - B 2 U 20/07 R Rn. 43). Keine Bestandteile i.S.d. Vorschrift sind jedoch integrale Funktionsbereiche, die unmittelbar die jeweiligen Unternehmenszwecke
verfolgen (Ricke in: Kasseler Kommentar, 107. EL Dezember 2019,
SGB VII §
131 Rn. 2, 7b).
In dem von der Klägerin betriebenen Geschäft der Tierkörperbeseitigung mitsamt vorheriger Einsammlung der Tierkörper handelt
es sich bei alleiniger Betrachtung des Fuhrparks aber nicht um ein abgrenzbares Unternehmen i.S.v. §
121 Abs.
1 SGB VII bzw. um ein verschiedenartiges Teilunternehmen i.S.v. §
131 SGB VII, das das Gesamtunternehmen prägt. Vielmehr ist dieser Bereich integraler Bestandteil eines Gesamtunternehmens mit dem Schwerpunkt
auf der seuchenhygienisch vorschriftsmäßigen, fachgerechten Tierkörperbeseitigung, die mit dem Einsammeln von Tierkörpern
beim Kunden beginnt und der anschließenden Verwertung/Beseitigung in den unternehmenseigenen Anlagen endet. Das folgt aus
der engen Verzahnung zwischen dem Einsammeln der Tierkörper durch die zum Unternehmen gehörenden Fahrzeuge und die fachgerechte
Beseitigung des eingesammelten Materials in den eigenen Anlagen. Diese enge Verbindung wird von der Klägerin in ihrem werbenden
Auftritt am Markt selbst ausdrücklich so dargestellt und hervorgehoben (vgl. dazu den oben zitierten Internetauftritt der
Klägerin). Die Klägerin ist zur Verwirklichung ihres unternehmerischen Zwecks - dem Einsammeln und der Beseitigung von Tierkörpern
- also einerseits auf den vorschriftsmäßigen, fachgerechten Transport des Materials durch den eigenen Fuhrpark angewiesen;
andererseits ist der Transport der Tierkörper nur denkbar, wenn eine fachgerechte und von den Kapazitäten ausreichende Entsorgung/Beseitigung
gewährleistet ist, die nur durch die eigenen Anlagen sichergestellt wird. Das bloße Einsammeln unter Verbringung in andere,
unternehmensfremde Beseitigungsanlagen macht nur einen Bruchteil der Geschäftstätigkeit aus; umgekehrt nimmt auch die Beseitigung
von Fremdmaterial in den eigenen Anlagen nur einen geringen Anteil an der Gesamttätigkeit ein. Es ist somit nicht zu erkennen,
dass einer der Unternehmensbestandteile hinter dem jeweils anderen zurücktritt. Damit handelt es sich aber um ein einheitliches
Gesamtunternehmen, da zwischen den einzelnen Teilunternehmen ein wirtschaftlicher und betriebstechnischer Zusammenhang insbesondere
in Form von aufeinander bezogenen Tätigkeiten besteht, die Betriebsteile einer einheitlichen Leitung unterstehen und der Verfügungsgewalt
desselben Unternehmers unterliegen (vgl. BSG, Urteil vom 02.04.2009 - B 2 U 20/07 R Rn. 39). Ausgehend davon spielt es dann keine Rolle, dass der Transportbereich vom Umsatzanteil am Gesamtumsatz sowie der
Mitarbeiteranzahl stärker als der reine Bereich der Verwertung ist.
d) Die Klägerin kann sich auch nicht auf Art.
2 Abs.
1 GG berufen; denn das Grundrecht der allgemeinen Handlungsfreiheit steht ausdrücklich unter dem Vorbehalt der verfassungsmäßigen
Ordnung, womit alle formell und materiell in Einklang mit der Verfassung stehenden Rechtsnormen gemeint sind. Wird die Überweisung
von einer Berufsgenossenschaft in eine andere aber durch §
136 Abs.
1 S. 4
SGB VII, an dessen formeller und materieller Rechtmäßigkeit keine Zweifel bestehen, ausdrücklich geregelt, und liegen dessen Voraussetzungen
nicht vor, liegt keine Verletzung des von der Klägerin für sich in Anspruch genommenen Grundrechts vor.
