Anspruch auf Arbeitslosengeld II; Leistungen für Unterkunft und Heizung; Angemessenheit der Unterkunftskosten; Zumutbarkeit
eines Wegzugs
Gründe:
I
Streitig ist die Höhe der Leistungen für Unterkunft und Heizung nach dem SGB II im Zeitraum vom 1.12.2006 bis 31.5.2007.
Die 1950 und 1956 geborenen Kläger sind griechische Staatsangehörige und leben seit 1970 in E.-K . Dort leben auch ihre drei
volljährigen Kinder mit ihren Familien. Die Kläger bewohnen eine 77 qm große Wohnung in einem Zweifamilienhaus, die ihnen
der im selben Haus wohnende Sohn untervermietet hat. Die Kaltmiete für die Wohnung der Kläger beträgt 535,15 Euro. Im streitigen
Zeitraum hatten die Kläger ferner auf ihre Wohnung umgelegte Nebenkosten in Höhe von 62,08 Euro und ab dem 1.4.2006 Heizkosten
in Höhe von 89 Euro aufzubringen.
Die Kläger beziehen seit dem 1.1.2005 Grundsicherungsleistungen für Arbeitsuchende. Der Kläger zu 1. erhielt zuvor Arbeitslosenhilfe
und war während des SGB II-Leistungsbezugs für jeweils einige Monate geringfügig beschäftigt. Die Klägerin zu 2. übte bis
September 1999 eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung aus. Seitdem bezog sie Krankengeld und Leistungen nach dem
SGB III. Bei ihr ist ein GdB von 30 anerkannt worden. Einen Antrag auf Gewährung einer Erwerbsminderungsrente lehnte die Deutsche
Rentenversicherung Rheinland bindend ab.
Zunächst übernahm der Beklagte die tatsächlichen Aufwendungen der Kläger für Unterkunft und Heizung. Am 19.5.2006 informierte
er die Kläger darüber, dass die Kosten der Kaltmiete seiner Ansicht nach unangemessen hoch seien und nur noch bis zum 30.11.2006
in voller Höhe übernommen würden. Die angemessene Referenzmiete betrage 282,49 Euro (später: 282,75 Euro/Richtwerte des Wohnungsbindungsgesetzes
und Einsatzwert im Rahmen des SGB XII); auf diese Höhe plus Aufwendungen für Neben- und Heizkosten seien die grundsicherungsrechtlich
berücksichtigungsfähigen Kosten der Kläger abzusenken. Durch Bescheid vom 13.11.2006 in der Gestalt des Änderungsbescheides
vom 10.1.2007 (Änderung der Höhe des Alg II wegen der Berücksichtigung von Einkommen des Klägers zu 1) setzte der Beklagte
die Leistungen für Unterkunft und Heizung für den Zeitraum vom 1.12.2006 bis 31.5.2007 mit monatlich 433,83 Euro fest (282,75
Euro Kaltmiete, 62,08 Euro Nebenkosten und 89 Euro Heizkosten). Der Beklagte hielt an seiner Entscheidung - nach Überprüfung
durch ein medizinisches Gutachten - auch auf den Einwand der Kläger fest, dass sie aus gesundheitlichen Gründen der räumlichen
Nähe der Kinder bedürften (Widerspruchsbescheid vom 13.3.2007).
Mit ihrer Klage vor dem SG Duisburg haben die Kläger um 252,40 Euro höhere Leistungen für Unterkunftskosten geltend gemacht.
Das SG hat den Beklagten verurteilt, den Klägern eine um jeweils 50 Euro höhere Leistung für Unterkunft zu gewähren und im Übrigen
die Klage abgewiesen (Urteil vom 23.4.2008). Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die Übernahme der tatsächlichen Aufwendungen
der Kläger für Unterkunft und Heizung unangemessen sei. Den Klägern stehe nach der Verwaltungsvorschrift des Landes Nordrhein-Westfalen
zum
Wohnungsbindungsgesetz (VV-
WoBindG NRW) eine Wohnung mit einer Wohnfläche von 60 qm zu. Unter Heranziehung des Mietspiegels der Stadt E. aus dem Jahre 2005
- veröffentlicht 2006 - liege der angemessene Quadratmeter-Mietpreis für eine Wohnung dieser Größenordnung mit 4,45 Euro noch
unter dem von dem Beklagten angesetzten Wert von 4,71 Euro. Allerdings sei es den Klägern nicht zuzumuten, den Stadtteil E.-K.
wegen der vorhandenen sozialen Bindungen und der Randlage zum restlichen E. Stadtgebiet zu verlassen. In E.-K. seien die Mieten
jedoch nach Angaben der Beklagten rund 100 Euro höher als im restlichen Stadtgebiet, so dass den Klägern zusammen 382,75 Euro
anstatt 282,75 Euro an Leistungen nach § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II zu gewähren seien.
Auf die Berufung des Beklagten hat das LSG Nordrhein-Westfalen das Urteil des SG aufgehoben und die Klage abgewiesen (Urteil vom 16.2.2009). Es ist der Auffassung, dass der Beklagte die Referenzmiete zutreffend
bestimmt habe. Auch das LSG legt insoweit den Mietspiegel der Stadt E. zu Grunde, bezieht seine Erkenntnisse auf den Vergleichsraum
der gesamten Stadt E. und geht als angemessene Wohnungsgröße für zwei Personen nach den nordrhein-westfälischen Ausführungsbestimmungen
zum Wohnraumförderungsgesetz von 60 qm aus. Es ist allerdings zu dem Ergebnis gelangt, dass den Klägern zur Kostensenkung ein Wegzug aus E.-K. zuzumuten
sei. Die affektive Bindung der Kläger an den Stadtteil allein begründe keine Unzumutbarkeit des Umzugs in einen anderen Stadtteil
E. Gesundheitliche Gründe, die zu einer Unzumutbarkeit führen könnten, seien auch nach Auswertung sämtlicher medizinischer
Erkenntnisse nicht festzustellen. Die Möglichkeit des Umzugs scheitere ebenfalls nicht daran, dass Wohnraum in der Größenordnung
der Referenzmiete nicht konkret angemietet werden könne. Dieses folge aus der Wohnungsmarktbeobachtung der Stadt E. und werde
auch von den Klägern nicht bestritten.
