Gründe
I
In dem der Nichtzulassungsbeschwerde zugrunde liegenden Rechtsstreit streiten die Beteiligten im Wege des Zugunstenverfahrens
um die Beitragspflicht einer Kapitalleistung des Altersversorgungswerks der Zahnärztekammer Niedersachsen in der gesetzlichen
Kranken- (GKV) und sozialen Pflegeversicherung (sPV).
Der 1951 geborene Kläger ist seit 1987 wegen des Bezugs einer Witwerrente bei der Beklagten in der GKV pflichtversichert.
Er war zunächst als angestellter, dann als selbstständiger Zahnarzt Mitglied des Altersversorgungswerks der Zahnärztekammer
Niedersachsens. Auf 1/120tel der von dieser Einrichtung dem Kläger im Januar 2017 ausgezahlten und als Versorgungsbezug gemeldeten
Kapitalleistung von 151.943,82 Euro erhob die Beklagte mit Bescheiden vom 24.2.2017 und 29.3.2017 monatliche Beiträge ab 1.2.2017
für die Dauer von 10 Jahren. Den im April 2017 gestellten Antrag auf Überprüfung dieser Bescheide lehnte die Beklagte ab (Bescheid vom 28.6.2017; Widerspruchsbescheid vom 15.5.2018).
Die dagegen gerichtete Klage und Berufung sind erfolglos geblieben (Urteil des SG Hannover vom 3.7.2020; Urteil des LSG vom 30.8.2021). Zur Begründung hat das LSG darauf hingewiesen, dass es sich bei dem Altersversorgungswerk der Zahnärzte um eine Versorgungseinrichtung
handele und die Kapitalleistung nach §
229 Abs
1 Satz 1 Nr
3, Satz 2
SGB V beitragspflichtig sei. Eine gegen das verfassungsrechtliche Gleichbehandlungsgebot verstoßende Doppelverbeitragung liege
nicht vor. Eine Übertragung der Rechtsprechung des BVerfG zur nur in Sonderfällen anzunehmenden Verfassungswidrigkeit der
Verbeitragung von Leistungen aus Direktversicherungen (BVerfG Kammerbeschluss vom 28.9.2010 - 1 BvR 1660/08 - SozR 4-2500 § 229 Nr 11) und Pensionskassen (BVerfG Kammerbeschluss vom 27.6.2018 - 1 BvR 100/15 ua - NJW 2018, 3169) sei nicht angezeigt. Der Kläger sei durchgehend als Zahnarzt tätig gewesen und habe als solcher Beiträge gezahlt. Der berufliche
Bezug sei nicht gelöst worden.
Gegen die Nichtzulassung der Revision wendet sich der Kläger mit seiner Beschwerde.
II
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in der angefochtenen Entscheidung des LSG ist als unzulässig zu verwerfen
(§
160a Abs
4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm §
169 Satz 2 und
3 SGG). Der Kläger hat den allein geltend gemachten Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§
160 Abs
2 Nr
1 SGG) nicht hinreichend dargelegt.
Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine abstrakt-generelle Rechtsfrage aufwirft, die - über
den Einzelfall hinaus - allgemeine Bedeutung hat und aus Gründen der Rechtseinheit oder der Rechtsfortbildung einer Klärung
durch das Revisionsgericht bedarf und fähig ist. Mit der Beschwerdebegründung ist daher zunächst aufzuzeigen, welche rechtliche
Frage sich zu einer bestimmten Norm des Bundesrechts iS §
162 SGG stellt. Sodann ist anhand des anwendbaren Rechts sowie unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung und
des Schrifttums darzutun, weshalb deren Klärung über den zu entscheidenden Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit
oder Rechtsfortbildung im allgemeinen Interesse erforderlich (Klärungsbedürftigkeit) und im angestrebten Revisionsverfahren
zu erwarten (Klärungsfähigkeit) ist (stRspr; vgl nur BSG Beschluss vom 17.4.2012 - B 13 R 347/11 B - SozR 4-2600 § 72 Nr 5 RdNr 17; BSG Beschluss vom 28.1.2019 - B 12 KR 94/18 B - juris RdNr 6 mwN). Schließlich ist aufzuzeigen, dass der angestrebten Entscheidung eine über den Einzelfall hinausgehende Breitenwirkung zukommt
(BSG Beschluss vom 17.4.2021 - B 13 R 347/11 B - SozR 4-2600 § 72 Nr 5 RdNr 17 mwN).
