Umfang des Übergangs von Unterhaltsansprüchen auf den Träger der Sozialhilfe
Tatbestand:
Die Klägerin nimmt den Beklagten auf Zahlung von Trennungs- und Kindesunterhalt in Anspruch.
Die Parteien schlossen, nachdem sie bereits acht Jahre zusammengelebt hatten, im Jahre 1989 die Ehe. Aus ihrer Beziehung stammen
die Kinder Antonio, geboren am 6. August 1984, Giusy, geboren am 9. Juni 1986 und Marco, geboren am 21. Oktober 1988, für
die der Beklagte die Vaterschaft anerkannt hat. Seit der im September 1995 erfolgten Trennung der Parteien leben die Kinder
bei der Klägerin. Diese ging Ende 1996/Anfang 1997 einer Tätigkeit als Telefonistin nach. Sie bezog für sich und den Sohn
Antonio Sozialhilfe, für die Kinder Giusy und Marco wurden Leistungen nach dem Unterhaltsvorschußgesetz erbracht. Das Sozialamt
vereinbarte mit der Klägerin am 19. Februar 1997 die Rückübertragung übergegangener Unterhaltsansprüche. Hinsichtlich der
Unterhaltsvorschußleistungen erfolgte keine Rückabtretung.
Der 1956 geborene Beklagte, der italienischer Staatsangehöriger ist, war in Italien als ungelernter Bauarbeiter sowie in der
Gastronomie tätig. 1980 kam er nach Deutschland und fand eine Beschäftigung als Hilfsarbeiter. Nachdem ihm betriebsbedingt
gekündigt worden war, verrichtete er in den folgenden Jahren Gelegenheitsarbeiten und war im übrigen arbeitslos. 1994/95 war
er als Eisverkäufer tätig. Von Juni bis November 1996 betrieb er selbständig eine Pizzeria. Seitdem ist er wiederum arbeitslos
und bezieht Arbeitslosenhilfe.
Durch Anwaltsschreiben vom 12. November 1996 forderte die Klägerin den Beklagten zur Zahlung von Trennungs- und Kindesunterhalt
ab Mitte November 1996 auf. Mit ihrer Klage, die dem Beklagten am 7. April 1997 zugestellt wurde, machte sie - entsprechend
der ihr bewilligten Prozeßkostenhilfe - zuletzt folgende (im Wege einer Mangelfallberechnung ermittelten) Ansprüche geltend:
Kindesunterhalt für Antonio: ab 1. März 1997 monatlich 54 DM; Kindesunterhalt für Giusy und Marco: ab Rechtshängigkeit jeweils
monatlich 44 DM, zahlbar ab dem ersten des der letzten mündlichen Verhandlung folgenden Monats an sie selbst und im übrigen
an das Jugendamt; Trennungsunterhalt: ab 1. März 1997 monatlich 38 DM sowie für die Zeit vom 15. November 1996 bis 28. Februar
1997 rückständigen Trennungsunterhalt von 137,50 DM und rückständigen Kindesunterhalt für Antonio von 196,50 DM.
Der Beklagte berief sich darauf, zur Leistung von Unterhalt finanziell außerstande zu sein, da es ihm trotz seiner Bemühungen
nicht gelungen sei, eine neue Arbeitsstelle zu finden.
Das Amtsgericht gab der Klage statt. Die dagegen gerichtete Berufung nahm der Beklagte zurück, soweit das Rechtsmittel die
Verurteilung zur Zahlung von Unterhalt für die Zeit ab 1. April 1998, dem Tag der mündlichen Verhandlung vor dem Oberlandesgericht,
betraf. Für die Zeit bis zum 31. März 1998 begehrte er die Abweisung der Klage. Das Berufungsgericht änderte das angefochtene
Urteil antragsgemäß ab. Mit der hiergegen eingelegten - zugelassenen - Revision erstrebt die Klägerin die Wiederherstellung
des Urteils des Amtsgerichts für die Zeit vom 1. Dezember 1996 bis zum 31. März 1998.
Entscheidungsgründe:
Das Rechtsmittel ist begründet.