Mit ihrer Revision rügen die Kläger einen Verstoß gegen § 22 SGB II. Sie tragen vor, der räumliche Vergleichsmaßstab sei nicht
das gesamte Stadtgebiet E., sondern lediglich der Stadtteil E.-K. Dieser Stadtteil sei von dem übrigen Stadtgebiet separiert
und mit rund 50.000 Einwohnern auch geeignet, den räumlichen Vergleichsmaßstab abzugeben. Zutreffend habe das SG zudem eine Beschränkung des "Umzugsbereichs" auf diesen Stadtteil vorgenommen. Sie lebten dort seit 1970, also einem Zeitpunkt,
zu dem der Stadtteil noch eine selbstständige Gemeinde gewesen sei. Zudem sei der Stadtteil nicht hinreichend durch zumutbar
nutzbare öffentliche Verkehrsmittel angebunden und es könne von der Klägerin zu 2. bereits aus gesundheitlichen Gründen nicht
gefordert werden, die Fahrtstrecke von ca 20 Minuten Dauer und zusätzliche Wegezeiten von der E. Innenstadt nach K. zurückzulegen.
Daher lasse sich die Aufrechterhaltung des sozialen Umfeldes nicht durch die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel bewerkstelligen.
Dieses sei jedoch notwendig, weil die Kläger auf die Hilfe ihrer Kinder angewiesen seien (etwa durch Fahrdienste mit ihrem
PKW) und umgekehrt die Enkelkinder betreuten, wenn die Kindesmutter arbeite. Ein Umzug in die E. Innenstadt sei schließlich
deswegen auszuschließen, weil die dortigen Bewohner bei Dunkelheit und nach Geschäftsschluss der Gefahr von Straftaten ausgesetzt
seien.
Die Kläger beantragen,
das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 16. Februar 2009 aufzuheben und die Berufung des Beklagten gegen
das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 23. April 2008 zurückzuweisen.
Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Er hält die Ausführungen im Urteil des LSG für zutreffend und verweist im Übrigen darauf, dass es sich bei dem Vortrag der
Kläger um im Revisionsverfahren nicht berücksichtigungsfähigen Tatsachenvortrag handele.
II
Die zulässigen Revisionen der Kläger sind unbegründet.
Das LSG hat zutreffend entschieden, dass die Kläger keinen Anspruch auf höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung nach
§ 22 Abs 1 SGB II in Verbindung mit § 22 Abs 1 Satz 3 SGB II haben, als von dem Beklagten in den angefochtenen Bescheiden
festgesetzt. Es ist rechtlich nicht zu beanstanden, dass das LSG die von dem Beklagten bestimmte Höhe der kalten Referenzmiete
von 282,75 Euro als angemessen bewertet hat (2.). Da die tatsächlichen Aufwendungen der Kläger für Unterkunft damit, soweit
sie die vom Beklagten festgesetzte Grenze überschreiten, unangemessen sind, hat der Beklagte die Kläger zu Recht aufgefordert,
Kostensenkungsmaßnahmen iS des § 22 Abs 1 Satz 3 SGB II zu ergreifen. Es ist ihnen nach den für den Senat bindenden Feststellungen
des LSG weder unzumutbar, ihr soziales Umfeld (E.-K.) oder ihre Wohnung für einen Umzug zu verlassen, noch unmöglich, eine
Wohnung zu einem Mietzins maximal bis zur festgestellten Referenzgröße im Stadtgebiet E. anzumieten (3.).
1. Streitig sind im vorliegenden Fall alleine Leistungen für Unterkunft und Heizung nach § 22 SGB II. Die Kläger haben ihr
Klagebegehren von vornherein zulässigerweise auf diese Leistungen beschränkt (vgl BSG, Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 8/06 R, BSGE 97, 217 = SozR 4-4200 § 22 Nr 1). Streitig sind zudem nur Leistungen für den Zeitraum vom 1.12.2006 bis 31.5.2007. Die Kläger haben
mit ihrer Klage vor dem SG Duisburg den Bescheid vom 13.11.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.3.2007 angefochten.
Zutreffend ist das LSG davon ausgegangen, dass der Bescheid vom 10.1.2007 nach §
96 SGG ebenfalls Gegenstand des Rechtsstreits geworden ist, nicht jedoch die Folgebescheide, die andere Zeiträume betreffen. §
96 SGG findet in den letztbenannten Fällen nach der ständigen Rechtsprechung des BSG keine Anwendung (s nur BSG, Urteil vom 7.11.2006
- B 7b AS 14/06 R, BSGE 97, 242 = SozR 4-4200 § 20 Nr 1; BSG, Urteil vom 29.3.2007 - B 7b AS 4/06 R; BSG, Urteil vom 25.6.2008 - B 11b AS 45/06 R).
2. Als grundsicherungsrechtlicher Bedarf für Kosten der Unterkunft und Heizung sind nach § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II grundsätzlich
die tatsächlichen Aufwendungen des Hilfebedürftigen zu gewähren. Die Vorschrift begrenzt die Übernahme der tatsächlichen Aufwendungen
jedoch zugleich auf die nach dem SGB II angemessenen Kosten.
