Bemessungsgrundlage für Rentenversicherungsbeiträge bei Beziehern von Arbeitslosenhilfe
Gründe:
I
Streitig ist die Höhe der Altersrente (AlR), wobei die Anzahl der Entgeltpunkte (EP) für die Zeit des Bezugs von Arbeitslosenhilfe
(Alhi) des Klägers vom 1. Januar 2000 bis 31. August 2001 umstritten ist.
Der 1941 geborene Kläger war ab September 1996 arbeitslos. In der Zeit vom 1. Januar 2000 bis zum 31. August 2001 erhielt
er Alhi, die aufgrund des Einkommens seiner Ehefrau vermindert war. Die beigeladene Bundesanstalt für Arbeit - jetzt: Bundesagentur
für Arbeit - (BA) zahlte Pflichtbeiträge zur Rentenversicherung und legte im genannten Zeitraum nach dem zum 1. Januar 2000
geänderten §
166 Abs
1 Nr
2a des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (
SGB VI) die Höhe des Zahlbetrags der Alhi zugrunde. Den Antrag des Klägers, für ihn höhere Beiträge - entsprechend dem bis zum 31.
Dezember 1999 geltenden Recht - zu entrichten, hat die BA mit Bescheid vom 29. Juni 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids
vom 21. September 2000 bestandskräftig abgelehnt.
Mit Schreiben vom 24. Januar 2001 teilte die Beklagte auf Anfrage des Klägers mit, dass er zum Ausgleich der Differenz von
monatlich DM 28,04 bei der zu erwartenden AlR durch die im Kalenderjahr 2000 in niedrigerer Höhe abgeführten Pflichtbeiträge
einen Aufstockungsbetrag von DM 5.907,34 einzahlen müsste. Entsprechende Zahlungen sind nicht erfolgt.
Mit Bescheid vom 28. Juni 2001 gewährte die Beklagte dem Kläger AlR wegen Arbeitslosigkeit in Höhe von monatlich DM 2.434,18
ab 1. September 2001. Mit dem hiergegen erhobenen Widerspruch machte der Kläger geltend, die Bewertung der streitigen Zeit
des Bezugs von Alhi dürfe wegen der Anrechnung des Einkommens der Ehefrau nicht geringer ausfallen. Mit Widerspruchsbescheid
vom 4. Oktober 2001 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Die hiergegen erhobene Klage hat das Sozialgericht
Duisburg mit Urteil vom 28. Oktober 2002 abgewiesen.
Das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen (LSG) hat die vom Kläger eingelegte Berufung im Wesentlichen mit folgender Begründung
zurückgewiesen: Die AlR sei zutreffend berechnet. Die Beklagte habe für den Zeitraum vom 1. Januar 2000 bis 31. August 2001
zu Recht die gekürzte Alhi bei der Beitragsbemessung zugrunde gelegt. Die von der Beigeladenen an die Beklagte für den streitigen
Zeitraum gezahlten Pflichtbeiträge entsprächen unstreitig der zum 1. Januar 2000 in Kraft getretenen Neuregelung des §
166 Abs
1 Nr
2a SGB VI. Die Neufassung dieser Vorschrift und die darauf beruhende Bemessung der Beiträge verletzten den Kläger nicht in seinen von
der Verfassung geschützten Rechten. Eine durch Art
14 Grundgesetz (
GG) geschützte Anwartschaft (auf höhere Rente) habe der Kläger schon deshalb nicht erworben, weil eine Beitragsentrichtung für
den streitigen Zeitraum erst nach Inkrafttreten der gesetzlichen Neuregelung habe erfolgen können. Zu den Ansprüchen aus der
Arbeitslosenversicherung zähle zwar auch die Entrichtung von Rentenversicherungsbeiträgen. Die hierdurch lediglich mittelbar
bestehende Beziehung zwischen den Beiträgen zur Arbeitslosenversicherung und der gesetzlichen Rentenversicherung reiche jedoch
nicht aus, um eine verfassungsrechtlich geschützte Anwartschaft in der Rentenversicherung anzunehmen. Im Übrigen halte sich
die Änderung der Beitragsbemessungsgrundlage ab 1. Januar 2000 bei den Beziehern von Alhi im Rahmen der zulässigen Schrankenbestimmung
des Eigentums iS von Art
14 GG. Hinsichtlich des Vertrauensschutzes der durch die Neuregelung Betroffenen sei darauf hinzuweisen, dass die bis Ende 1999
geltende Regelung des §
166 Abs
1 Nr
2a SGB VI erst 1997 eingeführt worden sei. Auf die Dauerhaftigkeit dieser Regelung habe der Kläger nicht ohne weiteres vertrauen dürfen,
nachdem er bereits im Jahre 1996 aus dem Erwerbsleben ausgeschieden sei.