Der Kläger wirft auf Seiten 2 und 4 seiner Beschwerdebegründung folgende Fragen auf:
"Wird eine von einem Versorgungswerk ausgezahlte Kapitalleistung auch bezüglich des Anteils verbeitragt, welcher auf Zahlungen
des ursprünglich sozialversicherungspflichtig Beschäftigten nach Beendigung des sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses
von diesem allein und zwar auch bezüglich des ursprünglich von dem Arbeitgeber gezahlten Anteils beruht?" und
"Besteht bei dem Erwirtschaften einer Kapitalleistung ein die Rechtsfrage der Verbeitragung betreffender, entscheidungserheblicher
Sachverhaltsunterschied dergestalt, dass bei einer Kapitalleistung, welche erwirtschaftet ist durch Beiträge des Bezugsberechtigten
an eine Pensionskasse, eine Verbeitragung durch die Krankenkasse nicht erfolgt, wohingegen bei einer Kapitalleistung, welche
erwirtschaftet ist durch Beiträge des Bezugsberechtigten an ein Versorgungswerk, eine Verbeitragung erfolgt?"
Es kann dahingestellt bleiben, ob der Kläger mit der zweiten Frage nach einem entscheidungserheblichen Sachverhaltsunterschied
überhaupt eine konkret formulierte Rechtsfrage zur Auslegung, zum Anwendungsbereich oder zur Vereinbarkeit einer konkreten
revisiblen Norm des Bundesrechts mit höherrangigem Recht (vgl BSG Beschluss vom 23.12.2015 - B 12 KR 51/15 B - juris RdNr 11 mwN) formuliert und nicht vielmehr eine Tatsachenfrage, also eine solche der Subsumtion seines individuellen Falls unter die Voraussetzungen
der einschlägigen Norm, gestellt hat. Die Bezeichnung einer hinreichend bestimmten, aus sich heraus verständlichen Rechtsfrage
ist unverzichtbar, damit das Beschwerdegericht an ihr die weiteren Voraussetzungen der Grundsatzrüge prüfen kann (BSG Beschluss vom 10.9.2014 - B 10 ÜG 3/14 B - juris RdNr 11 mwN).
Selbst wenn aufgrund der geltend gemachten Verfassungswidrigkeit der Erhebung von Beiträgen auf eine Kapitalleistung des Altersversorgungswerks
der Zahnärzte eine Rechtsfrage zur Vereinbarkeit von Bundesrecht mit höherrangigem Recht unterstellt wird, ist deren notwendige
Klärungsbedürftigkeit nicht hinreichend dargetan.
Im Rahmen der Klärungsbedürftigkeit ist in der Beschwerdebegründung darzulegen, inwieweit sich weder aus den gesetzlichen
Bestimmungen noch aus der Rechtsprechung des BVerfG und des BSG hinreichende Anhaltspunkte zur Beantwortung der aufgeworfenen Rechtsfrage ergeben. Auch wenn eine Rechtsfrage noch nicht
ausdrücklich höchstrichterlich entschieden worden ist, so ist sie als geklärt anzusehen, wenn schon eine oder mehrere höchstrichterliche
Entscheidungen ergangen sind, die ausreichende Anhaltspunkte auch zur Beurteilung der von der Beschwerde als grundsätzlich
herausgestellten Rechtsfrage geben (vgl BSG Beschluss vom 21.1.1993 - 13 BJ 207/92 - SozR 3-1500 § 160 Nr 8 S 17 sowie BSG Beschluss vom 31.3.1993 - 13 BJ 215/92 - SozR 3-1500 § 146 Nr 2 S 6).
