Sozialhilferecht: Unterkunftskosten einer unangemessen teuren Wohnung
Gründe:
I.
Die Kläger bewohnten bis zum Juli 1991 eine Wohnung in der Samtgemeinde D. und erhielten dort laufende Hilfe zum Lebensunterhalt,
in deren Rahmen die monatlichen Aufwendungen für die Wohnung (380 DM Miete zuzüglich 230 DM Nebenkosten und 350 DM Heizkostenpauschale)
übernommen wurden. Am 5. August 1991 schlossen die Kläger einen Mietvertrag über eine 89, 73 m2 große Drei-Zimmer-Wohnung
mit Wintergarten in der Stadt G., deren Miete monatlich 1050 DM zuzüglich 180 DM Nebenkosten (ohne Heizkosten) betrug. Am
7. August 1991 beantragten die Kläger bei der Stadt G. die Gewährung laufender Hilfe zum Lebensunterhalt.
Mit Bescheiden vom 24. September 1991 bewilligte die für den beklagten Sozialhilfeträger handelnde Stadt G. den Klägern Hilfe
zum Lebensunterhalt ab 15. August 1991 unter Zugrundelegung der für die frühere Wohnung in D. gezahlten Miete (einschließlich
Nebenkosten) in Höhe von 610 DM. Mit ihrer nach erfolglosem Widerspruchsverfahren (Widerspruchsbescheid vom 31. März 1992)
erhobenen Verpflichtungsklage haben die Kläger ihr Begehren weiterverfolgt, vom Beklagten für die Zeit vom 15. August 1991
bis zum 31. März 1992 Hilfe zum Lebensunterhalt unter Berücksichtigung der gesamten Aufwendungen für die neue Wohnung in G.
(1050 DM Grundmiete zuzüglich 180 DM Nebenkosten) zu erhalten. Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung
der Kläger hat das Oberverwaltungsgericht den Beklagten verpflichtet, den Klägern für den streitbefangenen Zeitraum Hilfe
zum Lebensunterhalt unter Berücksichtigung der Aufwendungen für die Unterkunft in Höhe von 1230 DM monatlich zu gewähren,
und zur Begründung im wesentlichen ausgeführt:
Der Anspruch der Kläger auf Berücksichtigung ihrer Unterkunftsaufwendungen in tatsächlicher (voller) Höhe ergebe sich aus
§ 12 Abs. 1 Satz 1 BSHG und § 3 Abs. 1 Satz 2 RegelsatzVO. Nach diesen Vorschriften seien die Aufwendungen für die Unterkunft auch dann, wenn der Hilfeempfänger
- wie hier die Kläger - ohne Notwendigkeit aus einer sozialhilferechtlich angemessenen (ausreichenden) Wohnung in eine unangemessen
teure Wohnung gezogen sei, so lange in tatsächlicher Höhe als Bedarf anzuerkennen, als es ihm nicht möglich oder nicht zuzumuten
sei, die Aufwendungen - etwa durch einen erneuten Wohnungswechsel - auf ein angemessenes Niveau zu senken. Die dem entgegenstehende
Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwGE 92, 1) sei mit dem Wortlaut der genannten Vorschrift und mit Strukturprinzipien des Sozialhilferechts nicht vereinbar. Soweit -
wie hier - eine Senkung der Aufwendungen für die Unterkunft nur durch einen Wohnungswechsel in Betracht komme, entspreche
es aufgrund der bekannten schwierigen Verhältnisse auf dem Wohnungsmarkt den Erfahrungen und der Rechtsprechung des Berufungsgerichts,
daß dem betroffenen Hilfesuchenden ein angemessener Zeitraum für die Wohnungssuche einzuräumen sei, und zwar regelmäßig zunächst
von bis zu sechs Monaten, gerechnet ab dem Hinweis des Sozialhilfeträgers auf die Unangemessenheit der Aufwendungen für die
Unterkunft. Der streitbefangene Zeitraum liege innerhalb der Frist von sechs Monaten.