1. Das Berufungsgericht hat die Sache allerdings zutreffend nach deutschem Recht beurteilt. Sowohl auf die Unterhaltsansprüche
von getrenntlebenden Ehegatten als auch auf diejenigen von Kindern sind primär die Sachvorschriften des am jeweiligen gewöhnlichen
Aufenthalt des Unterhaltsberechtigten geltenden Rechts anzuwenden (Art. 18 Abs. 1 Satz 1
EGBGB). Da die Klägerin mit den Kindern in Deutschland lebt, ist für die Unterhaltsansprüche deutsches Recht maßgebend. Das gilt
gleichermaßen für die Abstammung der Kinder. Der Beklagte, der die Vaterschaft für die Kinder anerkannt hat, ist nach §
1600 a
BGB a.F. (Art. 224 § 1
EGBGB) deren Vater. Die Unterhaltsansprüche richten sich daher nach den §§
1361,
1601 ff.
BGB.
2. Das Oberlandesgericht ist davon ausgegangen, daß sich die nach den vorgenannten Bestimmungen für das Bestehen von Unterhaltsansprüchen
unter anderem maßgebende Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen nicht allein nach dem von ihm tatsächlich erzielten
Einkommen richtet, sondern grundsätzlich auch nach den Mitteln bestimmt, die er bei gutem Willen aus zumutbarer Erwerbstätigkeit
erzielen könnte. Feststellungen zu der Frage, ob der Beklagte seiner Erwerbsobliegenheit genügt hat, hat es jedoch für entbehrlich
gehalten, weil die Klägerin bis einschließlich März 1998 Leistungen nach dem Bundessozialhilfegesetz und dem Unterhaltsvorschußgesetz in einer die geltend gemachten Unterhaltsansprüche übersteigenden Höhe bezogen habe und
schon deshalb für den vor der letzten mündlichen Verhandlung liegenden Zeitraum Unterhaltsansprüche nicht mehr durchsetzen
könne. Hierzu hat das Berufungsgericht im wesentlichen ausgeführt: Soweit die Klägerin für sich und den Sohn Antonio Leistungen
der Sozialhilfe erhalten habe, seien die Ansprüche auf Trennungs- und Kindesunterhalt wegen der Schutzvorschrift des § 91 Abs. 2 Satz 1 BSHG nicht auf den Träger der Sozialhilfe übergegangen, weil sie allein auf der im Sozialhilferecht nicht vorgesehenen Berücksichtigung
fiktiver, wegen eines Verstoßes gegen die Erwerbsobliegenheit zuzurechnender Einkünfte beruhten. Denn das Einkommen des Beklagten
aus der bezogenen Arbeitslosenhilfe liege mit durchschnittlich rund 1.116 DM monatlich für die Zeit bis Dezember 1997 und
mit durchschnittlich rund 1.056 DM monatlich ab Januar 1998 unter dem mit monatlich 1.300 DM anzusetzenden unterhaltsrechtlichen
notwendigen Selbstbehalt und reiche auch nicht aus, um den unter Berücksichtigung der Kosten für Unterkunft und Heizung mit
mindestens 1.200 DM monatlich anzunehmenden sozialhilferechtlichen Bedarf des Beklagten zu decken. Wenn ein Anspruchsübergang
nach § 91 Abs. 1 Satz 1 BSHG mangels Leistungsfähigkeit des Anspruchsgegners ausscheide, bleibe der Hilfeempfänger zwar grundsätzlich Anspruchsinhaber.