Für die Darlegung der Klärungsbedürftigkeit einer verfassungsrechtlichen Frage gilt, dass sich die Begründung nicht auf eine
bloße Berufung von Normen des
GG beschränken darf, sondern unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BVerfG und des BSG ausführen muss, woraus sich im konkreten Fall die Verfassungswidrigkeit ergibt. Dazu müssen der Bedeutungsgehalt der in Frage
stehenden einfachgesetzlichen Normen aufgezeigt, die Sachgründe ihrer jeweiligen Ausgestaltung erörtert und die Verfassungsverletzung
dargelegt werden (BSG Beschluss vom 14.3.2019 - B 12 KR 95/18 B - juris RdNr 5 mwN). Die Beschwerdebegründung darf sich im Fall einer aufgeworfenen verfassungsrechtlichen Frage nicht darauf beschränken, die
Verfassungswidrigkeit zu behaupten und die als verletzt angesehene Norm des
Grundgesetzes zu benennen (BSG Beschluss vom 30.4.2015 - B 10 EG 17/14 B - juris RdNr 5 mwN).
Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung nicht. Das Vorbringen des Klägers erschöpft sich im Wesentlichen in dem
Hinweis auf zwei Entscheidungen des BVerfG zur Verfassungsmäßigkeit der Beitragserhebung auf Leistungen aus Direktversicherungen
(BVerfG Kammerbeschluss vom 28.9.2010 - 1 BvR 1660/08 - SozR 4-2500 § 229 Nr 11) und Pensionskassen (BVerfG Kammerbeschluss vom 27.6.2018 - 1 BvR 100/15 ua - SozR 4-2500 § 229 Nr 27) sowie der Behauptung, das BVerfG habe noch nicht über Kapitalleistungen von Altersversorgungswerken entschieden und in den
vom LSG herangezogenen Urteilen des BSG sei nicht über die Beitragspflicht von Versorgungsbezügen aus vom selbstständig Versicherten selbst finanzierten Beiträgen
entschieden worden. Der Kläger setzt sich weder mit dem Inhalt des Gleichbehandlungsgrundsatzes und seiner Ausprägung durch
das BVerfG, insbesondere in den beiden von ihm selbst zitierten Entscheidungen, auseinander. Noch hinterfragt er die Sachgründe
für die unterschiedliche Behandlung von Leistungen aus Direktversicherungen und Pensionskassen in §
229 Abs
1 Satz 1 Nr
5 SGB V auf der einen und Versorgungswerken in §
229 Abs
1 Satz 1 Nr
3 SGB V auf der anderen Seite. Er untersucht nicht die in den zitierten Entscheidungen des BVerfG konkretisierten Voraussetzungen
einer verfassungswidrigen Ungleichbehandlung, insbesondere unter dem Gesichtspunkt der Lösung des beruflichen Bezugs. Das
wäre aber schon deshalb angezeigt gewesen, weil das LSG gerade unter Bezugnahme auf diese beiden Beschlüsse des BVerfG wegen
der fehlenden Lösung des beruflichen Bezugs eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung verneint hat.
Im Übrigen fehlt es an einer hinreichenden Auseinandersetzung mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung, auf die in der Berufungsentscheidung
zT ausdrücklich Bezug genommen wird (zB BSG Urteil vom 10.10.2017 - B 12 KR 2/16 R - SozR 4-2500 § 229 Nr 22; BSG Urteil vom 26.2.2019 - B 12 KR 13/18 R - SozR 4-2500 § 229 Nr 25; BSG Urteil vom 8.10.2019 - B 12 KR 2/19 R - SozR 4-2500 § 229 Nr 28 RdNr 19 mwN; BSG Urteil vom 31.3.2017 - B 12 R 6/14 R - SozR 4-2500 § 255 Nr 2). Die bloße Behauptung, die genannten, gerade selbstständig tätige Versicherte betreffenden Urteile seien nur zur Frage der
Verfassungswidrigkeit der Doppelverbeitragung ergangen, genügt schon deshalb nicht, weil das LSG unter Angabe der konkreten
Randnummern in den genannten Entscheidungen den fehlenden Grundsatz sozialversicherungsrechtlicher Beitragsfreiheit selbst
finanzierter Beiträge zitiert hat.
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab, weil sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung
beizutragen (§
160a Abs
4 Satz 2 Halbsatz 2
SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des §
193 SGG.