Anspruch auf Feststellung weiterer Arbeitsentgelte in Gestalt von Valutazahlungen aufgrund einer Zugehörigkeit zur Altersversorgung
der Intelligenz
Divergenzrüge im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren
Anforderungen für die Bezeichnung einer divergierenden Entscheidung
Gründe:
Mit Urteil vom 27.9.2018 hat das LSG Sachsen-Anhalt einen Anspruch der Klägerin auf Feststellung weiterer Arbeitsentgelte
in Gestalt von Valutazahlungen aufgrund ihrer Zugehörigkeit zur Altersversorgung der Intelligenz in wissenschaftlichen, künstlerischen,
pädagogischen und medizinischen Einrichtungen der DDR für die Zeit vom 21.9.1981 bis 30.6.1983 verneint.
Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil hat die Klägerin Beschwerde beim BSG eingelegt. Sie beruft sich auf eine Divergenz iS von §
160 Abs
2 Nr
2 SGG.
Die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin ist unzulässig, weil sie nicht formgerecht begründet ist.
Die Revision ist nur zuzulassen, wenn
- die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§
160 Abs
2 Nr
1 SGG),
- das Urteil von einer Entscheidung des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG abweicht und auf dieser Abweichung beruht (aaO Nr 2) oder
- ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (aaO Nr 3).
Derartige Gründe werden in der Beschwerdebegründung nicht nach Maßgabe der Erfordernisse des §
160a Abs
2 S 3
SGG dargetan. Die Beschwerde ist daher gemäß §
160a Abs
4 S 1 iVm §
169 SGG zu verwerfen.
Divergenz iS von §
160 Abs
2 Nr
2 SGG liegt vor, wenn die tragenden abstrakten Rechtssätze, die zwei Entscheidungen zu Grunde gelegt worden sind, nicht übereinstimmen.
Sie kommt nur dann in Betracht, wenn das LSG einen tragenden abstrakten Rechtssatz in Abweichung von einem vorhandenen abstrakten
Rechtssatz des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG aufgestellt hat. Eine Abweichung liegt folglich nicht schon dann vor, wenn die Entscheidung des
LSG nicht den Kriterien entspricht, die das BSG aufgestellt hat, sondern erst, wenn das LSG diesen Kriterien widersprochen, also eigene rechtliche Maßstäbe entwickelt hat.
Nicht die Unrichtigkeit der Entscheidung im Einzelfall, sondern die Nichtübereinstimmung im Grundsätzlichen begründet die
Zulassung der Revision wegen Abweichung. Darüber hinaus verlangt der Zulassungsgrund der Divergenz, dass das angefochtene
Urteil auf der Abweichung beruht. Bezogen auf die Darlegungspflicht bedeutet das vorstehend Gesagte, dass die Beschwerdebegründung
erkennen lassen muss, welcher abstrakte Rechtssatz in der höchstrichterlichen Entscheidung enthalten ist und welcher im Urteil
des LSG enthaltene Rechtssatz dazu im Widerspruch steht; ferner muss aufgezeigt werden, dass die angefochtene Entscheidung
auf der geltend gemachten Divergenz beruht und auch das Revisionsgericht die oberstgerichtliche Rechtsprechung in einem künftigen
Revisionsverfahren seiner Entscheidung zu Grunde zu legen haben wird (zum Ganzen vgl BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 72 mwN).
Die Klägerin macht geltend, das LSG habe sich bei der Entscheidung, dass die Valutazahlungen kein Arbeitsentgelt iS von §
6 Abs 1 S 1 AAÜG darstellten, auf den Beschluss des Ministerrats der DDR vom 17.7.1975 über die Neuregelung der Valuta- und Gehaltszahlungen
gestützt. Dies entspreche nicht der ständigen Rechtsprechung des BSG, wonach es gerade nicht auf eine Beurteilung von Einkommensbestandteilen durch den DDR-Gesetzgeber ankomme. Das BSG habe in ständiger Rechtsprechung entschieden, dass die Beurteilung, ob Arbeitsentgelt iS von § 6 Abs 1 S 1 AAÜG vorliege, allein nach §
14 SGB IV unter Beachtung der Ausnahmevorschriften aufgrund von §
17 SGB IV sowie der am 1.8.1991 geltenden steuerrechtlichen Bestimmungen vorzunehmen sei. Das Berufungsgericht lasse in seiner Entscheidung
nicht erkennen, dass es sich mit dem Entgeltbegriff des §
14 SGB IV (wie vom BSG verlangt) auseinandergesetzt habe.
Mit diesem Vorbringen ist eine Divergenz iS §
160 Abs
2 Nr
2 SGG nicht schlüssig aufgezeigt.
Es ist bereits fraglich, ob die Klägerin eine Entscheidung des BSG, von der das LSG angeblich abgewichen ist, hinreichend konkret bezeichnet hat. In der Regel verlangt die ordnungsgemäße Bezeichnung
einer solchen höchstrichterlichen Entscheidung die Angabe ihres Datums und Aktenzeichens oder die Angabe ihrer Fundstelle
(vgl BSG SozR 1500 § 160a Nr 14 S 22 mwN). Derartige Angaben enthält die Beschwerdebegründung nicht. Letztlich kann dies dahinstehen.