Dies könne indessen zur Folge haben, daß er auf der Grundlage der unterhaltsrechtlichen Berücksichtigung fiktiven Einkommens
einen Unterhaltstitel erstreite und hieraus später, wenn der Unterhaltsschuldner eine neue Arbeitsstelle angetreten und zu
pfändbarem Einkommen und Vermögen gekommen sei, erfolgreich die Zwangsvollstreckung betreibe. Da die bezogene Sozialhilfe
nicht zurückzugewähren sei, bestehe somit die Möglichkeit einer doppelten Befriedigung des Unterhaltsgläubigers. Dieses Ergebnis
sei nicht sachgerecht. Dem Unterhaltsgläubiger sei vielmehr die Durchsetzung des Anspruchs zu versagen, weil sein Begehren
gegen Treu und Glauben (§
242
BGB) verstoße. Das sei auch hier der Fall. Soweit die Klägerin für die Kinder Giusy und Marco Leistungen nach dem Unterhaltsvorschußgesetz
bezogen habe, gelte im Ergebnis nichts anderes. Auch insofern sei davon auszugehen, daß ein gesetzlicher Anspruchsübergang
auf das Land in entsprechender Anwendung des § 91 Abs. 2 Satz 1 BSHG, einer letztlich im Verfassungsrecht begründeten Schutzvorschrift zugunsten des Unterhaltsschuldners, ausscheide. Die Klägerin
könne deshalb für den Monat April 1997 nicht die vom Amtsgericht zuerkannte Zahlung von Kindesunterhalt an das Jugendamt erreichen.
Für die Zeit ab Mai 1997 stehe der Forderung der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung entgegen.
Das hält nicht in allen Punkten der rechtlichen Nachprüfung stand.
3. Zutreffend ist allerdings der rechtliche Ausgangspunkt des Berufungsgerichts. Der Übergang eines nach bürgerlichem Recht
bestehenden Unterhaltsanspruchs auf den Träger der Sozialhilfe ist nach § 91 Abs. 2 Satz 1 BSHG ausgeschlossen, soweit der Anspruch darauf beruht, daß der Unterhaltspflichtige sich fiktive Einkünfte zurechnen lassen muß,
die er durch zumutbare Erwerbstätigkeit erzielen könnte (Senatsurteil vom 11. März 1998 - XII ZR 190/96 - FamRZ 1998, 818, 819). Daß im vorliegenden Fall aus diesem Grund ein Übergang der Unterhaltsansprüche der Klägerin und des Sohnes Antonio
auf den Träger der Sozialhilfe ausscheidet, hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei angenommen. Nach den getroffenen Feststellungen,
die von der Revision nicht angegriffen werden, kann der Beklagte mit der bezogenen Arbeitslosenhilfe weder den unterhaltsrechtlichen
notwendigen Selbstbehalt, den das Berufungsgericht in Anlehnung an die Düsseldorfer Tabelle mit 1.300 DM angenommen hat, noch
den mit 1.200 DM ermittelten sozialhilferechtlichen Bedarf decken. Letzterer müßte dem Beklagten indessen verbleiben, da ihm
entsprechend dem Schutzzweck des § 91 Abs. 2
BSHG der gleiche Schutz zugute kommen soll, den er in der Lage des Hilfeempfängers hätte (vgl. Senatsurteil vom 11. März 1998
aaO. S. 819). Eine Unterhaltsverpflichtung des Beklagten käme folglich nur unter Berücksichtigung fiktiver Erwerbseinkünfte
in Betracht, die im Sozialhilferecht - anders als im Unterhaltsrecht - keine Berücksichtigung finden.
4. Die Klägerin ist deshalb aktivlegitimiert, ohne daß es einer Vereinbarung über die Rückabtretung ihrer Unterhaltsansprüche
bedurfte. Die Unterhaltsansprüche des Sohnes Antonio kann sie gemäß §
1629 Abs.
3
BGB im Wege der gesetzlichen Prozeßstandschaft geltend machen. Daß die Klägerin, wie die Revisionserwiderung meint, allein Unterhaltsansprüche
verfolge, die durch das Sozialamt rückübertragen worden seien, und nicht solche, die mangels gesetzlichen Forderungsübergangs
bei ihr bzw. Antonio verblieben sind, kann nicht angenommen werden. Denn der für den einzelnen Unterhaltsgläubiger geltend
gemachte Unterhalt bildet einen einheitlichen prozessualen Anspruch. In dem vorgenannten Sinn hat auch das Berufungsgericht
das Klagebegehren ersichtlich nicht verstanden. Für eine derartige Auslegung der prozessualen Willenserklärungen der Klägerin,
die der Senat selbst vornehmen kann, bestehen auch keine hinreichenden Anhaltspunkte. Einer Rückabtretung hätte es im Falle
eines Anspruchsübergangs auf den Träger der Sozialhilfe nur hinsichtlich derjenigen Unterhaltsansprüche bedurft, die vor Rechtshängigkeit
der Klage, mithin vor dem 7. April 1997, entstanden sind. Hinsichtlich der danach entstandenen Ansprüche hätte ein Rechtsübergang
auf den Prozeß keinen Einfluß gehabt, sofern die Klägerin - worauf sie gegebenenfalls hinzuweisen gewesen wäre - in Abweichung