Die Angemessenheit der tatsächlichen Aufwendungen für eine Wohnung ist nach der Rechtsprechung des BSG in mehreren Schritten
zu prüfen (BSG, Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 10/06 R, BSGE 97, 231 = SozR 4-4200 § 22 Nr 2; BSG, Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 18/06 R, BSGE 97, 254 = SozR 4-4200 § 22 Nr 3; stRspr): Es ist die Größe der Wohnung des oder der Hilfebedürftigen festzustellen und zu überprüfen,
ob diese angemessen ist (a). Dabei erfolgt die Bemessung der angemessenen Größe nach den landesrechtlichen Durchführungsvorschriften
zu § 10 des Gesetzes über die soziale Wohnraumförderung vom 13.9.2001 (WofG, BGBl I 2376). Angemessen ist eine Wohnung ferner nur, wenn sie nach Ausstattung, Lage und Bausubstanz
einfachen und grundlegenden Bedürfnissen entspricht und keinen gehobenen Wohnstandard aufweist. Nach der Rechtsprechung des
BSG genügt es jedoch insoweit, dass das Produkt aus Wohnfläche und Standard, das sich in der Wohnungsmiete niederschlägt,
angemessen ist (BSG, Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 10/06 R, BSGE 97, 231 = SozR 4-4200 § 22 Nr 2), also die zu übernehmende Miete in dem räumlichen Bezirk, der den Vergleichsmaßstab bildet (b),
die angemessene Mietobergrenze nicht überschreitet (c).
a) Die angemessene Größe der Wohnung eines Hilfebedürftigen nach dem SGB II in Nordrhein-Westfalen hat das LSG nach Ziff 5.7.1.b)
der VV-
WoBindG (Runderlass des Ministeriums für Städtebau und Wohnen, Kultur und Sport, Ministerialblatt für das Land Nordrhein-Westfalen
vom 8.3.2002, 396, 400) zutreffend mit 60 qm bestimmt. Soweit das LSG darauf hinweist, dass in dem Runderlass des Ministeriums
für Bauen und Verkehr vom 26.01.2006 (IV A 2 - 2010 - 02/06 - Anlage 1 WFB: Städtebauliche und technische Fördervoraussetzungen,
unter Ziff. 1.4.1) für "barrierefrei" zu errichtende Neubauwohnungen eine Wohnungsgröße von 62 qm für Zwei-Zimmer-Wohnungen
angegeben wird, ändert dieses hieran nichts. Unabhängig davon, ob es sich insoweit, wie das LSG ausführt, lediglich um eine
Bestimmung handelt, die bei der Neuschaffung von Mietwohnraum zu beachten ist, ist diese Vorschrift bereits deswegen außer
Betracht zu lassen, weil sie die Größe der Wohnung lediglich mit der Anzahl der Zimmer verknüpft. Dieses ist jedoch nicht
der für Leistungen nach dem SGB II zu Grunde zu legende Maßstab für die Wohnungsgröße (vgl BSG, urteil vom 19.2.2009 - B 4 AS 30/08 R). Entscheidend kommt es insoweit vielmehr auf die Anzahl der Personen an, die die Wohnung bewohnen. Nur danach richtet
sich die angemessene Wohnungsgröße. Der Runderlass aus dem Jahre 2006 trifft insoweit keine Regelung, sodass weiterhin die
Regelungen aus dem Jahre 2002 anzuwenden sind.
Die Wohnungsgröße überschreitet hier den als angemessen anzusehenden Wert (60 qm) um 17 qm. Diese Überschreitung der angemessenen
Wohnungsgröße wäre nur dann grundsicherungsrechtlich unbeachtlich, wenn das Produkt, ausgedrückt in der Höhe des Mietzinses,
gleichwohl angemessen iS des § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II wäre, etwa, weil der Standard der Wohnung nach unten abweicht. Das ist
hier jedoch nicht der Fall, denn die tatsächlichen Aufwendungen der Kläger überschreiten im konkreten Fall die Referenzmiete
oder die Angemessenheitsobergrenze im Vergleichsraum um 252,40 Euro.
b) Soweit das LSG den Vergleichsraum auf das Stadtgebiet E. begrenzt hat, ist dieses Vorgehen nicht zu beanstanden. Nach der
Rechtsprechung des erkennenden Senats muss es sich bei dem Vergleichsraum um einen ausreichend großen Raum der Wohnbebauung
handeln, der auf Grund seiner räumlichen Nähe, seiner Infrastruktur und insbesondere seiner verkehrstechnischen Verbundenheit
einen insgesamt betrachtet homogenen Lebens- und Wohnbereich bildet (vgl BSG, Urteil vom 19.2.2009 - B 4 AS 30/08 R). Das LSG hat hierzu bindend festgestellt, dass bei einer Großstadt wie E. von einem derartigen homogenen Wohnraum auszugehen
ist. Insbesondere stellt es zutreffend darauf ab, dass der öffentliche Nahverkehr auf die Erreichbarkeit des Stadtkerns von
allen Stadtteilen, auch solchen in Randlage, ausgerichtet sei. Eine Beschränkung auf einen einzelnen Stadtteil birgt zudem
das Risiko einer Ghettoisierung, das nach Auffassung des 4. Senats des BSG unbedingt zu vermeiden ist. Allen Hilfebedürftigen
soll es möglich sein, eine angemessene Wohnung auch außerhalb eines beispielsweise "preiswerten Brennpunktgebietes" anzumieten.
Dazu ist es jedoch erforderlich, das Mietniveau über einen solchen einzelnen Bezirk hinaus in einem größeren Vergleichsraum
zu bestimmen. Dieses mag zwar in einem Fall wie dem vorliegenden - in dem nach Auffassung der Beteiligten das Mietniveau in
dem konkret bewohnten Stadtteil höher ist als in anderen angrenzenden Stadtteilen - dazu führen, dass ein Umzug als Kostensenkungsmaßnahme
möglicherweise auch über die Grenzen des jeweiligen Stadtteils hinaus zu erfolgen hat. Dieses ist im Interesse einer gleichmäßigen
Behandlung aller Hilfebedürftigen jedoch hinzunehmen. Zudem hat das LSG festgestellt, auf Grund des Mietspiegels sei davon
auszugehen, dass in nahezu allen Stadtteilen oder -bezirken alle qualitativ unterschiedlichen Wohnlagen anzutreffen seien.
