Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II; Erforderlichkeit eines Fortzahlungsantrags
Gründe:
I
Die Beteiligten streiten über die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II im Zeitraum
vom 1.1. bis 12.2.2006 aufgrund eines Fortzahlungsantrags vom 13.2.2006.
Der 1943 geborene Kläger bezog bis zum 31.12.2004 Alhi. Seit dem 1.1.2005 erhält er Alg II. Die Leistungen wurden ihm für
den Zeitraum vom 1.1. bis 30.6.2005 aufgrund eines Antrags vom 20.12.2004 bewilligt. Ohne einen erneuten Antrag bewilligte
der Beklagte durch sog "Änderungsbescheid" vom 23.5.2005 Leistungen für den Zeitraum vom 1.7. bis 31.12.2005. In dem Bescheid
wurde der Kläger gebeten, für die erforderlichenfalls notwendige Weitergewährung rechtzeitig (4 Wochen vor Ablauf des "Gewährungszeitraums")
Leistungen zu beantragen. Am 13.2.2006 reichte der Kläger einen von ihm am 30.1.2006 unterschriebenen Antrag auf Fortzahlung
bei dem Beklagten ein. Daraufhin bewilligte der Beklagte ihm durch Bescheid vom 15.2.2006 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts
ab dem 13.2. bis zum 31.7.2006 und änderte diesen Bescheid durch weitere Bescheide vom 20./21.6. und 2.8.2006 der Höhe nach
ab. Den Widerspruch des Klägers, der sich nach dessen ausdrücklicher Erklärung vom 22.6.2006 nur noch gegen den Leistungsbeginn
erst am 13.2.2006 richtete, wies der Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 15.11.2006 zurück.
Das SG hat den Beklagten verurteilt, dem Kläger Leistungen ab dem 1.1.2006 in gesetzlicher Höhe zu gewähren (Urteil vom 19.6.2009).
Auf die Berufung des Beklagten hat das LSG das Urteil des SG aufgehoben und die Klage abgewiesen (Urteil vom 18.12.2009). Zur Begründung hat es ausgeführt, für den Beginn des Leistungszeitraums
sei nach § 37 Abs 1 SGB II das Datum der Antragstellung maßgebend. Zwar sei im SGB II nicht geregelt, wann ein neuer Antrag
nach einer vorhergehenden Leistungsbewilligung erforderlich sei und wann die Wirkung eines einmal wirksam gestellten Antrags
ende. Aus § 39 SGB X folge jedoch die Erledigung des Bescheides durch Zeitablauf, also mit dem Auslaufen des Bewilligungszeitraumes. Wegen der
Aktualität des Hilfebedarfs komme es zudem für den Leistungsanspruch nicht auf die Kenntnis des Fortbestehens des Bedarfs
an. Die gegenteilige Auffassung überzeuge nicht; insbesondere könne nicht auf die Rechtsprechung des BSG zur Alhi zurückgegriffen
werden. Es sei mit dem SGB II eine neue Rechtslage entstanden, die mit § 37 SGB II eigene Regeln aufstelle. Der Antrag nach
dem SGB II sei anders als im Recht der Alhi keine materiell-rechtliche Anspruchs-, sondern nur eine Verfahrensvoraussetzung.
Zudem erfolge eine Begrenzung auf den Bewilligungszeitraum. Ein nicht rechtzeitig gestellter Antrag führe dazu, dass Leistungen
erst ab dem Tag der Antragstellung zu erbringen seien. Im konkreten Fall sei ein früherer Antragszugang bei dem Beklagten
nicht behauptet und nicht festgestellt. Eine Wiedereinsetzung in die versäumte Frist komme nicht in Betracht, da § 37 SGB
II keine gesetzliche Frist normiere. Auch könne der Kläger für den streitigen Zeitraum keinen Leistungsanspruch auf Grundlage
des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs durchsetzen. Eine für die Versäumnis des Klägers kausale Pflichtverletzung des
Beklagten sei nicht gegeben. Den Hinweis auf das Erfordernis eines Fortzahlungsantrags im Bewilligungsbescheid für den vorhergehenden
Leistungsabschnitt habe der Kläger nicht zur Kenntnis genommen. Auf Vertrauensschutz durch Fortzahlung der Leistungen ab dem
1.7.2005 ohne vorherigen Fortzahlungsantrag könne sich der Kläger nicht berufen. Dieses Vorgehen des Beklagten beruhe darauf,
dass der Kläger für den Bewilligungszeitraum ab dem 1.7.2005 im vorherigen Bewilligungszeitraum nicht auf die Notwendigkeit
eines Fortzahlungsantrags hingewiesen worden sei.
