Ausstellung einer Bescheinigung für eine Befreiung von der Rundfunkbeitragspflicht
Wert des Beschwerdegegenstands
Verfahrensrüge im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren
Gründe
I
Der Kläger begehrt von der Beklagten die Ausstellung einer Bescheinigung für die Befreiung von der Rundfunkbeitragspflicht.
Der Kläger und seine Ehefrau beziehen jeweils eine Rente von der Deutschen Rentenversicherung (DRV) Westfalen. Einen ergänzenden
Anspruch auf Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Vierten Kapitel des Zwölften Buchs Sozialgesetzbuch
- Sozialhilfe - (SGB XII) lehnte die Beklagte ab. Den weiteren Antrag des Klägers, von der Beklagten eine Befreiungsbescheinigung wegen der Rundfunkbeiträge
zu erhalten, lehnte diese ebenfalls ab, weil das gemeinsame Einkommen die Bedarfe um mehr als den monatlichen Rundfunkbeitrag
(17,50 Euro) übersteige (Schreiben vom 11.12.2019; Widerspruchsbescheid des Kreises Paderborn vom 6.5.2020). Das Sozialgericht (SG) Detmold hat die Klage hiergegen abgewiesen (Gerichtsbescheid vom 16.7.2020). Der Kläger hat mündliche Verhandlung beim SG beantragt und Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Berufung im Gerichtsbescheid sowie Berufung eingelegt(Schriftsatz vom 7.8.2020). Die Nichtzulassungsbeschwerde hat das Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen zurückgewiesen(Beschluss vom 28.8.2020) und den Kläger darauf hingewiesen, dass der Wert des Beschwerdegegenstands 750 Euro nicht übersteige. Es hat die Berufung
als unzulässig verworfen (Beschluss vom 28.9.2020)und zur Begründung ausgeführt, die im Ergebnis des Verfahrens erstrebte Befreiung von der Beitragspflicht in Härtefällen werde
für jeweils ein Jahr erteilt und habe einen Wert von 210 Euro. Der Wert des Beschwerdegegenstands übersteige 750 Euro nicht
und die Klage betreffe keine laufende Leistungen für mehr als ein Jahr.
Hiergegen hat der Kläger sinngemäß Beschwerde eingelegt sowie die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) und die Beiordnung
eines Rechtsanwalts beantragt.
II
Der Antrag auf Bewilligung von PKH ist nicht begründet. PKH ist nur zu bewilligen, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung
hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint (§
73a Abs
1 Satz 1
Sozialgerichtsgesetz <SGG> iVm §
114 Zivilprozessordnung <ZPO>); daran fehlt es hier. Hinreichende Aussicht auf Erfolg wäre nur zu bejahen, wenn einer der drei in §
160 Abs
2 SGG abschließend aufgeführten Zulassungsgründe durch einen zugelassenen Prozessbevollmächtigten (§
73 Abs
4 SGG) mit Erfolg geltend gemacht werden könnte; denn nur diese Gründe können zur Zulassung der Revision führen. Dies ist vorliegend
nicht der Fall.
Der Rechtssache kommt nach Aktenlage keine grundsätzliche Bedeutung zu (§
160 Abs
2 Nr
1 SGG). Über die vom Kläger aufgeworfene Frage, ob mit den Regelbedarfen, die der Berechnung der Beklagten zugrunde liegen, eine
ausreichende Teilhabe am gesellschaftlichen Leben möglich ist, könnte der Senat im vorliegenden Rechtsstreit schon deshalb
nicht entscheiden, weil die Berufung nicht zulässig ist (dazu sogleich). Anhaltspunkte dafür, dass eine Divergenzrüge (§