Anders als die Kläger meinen, bestimmt das soziale Umfeld die abstrakte Angemessenheitsgrenze nur insoweit, als der Vergleichsraum
durch den Wohnort des Hilfebedürftigen festgelegt wird. Der Schutz des sozialen Umfeldes unterfällt hingegen nicht der Feststellung
der abstrakten Angemessenheit des Mietpreises. Die Voraussetzungen für den Schutz des sozialen Umfeldes sind vielmehr erst
im Rahmen der konkreten Angemessenheit (s auch Entscheidung des BSG, Urteil vom 17.12.2009 - B 4 AS 50/09 R), also bei der Frage der Zumutbarkeit oder der Möglichkeit des Ergreifens von Kostensenkungsmaßnahmen, etwa durch einen
Umzug iS des § 22 Abs 1 Satz 3 SGB II, zu prüfen.
c) Wenn danach die abstrakt angemessene Wohnungsgröße für einen Zweipersonenhaushalt in Nordrhein-Westfalen 60 qm beträgt
und der örtliche Vergleichsmaßstab auf das Stadtgebiet E. zu begrenzen ist, ist weiter festzustellen, wie hoch die angemessene
Miete für Wohnungen einfachen Standards - die Referenzmiete - in diesem Raum ist. Nur auf dieser Grundlage kann beurteilt
werden, ob die tatsächlichen Aufwendungen der Kläger diese Angemessenheitsobergrenze überschreiten.
Der Begriff der Angemessenheit ist ein unbestimmter Rechtsbegriff, also ein ausfüllungsbedürftiger Wertungsmaßstab. Ihm wohnt
der Gedanke der Begrenzung inne (vgl Voelzke/Knickrehm/Spellbrink, Kosten der Unterkunft nach § 22 SGB II, DSGT Praktikerleitfaden,
S 25), hier im Zusammenhang mit den Unterkunftskosten, der der Bestimmung einer Mietobergrenze. Diese Mietobergrenze ist unter
Berücksichtigung der Bedingungen eines existenzsichernden Leistungssystems festzulegen (Knickrehm in Kreikebohm/Spellbrink/Waltermann,
Kommentar zum Sozialrecht, 2009, § 22 RdNr 7). Sie soll dabei die Wirklichkeit, also die Gegebenheiten auf dem Mietwohnungsmarkt
des Vergleichsraums abbilden, denn der Hilfebedürftige soll durch die Leistungen nach § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II in die Lage
versetzt werden, sein elementares Grundbedürfnis "Wohnen" zu grundsicherungsrechtlich angemessenen Bedingungen zu befriedigen
(s auch Krauß in Hauck/Noftz SGB II, Stand IX/09, § 22 RdNr 2; Lang/Link in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl, 2008, § 22
RdNr 15c). Sein Lebensmittelpunkt soll geschützt werden. Die festgestellte angemessene Referenzmiete oder die Mietobergrenze
muss mithin so gewählt werden, dass es dem Hilfebedürftigen möglich ist, im konkreten Vergleichsraum eine "angemessene" Wohnung
anzumieten. Die Mietobergrenze ist nach der Rechtsprechung des BSG auf Grundlage eines dieses beachtenden schlüssigen Konzepts
zu ermitteln (vgl BSG, Urteil vom 18.6.2008 - B 14/7b AS 44/06 R). Der Grundsicherungsträger muss mithin nicht nur ein Konzept haben, nach dem er die Referenzmiete bestimmt, sondern dieses
Konzept muss zudem einer gerichtlichen Überprüfung Stand halten, also schlüssig sein (BSG, Urteil vom 22.9.2009 - B 4 AS 18/09 R).
aa) Im Rechtsstreit muss der Grundsicherungsträger sein schlüssiges Konzept auf Aufforderung durch das Gericht vorlegen. Entscheidet
der Grundsicherungsträger ohne ein schlüssiges Konzept, ist er im Rahmen seiner prozessualen Mitwirkungspflicht nach §
103 Satz 1 2. Halbsatz
SGG gehalten, dem Gericht eine zuverlässige Entscheidungsgrundlage zu verschaffen und ggf eine unterbliebene Datenerhebung und
-aufbereitung nachzuholen. Der für die Leistungen nach § 22 SGB II zuständige kommunale Träger muss die bei ihm vorhandenen
Daten sowie die personellen und/oder sachlichen Voraussetzungen für die Erhebung und Auswertung der erforderlichen Daten zur
Verfügung stellen (BSG, Urteil vom 2.7.2009 - B 14 AS 33/08 R).
Soweit der erkennende Senat beim Fehlen von lokalen Erkenntnismöglichkeiten auf Grund der mangelnden Ermittlungen des Grundsicherungsträgers
eine Begrenzung der Amtsermittlungspflicht der Sozialgerichte für zulässig erachtet hat und in diesem "Notfall" die Amtsermittlungspflicht
auf die Feststellung der "Angemessenheitsobergrenze" nach den Tabellenwerten des § 8 WoGG - rechte Spalte plus Zuschlag - reduziert, bedeutet das nicht, dass dann, wenn der Träger keine Daten und/oder Auswertungen
vorlegt, aus denen ein schlüssiges Ergebnis zu ermitteln ist, die Amtsermittlungspflicht des Gerichts grundsätzlich entfällt.