Mit seiner Revision rügt der Kläger eine Verletzung von § 37 SGB II. Er habe aufgrund der Erfahrungen aus dem Alhi-Bezug darauf
vertrauen können, dass - soweit erforderlich - vor dem Auslaufen des Bewilligungszeitraums ein neuer Antrag übersandt werde
und eine Einladung zu einer persönlichen Vorsprache erfolge. Ein solches Vorgehen sei zudem auch dem Grundsatz des "Forderns
und Förderns" geschuldet und ergebe sich als Nebenpflicht aus dem Leistungsverhältnis. Nach den fachlichen Hinweisen der Bundesagentur
für Arbeit (BA) zu § 37 SGB II (Ziffer 37.11a) habe der Beklagte zudem vier Wochen vor dem Ablauf des Bewilligungszeitraums
Leistungsbeziehern zentral mit einem Beendigungsschreiben ua einen Antrag auf Fortzahlung der Leistungen nach dem SGB II zu
übersenden. Für den Fall des verspäteten Eingangs des Antrags und fortbestehender Hilfebedürftigkeit hätten die Fachlichen
Hinweise in der im streitigen Zeitraum geltenden Fassung eine Weiterbewilligung für den Fall des Fortbestehens von Hilfebedürftigkeit
vorgesehen (Fachliche Hinweise Nr 37.11b). Insoweit habe der Beklagte im Übrigen gegen seine Pflichten aus §§
14,
2 Abs
2 und
17 SGB I verstoßen, worauf sich zumindest ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch gründe. Die Bedürftigkeit habe auch unverändert
weiter bestanden.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 18. Dezember 2009 aufzuheben und die Berufung des Beklagten gegen das Urteil
des Sozialgerichts Frankfurt vom 19. Juni 2009 zurückzuweisen.
Der Beklagte beantragt,
die Revision des Klägers zurückzuweisen.
Er hält die Ausführungen im Urteil des LSG für zutreffend.
II
Die Revision ist im Sinne der Zurückverweisung an das LSG begründet.
Ob der Kläger vom 1.1. bis 12.2.2006 einen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II hat,
konnte der Senat nicht abschließend beurteilen. Es mangelt insoweit zwar an einem Leistungsantrag nach § 37 Abs 1 SGB II für
den streitigen Zeitraum. Es war vorliegend auch nicht auf das Antragserfordernis zu verzichten, weil eine Fortzahlung von
Leistungen im direkten Anschluss an einen vorhergehenden Bewilligungszeitraum begehrt wird (2.). Ihm könnte jedoch ein Leistungsanspruch
aufgrund eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs zustehen, weil der Beklagte es pflichtwidrig unterlassen hat, ihn zeitnah
vor dem Ende des vorhergehenden Bewilligungszeitraums auf die Notwendigkeit der Beantragung von Leistungen ab dem 1.1.2006
hinzuweisen (3a.). Ob eine derartige Pflichtverletzung des Beklagten kausal für den nicht rechtzeitigen Fortzahlungsantrag
des Klägers war, konnte der Senat nach den Feststellungen des LSG ebenso wenig abschließend beurteilen, wie - sollte die Kausalität
gegeben sein - das Vorliegen der Leistungsvoraussetzungen für Alg II im streitigen Zeitraum (3b.).
1. Streitgegenstand des Revisionsverfahrens sind der Bescheid vom 15.2.2006 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 20.6.,
21.6. und 2.8.2006, diese wiederum in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.11.2006, mit denen der Beklagte dem Kläger
Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für den Zeitraum vom 13.2.2006 bis 31.7.2006 bewilligt und eine
Leistungsgewährung für den Zeitraum vom 1.1. bis 12.2.2006 abgelehnt hat.
