Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte berechtigt ist, von einem freigestellten Darlehensnehmer während der Zeit
der Freistellung Zinsen gemäß §
18 Abs.
2 Satz 2
BAföG i.V.m. §
8 Abs.
1 DarlehensV wegen Nichtzahlung rückständiger Raten zu verlangen.
Der zur Rückzahlung seines Ausbildungsförderungsdarlehens in Vierteljahresraten von 600 DM ab Oktober 1993 verpflichtete Kläger
erhielt von Beginn an teilweise Freistellungen von der Rückzahlungspflicht. Mit Bescheid vom 17. November 1994 stundete das
Bundesverwaltungsamt dem Kläger die bis September 1994 aufgelaufenen Raten in Höhe von insgesamt 1.314 DM verzinslich bis
zum 30. September 1995. Mit Bescheid vom 7. Juni 1995 stellte das Amt den Kläger für den Zeitraum von Juni 1995 bis Mai 1996
vollständig von der Rückzahlungsverpflichtung nach §
18 a
BAföG frei.
Mit Bescheid vom 6. November 1995 erinnerte das Bundesverwaltungsamt den Kläger daran, daß die eingeräumte Stundung abgelaufen
sei, setzte Stundungszinsen in Höhe von 104,17 DM fest und forderte den gestundeten Betrag plus Zinsen in Höhe von 1.387,17
DM bis zum 31. Dezember 1995. Gleichzeitig bat das Amt den Kläger, umgehend einen erneuten Antrag zu stellen, wenn die Voraussetzungen
für eine Stundung weiterhin vorlägen. Bereits unter dem 23. Oktober 1995 war der Kläger von der Bundeskasse D. mit Mahngebühr
von 4 DM wegen der zum 30. September 1995 fällig gewordenen gestundeten Raten in Höhe von 1.314 DM gemahnt worden. Dem widersprach
der Kläger am 1. November 1995 unter Hinweis auf den Freistellungsbescheid vom 7. Juni 1995. Am 17. November 1995 legte er
sowohl gegen die Zinsfestsetzung als auch gegen die Mahnung Widerspruch ein und wies die Notwendigkeit, den gestundeten Betrag
zu zahlen oder einen neuen Stundungsantrag zu stellen, unter Hinweis auf den Freistellungsbescheid zurück.
Den Widerspruch gegen die Mahnung wies das Bundesverwaltungsamt mit Widerspruchsbescheid vom 13. November 1995 allein unter
Hinweis auf den Ablauf der gewährten Stundung zurück; auf die Anfrage des Klägers, warum während einer Freistellung Darlehensbeträge
fällig werden könnten, wurde nicht eingegangen. Das rügte der Kläger mit Schreiben vom 30. November 1995 und bat nochmals,
ihm zu erläutern, wodurch der Bescheid vom 7. Juni 1995, der ihn bis zum 31. Mai 1996 von der Rückzahlungsverpflichtung freistelle,
außer Kraft gesetzt worden sei. Am 1. Dezember 1995 erhob er gleichzeitig Dienstaufsichtsbeschwerde und Klage. Der Präsident
des Bundesverwaltungsamts teilte dem Kläger in seinem Antwortschreiben vom 3. Januar 1996 mit, daß eine Freistellung nach
§
18 a
BAföG lediglich Auswirkungen auf die im genannten Zeitraum fällig werdenden Raten habe, bereits fällig gewordene Raten nicht erfasse,
vielmehr für diese nur eine Stundung in Betracht komme und ohne eine erneute Stundung gestundete Beträge unabhängig von der
bestehenden Freistellung fällig würden. Daraufhin stellte der Kläger unter Aufrechterhaltung seines abweichenden Rechtsstandpunkts
am 15. Januar 1996 erneut einen Stundungsantrag.