Zunächst hat das Gericht durch Ermittlung bei dem Beklagten den Versuch zu unternehmen, die erforderlichen Daten zu erlangen
und ggf für eine Auswertung zu sorgen. Der Grundsicherungsträger ist bei nicht hinreichender Datengrundlage im Rahmen seiner
prozessualen Mitwirkungspflicht nach §
103 Satz 1 2. Halbsatz
SGG gehalten, dem Gericht eine möglichst zuverlässige Entscheidungsgrundlage zu verschaffen und ggf eine unterbliebene Datenerhebung
und -aufbereitung nachzuholen (BSG, Urteil vom 2.7.2009 - B 14 AS 33/08 R - RdNr 22; BSG, Urteil vom 22.9.2009 - B 4 AS 18/09 R - RdNr 26). Ergänzend muss das Gericht - wie das BSG bereits mehrfach entschieden hat - auf andere vorhandene Datengrundlagen
für ein schlüssiges Konzept (zB Mietspiegel, vgl BSG, Urteil vom 18.6.2008 - B 14/7b AS 4406 R) zurückgreifen.
Der erkennende Senat hält daran fest, dass es sich bei dem Begriff der "Angemessenheit" um einen durch die Gerichte vollständig
überprüfbaren unbestimmten Rechtsbegriff handelt. Zwar können unbestimmte Rechtsbegriffe unter Umständen wegen hoher Komplexität
oder besonderer Dynamik der geregelten Materie so vage und ihre Konkretisierung im Nachvollzug der Verwaltungsentscheidung
so schwierig sein, dass die gerichtliche Kontrolle an die Funktionsgrenzen der Rechtsprechung stößt. Das Bundesverfassungsgericht
(BVerfG) hat angedeutet, dass der rechtsanwendenden Behörde in solchen Fällen ohne Verletzung rechtsstaatlicher Grundsätze
ein begrenzter Entscheidungsfreiraum zuzubilligen sein kann (vgl BVerfG, Beschluss vom 17.4.1991 - 1 BvR 419/81, 1 BvR 213/83, BVerfGE 84, 34, 50; Beschluss vom 6.3.1980 - 1 BvR 967/78, 1 BvR 973/78, 1 BvR 627/78, 1 BvR 737/78, BVerfGE 54, 173, 197). Hierfür könnten bei der Ausfüllung des Begriffs der "Angemessenheit" iS des § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II zwar die Schwierigkeiten/Komplexität
der Datenerhebung und der Wandel der gewonnenen Werte auf Grund sich ändernder Marktbedingungen sowie der erheblichen regionalen
Unterschiede sprechen. Gleichwohl ist dem Träger insoweit nicht im methodischen Sinne ein Beurteilungsspielraum zugewiesen
(vgl Maurer Allgemeines Verwaltungsrecht, 15. Aufl, 2004, § 7 RdNr 31 ff), da sich nach der normativen Ermächtigungslehre
auch durch Auslegung des § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II kein derartiger Spielraum der Verwaltung ermitteln lässt (vgl nochmals Maurer
Allgemeines Verwaltungsrecht, 15. Aufl, 2004, § 7 RdNr 33, 34; zur Verneinung eines Beurteilungsspielraums der Verwaltung
auf Grund eines unbestimmten Rechtsbegriffs s auch BVerwG, Urteil vom 14.12.1962 - VII C 140.61, BVerwGE 15, 207, 208; BVerwG, Urteil vom 21.5.1974 - I C 37.72, BVerwGE 45, 162, 164; BVerwG, Urteil vom 14.2.1991 - 4 C 20/88, BVerwGE 88, 35, 37 ff).
bb) Die Ausführungen des LSG mögen zwar darauf hindeuten, dass es die Bemühungen des Beklagten, eine Referenzmiete durch Beobachtung
des unteren Segments des örtlichen Wohnungsmarktes sowie der bei der Geschäftsstelle "Wohnungsnotfälle" gemeldeten tatsächlich
verfügbaren Wohnungen festzustellen, für ausreichend hält. Hieran hätte der Senat unter Berücksichtigung seiner Entscheidungen
zum "schlüssigen Konzept" Zweifel. Gleichwohl bedarf es keiner weiteren Ermittlungen des LSG zur genauen Datengrundlage und
ihrer Auswertung durch den Beklagten. Das LSG hat unter Bezug auf die Entscheidungsgründe des SG den E. Mietspiegel - hier in der Fassung vom 28.2.2006 - zur Verifizierung des Ergebnisses des Beklagten herangezogen. Dieses
Vorgehen ist nicht zu beanstanden, denn der Mietspiegel für das Stadtgebiet E. bietet eine hinreichende Datengrundlage für
den hier streitigen Zeitraum zur Erstellung eines schlüssigen Konzepts.
cc) Ein Konzept liegt nach der Rechtsprechung des 4. Senats dann vor, wenn der Ersteller planmäßig vorgegangen ist im Sinne
der systematischen Ermittlung und Bewertung genereller, wenngleich orts- und zeitbedingter Tatsachen im maßgeblichen Vergleichsraum
sowie für sämtliche Anwendungsfälle und nicht nur punktuell im Einzelfall (BSG, Urteil vom 22.9.2009 - B 4 AS 18/09 R). Der 4. Senat hat die Schlüssigkeitsanforderungen wie folgt zusammengefasst (BSG, Urteil vom 22.9.2009 - B 4 AS 18/09 R):
- Die Datenerhebung darf ausschließlich in dem genau eingegrenzten und muss über den gesamten Vergleichsraum erfolgen (keine
Ghettobildung),
- es bedarf einer nachvollziehbaren Definition des Gegenstandes der Beobachtung, zB welche Art von Wohnungen - Differenzierung
nach Standard der Wohnungen, Brutto- und Nettomiete (Vergleichbarkeit), Differenzierung nach Wohnungsgröße,
- Angaben über den Beobachtungszeitraum,
- Festlegung der Art und Weise der Datenerhebung (Erkenntnisquellen, zB Mietspiegel),
- Repräsentativität des Umfangs der eingezogenen Daten,
- Validität der Datenerhebung,
- Einhaltung anerkannter mathematisch-statistischer Grundsätze der Datenauswertung und
- Angaben über die gezogenen Schlüsse (zB Spannoberwert oder Kappungsgrenze).