Mit seiner Revision rügt der Beklagte Verletzung von § 12 Abs. 1 Satz 1, § 22 Abs. 1 und 2 BSHG und § 3 Abs. 1 Satz 2 RegelsatzVO.
Die Kläger treten der Revision entgegen.
Der Oberbundesanwalt beim Bundesverwaltungsgericht stützt die Ansicht des Beklagten.
II.
Die Revision des Beklagten ist begründet. Die Ansicht des Berufungsgerichts, ein Sozialhilfeempfänger, der während des Bezuges
laufender Hilfe zum Lebensunterhalt ohne Notwendigkeit in eine sozialhilferechtlich unangemessen teure Wohnung umziehe, habe
gemäß § 12 Abs. 1 Satz 1 BSHG in Verbindung mit § 3 Abs. 1 Satz 2 RegelsatzVO für eine Übergangszeit Anspruch auf die Übernahme seiner Unterkunftskosten in voller Höhe, verletzt Bundesrecht
(§
137 Abs.
1 Nr.
1 VwGO). Da eine abschließende Entscheidung des Rechtsstreits noch tatsächliche Feststellungen erfordert, die zu treffen dem Revisionsgericht
verwehrt ist (§
137 Abs.
2 VwGO), muß die Sache zur weiteren Sachaufklärung an das Oberverwaltungsgericht zurückverwiesen werden (§
144 Abs.
3 Satz 1 Nr.
2 VwGO).
Ob die Kläger für die Zeit vom 15. August 1991 bis zum 31. März 1992 vom Beklagten laufende Hilfe zum Lebensunterhalt unter
Berücksichtigung ihrer gesamten Unterkunftsaufwendungen in Höhe von 1230 DM monatlich beanspruchen können, beurteilt sich
nach den §§ 11, 12 BSHG in der Fassung der Bekanntmachung vom 10. Januar 1991 (BGBl I S. 94) und § 3 Abs. 1 RegelsatzVO vom 20. Juli 1962 (BGBl I S. 515). Bei Anwendung dieser Vorschriften ist aufgrund der vom Berufungsgericht getroffenen, für das Revisionsgericht verbindlichen
tatsächlichen Feststellungen davon auszugehen, daß die bisherige Wohnung der Kläger in D. sozialhilferechtlich angemessen
war und daß die Kläger ohne Notwendigkeit diese Wohnung aufgegeben und in G. eine neue Wohnung bezogen haben, die aus sozialhilferechtlicher
Sicht unangemessen teuer war.
Bei dieser Sachlage ergibt sich entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts aus § 3 Abs. 1 Satz 2 RegelsatzVO kein Anspruch
der Kläger auf - sei es auch nur teilweise - Übernahme ihrer unangemessen hohen Unterkunftskosten im streitbefangenen Zeitraum.
Der erkennende Senat hat in seinem Urteil vom 21. Januar 1993 - BVerwG 5 C 3.91 - (BVerwGE 92, 1) entschieden, daß § 3 Abs. 1 Satz 2 RegelsatzVO im Falle eines Wohnungswechsels während des Bezuges laufender Hilfe zum Lebensunterhalt
jedenfalls dann nicht gilt, wenn der Hilfeempfänger nicht gezwungen war, eine sozialhilferechtlich angemessene Wohnung aufzugeben,
und dieses Ergebnis auf Sinn und Zweck der Vorschrift sowie ihren systematischen Zusammenhang mit § 3 Abs. 1 Satz 1 RegelsatzVO und § 12 Abs. 1 Satz 1 BSHG gestützt. Daran ist festzuhalten.