von ihrem Klageantrag auf Zahlung an das Sozialamt angetragen hätte (§
265 Abs.
2 Satz 1
ZPO; Thomas/Putzo
ZPO 22. Aufl. §
265 Rdn. 13). Für die Zeit nach der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht unterlag die Rechtsverfolgung ohnehin
keiner Einschränkung. Im Hinblick auf diese Rechtslage kann das Klagebegehren aber nicht einschränkend in dem Sinne aufgefaßt
werden, daß die Klägerin die Geltendmachung der Unterhaltsansprüche teilweise davon abhängig machen wollte, daß rückabgetretene
Forderungen verfolgt werden. Der in der Klageschrift enthaltene Hinweis auf die infolge der Rückabtretung fortbestehende Aktivlegitimation
ist vielmehr dahin zu verstehen, daß die Klägerin bestehende Unterhaltsansprüche in jedem Fall geltend machen könne und wolle.
Nur eine gegenteilige Absicht hätte der Klarstellung bedurft.
5. Zu Recht wendet sich die Revision allerdings gegen die Auffassung des Berufungsgerichts, der Durchsetzung des Anspruchs
auf Trennungsunterhalt und auf Kindesunterhalt für Antonio stehe der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung entgegen. Wie
der Senat zwischenzeitlich entschieden hat, gilt der Grundsatz, daß Sozialhilfe gegenüber dem Unterhalt nachrangig ist (§
2 Abs. 2 Satz 1 BSHG), auch dann, wenn der nach § 91 Abs. 1 Satz 1 BSHG vorgesehene Übergang des Unterhaltsanspruchs auf den Sozialhilfeträger ausnahmsweise gemäß § 91 Abs. 2 Satz 1 BSHG ausgeschlossen ist (Senatsurteil vom 17. März 1999 - XII ZR 139/97 - FamRZ 1999, 843, 845 ff. m.w.N.). Da die Zielsetzung des Sozialhilferechts eine andere als die des Unterhaltsrechts ist und der bürgerlich-rechtliche
Unterhaltsanspruch durch das Bundessozialhilfegesetz nicht berührt wird, haben die Leistungen nach diesem Gesetz keinen Einfluß auf Inhalt und Umfang des Unterhaltsanspruchs.
Die Gewährung von Sozialhilfe ist demgemäß, wie auch das Berufungsgericht angenommen hat, unterhaltsrechtlich nicht als bedarfsdeckende
Leistung mit der Folge anzusehen, daß damit die Bedürftigkeit des Unterhaltsgläubigers und zugleich sein Unterhaltsanspruch
entfiele.
Der Senat hat zwar erwogen, daß einem nach Gewährung von Sozialhilfe, aber ohne Rechtsübergang auf den Sozialhilfeträger erhobenen
Unterhaltsbegehren der Grundsatz von Treu und Glauben entgegenstehen könne (Senatsurteil vom 25. November 1992 - XII ZR 164/91 - FamRZ 1993, 417, 419). Dies ist allerdings - entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts - nicht generell der Fall, weil sonst die gesetzlich
gewollte Subsidiarität der Sozialhilfe außer Kraft gesetzt würde. Die Heranziehung des §
242
BGB bedarf vielmehr unter Abwägung der Interessen des Unterhaltsschuldners und des Unterhaltsgläubigers der Prüfung im Einzelfall
(Senatsurteil vom 17. März 1999 aaO. S. 846 f.). Eine Korrektur in dem genannten Sinn kommt dabei grundsätzlich nur für Unterhaltsrückstände
aus der Vergangenheit in Betracht, wobei als maßgeblicher Anknüpfungspunkt für die Bestimmung dieser Rückstände in Fällen
der Zurechnung fiktiver Einkünfte bei dem Unterhaltsschuldner der Zeitpunkt der Rechtshängigkeit des Unterhaltsrechtsstreits
anzusetzen ist. In diesem Rahmen kann eine Beschränkung des Unterhaltsbegehrens nach §
242
BGB insbesondere dann zu erwägen sein, wenn andernfalls in Mangelfällen die Gefahr besteht, daß der Unterhaltsschuldner mit derartig
hohen Forderungen aus der Vergangenheit belastet wird, daß es ihm voraussichtlich auf Dauer unmöglich ist, diese Schulden
zu tilgen und daneben seinen laufenden Verpflichtungen nachzukommen (Senatsurteil vom 17. März 1999 aaO. S. 847 mit Anmerkung
von Diederichsen LM §
1361
BGB Nr. 69; a.A. WinnKindPrax 1999, 128, 132; Zeranski FamRZ 2000, 1057, 1061 f.).