Hiergegen richtet sich die vom LSG zugelassene Revision des Klägers, mit der er die Verletzung materiellen Rechts rügt. Die
Neuregelung des §
166 Abs
1 Nr
2a iVm §
276a SGB VI (idF des Haushaltssanierungsgesetzes >HSanG< vom 22. Dezember 1999) zum 1. Januar 2000 verstoße gegen Art
3,
14 und
20 GG, weil die Neufassung des §
166 Abs 1 Nr
2a SGB VI in nicht unerheblicher Weise Rentenanwartschaften und letztlich darauf beruhende Rentenansprüche gekürzt und damit in eine
rentenversicherungsrechtliche Position eingegriffen habe. Dieser Eingriff sei weder verhältnismäßig noch erforderlich gewesen.
Insbesondere habe die Neuregelung einer angemessenen Übergangsregelung entbehrt. Eine solche sei auch nicht in §
276a SGB VI zu sehen, da hiermit kein Bestandsschutz gewährt, sondern dem Versicherten zur Wahrung seiner Ansprüche eine Beitragslast
auferlegt worden sei, die es bis dahin nicht gegeben habe. Dabei hätten Versicherte sogar Beiträge aus Mitteln aufbringen
sollen, die - gemessen an der Bedürftigkeitsprüfung der Alhi - bereits zum reinen Lebensunterhalt benötigt worden seien, also
für zusätzliche Ausgaben überhaupt nicht zur Verfügung gestanden hätten. Eine Verletzung von Art
3 GG liege vor, weil der nur teilweise Bedürftige im Ergebnis schlechter gestellt werde als der Vollbedürftige, obwohl beide die
gleichen Vorleistungen (Beiträge zur Arbeitslosenversicherung als Anspruchsvoraussetzung für die Anschluss-Alhi) erbracht
hätten. Die Neuregelung verstoße auch gegen Art
14 GG iVm Art
20 GG. Die vorherige Regelung zu den beitragspflichtigen Einnahmen beim Bezug von Alhi (80 % des maßgeblichen Bemessungsentgelts)
sei beim Kläger bereits mit der Entstehung des Stammrechts auf Arbeitslosengeld im September 1996 und auch zu Beginn des Anspruchs
auf Alhi maßgebend gewesen. Wenn der Gesetzgeber in dieses Recht habe eingreifen wollen, so müsse der Eingriff auch verhältnismäßig
sein. Die Verhältnismäßigkeit sei vorliegend nicht gewahrt, weil der Eingriff in diese Rechtsposition nicht erforderlich gewesen
sei. Es habe durchaus denkbare, weniger belastende Maßnahmen gegeben, mit denen das gleiche Ziel erreichbar gewesen wäre.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 8. Oktober 2004 sowie das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom
28. Oktober 2002 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 28. Juni 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids
vom 4. Oktober 2001 zu verurteilen, ihm höhere Altersrente zu gewähren, indem für die Zeit des Arbeitslosenhilfebezugs vom
1. Januar 2000 bis 31. August 2001 weiterhin die bis zum 31. Dezember 1999 geltende Beitragsbemessungsgrundlage des §
166 Abs
1 Nr
2a SGB VI der Rentenberechnung zugrunde gelegt wird.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Zur Begründung verweist sie auf die ihrer Ansicht nach zutreffenden Entscheidungsgründe des Berufungsurteils. Sie hat dem
Senat Berechnungen zur Rentenminderung aufgrund der für den streitigen Zeitraum abgesenkten Beiträge sowie zur Ausgleichszahlung
nach §
276a SGB VI zur Verfügung gestellt.