Unzweifelhaft bietet der E. Mietspiegel nach §
558c BGB die Grundlage für ein Konzept im soeben dargelegten Sinne. Der Mietspiegel nach §
558c BGB ist eine Übersicht über die ortsübliche Vergleichsmiete in der Gemeinde (§
558c Abs
1 BGB) und bedarf einer Erhebung und statistisch aufgearbeiteten Zusammenstellung der vorkommenden Mieten. Zwar ist insoweit keine
bestimmte Methode festgelegt (vgl Börstinghaus in Schmidt-Futterer, Mietrecht, 9. Aufl 2007, §§ 558c, 558d RdNr 33 ff). Sachliche
Wirksamkeitsvoraussetzung für den Mietspiegel ist jedoch, dass er den Anforderungen der Statistik genügt und auf einer ausreichenden
empirischen Grundlage unter Beachtung der gesetzlichen Vorgaben des §
558 BGB zur Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete (§
558 Abs
2 BGB) beruht. Dazu gehört auch, dass die einzelnen Werte des Mietspiegels auf einer ausreichenden Anzahl von aus Wohnwertmerkmalen
vergleichbarer Wohnungen der betreffenden Gemeinde oder einer vergleichbaren Wohngemeinde gewonnener Daten beruhen (vgl Börstinghaus
in Schmidt-Futterer, Mietrecht, 9. Aufl 2007, §§ 558c, 558d RdNr 33 ff; s auch Ehlert in Beck'scher Online-Kommentar, Hrsg:
Bamberger/Roth,
BGB, Stand 1.2.2009, §
558c RdNr 13).
Die Datenerhebung hat - wie für ein schlüssiges Konzept gefordert - vorliegend einen eingegrenzten zeitlichen Rahmen. Nach
Ziff 1 des Mietspiegels vom 28.2.2006 sind die Erhebungen in der Zeit von April bis September 2005 und über den gesamten Vergleichsraum
des Stadtgebiets E. erfolgt (Ziff 8 des Mietspiegels). Der Gegenstand der Beobachtung sind Mietwohnungen im Stadtgebiet E.
von 35 bis 150 qm. Zudem sind ausschließlich die Nettokaltmieten erhoben worden (Ziff 1 des Mietspiegels vom 28.2.2006). Von
der Repräsentativität und Validität der Datenerhebung ist bei dem vorliegenden Mietspiegel auszugehen. Sie werden zudem dadurch
gewährleistet, dass die unterschiedlichsten Interessengruppen des Wohnungsmarktes der Stadt E. an der Erstellung des Mietspiegels
beteiligt waren (hier: die Stadt E., Amt für Bodenmanagement und Stadterneuerung, der Gutachterausschuss für Grundstückswerte
in der Stadt E., der Haus-, Wohnungs- und Grundeigentümerverein E., der Mieterschutzverein im Stadtgebiet E., die Arbeitsgemeinschaft
der Wohnungsunternehmen in der Stadt E., die Grundstücksbörse Ruhr und der Ring Deutscher Makler, Bezirksverband E. eV). Die
Auswertung des Datenmaterials ist nach Ziff 1 des Mietspiegels auf Grund objektiver statistischer Kriterien von der Geschäftsstelle
des Gutachterausschusses vorgenommen worden. Die ermittelten Mietrichtwerte sind Durchschnittswerte und beziehen sich auf
Wohnungen mittlerer Ausstattung und mittlerer Wohnlage (Ziff 2 des Mietspiegels vom 28.2.2006). Soweit der Mietrichtwert für
sämtliche in die Erhebung einbezogenen Wohnungen Gültigkeit haben soll, steht dieses den Anforderungen des erkennenden Senats
an ein schlüssiges Konzept nicht entgegen. Diese "Unschärfe" wird durch Vergabe von Plus- und Minuspunkten gestaffelt nach
der Wohnungsgröße ausgeglichen. So wird nach dem zu Grunde liegenden Mietspiegel angenommen, dass bei einer Wohnungsgröße
von 50 bis 119 qm zur Ermittlung der Vergleichsmiete auf die tatsächliche Wohnungsgröße abgestellt werden könne, ohne dass
Zu- bzw Abschläge wegen Vergünstigung oder Verteuerung des Wohnraums auf Grund der Wohnungsgröße vorzunehmen seien. Der Teuerungsfaktor
für kleinere Wohnungen wird dadurch berücksichtigt, dass bei Wohnungen in der Größe von 35 bis 44 qm ein Punktzuschlag von
neun bis vier Punkten bei der Errechnung der Vergleichsmiete vorzunehmen ist. Der Annahme, dass größere Wohnungen einen geringeren
qm-Preis aufweisen, wird dadurch Rechnung getragen, dass der Mietrichtwert mit einer negativen Punktzahl bis zu minus vier
Punkten zu multiplizieren ist. Auch der "Wohnstandard" fließt bei dem vorliegenden Mietspiegel in die Errechnung der Vergleichsmiete
ein.
dd) Die Berechnung des SG zur Ermittlung des angemessenen qm-Preises auf Grund der Datenlage des Mietspiegels, auf die das LSG Bezug nimmt, ist nicht
zu beanstanden, soweit es feststellt, dass die Referenzmiete nach dem Mietspiegel unter dem von dem Beklagten angesetzten
Vergleichswert liegt. Zutreffend ist das SG von einem, aus dem Durchschnittswert für Wohnungen, die 20 Jahre und älter sind, errechneten Mietrichtwert von 5,64 Euro/qm
ausgegangen. Inwieweit dieser wegen der Ausstattungsfaktoren mit 0,83 zu multiplizieren ist, also dem Wert, der auf einer
überwiegend einfachen Ausstattung beruht, kann dahinstehen. Es ergäbe sich selbst dann ein Wert, der dem von dem Beklagten
angenommenen entspricht, wenn hinsichtlich einiger Ausstattungsmerkmale der "überwiegend mittlere" Standard zu Grunde gelegt
würde. Dieses betrifft insbesondere solche Merkmale, die als "ökologische" Faktoren möglicherweise bei den Kosten für Heizung
zu einer Senkung der Aufwendungen führen.