Die Klägerin hat jedenfalls keinen tragenden abstrakten Rechtssatz des LSG herausgestellt, mit dem dieses der Rechtsprechung
des BSG widersprochen habe. Mit dem Vorbringen, die angefochtene Entscheidung "entspreche" nicht der Rechtsprechung des BSG bzw lasse nicht erkennen, dass sich das Berufungsgericht mit dem Entgeltbegriff des §
14 SGB IV "auseinandergesetzt" habe, ist eine Divergenz iS §
160 Abs
2 Nr
2 SGG nicht hinreichend aufgezeigt.
Missversteht oder übersieht das Berufungsgericht einen höchstrichterlichen Rechtssatz, dem es zu folgen gewillt ist, und wendet
deshalb das Recht fehlerhaft an, kann daraus nicht geschlossen werden, es habe einen divergierenden Rechtssatz aufgestellt.
Die Bezeichnung einer Abweichung iS von §
160 Abs
2 Nr
2 SGG setzt vielmehr die Darlegung voraus, dass das LSG die höchstrichterliche Rechtsprechung im angefochtenen Urteil in Frage
stellt. Dies ist nicht der Fall, wenn es eine höchstrichterliche Entscheidung in ihrer Tragweite für den entschiedenen Fall
verkannt haben sollte (vgl BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 73 mwN). Hierzu trägt die Beschwerdebegründung nichts vor. Diesbezügliche Ausführungen wären indes für eine schlüssige
Darlegung der behaupteten Divergenz nicht zuletzt deshalb erforderlich gewesen, weil sich die angefochtene Entscheidung bei
der Prüfung, ob die Valutazahlungen Arbeitsentgelt iS des § 6 Abs 1 S 1 AAÜG sind, ausdrücklich auf die Rechtsprechung des BSG zur Bestimmung des Arbeitsentgeltbegriffs im Sinne dieser Norm nach §
14 SGB IV stützt.
Schließlich hat die Klägerin auch nicht schlüssig dargelegt, dass die Berufungsentscheidung auf der angeblichen Divergenz
beruht.
Ist eine Entscheidung kumulativ mehrfach begründet, genügt es nicht, die Divergenz für eine Begründung darzulegen (BSG SozR 1500 § 160a Nr 5 S 6); es muss vielmehr darüber hinaus dargetan werden, dass sich entweder die Abweichung auf alle Begründungen des Urteils
auswirkt (BSG SozR 1500 § 160a Nr 5 S 6), oder dass hinsichtlich der anderen Begründungen andere Zulassungsgründe (grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache
oder Verfahrensmängel) vorliegen (Krasney/Udsching/Groth, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 7. Aufl 2016, Kap IX
RdNr 199). Hieran fehlt es.
Das LSG hat nach der Beschwerdebegründung ausgeführt, dass die begehrte Feststellung selbst dann nicht erfolgen könne, wenn
die streitigen Einkünfte als Arbeitsentgelt zu qualifizieren seien. Eine Anerkennung sei dann allenfalls im Wege einer Schätzung
möglich, die ausweislich des Urteils des BSG vom 15.12.2016 (B 5 RS 4/16 R - Juris) ausgeschlossen sei.
Dass hinsichtlich dieser Begründung - was allein in Betracht kommt - ein anderer Revisionszulassungsgrund iS des §
160 Abs
2 SGG vorliegt, zeigt die Beschwerdebegründung nicht auf. Sie macht lediglich geltend, dass entgegen der Rechtsauffassung des LSG
eine Schätzung nicht erforderlich, sondern vielmehr eine Umrechnung der Valutazahlungen in Mark der DDR anhand der Kurswerte
möglich sei. Mit diesem Vorbringen macht die Klägerin die sachliche Unrichtigkeit der Entscheidung geltend. Die vermeintliche
Unrichtigkeit des angefochtenen Berufungsurteils stellt indes keinen Revisionszulassungsgrund dar.
Von einer weiteren Begründung wird abgesehen (§
160a Abs
4 S 2 Halbs 2
SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des §
193 Abs
1 und 4
SGG.