Die Beigeladene stellt keinen Antrag.
II
Der Senat konnte trotz des Ausbleibens der Beigeladenen über die Streitsache verhandeln und entscheiden, da die Beigeladene
zum Termin der mündlichen Verhandlung ordnungsgemäß geladen war und hierbei auf diese Möglichkeit hingewiesen wurde.
Die zulässige Revision des Klägers ist unbegründet.
Der beklagte Rentenversicherungsträger ist der richtige Verfahrensgegner für den geltend gemachten Anspruch. Zu Recht hat
der Kläger seinen Antrag aus dem Jahre 2000 nicht weiterverfolgt, die Beigeladene zur Entrichtung höherer Beiträge zu verpflichten
(zur Unzulässigkeit einer entsprechenden Klage BSG SozR 4-2600 § 191 Nr 1, fortgeführt durch BSG Urteil vom 26. Januar 2005
- B 12 AL 2/04 R).
Die Vorinstanzen und die Beklagte haben zu Recht entschieden, dass der Kläger keinen Anspruch auf höhere AlR unter Berücksichtigung
einer höheren Zahl von EP für die Zeit vom 1. Januar 2000 bis zum 31. August 2001 hat. Die von der Beklagten im Rentenbescheid
für diese Zeit zugrunde gelegten EP entsprechen den gesetzlichen Vorschriften.
Nach §
63 Abs
1 SGB VI richtet sich die Höhe einer Rente vor allem nach der Höhe der während des Versicherungslebens durch Beiträge versicherten
Arbeitsentgelte und Arbeitseinkommen. Nach §
63 Abs
2 SGB VI wird das in den einzelnen Kalenderjahren durch Beiträge versicherte Arbeitsentgelt und Arbeitseinkommen in EP umgerechnet.
Der Monatsbetrag der Rente ergibt sich aus der Rentenformel des §
64 SGB VI und die Ermittlung der persönlichen EP aus §
66 SGB VI.
Entsprechend diesen Vorschriften hat die Beklagte die Rente des Klägers berechnet, was insoweit auch nicht streitig ist. Hierbei
hat sie für den streitigen Zeitraum die Beiträge zugrunde gelegt, die die BA (§
173 Satz 2
SGB VI), wirtschaftlich getragen vom Bund (§
170 Abs
1 Nr
1 SGB VI), aufgrund des Bezugs von Alhi für den Kläger (§
3 Satz 1 Nr 3
SGB VI) an die Beklagte entrichtet hatte. Insoweit galt ab 1. Januar 2000 eine für den Kläger ungünstigere Regelung. In der Zeit
vom 1. Januar 1997 bis 31. Dezember 1999 waren für Alhi-Bezieher der Beitragsbemessung 80 vH des dieser Leistung zugrunde
liegenden Arbeitsentgelts zugrunde zu legen (§
166 Abs
1 Nr
2a SGB VI idF des Wachstums- und Beschäftigungsförderungsgesetzes vom 25. September 1996, BGBl I 1461); dieser Wert war jedoch entsprechend
der Quote der Minderung der Alhi durch das Ehegatteneinkommen zu kürzen. In der ab 1. Januar 2000 geltenden Fassung des §
166 Abs
2 Nr
2a SGB VI durch das HSanG vom 22. Dezember 1999 (BGBl I 2534; nach Ablösung der Alhi durch das Arbeitslosengeld II erneut geändert
durch das RV-Nachhaltigkeitsgesetz vom 21. Juli 2004, BGBl I 1791) war nunmehr als beitragspflichtige Einnahme der reine Zahlbetrag
der Alhi zugrunde zu legen. Die Neuregelung (hierzu ausführlich BSG SozR 4-2600 § 191 Nr 1 RdNr 4) senkte den Ausgangswert
für die Beitragsbemessung deutlich ab, da die gezahlte Alhi erheblich niedriger lag als 80 vH ihres Bemessungsentgelts (vgl
§ 195 Drittes Buch Sozialgesetzbuch in der bis zum 31. Dezember 2004 geltenden Fassung); zuungunsten des Klägers wirkte sich
weiterhin aus, dass er aufgrund des Einkommens seiner Ehefrau nur eine geminderte Alhi erhielt.
