Gründe
Die vom Antragsteller am Montag, dem 27. Mai 2019 und damit (form- und) fristgerecht (§
173 Satz 1
Sozialgerichtsgesetz [SGG]) erhobene Beschwerde gegen den ihm am 25. April 2019 zugestellten Beschluss des Sozialgerichts Kiel ist auch im Übrigen
zulässig. Sie ist angesichts der Diskrepanz in Höhe von monatlich 205,00 EUR zwischen den dem Antragsteller bis Februar 2019
gewährten Analogleistungen nach §
2 Abs.
1 Asylbewerberleistungsgesetz (
AsylbLG) in Höhe von insgesamt monatlich 764,00 EUR und den seither im Wert von insgesamt 559,00 EUR erbrachten Leistungen nach §
1a AsylbLG als statthaft anzusehen (§
172 Abs.
3 Nr.
1 SGG). Dabei berücksichtigt der Senat, dass im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes zur Bestimmung des Wertes des Beschwerdegegenstands
bei Fehlen eines anderweitig bestimmten Antrags regelmäßig ein Zeitraum von sechs Monaten zugrunde gelegt werden kann (vgl.
LSG Schleswig, Beschluss vom 8. Juni 2017 - L 6 AS 78/17 B ER, juris).
Die Beschwerde ist jedoch unbegründet. Im Ergebnis zu Recht hat das Sozialgericht den Antrag auf Erlass einer einstweiligen
Anordnung abgelehnt. Die Voraussetzungen des §
86b Abs.
2 SGG, die das Sozialgericht zutreffend dargestellt hat, liegen nicht vor. Der Antragsteller hat bereits einen Anordnungsanspruch
für die Zahlung von Leistungen nach dem
AsylbLG, die über die gekürzten Leistungen nach §
1a AsylbLG hinausgehen, nicht glaubhaft gemacht.
Zu Recht hat der Antragsgegner die Leistung für den Antragsteller ab 1. März 2019 nach Maßgabe des §
1a Abs.
2 Satz 2
AsylbLG auf die Leistungen zur Deckung des Bedarfs an Ernährung und Unterkunft einschließlich Heizung sowie Körper- und Gesundheitspflege
gekürzt. Die Voraussetzungen des §
1a Abs.
2 Satz 1
AsylbLG für eine solche Kürzung liegen vor: Bei dem Antragsteller, der weder im Besitz eines Aufenthaltstitels noch einer Duldung
ist, handelt es sich um eine leistungsberechtigte Person i.S. des §
1 Abs.
1 Nr.
5 AsylbLG, für die ein - zwischenzeitlich verstrichener - Ausreisetermin und eine Ausreisemöglichkeit feststehen und die es zu vertreten
hat, dass die Ausreise bisher nicht durchgeführt werden konnte.
Der Senat geht insbesondere davon aus, dass für den Antragsteller wirksam ein Ausreisetermin für den 2. September 2018 gesetzt
worden ist, der inzwischen verstrichen ist. Zwar reicht nach vorläufiger Würdigung für das Verstreichen des Ausreisetermins
der Ablauf der sich aus einer Grenzübertrittsbescheinigung ergebenden Frist nicht aus (Hessisches LSG, Beschluss vom 23. August
2016 - L 4 AY 4/16 B ER, L 4 AY 5/16 B, juris; zustimmend Oppermann in: jurisPK-SGB XII, 2. Aufl. 2014, §
1a AsylbLG [2. Überarbeitung] Rn. 49.1). Dem Antragsteller ist aber mit Ausreiseaufforderung und Abschiebeandrohung vom 30. Juli 2018,
zugestellt am 2. August 2018, eine Ausreisefrist von einem Monat nach Zustellung des Bescheids gesetzt worden, wodurch den
Anforderungen an eine Fristsetzung nach § 59 Abs. 1 Satz 1 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) und nach Ansicht des Senats damit auch denen des §
1a Abs.
2 Satz 1
AsylbLG entsprochen worden ist (vgl. auch Siefert in: Siefert,
AsylbLG, 1. Aufl. 2018, §
1a Rn. 26).
Die Kürzungsvoraussetzungen nach §
1a Abs.
2 Satz 1 und
2 AsylbLG treten unbeschadet der Tatsache ein, dass der Antragsteller gegen den Bescheid vom 30. Juli 2018 (in Gestalt des Widerspruchsbescheids
vom 28. August 2018) und damit auch gegen die Fristsetzung nach § 59 Abs. 1 Satz 1 AufenthG (zur VA-Qualität BVerwG, Urteil vom 3. April 2001 - 9 C 22/00 - BverwGE 114, 122, juris Rn. 9 f.) Klage beim Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgericht erhoben hat. Die Klage hat keine
aufschiebende Wirkung i.S. des §
80 Abs.
1 Verwaltungsgerichtsordnung (
VwGO). Anders als das Sozialgericht geht der Senat allerdings nicht von der Anwendbarkeit des § 84 AufenthG aus. Bei der Abschiebeandrohung handelt es sich weder um einen Verwaltungsakt nach dem Katalog des § 84 Abs. 1 AufenthG, noch - i.S.d. § 84 Abs. 2 AufenthG - um eine Ausweisung oder einen sonstigen Verwaltungsakt, der die Rechtmäßigkeit des Aufenthalts beendet.
Die aufschiebende Wirkung entfällt aber - worauf der Antragsgegner zu Recht hinweist - gemäß §
80 Abs.
2 Satz 2
VwGO i.V.m. § 248 Abs. 1 Satz 2 Allgemeines Verwaltungsgesetz für das Land Schleswig-Holstein (LVwG SH). Nach §
80 Abs.
2 Satz 2
VwGO können die Länder bestimmen, dass Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten,
die in der Verwaltungsvollstreckung durch Bundesrecht getrofen werden. Von dieser Ermächtigung, die sich insbesondere auf
die Abschiebung als einen bundesrechtlich geregelten Fall des unmittelbaren Zwangs (Kop/Schenke,
VwGO, 24. Aufl. 2018, §
80 Rn. 70 m.w.N.) und die sie vorbereitenden Verfügungen bezieht, hat der Landesgesetzgeber mit der Vorschrift des § 248 Abs. 1 Satz 2 LVwG, wonach Rechtsmittel gegen Vollzugsmaßnahmen keine aufschiebende Wirkung entfalten, hinreichend Gebrauch gemacht (VG Schleswig,
Beschluss vom 5. Juni 2018 - 11 B 71/18, juris Rn. 25; nachgehend OVG Schleswig, Beschluss vom 12. Juli 2018 - 4 MB 76/18, juris; vgl. zu einer ähnlichen Bestimmung im niedersächsischen Landesrecht bereits VG Braunschweig, Beschluss vom 1. Juni
2005 - 6 B 60/05, juris Rn. 15).
Die Kostenentscheidung ergeht entsprechend §
193 Abs.
1 Satz 1
SGG. Sie orientiert sich am Ausgang des Verfahrens.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.