Unter Berücksichtigung dieser Gesichtspunkte kommt im vorliegenden Fall eine Anwendung des §
242
BGB nicht in Betracht. Unterhalt für die Vergangenheit in dem dargelegten Sinn ist zugunsten der Klägerin und des Sohnes Antonio
vom Amtsgericht lediglich für die Zeit bis zum 6. April 1997 zuerkannt worden. Der auf diese noch streitige Zeit entfallende
Unterhalt beläuft sich für die Klägerin auf 162,60 DM und für Antonio auf 231,80 DM, zusammen also auf lediglich rund 394
DM, und birgt angesichts seiner geringen Höhe nicht die Gefahr, daß es dem Beklagten im Falle einer Verbesserung seiner finanziellen
Verhältnisse auf Dauer unmöglich wäre, den Rückstand neben dem laufenden Unterhalt zu tilgen (vgl. auch Senatsurteil vom 31.
Mai 2000 - XII ZR 119/98 - FamRZ 2000, 1358, 1359).
6. Soweit Unterhaltsvorschußleistungen gewährt werden, wie dies vorliegend für die Kinder Giusy und Marco der Fall ist, geht
der Unterhaltsanspruch des Kindes gegen den Elternteil, bei dem es nicht lebt, nach § 7 Abs. 1 Satz 1 UVG auf das jeweilige Bundesland als Träger dieser Leistungen über. Die Frage, ob ein Anspruchsübergang in Fällen, in denen die
Unterhaltsansprüche auf der Zurechnung fiktiven Erwerbseinkommens beruhen, in entsprechender Anwendung des § 91 Abs. 2 Satz 1 BSHG ausgeschlossen ist (siehe oben unter 3), hat der Senat bisher offengelassen (Senatsurteile vom 22. September 1999 - XII ZR 250/97 - FamRZ 2000, 221, 223 und vom 31. Mai 2000). Sie bedarf auch im vorliegenden Fall keiner Entscheidung.
Wenn die Ansprüche auf das Land Nordrhein-Westfalen übergegangen sind, kann die Klägerin, die insoweit ausschließlich Unterhalt
für die Zeit ab Rechtshängigkeit geltend macht, die bis zum 31. März 1998 aufgelaufenen Unterhaltsbeträge als Prozeßstandschafterin
des Landes geltend machen (§
265 Abs.
2 Satz 1
ZPO). Den dieser Rechtslage angepaßten Klageantrag auf Leistung des bis zur letzten mündlichen Verhandlung fällig gewordenen
Unterhalts an das Jugendamt hat sie in erster Instanz gestellt. Dementsprechend hat auch das Amtsgericht teilweise auf Zahlung
von Kindesunterhalt an das Jugendamt erkannt. Wären die Unterhaltsansprüche der Kinder dagegen nicht auf das Land übergegangen,
so wären die Kinder Anspruchsinhaber geblieben mit der Folge, daß die Klägerin die Ansprüche als Prozeßstandschafterin der