Von der Möglichkeit des §
276a SGB VI (ebenfalls eingefügt mit Wirkung vom 1. Januar 2000 durch das HSanG vom 22. Dezember 1999, BGBl I 2534, und aufgehoben mit
Wirkung ab 1. Januar 2005 durch das Vierte Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24. Dezember 2003, BGBl
I 2954, 2977) hat der Kläger keinen Gebrauch gemacht. Nach dieser Vorschrift hätte er als Angehöriger des begünstigten Personenkreises
(§
276a Abs
1 SGB VI) durch eigene Beitragsleistung den Unterschiedsbetrag zwischen der gezahlten Alhi und der beitragspflichtigen Einnahme für
Bezieher von Alhi nach dem vom 1. Januar 1997 bis 31. Dezember 1999 geltenden Recht ausgleichen können. Von dieser Möglichkeit
hatte er aufgrund des Schreibens der Beklagten vom 24. Januar 2001 Kenntnis.
Angesichts dieser klaren, mit Wirkung ab 1. Januar 2000 in Kraft getretenen Neuregelung kann sich der Kläger nicht mit Erfolg
darauf berufen, die AlR müsse unter Zugrundelegung von Beiträgen berechnet werden, wie sie nach der zuvor geltenden Regelung
zu entrichten waren.
Der Senat sieht den Kläger nicht dadurch in seinen verfassungsmäßigen Rechten verletzt, dass durch die geringere Beitragszahlung
für den Bezug der Alhi im streitigen Zeitraum die AlR nunmehr niedriger ausgefallen ist als dies der Fall wäre, wenn §
166 Abs
1 Nr
2a SGB VI nicht zum 1. Januar 2000 geändert worden wäre.
Zur Begründung der Verfassungswidrigkeit der Beeinträchtigung seines Rentenanspruchs kann sich der Kläger nicht auf Art
14 GG stützen, weil ein Eingriff in eine Eigentumsposition nicht erkennbar ist. Eine eigentumsgeschützte Rentenanwartschaft war
bei Inkrafttreten des geänderten §
166 Abs
1 Nr
2a SGB VI noch nicht erworben, weil Beiträge - welcher Höhe auch immer -, die anwartschaftsbegründend wirken konnten, noch nicht entrichtet
waren. Ein Eingriff in eine eigentumsähnliche Position liegt auch nicht in der Absenkung der wegen des Alhi-Bezugs zu entrichtenden
Beiträge zur Rentenversicherung ab dem Stichtag 1. Januar 2000. Denn der Entrichtung von Beiträgen zur Rentenversicherung
aufgrund der Alhi kann kein intensiverer verfassungsrechtlicher Schutz zukommen als der Alhi selbst. Diese aber war grundsätzlich
nicht durch Art
14 GG geschützt (vgl BSGE 91, 94 RdNr 33 = SozR 4-4220 § 6 Nr 1 mwN; offen gelassen in BVerfG SozR 3-4100 § 242q Nr 2 S 10 und BVerfG vom 27. September 2005 - 1 BvR 1773/03).