Mit Bescheid vom 25. Januar 1996 berechnete das Bundesverwaltungsamt Rückstandszinsen nach §
18 Abs.
2
BAföG i.V.m. §
8 DarlehensV in Höhe von 6% der Darlehensrestschuld (38.819 DM) für die Zeit vom 1. Oktober 1995 bis zum 15. Januar 1996 (=
696,83 DM) und stundete mit Bescheid vom gleichen Tage den aufgelaufenen Betrag von 2.084 DM (1.283 rückständige Raten, 104,17
DM Stundungszinsen und 696,83 DM Rückstandszinsen) bis zum 31. Dezember 1996 zinslos. Der Widerspruch gegen den Rückstandszinsbescheid
wurde durch Bescheid vom 26. Februar 1996 zurückgewiesen.
Die Klage gegen Mahn-, Stundungszins- und Rückstandszinsbescheid hatte im ersten Rechtszug keinen Erfolg. Der Kläger hat seine
Klage gegen den Rückstandszinsbescheid und den dazugehörigen Widerspruchsbescheid - nach Zulassung der Berufung insoweit -
weiterverfolgt. Das Oberverwaltungsgericht hat den angefochtenen Bescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheids unter teilweiser
Abänderung des erstinstanzlichen Urteils aufgehoben, und zwar im wesentlichen aus folgenden Gründen:
Die Voraussetzungen des als Rechtsgrundlage für den Rückstandszinsbescheid in Betracht kommenden §
18 Abs.
2 Satz 2
BAföG i.V.m. §
8 Abs.
1 DarlehensV hätten in dem streitgegenständlichen Zeitraum nicht vorgelegen. Denn der Kläger sei während dieser Zeit von der
Rückzahlung des Darlehens nach §
18 a
BAföG in vollem Umfang freigestellt gewesen. Nach Sinn und Zweck des §
18 Abs.
2 Satz 2
BAföG, als verschuldensunabhängige Sanktionsnorm die rechtzeitige Rückzahlung fälliger Raten zu erzwingen, und seinen systematischen
Bezügen zu §
18 a
BAföG sei sein zu weit geratener Tatbestand teleologisch zu reduzieren. Denn der Sinn des Gesetzes, den säumigen Darlehensnehmer
zur Einhaltung seiner laufenden Rückzahlungsverpflichtungen anzuhalten, entfalle eindeutig für die Zeit, in der dieser wegen
zu geringen Einkommens von der Rückzahlung freigestellt worden sei.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der Beklagten mit der diese die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils
erstrebt. Sie rügt Verletzung des §
18 Abs.
2 Satz 2
BAföG.
Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil.
II.
Die Revision der Beklagten ist unbegründet. Im Ergebnis zu Recht hat das Oberverwaltungsgericht den Rückstandszinsbescheid
des Bundesverwaltungsamtes vom 25. Januar 1996 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. Februar 1996 aufgehoben. Zwar
verletzt die Ansicht des Berufungsgerichts, Rückstandszinsen nach S 18 Abs.
2 Satz 2
BAföG i.V.m. §
8 Abs.
1 DarlehensV könnten in dem Zeitraum nicht verlangt werden, in dem der Darlehensnehmer gemäß §
18 a
BAföG von der Verpflichtung zur Rückzahlung des Darlehens freigestellt ist, Bundesrecht (§
137 Abs.
1 Nr.
1
VwGO). Das Berufungsurteil erweist sich aber aus anderen Gründen als richtig (§
144 Abs.
4
VwGO).
Die Regelung, ohne Rücksicht auf Verschulden Rückstandszinsen in Höhe von 6% von der Darlehensrestschuld zu erheben, wenn
der Darlehensnehmer den Zahlungstermin um mehr als 45 (früher 30) Tage überschritten hat (§