Kinder (§
1629 Abs.
3
BGB) geltend machen könnte. Eine bedarfsdeckende Anrechnung der Unterhaltsvorschußleistungen auf den Unterhaltsanspruch hat das
Berufungsgericht zu Recht abgelehnt. Da der gewährte Unterhaltsvorschuß - ebenso wie die Leistungen nach dem Bundessozialhilfegesetz - eine subsidiäre Sozialleistung darstellt (Johannsen/Henrich/Graba, Eherecht 3. Aufl. § 1601 Rdn. 3; Wendl/Scholz, Unterhaltsrecht 5. Aufl. § 6 Rdn. 574; Schwab/Borth, Handbuch des Scheidungsrechts 4. Aufl. Kap. IV
Rdn. 646; Kalthoener/Büttner/Niepmann, Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts 7. Aufl. Rdn. 561), müssen, wenn einerseits
die sozialhilferechtliche Schutzbestimmung des § 91 Abs. 2 Satz 1 BSHG entsprechend angewandt wird, andererseits auch die Erwägungen, die der Senat in der Entscheidung vom 17. März 1999 (aaO.
S. 845 ff.) für Leistungen nach dem Bundessozialhilfegesetz angestellt hat und nach denen der Nachrang der Sozialhilfeleistungen nicht davon berührt wird, ob im Einzelfall ein Anspruchsübergang
stattfindet, für den Bereich von Unterhaltsvorschußleistungen gleichermaßen dazu führen, daß eine unterhaltsrechtliche Anrechnung
ausscheidet. Es besteht kein sachlich berechtigter Grund, die Rechtslage insoweit anders zu beurteilen als bei Leistungen
nach dem Bundessozialhilfegesetz. Das gilt ebenfalls für die vom Senat grundsätzlich für möglich erachtete Korrektur der gesetzlichen Regelung nach §
242
BGB. Auch insoweit erscheint es allein angemessen, den Unterhaltsschuldner vor einer hohen Belastung wegen Unterhaltsrückständen
zu schützen (vgl. auch Senatsurteil vom 22. September 1999 aaO.). Vorliegend kommt hinsichtlich des Kindesunterhalts für Giusy
und Marco schon angesichts des Umstandes, daß keine Unterhaltsrückstände für die Zeit vor Rechtshängigkeit zuerkannt worden
sind, sowie angesichts der geringen Höhe des laufenden Unterhalts eine Anwendung des §
242
BGB nicht in Betracht.
7. Das angefochtene Urteil kann deshalb keinen Bestand haben. Ob die geltend gemachten Unterhaltsansprüche für die Zeit bis
zum 31. März 1998 bestehen, hängt insbesondere davon ab, ob und gegebenenfalls inwieweit der Beklagte unterhaltsrechtlich
als leistungsfähig anzusehen ist. Das gilt auch hinsichtlich des für April 1997 geltend gemachten Unterhalts für Giusy und
Marco. Der Anspruch kann insoweit nicht mit der Begründung verneint werden, mangels Anspruchsübergangs nach § 7 Abs. 1
UVG könne eine Zahlung an das Jugendamt nicht verlangt werden. Daß die Klägerin auch für den Fall, daß die Kinder Anspruchsinhaber
geblieben sind, Leistung an das Jugendamt beantragt hat, kann nicht zur Klageabweisung führen, da dies dem Beklagten nicht
zum Nachteil gereicht. Denn die Leistung an den Dritten auf Antrag der Klägerin erfolgt für den Beklagten mit befreiender
Wirkung (vgl. §§
362 Abs.
2,
185
BGB). Da das Berufungsgericht zur Frage der Leistungsfähigkeit des Beklagten keine Feststellungen getroffen hat, ist die Sache
unter Aufhebung der angefochtenen Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
8. Damit das Berufungsgericht im weiteren Verfahren auf die Stellung sachdienlicher Anträge hinwirken kann, weist der Senat
auf folgendes hin:
Die Klägerin hat in erster Instanz hinsichtlich des Kindesunterhalts für Giusy und Marco Zahlung ab dem 1. des der letzten
mündlichen Verhandlung folgenden Monats an sich selbst und im übrigen an das Jugendamt beantragt. Dem entspricht das Urteil
des Amtsgerichts. Da für den Fall eines Anspruchsübergangs nach § 7 Abs. 1 Satz 1 UVG auf das Land auch im weiteren Verfahren mit Rücksicht auf §