Auch eine Verletzung des allgemeinen Gleichheitssatzes des Art
3 Abs
1 GG ist nicht erkennbar. Der allgemeine Gleichheitssatz ist verletzt, wenn eine Personengruppe von Normadressaten im Vergleich
zu anderen Normadressaten ohne sachlichen Grund anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von
solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (stRspr des BVerfG zB BVerfGE
87, 234, 255 = SozR 3-4100 § 137 Nr 3); dh die vom Gesetzgeber getroffene rechtliche Unterscheidung darf in sachlichen Unterschieden
keine ausreichende Stütze finden. Der Gesetzgeber war jedoch nach Art
3 Abs
1 GG - auch nicht iVm Art
6 Abs
1 GG - gehalten, für den Kläger, der wegen des Einkommens seiner Ehefrau nur eine verminderte Alhi erhielt, Beiträge zur gesetzlichen
Rentenversicherung in gleicher Höhe vorzusehen wie für solche Alhi-Bezieher, denen die volle Leistung gewährt wurde. Denn
die Orientierung am Zahlbetrag war nicht sachwidrig. Vielmehr würfe auch jegliche denkbare Alternativlösung Gleichheitsprobleme
auf. Die Beitragsbemessung nach dem vollen Alhi-Satz oder etwa einem Festbetrag (wie nach §
166 Abs
1 Nr
2a SGB VI idF ab 1. Januar 2005) erscheint für jene Personen ungerecht, die wegen Einkommens- oder Vermögensanrechnung nur knapp die
Bedürftigkeitsgrenze überschreiten und daher keinen Alhi-Anspruch haben, trotzdem aber ebenso wenig eigene Altersvorsorge
treffen können. Auf der anderen Seite trug das Alhi-Recht durchaus, wenn auch an anderer Stelle, dem Problem Rechnung, dass
mit zunehmendem Alter auch ein Bedarf an zusätzlicher Vorsorge bestehen kann, nämlich durch den Altersvorsorge-Freibetrag
(zum Rechtszustand 2000/2001 s zB BSGE 91, 94 = SozR 4-4220 § 6 Nr 1).
Angesichts dessen hat der Gesetzgeber durch die vom Kläger angegriffene Regelung den Bereich der ihm zustehenden - und im
Bereich des Leistungs- wie des Sozialrechts ohnehin größeren (vgl BVerfGE 81, 156, 205 f; 79, 311, 342; 78, 104, 121; 60, 113, 119, jeweils mwN) - Gestaltungsfreiheit nicht überschritten.
Die Neuregelungen nach §
166 Abs
1 Nr
2a, §
276a SGB VI greifen auch nicht in den von der Verfassung gewährleisteten Rückwirkungsschutz (Art
2 Abs
1 iVm Art
20 GG) ein. Eine unzulässige echte Rückwirkung lag nicht vor, weil nicht in abgeschlossene, in der Vergangenheit liegende Tatbestände
eingegriffen wurde. Die Vorschriften nach §
166 Abs
1 Nr
2a, §
276a SGB VI in der hier einschlägigen Fassung entfalteten ihre Rechtswirkung erst ab ihrem Inkrafttreten. Sie wirkten lediglich auf Rechtsbeziehungen,
dh auf das Versicherungsverhältnis ein, das in der Vergangenheit begründet worden war. Damit kam ihnen eine unechte Rückwirkung
zu. Eine solche Rückwirkung ist grundsätzlich verfassungsrechtlich zulässig, da das Vertrauen auf den Fortbestand gesetzlicher
Vorschriften regelmäßig nicht geschützt ist. Die unechte Rückwirkung verstößt deshalb nur dann gegen das
Grundgesetz, wenn das Vertrauen des Betroffenen in den Fortbestand einer begünstigenden Regelung schutzwürdiger ist als das öffentliche
Interesse an ihrer Änderung (s hierzu näher BSG SozR 3-5050 § 22 Nr 7 S 35 f mwN). Das Vertrauen des Klägers in den Bestand
der erst zum 1. Januar 1997 eingeführten Regelung des §
166 Abs
1 Nr
2a SGB VI war jedoch nicht in diesem Maße schutzwürdig. Er konnte auf die Dauerhaftigkeit dieser Regelung nicht vertrauen, nachdem
der Gesetzgeber in der Vergangenheit schon mehrmals die Bestimmungen über die Berücksichtigung und Bewertung von Zeiten des
Bezugs von Alhi in der Rentenversicherung geändert hatte. Letztlich ist der Kläger (lediglich) in seiner Erwartung enttäuscht
worden, dass der Rechtszustand, wie er zu Beginn seiner Arbeitslosigkeit bestand, bis zu dem Übergang in die Rente fortdauern
werde.