3. Die Aufwendungen der Kläger überschreiten diesen Wert; es handelt sich mithin um unangemessene Kosten, die von dem Grundsicherungsträger
nach Ablauf von sechs Monaten gemäß § 22 Abs 1 Satz 3 SGB II grundsätzlich nicht mehr übernommen werden müssen. Voraussetzung
für eine auf das gefundene Niveau der Vergleichsmiete abgesenkte Leistungsgewährung ist eine Kostensenkungsaufforderung durch
den Leistungsträger (a) und die Zumutbarkeit bzw die Möglichkeit von Kostensenkungsmaßnahmen iS des § 22 Abs 1 Satz 3 SGB
II, ggf auch eines Umzugs (b). Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall gegeben.
a) Der Beklagte hat die Kläger durch Schreiben vom 19.5.2006 auf die Unangemessenheit der Aufwendungen für die Kaltmiete hingewiesen
und entsprechend der ständigen Rechtsprechung des BSG sowohl die nach seiner Ansicht angemessene Höhe der Mietaufwendungen
- hier: 282,49 Euro - benannt sowie darauf aufmerksam gemacht, dass die höheren Kosten der Kläger nur noch bis zum 30.11.2006
abgegolten werden würden (vgl BSG, Urteil vom 19.2.2009 - B 4 AS 30/08 R mwN). Soweit der Beklagte der Leistungsabsenkung im Bescheid vom 13.11.2006 für den Zeitraum ab dem 1.12.2006 alsdann als
Kaltmiete einen Wert von 282,75 Euro zu Grunde gelegt hat, ist dieses unschädlich. Die Änderung wirkt sich lediglich zu Gunsten
der Kläger aus und ist zudem so minimal, dass sie anders als in dem vom Senat am 19.2.2009 entschiedenen Fall (B 4 AS 30/09 R) nicht kausal für die nicht durchgeführten Kostensenkungsmaßnahmen der Kläger geworden sein kann. Dieses wird von ihnen
im Übrigen auch nicht vorgebracht.
b) Die - für den Senat bindenden - Feststellungen des LSG im Hinblick auf die Zumutbarkeit und Möglichkeit eines Umzugs der
Kläger iS des § 22 Abs 1 Satz 3 SGB II innerhalb des Vergleichsraums E. tragen die rechtliche Wertung, Kostensenkungsmaßnahmen
seien für die Kläger zumutbar. Das LSG hat als räumlichen Maßstab für die konkrete Angemessenheit zutreffend das gesamte Stadtgebiet
E. angesehen und das geschützte soziale Umfeld nicht auf den Stadtteil E.-K. beschränkt.
aa) Der erkennende Senat hat in seiner Entscheidung vom 19.2.2009 (B 4 AS 30/08 R) beispielhaft Umstände aufgeführt, die der Zumutbarkeit eines Umzugs entgegen stehen können. Die dortigen Beispielsfälle
sind um den der Einschränkung der Umzugsfähigkeit aus gesundheitlichen Gründen - auch solchen, die nicht zur Pflegebedürftigkeit
führen - zu ergänzen. So kann es auf Grund einer Erkrankung erforderlich sein, die bisherige Wohnung beizubehalten, weil sie
etwa mit Hilfsmitteln ausgestattet ist, die auf die spezielle gesundheitliche Situation des betreffenden Hilfebedürftigen
zugeschnitten sind. Andere gesundheitliche Einschränkungen, etwa der Geh- und Bewegungsfähigkeit, verbunden mit einem zu deren
Ausgleich aufgebauten "Hilfssystem" im Umfeld können ebenfalls dazu führen, dass die Umzugsalternative nur im eng begrenzten
sozialen Umfeld zu suchen ist, so dass es für die Rechtmäßigkeit der Senkung der Leistung darauf ankäme, ob ein Umzug im sozialen
Umfeld möglich ist, weil dort hinreichend anmietbarer Wohnraum zum Preis der Referenzmiete vorhanden ist. Derartige Umstände
sind nach den Feststellungen des LSG im konkreten Fall nicht vorhanden.
Das LSG hat festgestellt, dass den Klägern nach den vorhandenen medizinischen Auskünften und Bewertungen ein Umzug innerhalb
des Stadtgebiets E. zumutbar sei. Danach sind sie weder aus gesundheitlichen Gründen auf die Wohnbedingungen der konkret angemieteten
Wohnung, noch auf die Hilfe der im Haus oder im Stadtteil E.-K. wohnenden Kinder angewiesen. Diese Feststellungen haben die
Kläger nicht mit zulässigen Verfahrensrügen angegriffen. Soweit die Kläger erstmals im Revisionsverfahren vorbringen, die
Aufrechterhaltung ihrer Wohnung im Haus des Sohnes und seiner Frau sei umgekehrt für die Gewährleistung der familiären Kinderbetreuung
erforderlich und die Wohnbedingungen in der E. Innenstadt seien unzumutbar, konnte dieser neue Tatsachenvortrag in der Revisionsinstanz
keine Berücksichtigung mehr finden.