Zuzustimmen ist dem Berufungsgericht allerdings in seinem Ausgangspunkt, zwischen den Sätzen 1 und 2 des § 3 Abs. 1 RegelsatzVO
bestehe ein Regel-Ausnahme-Verhältnis. Nach Satz 1 wird Sozialhilfe für die tatsächlichen Unterkunftskosten nur gewährt, wenn
sie angemessen sind. Das entspricht der ständigen Rechtsprechung des Senats (vgl. BVerwGE 72, 88 [89 f.]; 75, 168 [170]; 92, 1; 97, 110 [111 f.]) und ergibt sich sowohl im Rückschluß aus § 3 Abs. 1 Satz 2 RegelsatzVO (vgl.
BVerwGE 92, 1) als auch und vor allem aus dem der Verordnungstätigkeit der in § 22 Abs. 2 BSHG genannten Organe vorgegebenen Grundsatz, daß mit Sozialhilfeleistungen nach §§ 11, 12 BSHG nur der "notwendige" Lebensunterhalt sicherzustellen ist (vgl. BVerwGE 72, 88 [89]; 75, 168 [170]; 97, 110 [112]). Nach Satz 2 des § 3 Abs. 1 RegelsatzVO wird unter den dort genannten Voraussetzungen Sozialhilfe für
die tatsächlichen Unterkunftskosten auch dann gewährt, wenn sie unangemessen sind. Satz 2 enthält damit eine Ausnahme vom
Regeltatbestand in Satz 1, deren Reichweite aus der Gegenüberstellung zur Regelvorschrift zu bestimmen ist.
Die Ausrichtung des Anspruchs aus § 12 Abs. 1 Satz 1 BSHG, § 3 Abs. 1 Satz 1 RegelsatzVO auf den notwendigen Lebensunterhalt wirkt nicht nur anspruchsbegrenzend, sondern auch anspruchsgestaltend:
Die Hilfeleistung ist so zu bemessen, daß der Hilfebedürftige seinen notwendigen Bedarf tatsächlich in vollem Umfang befriedigen
kann (vgl. BVerwGE 92, 336 [337]; 94, 211 [213]; s. ferner BVerwGE 97, 53 [57 f.]). Für die Übernahme von Unterkunftskosten folgt hieraus zweierlei. Einerseits ist der Sozialhilfeträger nach §§ 11, 12 BSHG, § 3 Abs. 1 Satz 1 RegelsatzVO verpflichtet, die tatsächlichen Kosten für eine Unterkunft, die im Sinne des sozialhilferechtlich Notwendigen
angemessen ist, in voller Höhe zu übernehmen. Der Anspruch des Hilfesuchenden beschränkt sich also nicht auf einen bloßen
Anteil der tatsächlichen Unterkunftskosten, der nicht ausreicht, den Unterkunftsbedarf zu decken. Nach dem sozialhilferechtlichen
Bedarfsdeckungsgrundsatz darf kein ungedeckter Bedarfsrest hinsichtlich der Unterkunftskosten übrigbleiben. Ist dem Hilfesuchenden
andererseits (nur) das zu gewähren, was er aus sozialhilferechtlicher Sicht benötigt, schließt der Sozialhilfeanspruch die
Übernahme unangemessen hoher Unterkunftskosten aus, es sei denn, die Ausnahmeregelung in § 3 Abs. 1 Satz 2 RegelsatzVO greift
ein. Der Sozialhilfeträger ist daher berechtigt, einen Hilfesuchenden, der die Übernahme unangemessen hoher Unterkunftskosten
begehrt, auf den Bezug einer geeigneten kostenangemessenen Unterkunft zu verweisen; er hat die Kosten auch nicht teilweise
in Höhe solcher Aufwendungen zu übernehmen, die für eine solche Wohnung aufzubringen wären. Die darin liegende Beschränkung
des Hilfeanspruchs ist im sozialhilferechtlichen Bedarfsdeckungsgrundsatz angelegt, sie läuft ihm nicht zuwider.