18 Abs.
2 Satz 2
BAföG i.V.m. §
8 Abs.
1 DarlehensV), bezweckt, den Darlehensnehmer unter einen nachhaltigen, dem Entstehen von Zahlungsrückständen entgegenwirkenden
Rückzahlungsdruck zu setzen, "um jeden Anreiz für eine zögerliche Rückzahlung zu nehmen" (Begründung des Regierungsentwurfs
eines
BAföG, BT-Drucks. VI/1975, S. 29 zu §
18 Abs. 1 und 2 sowie BVerwGE 89, 145, 148, 150). Diese harte, aber in Anbetracht des angestrebten Zwecks verhältnismäßige Sanktion setzt zwar ihrer gesetzlichen
Intention nach grundsätzlich Zahlungsfähigkeit des Darlehensnehmers voraus. Denn gegenüber Schuldnern, denen die erforderlichen
finanziellen Mittel fehlen, um ihre Rückzahlungsverpflichtungen erfüllen zu können, vermag finanzieller Beugezwang nicht zu
wirken.
Zu Unrecht nimmt jedoch das Berufungsgericht an, daß der Beugezweck der Rückstandszinsregelung in der Zeit, in der ein Darlehensnehmer
gemäß §
18 a
BAföG von der Rückzahlung des Darlehens freigestellt ist, nicht erreicht werden könne. Die Freistellungsregelung, auf die der Senat
bereits in seinem Urteil vom 24. Oktober 1991 (BVerwGE 89, 145, 151) bei der Prüfung der Verfassungsmäßigkeit der Rückstandszinsregelung hingewiesen und die er dort als soziale Schutzvorkehrung
zugunsten des Geförderten bezeichnet hatte, zielt darauf ab, die Rückzahlung des Darlehens in zumutbaren Grenzen zu halten:
"Der Darlehensnehmer soll nicht Beschränkungen unterworfen sein, die sozial nicht vertretbar sind" (so die Begründung des
Regierungsentwurfs eines 2.
BAföG-ÄnderungsG, BT-Drucks. 7/2098, S. 20 zu Nr. 15 Buchstabe c sowie BVerwG, Urteil vom 27. September 1995 - BVerwG 11 C 33.94 -, Buchholz 436.36 §
18 a
BAföG Nr. 4 S. 6 = NJW 1996, 945). Der Gesetzgeber hat sie aber nicht als umfassende Inschutznahme der Vermögenssphäre des Darlehensnehmers ausgestaltet,
sondern sie zeitlich und gegenständlich begrenzt. Sie kann deshalb auch nicht als typisierende und pauschalierende Umschreibung
der Zahlungsunfähigkeit des Darlehensnehmers verstanden werden, die einem Rückstandszinsverlangen für Darlehensrückstände
aus der Zeit vor erfolgter Freistellung entgegen gehalten werden könnte. Die Freistellung nach §
18 a
BAföG befreit von der Verpflichtung zur Rückzahlung des Darlehens durch Aufschub des Fälligwerdens der im Freistellungszeitraum
ansonsten zu tilgenden Raten. Sie erfolgt vom Beginn des Antragsmonats in der Regel für ein Jahr, rückwirkend erfolgt sie
für längstens vier Monate vor dem Antragsmonat (§
18 a Abs.
2 Satz 1
BAföG). Sie erfaßt deshalb von vornherein nur die Rückzahlungsraten, die im Freisteillungszeitraum fällig werden. Außerdem regelt
§
18 a
BAföG keine (auch) vermögens-, sondern nur die einkommensabhängige Rückzahlung bzw. Freistellung und schützt folglich nur das Einkommen
des Darlehensnehmers unterhalb der dort genannten Grenzen. Das Vermögen des Darlehensnehmers wird dagegen - anders als während
der Förderung das des Auszubildenden (§
11 Abs.
2 i.V.m. §
29
BAföG) - im Rahmen der Darlehensrückzahlung vom Gesetz weder als einzusetzender noch als in gewissem Umfang zu schützender Gegenstand
in den Blick genommen. Es steht deshalb auch während der Zeiten einer Freistellung grundsätzlich uneingeschränkt als Deckungsmittel
für rückständige Raten aus der Zeit vor der Freistellung zur Verfügung, so daß im Einzelfall die Drohung mit Rückstandszinsen
durchaus einen Ansatzpunkt finden kann, um den säumigen Darlehensnehmer zur Erfüllung seiner Zahlungspflichten, wenn auch
nicht aus seinem Einkommen, so doch aus seinem Vermögen anzuhalten.