160 Abs
2 Nr
2 SGG) Aussicht auf Erfolg versprechen könnte, bestehen ebenso wenig.
Es ist schließlich nicht erkennbar, dass ein Verfahrensmangel (§
160 Abs
2 Nr
3 Halbsatz 1
SGG)mit Aussicht auf Erfolg geltend gemacht werden könnte. Der Kläger trägt zwar sinngemäß vor, es hätte die Berufung nicht als
unzulässig angesehen werden und also kein Prozessurteil ergehen dürfen. Es ist aber nicht ersichtlich, dass die Entscheidung
des LSG, der Wert des Beschwerdegegenstands erreiche 750 Euro nicht, fehlerhaft sein könnte. Nach §
144 Abs
1 Satz 1 Nr
1 SGG bedarf die Berufung der Zulassung in dem Urteil des SG oder auf Beschwerde durch Beschluss des LSG, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst-
oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 Euro nicht übersteigt. Mit der Klage auf Ausstellung
einer Bescheinigung, die gegenüber Dritten zur Durchsetzung von Rechten vorgelegt werden soll, wird eine Dienstleistung im
Sinne dieser Vorschrift begehrt. Bei Dienstleistungen, die seit Änderung des §
144 Abs
1 Satz 1 Nr
1 SGG durch das Gesetz zur Änderung des
Sozialgerichtsgesetzes und des Arbeitsgerichtsgesetzes(vom 26.3.2008 <BGBl I 444>) zum 1.4.2008 ausdrücklich genannt sind, handelt es sich - in Ergänzung zu Geldund Sachleistungen - im Grundsatz um alle Formen
persönlicher Hilfe durch den Sozialleistungsträger(Karl in Zeihe,
SGG, Stand Oktober 2018, §
144 RdNr 8c; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/ Leitherer/Schmidt,
SGG, 13. Aufl 2020, §
144 RdNr 9b). Unerheblich ist für die Bestimmung des Werts des Beschwerdegegenstands die Frage, ob eine Dienstleistung (vgl auch § 10 Abs 2 SGB XII) in der beantragten Ausgestaltung vom Gesetz überhaupt vorgesehen ist. Dies erscheint zweifelhaft, weil die Frage nach einer
dem Bezug von Grundsicherungsleistungen vergleichbaren Bedürftigkeit, die zu einer Befreiung wegen besonderer Härte nach §
4 Abs 6 Rundfunkbeitragsstaatsvertrag Nordrhein-Westfalen (<NRW>; hier in der Fassung des 19. Staatsvertrags zur Änderung rundfunkrechtlicher Staatsverträge vom 14.6.2016 <GVBl NRW,
441>) führen kann (zu den Maßstäben zuletzt Bundesverwaltungsgericht <BVerwG> vom 30.10.2019 - 6 C 10/18 - BVerwGE 167, 20, RdNr 29 ff), vom Beitragsservice der jeweiligen Landesrundfunkanstalten eigenständig zu prüfen ist. Der vom Kläger mit der Klage gleichwohl
angestrebte geldwerte Vorteil, nach dem sich die Bestimmung des Werts des Beschwerdegegenstands auch bei Dienstleistungen
richtet, liegt in der Befreiung von der Verpflichtung zur Zahlung von Rundfunkbeiträgen durch den Beitragsservice, die jeweils
für ein Jahr erteilt wird; eine weitergehende eigenständige Bedeutung hat die Bescheinigung (jedenfalls) nicht. Der Wert der
Dienstleistung beträgt (bei einem monatlichen Beitrag von 17,50 Euro) also 210 Euro.
Eine Zulassungsentscheidung, die die Berufung damit allein eröffnen könnte, liegt nicht vor; die Nichtzulassungsbeschwerde
hat das LSG bindend zurückgewiesen. Da mit dem weiteren Antrag des Klägers bereits feststeht, dass eine mündliche Verhandlung
vor dem SG stattfinden wird (vgl §
105 Abs
2 Satz 2
SGG), ist es schließlich nicht als verfahrensfehlerhaft anzusehen, dass das LSG die Berufung durch Beschluss verworfen hat (vgl §
158 Satz 2
SGG), ohne dass in der Sache bisher eine mündliche Verhandlung stattgefunden hat(dazu Bundessozialgericht <BSG> vom 12.7.2012 - B 14 AS 31/12 B - SozR 4-1500 § 105 Nr 3 RdNr 9).
Mit der Ablehnung der PKH entfällt zugleich die Beiordnung eines Rechtsanwalts im Rahmen der PKH (§
73a Abs
1 Satz 1
SGG iVm §
121 Abs
1 ZPO).
Die vom Kläger ohne zugelassenen Prozessbevollmächtigten eingelegte Beschwerde entspricht nicht den zwingenden gesetzlichen
Vorschriften. Der Kläger muss sich vor dem BSG gemäß §
73 Abs
4 SGG durch einen zugelassenen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Er kann eine Prozesshandlung rechtswirksam nicht vornehmen,
folglich auch nicht selbst Beschwerde einlegen. Schon die Beschwerdeschrift muss von einem nach §
73 Abs
4 Satz 2
SGG zugelassenen Prozessbevollmächtigten unterzeichnet sein. Die nicht formgerecht eingelegte Beschwerde ist schon deshalb nach
§
160a Abs
4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm §
169 Satz 3
SGG ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter als unzulässig zu verwerfen.
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des §
193 Abs
1 SGG.