Es liegt auch keine Verletzung von Art.
9 Abs.
1 GG vor, da die gesetzlich angeordnete Pflichtmitgliedschaft in öffentlich-rechtlichen Körperschaften nicht dem Schutzbereich
des Grundrechts auf Vereinigungsfreiheit unterfällt. Art.
9 Abs.
1 GG zielt lediglich auf freiwillige Zusammenschlüsse zu frei gewählten Zwecken. Eine gesetzlich angeordnete Eingliederung in
eine öffentlich-rechtliche Körperschaft beruht hingegen auf einer Entscheidung des Gesetzgebers, bestimmte öffentliche Aufgaben
auch unter kollektiver Mitwirkung privater Akteure zu erledigen (BVerfG, Beschluss vom 12.07.2017 - 1 BvR 2222/12).
Schließlich liegt kein Verstoß gegen die Dienstleistungsfreiheit der Klägerin (Art. 56 und 57 AEUV) vor. Der von der Klägerin angeführte Fall Kattner Stahlbau GmbH (EuGH, Urteil vom 05.03.2009 R. C-350/07) betrifft bereits einen anderen Sachverhalt, nämlich nicht die Überweisung, sondern eine begehrte Versicherungsfreiheit in
der deutschen gesetzlichen Unfallversicherung. Sind aber die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Überweisung bereits nicht
gegeben, kann auch im Übrigen aus dieser Entscheidung nichts im Sinne der Klägerin abgeleitet werden.
II. Liegen die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Überweisung gem. §
136 Abs.
1 S. 4
SGB VII mangels wesentlicher Veränderung der Verhältnisse damit nicht vor, kann die Klägerin eine entsprechende Aufhebung der streitigen
Bescheide und die Verpflichtung der Klägerin zur Überweisung an die Beigeladene als Trägerin der gesetzlichen Unfallversicherung
nicht verlangen.
Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 52 Abs. 1 und 3 S. 1 Gerichtskostengesetz (GKG). In Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der
sich aus dem Antrag des Klägers ergebenen Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen (§ 52 Abs. 1 GKG). Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist gemäß § 52 Abs. 3 GKG ein Streitwert von 5.000,00 Euro anzunehmen. Das wirtschaftliche Interesse der Klägerin besteht in einer möglich erscheinenden
geringeren Belastung mit Beiträgen. Welche Differenz der Beiträge besteht, lässt sich indes nicht konkret berechnen und ergibt
sich auch nicht aus einem Vergleich der Beitragsbescheide der Beklagten mit den (fiktiven) Beitragsberechnungen der Beigeladenen,
denn darin sind die einzelnen Umlagen nicht berücksichtigt. Es fehlen daher hinreichende Anhaltspunkte für die Bezifferung
des wirtschaftlichen Werts der von der Klägerin begehrten Überweisung (BSG, Beschluss vom 07.03.2017 - B 2 U 140/16 B Rn. 12, unter ausdrücklicher Aufgabe der Beschlüsse vom 08.09.2009 - B 2 U 113/09 B und 28.02.2006 - B 2 U 31/05 R, dort noch dreifacher Wert des Jahresbeitrags), so dass der Senat den Auffangstreitwert ansetzt.
Die Festsetzung des Streitwerts für das Klageverfahren beruht auf § 63 Abs. 3 S. 1 GKG. Nach dieser Vorschrift kann die Streitwertfestsetzung der Vorinstanz durch das Rechtsmittelgericht geändert werden, wenn
das Verfahren wegen der Hauptsache in der Rechtsmittelinstanz schwebt.
C. Gründe für die Zulassung der Revision nach §
160 Abs.
2 Nr.
1 und
2 SGG liegen nicht vor.