Im Ergebnis gilt dieses auch für das Vorbringen des unzureichenden Anschlusses des Stadtteils durch den öffentlichen Nahverkehr
an das Stadtgebiet, um die bisherigen sozialen und familiären Kontakte aufrecht erhalten zu können. Die tatsächlichen Feststellungen
des LSG tragen die Schlussfolgerung des Berufungsgerichts, insbesondere soweit es die Einbindung in das Stadtgebiet E. durch
den öffentlichen Nahverkehr als gut bewertet. Soweit die Kläger zu begründen versuchen, warum sie auf Grund der Umstände des
Einzelfalls zu einer anderen Würdigung gelangen, liegt keine schlüssige Verfahrensrüge vor. Eine solche ist nach §
164 Abs
2 SGG jedoch Voraussetzung einer entsprechenden revisionsgerichtlichen Prüfung. Angebliche Fehler der Beweiswürdigung begründen
keinen von Amts wegen zu berücksichtigen Verfahrensfehler, der bis in die Revision fortwirkt. Gemäß §
128 Abs
1 SGG (freie Beweiswürdigung) entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung.
Dies schließt von vornherein aus, einen Verstoß gegen diese Bestimmung mit dem Vorwurf zu begründen, die Beweiswürdigung sei
im Ergebnis unrichtig ausgefallen. Vielmehr sind die Grenzen der freien Beweiswürdigung nur dann überschritten, wenn sie gegen
gesetzliche Beweisregeln, Denkgesetze, Naturgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verstoßen oder wenn das Gericht das Gesamtergebnis
des Verfahrens nicht ausreichend berücksichtigt (stRspr, zB BSG, Urteil vom 7.2.2002 - B 7 AL 102/00 R, SozR 3-4100 § 128 Nr 15; zuletzt BSG, Urteil vom 27.8.2009 - B 13 R 101/08 R; s auch BSG, Urteil vom 2.4.2009 - B 2 U 7/08 R, SozR 4-5671 Anl 1 Nr 3101 Nr 3 RdNr 24, jeweils mwN) . Einen entsprechenden Vortrag enthält das Vorbringen der Kläger nicht.
Zutreffend hat das LSG auch die affektive Bindung der Kläger an den Stadtteil E.-K. als der Zumutbarkeit eines Umzugs in einen
anderen Stadtteil E. nicht entgegenstehend angesehen. Zumindest rechtfertigt die affektive Bindung für sich genommen nicht
die Übernahme unangemessener tatsächlicher Aufwendungen für Unterkunft als steuerfinanzierte existenzsichernde Leistung. Ob
etwas Anderes dann gilt, wenn der Hilfebedürftige kurz vor dem Eintritt in den Ruhestand steht, kann hier dahinstehen. Die
Kläger waren im streitigen Zeitraum 50 und 56 Jahre alt, so dass bis zum Erreichen des Rentenalters - die Gewährung einer
Rente wegen Erwerbsminderung für die Klägerin zu 2. hatte der zuständige Rentenversicherungsträger bindend abgelehnt - noch
eine ausreichende Zeit der Um- und Eingewöhnung zur Verfügung stand.
Ebenso wenig kann die Unzumutbarkeit von Kostensenkungsmaßnahmen mit einer langen Erwerbskarriere begründet werden. Unerheblich
ist insoweit, dass die Kläger schon vor dem SGB II-Leistungsbezug Sozialleistungen zur Lebensunterhaltssicherung in Anspruch
nehmen mussten. Entscheidend ist vielmehr, dass das System des SGB II im Rahmen der Geldleistungen den Übergang von dem Anspruch
auf Alg zum Alg II, also nach längerer sozialversicherungspflichtiger Erwerbstätigkeit, lediglich durch die Gewährung eines
befristeten Zuschusses nach § 24 SGB II und bei Einkommen aus Erwerbstätigkeit oder einer anderen Sozialleistung während des
Leistungsbezugs durch die Freibeträge nach § 11 Abs 2 SGB II honoriert. Bei den Leistungen für Unterkunft findet diese Nähe
zum Erwerbsleben oder zu Sozialversicherungsleistungen keinen Niederschlag, es sei denn, die Fortsetzung oder Aufnahme einer
während des Alg II-Bezugs ausgeübten bzw ihn beendenden Erwerbstätigkeit wäre bei einem Umzug gefährdet oder der Grund für
die Unzumutbarkeit könnte in dem Bezug der anderen Sozialleistung gefunden werden (nur geringfügige Aufstockung durch Alg
II, Bezug einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung pp). Hierfür sind im vorliegenden Fall jedoch keine Anhaltspunkte
vorhanden.
Andererseits zeigen die vorhergehenden Ausführungen, dass die Ausübung langjähriger Erwerbstätigkeit durchaus zu einer differenzierten
Behandlung im SGB II führt. SGB II-Geldleistungen nach Erwerbstätigkeit können höher sein als solche ohne Anknüpfung an das
Erwerbsleben. Auch beeinflusst die den SGB II-Geldleistungsbezug begleitende Erwerbstätigkeit die Einkommenssituation des
Hilfebedürftigen oder kann Einfluss auf die Zumutbarkeit von Kostensenkungsmaßnahmen haben, sodass bereits aus diesem Grund
keine Benachteiligung von vormals oder noch Erwerbstätigen gegenüber solchen hilfebedürftigen Personen, die nie einer Erwerbstätigkeit
nachgegangen sind, iS des Art
3 Abs
1 GG gegeben ist.
bb) Wenn den Klägern mithin Kostensenkungsmaßnahmen iS des § 22 Abs 1 Satz 3 SGB II nicht nur innerhalb des sozialen Umfeldes,
sondern über das gesamte Stadtgebiet E. zumutbar sind, kommt es darauf an, ob im Vergleichsraum Wohnraum zum Preis der Referenzmiete
tatsächlich zur Verfügung steht. Dieses ist nach den unangegriffenen Feststellungen des LSG der Fall, so dass der Beklagte
die Höhe der Leistungen für Unterkunft ab dem 1.12.2006 zu Recht auf die angemessene Vergleichsmiete abgesenkt hat.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.