Die Ansicht des Berufungsgerichts, der Sinn des Gesetzes, den säumigen Darlehensnehmer zur Einhaltung bereits entstandener
Rückzahlungsverpflichtungen anzuhalten, entfalle eindeutig für die Zeiten einer Freistellung nach §
18 a
BAföG, trifft demnach nicht zu. Daß das Fehlen von Vermögen bei einem geförderten Auszubildenden vom Gesetzgeber in Ausübung seiner
Typisierungsbefugnis als regelhafter Tatbestand unterstellt worden sein könnte, läßt sich schon deshalb nicht annehmen, weil
angesichts der Freibetragsregelung des §
29
BAföG durchaus damit zu rechnen ist, daß ein Geförderter mit einem - wenn auch bescheidenen - Vermögen in die Phase der Darlehensrückzahlung
eintritt. Verstärkt wird diese Erwartung aber entscheidend dadurch, daß nach §
18 Abs.
3 Satz 3
BAföG die erste Rate auf das Darlehen erst fünf Jahre nach dem Ende der Förderungshöchstdauer des zuerst mit Darlehen geförderten
Ausbildungs- oder Studienganges zu leisten ist und deshalb im Regelfall damit gerechnet werden kann, daß bei Beginn der Rückzahlungspflicht
aufgrund der ersten Jahre der Berufstätigkeit auch ein gewisser Vermögensstock vorhanden ist. Lediglich in den eher seltenen
Fällen, in denen der" Ausgebildete bis zum Beginn der Rückzahlungspflicht kein Vermögen hatte erwerben können, könnte die
Belastung mit Rückstandszinsen während der Zeiten einer Freistellung nach §
18 a
BAföG eine unverhältnismäßige Sanktion sein. Aber auch dies rechtfertigt keine teleologische Reduktion der Rückstandszinsregelung.
Denn der Senat hat bereits in seinem schon genannten Urteil in BVerwGE 89, 145, 151 f. darauf hingewiesen, daß dem Bundesverwaltungsamt mit der Möglichkeit der Stundung (§ 7 DarlehensV i.V.m. § 59
BHO) ein Instrument zur Verfügung steht, um insoweit die zur Vermeidung erheblicher/besonderer Härten erforderlichen Maßnahmen
treffen zu können und das Anfallen von Rückstandszinsen zu verhindern. Durch die zwischen Zahlungstermin und Beginn der Rückstandszinspflicht
eingeschobene 45-Tage-Frist (§
18 Abs.
2 Satz 2
BAföG), vor deren Ablauf der Darlehensnehmer nach der Verwaltungspraxis der Beklagten zudem noch üblicherweise rechtzeitig gemahnt
wird (vgl. BVerwGE 89, 145, 152), stellt das Gesetz zudem sicher, daß dem Darlehensschuldner hinreichend Zeit bleibt, um einen Stundungsantrag zu stellen
und dem Bundesverwaltungsamt seine Zahlungsunfähigkeit darzulegen. Wer diese Möglichkeiten nicht nutzt, sondern seine bereits
entstandenen, also nicht freigestellten Rückzahlungsverpflichtungen "schleifen" läßt, kann das Anfallen von Rückstandszinsen
nicht als unverhältnismäßige Sanktion rügen.