Die Angemessenheit der Unterkunftskosten, die nach § 3. Abs. 1 Satz 1 RegelsatzVO zu übernehmen sind, bestimmt sich nach dem
Bedarf des (der) Hilfebedürftigen. Hierfür kommt es auf die Besonderheiten des Einzelfalles an, vor allem auf die Person des
Hilfebedürftigen, die Art seines Bedarfs und die örtlichen Verhältnisse (§ 3 Abs. 1 BSHG). Bei der Beurteilung der Angemessenheit der Mietaufwendungen für eine in Aussicht genommene oder bereits bewohnte Unterkunft
sind die örtlichen Verhältnisse zunächst insoweit maßgeblich, als auf die im unteren Bereich der für vergleichbare Wohnungen
am Wohnort des Hilfebedürftigen marktüblichen Wohnungsmieten abzustellen und auf dieser tatsächlichen Grundlage die sozialhilferechtlich
maßgebliche Mietpreisspanne zu ermitteln ist (vgl. BVerwGE 97, 110 [113] m.w.N.). Erscheinen dem Sozialhilfeträger die Unterkunftskosten im Einzelfall als zu hoch, darf er die Angemessenheitsprüfung
nicht darauf beschränken, ausgehend vom Bedarf des Hilfebedürftigen mit Blick auf die örtlichen Verhältnisse zu bestimmen,
welcher Kostenaufwand für die Unterkunft sozialhilferechtlich an sich (abstrakt) angemessen wäre. Da der Hilfebedürftige einen
Anspruch auf die Deckung seines Unterkunftsbedarfs hat, muß sich die Angemessenheitsprüfung in einem solchen Fall auch auf
die Frage erstrecken, ob dem Hilfeempfänger im Bedarfszeitraum eine andere bedarfsgerechte, kostengünstigere Wohnung konkret
verfügbar und zugänglich ist. Besteht eine derartige Unterkunftsalternative nicht, ist also die vom Hilfebedürftigen bewohnte
Unterkunft die in dem maßgeblichen räumlichen Umkreis und Bedarfszeitraum einzig verfügbare, sind die Aufwendungen für diese
Wohnung aus sozialhilferechtlicher Sicht angemessen und deshalb gemäß §§ 11, 12 BSHG, § 3 Abs. 1 Satz 1 RegelsatzVO vom Sozialhilfeträger (zunächst) zu übernehmen.
Ein Hilfesuchender, der die Übernahme einer an sich (abstrakt) unangemessen hohen Miete für eine bereits bezogene Wohnung
begehrt, muß dem Sozialhilfeträger deshalb substantiiert darlegen, daß eine andere bedarfsgerechte, kostengünstigere Unterkunft
im Bedarfszeitraum auf dem örtlichen Wohnungsmarkt nicht vorhanden bzw. trotz ernsthafter und intensiver Bemühungen nicht
auffindbar oder eine vorhandene Unterkunft ihm nicht zugänglich ist. Die Anforderungen an einen solchen Nachweis werden durch
die Verhältnisse des örtlichen Wohnungsmarktes entscheidend mitbestimmt und dürfen je nach der Marktlage nicht überspannt
werden, auch wenn das Fehlen einer kostenangemessenen Unterkunftsalternative wohl die Ausnahme sein dürfte. Dem Sozialhilfeträger
bleibt es unbenommen, dem Hilfesuchenden eine Unterkunft, deren Mietzins angemessen ist und die vom Hilfesuchenden angemietet
werden kann, zu benennen. Die Unterkunftsalternative - eine kostengünstigere und zugängliche Wohnung genügt - kann in nach
Ausstattung, Zuschnitt, Wohnfläche und Lage einfachem Wohnraum bestehen. Reine Obdachlosenquartiere (Notunterkünfte) scheiden
als Wohnungsalternative aus.