2. Es kann auf der Grundlage der vom LSG getroffenen Feststellungen bislang nicht beurteilt werden, ob im streitigen Zeitraum
ein Leistungsanspruch des Klägers besteht. Insoweit gilt zwar, dass auch ein Fortzahlungsbegehren eines Antrags nach § 37
SGB II bedarf und bei verspäteter Antragstellung eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand iS des § 27 SGB X nicht in Betracht kommt. Hierzu wird auf die Ausführungen in der Entscheidung des Senats vom selben Tag zu dem Aktenzeichen
B 4 AS 99/10 R verwiesen.
3. Dem Kläger könnte für den streitigen Zeitraum jedoch ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch zur Seite stehen. Der sozialrechtliche
Herstellungsanspruch hat zur Voraussetzung (vgl ua BSG Urteil vom 31.10.2007 - B 14/11b AS 63/06 R, SozR 4-1200 § 14 Nr 10), dass der Sozialleistungsträger eine ihm aufgrund des Gesetzes oder eines Sozialrechtsverhältnisses
obliegende Pflicht, insbesondere zur Beratung und Auskunft (§§
14,
15 SGB I), verletzt hat. Ferner ist erforderlich, dass zwischen der Pflichtverletzung des Sozialleistungsträgers und dem Nachteil
des Betroffenen ein ursächlicher Zusammenhang besteht. Schließlich muss der durch das pflichtwidrige Verwaltungshandeln eingetretene
Nachteil durch eine zulässige Amtshandlung beseitigt werden können. Die Korrektur durch den Herstellungsanspruch darf dem
jeweiligen Gesetzeszweck nicht widersprechen (vgl zum Lohnsteuerklassenwechsel BSG Urteil vom 1.4.2004 - B 7 AL 52/03 R, BSGE 92, 267, 279 = SozR 4-4300 § 137 Nr 1 mit zahlreichen weiteren Nachweisen).
a) Der Beklagte hat es vorliegend pflichtwidrig unterlassen, den Kläger über die Erforderlichkeit eines Antrags auf Fortzahlung
von Alg II in zeitlichem Zusammenhang mit dem Ende des letzten Bewilligungszeitraums hinzuweisen. Anders als vom LSG zugrunde
gelegt, erschöpft sich die Beratungspflicht des Beklagten im konkreten Fall nicht in einer Bitte, bei Fortbestehen der Hilfebedürftigkeit
rechtzeitig einen Antrag auf Weiterzahlung zu stellen. Aus dem Sozialrechtsverhältnis zwischen dem Grundsicherungsträger und
dem Hilfebedürftigen folgt vielmehr die Verpflichtung - wie sie auch in den Fachlichen Hinweisen der BA unter Ziffer 37.11a
ihren Niederschlag gefunden hat -, den Leistungsempfänger von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts vor dem Ende des
letzten Bewilligungszeitraums darauf aufmerksam zu machen, dass eine Fortzahlung der Leistungen von einer Antragstellung abhängig
ist und erst der Antrag die Leistungsgewährung auslöst, wenn das Antragserfordernis für den Leistungsempfänger nicht offensichtlich
sein muss. So liegt der Fall hier.