Soweit das im Berufungsurteil (S. 12 f.) als Einwand hiergegen gebildete Beispiel belegen soll, daß die Rückstandszinsregelung
während der Zeit einer Freistellung nicht anwendbar sein könne, weil sie ansonsten auch einen Darlehensnehmer träfe, der sich
völlig korrekt verhalten habe, vermag ihm der Senat nicht zu folgen. Zwar sind die Rückzahlungsraten bei vom Bundesverwaltungsamt
geforderter vierteljährlicher Zahlungsweise (§
18 Abs.
4
BAföG) erst am Ende des dritten Monats in einer Summe zu leisten (§
11 Abs. 1 DarlehensV). Die einkommensabhängige Rückzahlung bzw. Freistellung richtet sich aber auch in diesem Fall gemäß §
18 a
BAföG nach dem monatlichen Einkommen des Darlehensnehmers. Auch hier entscheidet sich also die einkommensabhängige Rückzahlung
und damit gegebenenfalls eine Freistellung nicht aus der Gegenüberstellung der aus drei Monatsraten von je 200 DM bestehenden
Vierteljahreszahlung von 600 DM zum Monatseinkommen im dritten Monat oder aus drei Monaten, sondern aus der Gegenüberstellung
der jeweiligen Monatsrate zum jeweiligen Monatseinkommen. Das führt auch in dem genannten Beispiel zu keinem unbilligen Ergebnis.
Das liegt auf der Hand, wenn man der Ansicht ist, die vor dem Antragsmonat liegenden zwei Monate seien ohne Rücksicht auf
die Höhe des tatsächlichen Monatseinkommens rückwirkend in den Freistellungszeitraum mit einzubeziehen, weil das im Antragsmonat
erzielte Einkommen kraft der Regelung des §
18 a Abs.
2 Satz 2
BAföG als monatliches Einkommen für alle Monate des Freistellungszeitraums gelte (so wohl Ramsauer/Stallbaum,
BAföG, 3. Aufl. 1991, §
18 a Rdn. 11). Aber auch wenn der Gesetzgeber den §
18 a Abs.
2 Satz 2
BAföG für Rückwirkungsfälle nicht gedacht haben sollte, wäre kein unbilliges Ergebnis zu erwarten. Denn dann müßte der Beschränkung
des §
18 a Abs.
2 Satz 2
BAföG auf die nach dem Antragsmonat liegenden Monate des Freistellungszeitraums die Erwartung des Gesetzgebers entnommen werden,
daß nur der Darlehensnehmer sich "völlig korrekt" verhält, der sein monatliches, über den Grenzen des §
18 a Abs.
1
BAföG liegendes Einkommen nicht verbraucht, sondern aus ihm die auf diesen Monat entfallende Rate zurücklegt für die am Ende des
dritten Monats zu entrichtende Rückzahlungssumme. Gerät sein Einkommen im dritten Monat dann unter die Freistellungsgrenze,
so ist er für diesen Monat mit 200 DM freizustellen, braucht also am Ende des dritten Monats nur die Raten für die beiden
Monate zu zahlen, in denen es über der Freistellungsgrenze lag. Sollte er dazu, weil er die beiden Monatsraten nicht zurückgelegt
hat, nicht in der Lage sein, müßte er sich um Stundung bemühen; hierfür hätte er nach §
18 Abs.
2 Satz 1
BAföG 45 Tage Zeit, um Rückstandszinsen zu vermeiden. Keine Rechtfertigung einer teleologischen Reduktion vermag auch das vom Oberverwaltungsgericht
herangezogene Beispiel eines Darlehensnehmers zu begründen, der aufgrund einer Zweitausbildung nach §
18 Abs.
3 Satz 4
BAföG freigestellt wird, der aber zuvor mit einer Rückzahlungsrate in Rückstand geraten ist. Dabei kann unerörtert bleiben, ob
und gegebenenfalls inwieweit in einem solchen Fall die Rückstandszinsen mit der Erhöhung des Gesamtdarlehens anstiegen. Denn
vor den daraus entstehenden Belastungen kann sich der Darlehensnehmer/Auszubildende dadurch schützen, daß er entweder vorhandenes
Vermögen zur Tilgung der rückständigen Rate einsetzt oder aber einen Stundungsantrag stellt.