Ein Hilfeempfänger, der ohne Notwendigkeit seine bisherige (angemessen teure) Wohnung aufgibt und in eine unangemessen teure
Wohnung umzieht, handelt daher auf eigenes Risiko und muß damit rechnen, daß ihm mit Blick auf die örtlichen Verhältnisse
im Bedarfszeitraum hinsichtlich der Aufwendungen für die neue Wohnung von Anfang an anspruchsvernichtend entgegengehalten
wird, er habe eine angemessen große und teure Wohnung anmieten können (vgl. BVerwGE 92, 1 [5 f.]; s. auch BVerwGE 97, 110 [115] zum Mehrkostenvorbehalt in § 3 Abs. 2 BSHG). Ist eine Unterkunftsalternative im Bedarfszeitraum verfügbar, besteht nach §§ 11, 12 BSHG, § 3 Abs. 1 Satz 1 RegelsatzVO auch für eine Übergangszeit, etwa bis zur Anmietung einer kostenangemessenen Wohnung oder bis zum Einzug
in diese, kein Anspruch auf Übernahme (oder rechnerische Berücksichtigung) der Aufwendungen für die unangemessen teure Unterkunft.
Der Hilfesuchende ist auf die kostenangemessene Alternative zu verweisen. Dieses Risiko läuft auch derjenige, der im Zeitpunkt
des Wohnungswechsels Hilfe zum Lebensunterhalt (noch) nicht erhält, die neue, zu teure Unterkunft jedoch in Kenntnis des Umstandes
angemietet hat, daß er die Miete nicht aus eigenen Mitteln wird bestreiten können. Die Übernahme von Mietschulden ist grundsätzlich
nicht Aufgabe des Sozialhilfeträgers (vgl. BVerwGE 92, 1 [4 f.] m.w.N.).
Vor diesem rechtlichen Hintergrund kann der Auffassung des Berufungsgerichts, § 3 Abs. 1 Satz 2 RegelsatzVO greife auch in
den Fällen ein, in denen ein Hilfeempfänger ohne Notwendigkeit von einer angemessen teuren in eine unangemessen teure Wohnung
wechselt, nicht gefolgt werden.
§ 3 Abs. 1 Satz 2 RegelsatzVO verpflichtet den Sozialhilfeträger, unangemessen hohe Unterkunftskosten in voller Höhe als Bedarf
so lange anzuerkennen, als es dem (den) Hilfesuchenden "nicht möglich oder nicht zuzumuten ist", die Aufwendungen für die
Unterkunft zu senken. Der Träger der Sozialhilfe ist danach ungeachtet einer für den Hilfesuchenden verfügbaren kostenangemessenen
Unterkunftsalternative für eine Übergangszeit zur Übernahme der vollen Unterkunftskosten verpflichtet, wenn dem Hilfebedürftigen
die Kostensenkung insbesondere durch einen Wohnungswechsel nicht zuzumuten ist. In seinem Kern enthält Satz 2 des § 3 Abs.
1 RegelsatzVO somit eine Zumutbarkeitsregelung. Darin unterscheidet er sich von Satz 1 dieser Vorschrift. Ist nun der Sozialhilfeträger
- wie oben zu § 3 Abs. 1 Satz 1 RegelsatzVO ausgeführt - berechtigt, einen Hilfebedürftigen, der die Übernahme unangemessen
hoher Unterkunftskosten begehrt, auf eine verfügbare kostenangemessene Unterkunft zu verweisen, so müssen, bevor ein Anspruch
aus § 3 Abs. 1 Satz 2 RegelsatzVO entstehen kann, im Einzelfall besondere Umstände hinzutreten, die eine Verweisung des Hilfebedürftigen
auf die verfügbare Unterkunftsalternative für eine Übergangszeit als unzumutbar erscheinen lassen.