Der vom HSanG verfolgte Regelungszweck dient dem Allgemeinwohl. Mit den dort ergriffenen Maßnahmen hat der Gesetzgeber eine
strukturelle Konsolidierung des Bundeshaushalts angestrebt, um die Finanzierung der notwendigen Zukunftsinvestitionen und
Steuersenkungen sowie eine Zurückführung der Neuverschuldung sicherzustellen (BT-Drucks 14/1523 S 163). Der Einspareffekt
durch die Neuregelung betrug nach den Gesetzesmaterialien immerhin 4,1 Mrd DM für das Jahr 2000 bei einem gesamten Einsparvolumen
von ca 30 Mrd DM. Verglichen mit einem Einsparvolumen von jeweils 1 Mrd DM durch die gleichzeitige Absenkung der Rentenerhöhung
(vgl hierzu BSGE 90, 11 = SozR 3-2600 § 255c Nr 1) oder durch den ebenso im HSanG geregelten Wegfall der originären Alhi (hierzu BVerfG, Kammerbeschluss,
SozR 3-4100 § 242q Nr 2 sowie zB BSG SozR 4-4300 § 434b Nr 1) bewirkte die hier streitige Neuregelung eine erhebliche Entlastung
der angespannten Haushaltslage. Im Hinblick auf das angestrebte Ziel war der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gewahrt. Als
Mittel der Ausgabenkürzung ist die Reduzierung der Beitragsbemessungsgrundlage für Bezieher von Alhi von 80 vH des dem Zahlbetrag
der Alhi zugrunde liegenden Arbeitsentgelts auf den Zahlbetrag der Alhi und die damit verbundene Reduzierung der Beitragslast
des Bundes an die Rentenversicherung zur Konsolidierung des Bundeshaushalts geeignet und insbesondere auch die umgehende Umsetzung
der Einsparungsmaßnahmen erforderlich gewesen, um die notwendige Verbesserung der Finanzlage des Bundes rasch zu erreichen.
Diese Änderung der Beitragsbemessungsgrundlage ist dem Kläger zumutbar gewesen, da seine Renteneinbuße durch die geänderte
Beitragsbemessungsgrundlage zu einer Kürzung von ca DM 44 pro Monat führte. Dies ist im Hinblick auf die Höhe der Rente (bezogen
auf den Rentenbeginn am 1. September 2001) von DM 2.434,18/Monat ein Verlust von weniger als zwei Prozent. Dies erscheint
angesichts der Finanzlage, die für alle in der Rentenversicherung versicherten Personen zu Einbußen in der Rentenhöhe in der
Vergangenheit geführt hat, vertretbar, zumal diese Renteneinbuße nicht auf einkommensbezogenen Eigenleistungen des Klägers
beruht.
Zwar trifft der Hinweis des Klägers zu, mit §
276a SGB VI sei letztlich keine echte Übergangsvorschrift in dem Sinne geschaffen worden, dass die Betroffenen von der Neuregelung verschont
geblieben wären. Denn auch der begünstigte Personenkreis konnte die zu erwartenden Verluste nur durch eine Eigenleistung ausgleichen.
Dies ändert aber nichts an der oben erläuterten verfassungsrechtlichen Beurteilung des gesetzgeberischen Eingriffs.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 des Sozialgerichtsgesetzes.