Rechtsgrundlage für die Beratungspflicht in Form einer Hinweispflicht sind §§ 14, 15 SGB II. Eine umfassende Beratungspflicht
des Sozialversicherungsträgers bzw des Sozialleistungsträgers besteht zunächst regelmäßig bei einem entsprechenden Beratungs-
und Auskunftsbegehren des Leistungsberechtigten (vgl BSG Urteil vom 17.8.2000 - B 13 RJ 87/98 R; BSG Urteil vom 14.11.2002 - B 13 RJ 39/01 R, SozR 3-2600 § 115 Nr 9). Ausnahmsweise besteht nach ständiger Rechtsprechung des BSG auch dann eine Hinweis- und Beratungspflicht
des Leistungsträgers, wenn anlässlich einer konkreten Sachbearbeitung in einem Sozialrechtsverhältnis dem jeweiligen Mitarbeiter
eine naheliegende Gestaltungsmöglichkeit ersichtlich ist, die ein verständiger Versicherter/Leistungsberechtigter wahrnehmen
würde, wenn sie ihm bekannt wäre (BSG Urteil vom 8.2.2007 - B 7a AL 22/06 R; stRspr des BSG; vgl BSG Urteil vom 27.7.2004
- B 7 SF 1/03 R, SozR 4-1200 § 14 Nr 5 mit Anm Münder, SGb 2005, 239; BSG Urteil vom 10.12.2003 - B 9 VJ 2/02 R, BSGE 92, 34 = SozR 4-3100 § 60 Nr 1; BSG Urteil vom 14.11.2002 - B 13 RJ 39/01 R, SozR 3-2600 § 115 Nr 9 mit Anm Köhler, SGb 2003, 407; BSG Urteil vom 5.4.2000 - B 5 RJ 50/98 R, SozR 3-1200 § 14 Nr 29 mit Anm Hase, SGb 2001, 593; BSG Urteil vom 5.8.1999 - B 7 AL 38/98 R, SozR 3-4100 § 110 Nr 2; BSG Urteil vom 26.10.1994 - 11 RAr 5/94, SozR 3-1200 § 14 Nr 16; BSG Urteil vom 6.5.1992 - 12 RK 45/91, SozR 3-1200 § 14 Nr 6 S 13; BSG Urteil vom 22.10.1998 - B 5 RJ 56/97 R - SGb 1999, 26). Dabei ist die Frage, ob eine Gestaltungsmöglichkeit klar zu Tage liegt, allein nach objektiven Merkmalen zu beurteilen
(BSG Urteil vom 26.10.1994 - 11 RAr 5/94, SozR 3-1200 § 14 Nr 16). Eine derartige Situation liegt hier vor.
Es ist - auch im zeitlich befristeten Leistungsbezug - von einem bestehenden Sozialrechtsverhältnis auszugehen. Zum Leistungsrecht
der BA nach dem
SGB III hat der 7. Senat des BSG entschieden, dass ein solches Sozialrechtsverhältnis bereits durch die Arbeitslosmeldung bzw die
Antragstellung bei der BA entsteht (BSG Urteil vom 8.2.2007 - B 7a AL 22/06 R, BSGE 98, 108 = SozR 4-4300 § 324 Nr 3; BSG Urteil vom 26.10.1976 - 12/7 RAr 78/74, SozR 4100 § 44 Nr 9 S 28; BSG Urteil vom 1.4.2004 - B 7 AL 52/03 R, BSGE 92, 267, 269 = SozR 4-4300 § 137 Nr 1). Selbst wenn, wie in der Entscheidung des Senats vom selben Tag (Az: B 4 AS 99/10 R) dargelegt, der Arbeitslosmeldung bzw den Anträgen im Bereich von
SGB III und SGB II unterschiedliche rechtliche Bedeutung zukommt, so ist eine derartige Beratungspflicht jedoch einerseits bereits
der gesetzlichen Konzeption des SGB II, insbesondere dem Grundsatz des Forderns und Förderns und der Ableitung des Existenzsicherungsanspruchs
aus Art
1 Abs
1 iVm Art
20 Abs
1 GG (vgl BSG Urteil vom 31.10.2007 - B 14/11b AS 63/06 R, SozR 4-1200 § 14 Nr 10; BSG Urteil vom 27.7.2004 - B 7 SF 1/03 R, SozR 4-1200 § 14 Nr 5) und andererseits der konkreten Situation im vorliegenden Fall geschuldet. Der Beklagte hat im Bescheid
vom 23.5.2005 für den Zeitraum nach dem 31.12.2005 um eine rechtzeitige Beantragung von Leistungen für den Fall des Fortbestehens
von Hilfebedürftigkeit "gebeten". Darauf, dass im Falle des Fortbestehens der Hilfebedürftigkeit über den Bewilligungszeitraum
hinaus Leistungen nur auf einen Fortzahlungsantrag hin und erst ab dem Zeitpunkt des Eingangs des Antrags beim Grundsicherungsträger
zu gewähren sind, hat er den Kläger nicht hingewiesen. Dieses wäre jedoch erforderlich gewesen, weil er die Leistungen für
den Bewilligungszeitraum beginnend am 1.7.2005 ohne einen Fortzahlungsantrag gewährt hatte. Der Kläger konnte mithin nicht
ohne Weiteres davon ausgehen, dass der Fortzahlungsantrag konstitutive Wirkung hat. Durch sein Verhalten hat der Beklagte
vielmehr den gegenteiligen Eindruck vermittelt. Zudem ist, wenn in einem vorhergehenden Bewilligungsabschnitt Leistungen bezogen
worden sind - mit Ausnahme weniger besonders gelagerter Fälle - auch ein Begehren auf Fortzahlung der Leistungen immer als
eine naheliegende Gestaltungsmöglichkeit eines verständigen Leistungsbeziehers in Betracht zu ziehen.