Rechtfertigt nach alledem die das Berufungsurteil tragende Begründung die Aufhebung des Rückstandszinsbescheides nicht, so
erweist sich gleichwohl das Berufungsurteil aus anderen Gründen im Ergebnis als richtig. Das Berufungsgericht hat - von seinem
abweichenden Rechtsstandpunkt aus folgerichtig nicht geprüft, ob in den Reaktionen des Klägers auf die Mahnung nach Ablauf
der Stundung nicht ein weiterer Antrag auf Stundung enthalten war, dem das Bundesverwaltungsamt hätte entsprechen müssen und
- wie sein Verhalten am 25. Januar 1996 zeigt - auch entsprochen hätte, mit der Folge, daß ihm nunmehr nach Treu und Glauben
eine Berufung auf etwa entstandene Rückstandszinsen abgeschnitten wäre. Die Vertreter des Bundesverwaltungsamtes haben in
der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Senat, hierauf angesprochen, erklärt, auch sie hätten erwogen, in den Erklärungen
des Klägers einen Stundungsantrag zu sehen, sich hieran aber dadurch gehindert gesehen, daß der Kläger ausdrücklich darauf
bestanden habe, einen Stundungsantrag aus Rechtsgründen nicht stellen zu müssen. Das wird dem erkennbaren Sinn des Erklärungsverhaltens
des Klägers bei verständiger Würdigung entsprechend §
133
BGB nicht gerecht. In seinem "Einspruch" vom 1. November 1995 gegen den Mahnbescheid der auf Weisung des Bundesverwaltungsamtes
handelnden Bundeskasse D. hat der Kläger darauf hingewiesen, daß er bis zum 31. Mai 1996 von der Zahlung freigestellt sei.
Dieser innerhalb der 45-Tage-Frist erfolgte Hinweis konnte bei verständiger Würdigung der Begleitumstände seinem Sinngehalt
nach nur dahin verstanden werden, daß der Kläger mit Rücksicht auf sein geringes Einkommen einen Aufschub der Zahlungspflicht
(auch) bezüglich der nach Ablauf der Stundung am 30. September 1995 (wieder) fällig gewordenen Rückstände jedenfalls bis zum
31. Mai 1996 erreichen wollte. Die Reaktion des Klägers auf die Bitte des Amtes im Stundungszinsbescheid vom 6. November 1995,
umgehend einen erneuten Stundungsantrag zu stellen, wenn die Voraussetzungen für eine erneute Stundung weiterhin vorlägen,
steht dieser Auslegung des klägerischen Begehrens nicht entgegen. Denn mit der Bemerkung, er weise die Notwendigkeit eines
erneuten Stundungsantrags unter Widerspruch zurück, ist der Kläger von seinem Ziel, Zahlungsaufschub für die Rückstandsschulden
zu erreichen, nicht abgewichen, sondern hat dem Sinne nach erklärt, mit dem Freistellungsbescheid vom 7. Juni 1995 sei ihm
ein solcher Zahlungsaufschub unter Einschluß der Rückstandsschulden bis zum 31. Mai 1996 gewährt worden, den das Amt nicht
für unwirksam erklären dürfe, sondern wiederherstellen müsse. Derartige rechtliche Bewertungen eines nicht rechtskundigen
Antragstellers sind jedenfalls dann als gleichsam falsche Bezeichnung seines Begehrens unbeachtlich, wenn sie die angesprochene
Behörde über das eigentliche Verfahrensziel des Antragstellers nicht im Unklaren lassen. So aber liegt es hier. Das Bundesverwaltungsamt
hätte deshalb bei verständiger Würdigung den Vortrag des Klägers als Antrag auf zinslose Stundung verstehen und dem Begehren,
wie im Bescheid vom 25. Januar 1996 erfolgt, stattgeben müssen. Die Revision der Beklagten war deshalb zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus §
154 Abs.
2
VwGO. Die Gerichtskostenfreiheit beruht auf §
188 Satz 2
VwGO.