Sozialversicherungsbeitragspflicht für eine Tätigkeit als Kraftfahrer
Grundsatzrüge im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren
Gründe
I
In dem der Nichtzulassungsbeschwerde zugrunde liegenden Rechtsstreit streiten die Beteiligten darüber, ob der Beigeladene
zu 1. in der Zeit vom 5.3.2012 bis 3.8.2012 sowie vom 3.9.2012 bis 28.9.2012 aufgrund seiner Tätigkeit als Kraftfahrer bei
der Klägerin in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis stand, das die Versicherungspflicht in allen Zweigen der Sozialversicherung
begründete, und die Klägerin deshalb Sozialversicherungs- und Umlagebeiträge in Höhe von 5448,51 Euro zu zahlen hat (Bescheid vom 9.12.2014, Widerspruchsbescheid vom 25.2.2016). Das SG Chemnitz hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 15.11.2016). Das Sächsische LSG hat die Berufung zurückgewiesen. Unabhängig davon, dass der Beigeladene zu 1. zu den nicht festangestellten
Aushilfen der Klägerin gezählt habe, habe ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis vorgelegen. Für die Einordnung seien objektive
Merkmale und deren Gewichtung in der Gesamtwürdigung und nicht der Wille der Vertragspartner maßgebend (Urteil vom 26.4.2019). Gegen die Nichtzulassung der Revision wendet sich die Klägerin mit ihrer Beschwerde.
II
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in der angefochtenen Entscheidung des LSG ist als unzulässig zu verwerfen
(§
160a Abs
4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm §
169 Satz 2 und
3 SGG). Die Klägerin hat entgegen §
160a Abs
2 Satz 3
SGG den allein geltend gemachten Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§
160 Abs
2 Nr
1 SGG) nicht hinreichend dargelegt.
Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine abstrakt-generelle Rechtsfrage aufwirft, die - über
den Einzelfall hinaus - allgemeine Bedeutung hat und aus Gründen der Rechtseinheit oder der Rechtsfortbildung einer Klärung
durch das Revisionsgericht bedarf (Klärungsbedürftigkeit) und fähig (Klärungsfähigkeit) ist. Mit der Beschwerdebegründung
ist daher aufzuzeigen, welche rechtliche Frage sich zu einer bestimmten Norm des Bundesrechts iS des §
162 SGG stellt. Hierzu ist anhand des anwendbaren Rechts sowie unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung und
des Schrifttums auszuführen, weshalb eine Klärung erforderlich und im angestrebten Revisionsverfahren zu erwarten ist. Schließlich
ist darzulegen, dass der angestrebten Entscheidung eine über den Einzelfall hinausgehende Breitenwirkung zukommt (vgl BSG Beschluss vom 17.4.2012 - B 13 R 347/11 B - SozR 4-2600 § 72 Nr 5 RdNr 17 mwN). Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung nicht.
Die Klägerin hält die folgenden Fragen für grundsätzlich bedeutsam:
"Kann eine abhängige Beschäftigung auch dann angenommen werden, wenn der vermeintlich abhängige Beschäftigte sich selbst aufgrund
seiner Lebensplanung entscheidet, eine abhängige Beschäftigung aufzugeben, um sich selbständig zu machen. Kann mithin der
Arbeitnehmer gezwungen werden, eine sozialversicherungsrechtliche Beschäftigung anzunehmen, obwohl er dies gar nicht will
oder greift diese rein auf objektiven Kriterien beruhende Beurteilung der Frage, ob jemand Arbeitnehmer oder selbständig ist,
zu sehr in die grundrechtlich geschützte Vertragsautonomie der Parteien ein?"
Die Klägerin hat damit bereits keine Rechtsfrage zur Auslegung und zum Anwendungsbereich einer konkreten revisiblen Norm des
Bundesrechts formuliert. Selbst wenn eine hinreichende Anknüpfung an §
7 SGB IV unterstellt würde, fehlt es jedenfalls an einer Darlegung der Klärungsbedürftigkeit dieser Fragen. Eine Rechtsfrage ist dann
als höchstrichterlich geklärt und damit als nicht (mehr) klärungsbedürftig anzusehen, wenn diese bereits beantwortet ist.