b) Die erforderliche Beratung hat der Beklagte im vorliegenden Fall zwar unterlassen. Für sich genommen steht damit jedoch
noch nicht fest, dass der Kläger deswegen im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs so zu stellen wäre, als habe
er rechtzeitig die Fortzahlung des Alg II beantragt. Denn ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch setzt - wie oben schon
dargelegt - die Kausalität der Pflichtverletzung zum eingetretenen sozialrechtlichen Schaden voraus (vgl zB BSG Urteil vom
23.5.1996 - 13 RJ 17/95, SozR 3-5750 Art 2 § 6 Nr 15 S 52), konkret also, dass der Kläger dann, wenn er den Hinweis - entsprechend den obigen Anforderungen
- erhalten hätte, den Antrag rechtzeitig gestellt hätte (BSG Urteil vom 26.7.2007 - B 13 RJ 4/06 R, SozR 4-2600 § 115 Nr 2). Insoweit trägt der Kläger die negative Feststellungslast (Beweislast). War der Kläger zB auch
ohne einen entsprechenden Hinweis über die Erforderlichkeit einer Antragstellung informiert, könnte dies dagegen sprechen,
dass er auf einen Hinweis den Antrag tatsächlich gestellt hätte. Hierzu hat das LSG ausgeführt, der Kläger habe den Hinweis
auf die Notwendigkeit eines Fortzahlungsantrags im Bescheid vom 23.5.2005 vorwerfbar nicht zur Kenntnis genommen. Eine etwaige
Verletzung der Beratungspflicht sei damit nicht kausal für das weitere Verhalten des Klägers geworden. Dem Kläger hätte es
vielmehr oblegen, sich durch Nachfrage bei dem Beklagten Klarheit über die Rechtslage zu verschaffen. Auch hat der Kläger
der Würdigung des LSG nicht widersprochen, dass er nicht aufgrund der antragslosen Weitergewährung von SGB II-Leistungen über
den 30.6.2005 hinaus habe davon ausgehen können, ein Antrag sei nicht erforderlich. Diese Ausführungen des LSG binden den
Senat jedoch nur im Hinblick auf die vom LSG zugrunde gelegte Tatsachenlage, also die "Bitte" des Beklagten in dem Bescheid
vom 23.5.2005, rechtzeitig einen Fortzahlungsantrag zu stellen. Insoweit lässt das LSG außer Betracht, dass sich die Situation
dann anders darstellen könnte, wenn den Beklagten eine weitergehende Beratungspflicht trifft. Es kann nicht ohne Weiteres
davon ausgegangen werden, dass der Kläger bei zutreffender Erfüllung der Beratungspflicht durch den Beklagten den Antrag nicht
rechtzeitig gestellt hätte. Die Beurteilung, ob das Fehlverhalten des Beklagten kausal für das Verhalten des Klägers war,
ist jedoch Aufgabe der Tatsacheninstanz (BSG Urteil vom 5.9.2006 - B 7a AL 70/05 R, SozR 4-4100 § 106 Nr 1). Zwar hat der
Kläger die erforderliche Antragstellung am 13.2.2006 nachgeholt; dieser Umstand ersetzt indes andererseits nicht die Feststellung,
dass er dies auch schon vor dem Ende des Bewilligungsabschnitts getan hätte, wenn er ordnungsgemäß beraten worden wäre. Sollte
das LSG zu der Erkenntnis kommen, dass der Kläger bei entsprechender Beratung seinen Antrag "rechtzeitig" gestellt hätte,
müssten alle sonstigen Voraussetzungen des Alg II-Anspruchs für die Zeit ab 1.1.2006 geprüft werden. Nur wenn alle Voraussetzungen
vorliegen, wäre der Beklagte zur Alg II-Zahlung zu verurteilen.
Das LSG wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.