265 Abs.
2 Satz 1
ZPO auf die letzte mündliche Verhandlung in der Tatsacheninstanz abzustellen ist, müßte die Klägerin ihren Antrag auf Zurückweisung
der Berufung mit der klarstellenden Maßgabe verbinden, daß die Zahlung erst ab dem 1. des auf die letzte mündliche Verhandlung
in der Berufungsinstanz folgenden Monats an sie selbst und nur im übrigen an das Jugendamt erfolgen soll. Die Erforderlichkeit
einer entsprechenden Klarstellung hängt davon ab, ob eventuell bestehende Unterhaltsansprüche der Kinder Giusy und Marco nach
§ 7 Abs. 1 Satz 1 UVG auf das Land übergegangen sind. Das ist nach Auffassung des Senats der Fall.
Zwar ist der Übergang eines Anspruchs des Hilfeempfängers auf den Träger der Sozialhilfe nach § 91 Abs. 2 Satz 2 BSHG ausgeschlossen, soweit der Anspruch auf der Zurechnung fiktiver Einkünfte auf seiten des Unterhaltspflichtigen beruht (siehe
oben unter 3.). Das Unterhaltsvorschußgesetz enthält indessen - im Gegensatz zum Bundessozialhilfegesetz - keine derartige Einschränkung hinsichtlich des Anspruchsübergangs. Eine analoge Anwendung des § 91 Abs. 2 Satz 1 BSHG im Rahmen des Forderungsübergangs nach § 7 Abs. 1 Satz 1 UVG kommt nach Ansicht des Senats nicht in Betracht, da nicht davon ausgegangen werden kann, daß das Unterhaltsvorschußgesetz
eine im Wege der Analogie zu schließende Regelungslücke enthält. Nachdem der Gesetzgeber im Rahmen der Reform des Kindesunterhaltsrechts
durch das Kindesunterhaltsgesetz andere Regelungen des Bundessozialhilfegesetzes, unter anderem die Rückabtretungsmöglichkeit (§ 91 Abs. 4 Satz 1 BSHG), und die Zulässigkeit der Geltendmachung künftigen Unterhalts (§ 91 Abs. 3 Satz 2 BSHG), ausdrücklich in das Unterhaltsvorschußgesetz übernommen hat, ist die Annahme, bezüglich der nicht übernommenen Regelung
des § 91 Abs. 2 Satz 1 BSHG liege eine versehentliche Gesetzeslücke vor, nicht gerechtfertigt. Da die betreffende Problemlage schon längere Zeit vor
dem Inkrafttreten des Kindesunterhaltsgesetzes bekannt war, der Gesetzgeber aber gleichwohl davon abgesehen hat, § 7
UVG auch hinsichtlich der Anwendbarkeit der sozialhilferechtlichen Schutzbestimmungen der Regelung des § 91 Abs. 2 Satz 1 BSHG anzupassen, ist davon auszugehen, daß die unterbliebene Regelung der gesetzgeberischen Intention entspricht.
Der Annahme, daß eventuell bestehende Unterhaltsansprüche somit auf das Land übergegangen sind, kann nicht entgegengehalten
werden, daß eine Unterhaltspflicht dann nicht besteht, wenn der Unterhaltspflichtige durch die Unterhaltsleistung in erhöhtem
Maße sozialhilfebedürftig würde (vgl. Senatsurteil vom 2. Mai 1990 - XII ZR 72/89 - FamRZ 1990, 849, 850). In der vorgenannten Entscheidung hat der Senat zu der Leistungsfähigkeit eines Unterhaltspflichtigen ausgeführt, jede
Unterhaltspflicht finde dort ihre Grenze, wo dem Betroffenen nicht die Mittel für den eigenen notwendigen Lebensbedarf verblieben.
Diese sind aber in Fällen der vorliegenden Art allein aufgrund des Anspruchsübergangs auf den Träger der öffentlichen Leistung
nicht in Frage gestellt, ebensowenig wie in dem Fall, in dem der Unterhaltsberechtigte selbst Unterhaltsansprüche auf fiktiver
Grundlage geltend macht.