Ist sie noch nicht ausdrücklich entschieden, genügt es, dass schon eine oder mehrere höchstrichterliche Entscheidungen ergangen
sind, die ausreichende Anhaltspunkte zur Beantwortung der vom Beschwerdeführer als grundsätzlich herausgestellten Rechtsfrage
geben (vgl BSG Beschluss vom 30.8.2016 - B 2 U 40/16 B - SozR 4-1500 § 183 Nr 12 RdNr 7 mwN; s auch Beschluss vom 28.11.2018 - B 12 R 34/18 B - juris RdNr 6). Die Beschwerdebegründung lässt aber eine substantiierte Auseinandersetzung mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung zur
Einordnung einer Tätigkeit als abhängige Beschäftigung vermissen; insbesondere setzt sie sich nicht hinreichend mit der Maßgeblichkeit
des Gesamtbilds der Arbeitsleistung und der fehlenden Verfügbarkeit sozialversicherungsrechtlicher Normen nach dem Willen
der Vertragsparteien auseinander (vgl BSG Urteil vom 29.1.1981 - 12 RK 63/79 - BSGE 51, 164, 167 f = SozR 2400 § 2 Nr 16 S 19 f; BSG Urteil vom 25.1.2001 - B 12 KR 17/00 R - juris RdNr 26; BSG Urteil vom 18.12.2001 - B 12 KR 8/01 R - SozR 3-2400 § 7 Nr 19 S 73; zur Verfassungsmäßigkeit der Abgrenzung zwischen abhängiger Beschäftigung und selbstständiger
Tätigkeit nach dem Gesamtbild vgl BVerfG Kammerbeschluss vom 20.5.1996 - 1 BvR 21/96 - SozR 3-2400 § 7 Nr 11).
Dass trotz dieser höchstrichterlichen Rechtsprechung noch oder wieder Klärungsbedarf bestehe, hat die Klägerin nicht hinreichend
dargelegt. Hierfür reicht es nicht aus, eine Verletzung der Vertragsautonomie in "Konstellation wie diesen" in den Raum zu
stellen. Die Klägerin zeigt weder auf, dass der höchstrichterlichen Rechtsprechung mit gewichtigen Argumenten in Literatur
und Rechtsprechung substantiell widersprochen worden wäre, noch wirft sie mit ihren Hinweisen auf die Rechtsunsicherheit und
die Vertragsautonomie völlig neue, nicht erwogene Gesichtspunkte auf, die eine andere Beurteilung nahelegen könnten (vgl zu diesem Darlegungserfordernis BSG Beschluss vom 23.6.2010 - B 12 KR 14/10 B - juris RdNr 11 mwN). Wer einen Verfassungsverstoß geltend macht, darf sich im Übrigen nicht auf die bloße Benennung angeblich verletzter Rechtsgrundsätze
beschränken. Hierzu müssen der Bedeutungsgehalt der in Frage stehenden einfach gesetzlichen Normen aufgezeigt, die Sachgründe
der jeweiligen Ausgestaltung erörtert und die Verletzung der konkreten Regelung des
Grundgesetzes im Einzelnen dargelegt werden (vgl BSG Beschluss vom 8.9.2016 - B 9 V 13/16 B - juris RdNr 7 mwN). Auch an einer solchen Auseinandersetzung mangelt es.
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab, weil sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung
beizutragen (§
160a Abs
4 Satz 2 Halbsatz 2
SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf §
197a Abs
1 Satz 1 Teilsatz 3
SGG iVm §
154 Abs
2, §
162 Abs
3 VwGO.
Die Festsetzung des Streitwerts für das Beschwerdeverfahren hat ihre Grundlage in §
197a Abs
1 Satz 1 Teilsatz 1
SGG iVm §
63 Abs
2 Satz 1, § 52 Abs 1 und Abs 3, § 47 Abs 1 und 3 GKG und entspricht der von den Beteiligten nicht beanstandeten Festsetzung durch das LSG.