Einen solchen Umstand hat der Senat darin gesehen, daß der Hilfesuchende bei Eintritt der Hilfebedürftigkeit die aus sozialhilferechtlicher
Sicht zu teure Wohnung bereits bewohnt. In einem solchen Fall sollen Hilfesuchende nicht gezwungen werden, sofort ihre bisherige
Wohnung aufzugeben (BVerwGE 92, 1). Dem liegt die Vorstellung zugrunde, daß der Hilfesuchende (Hilfebedürftige) ein aus sozialhilferechtlicher Sicht schutzwürdiges
Interesse daran hat, von einer unvorhergesehenen, abrupten Änderung seiner gefestigten Wohnsituation und von einem Verlust
seines bisherigen sozialen Umfelds jedenfalls für eine Übergangszeit verschont zu bleiben. Dies erklärt und rechtfertigt zugleich,
daß der Senat den Anwendungsbereich von § 3 Abs. 1 Satz 2 RegelsatzVO auch auf die (Ausnahme-) Fälle erstreckt hat, in denen
der Wechsel eines Nichthilfeempfängers in eine unangemessen teure Wohnung unter den besonderen Umständen des Einzelfalles
unausweichlich ist (BVerwGE 75, 168 [172]).
Wer als Sozialhilfeempfänger eine unnötig hohe Mietbelastung eingeht, ist nach § 3 Abs. 1 Satz 2 RegelsatzVO nicht in Höhe
der tatsächlichen Mietbelastung schutzwürdig. Nach dieser Vorschrift steht Sozialhilfe für unangemessen hohe Unterkunftskosten
nicht mehr zu, sobald sie gesenkt werden können; konnten die unangemessen hohen Kosten von Anfang an (seit der Anmietung oder
dem Einzug in die Wohnung) gesenkt werden, besteht von Anfang an kein Anspruch auf Übernahme der unangemessen hohen Aufwendungen
für die Unterkunft. Erst recht entfällt ein Anspruch aus § 3 Abs. 1 Satz 2 RegelsatzVO deshalb in den Fällen, in denen der
Wechsel von der angemessen teuren in die unangemessen teure Wohnung nicht notwendig, das Eingehen einer unangemessen hohen
Mietzinsverpflichtung also nicht erforderlich war. Hier fehlt es von vornherein an der Unzumutbarkeit einer Kostensenkung,
an die § 3 Abs. 1 Satz 2 RegelsatzVO den Anspruch auf Übernahme unangemessen hoher Unterkunftskosten knüpft. Denn wer eine
angemessene preiswerte Wohnung nicht aufgeben muß, dem ist es zumutbar, durch das Beibehalten dieser Wohnung unangemessen
hohe Aufwendungen für eine andere Unterkunft gar nicht erst entstehen zu lassen. Entgegen der Ansicht der Vorinstanz widerspricht
es weder dem Wortlaut von § 3 Abs. 1 Satz 2 RegelsatzVO noch seinem Sinn und Zweck als Zumutbarkeitsregelung, bei seiner Anwendung
ein die unangemessenen Unterkunftskosten erst verursachendes Verhalten des Hilfesuchenden zu berücksichtigen.
Ist nach alledem der Beklagte nicht aus § 3 Abs. 1 Satz 2 RegelsatzVO verpflichtet, die Unterkunftskosten der Kläger im streitbefangenen
Zeitraum in voller Höhe zu übernehmen, kann nicht ausgeschlossen werden, daß eine solche Verpflichtung des Beklagten sich
aus § 3 Abs. 1 Satz 1 RegelsatzVO ergibt. Das setzte allerdings voraus, daß die von den Klägern seit August 1991 bewohnte
Wohnung in der Stadt G. in den Bedarfsmonaten, die hier im Streit sind, die einzig verfügbare und den Klägern zugängliche
Wohnung auf dem örtlichen Wohnungsmarkt - das ist hier der Zuständigkeitsbereich des Beklagten als örtlichem Träger der Sozialhilfe,
da die Kläger nach den tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz nicht gezwungen waren, die Samtgemeinde D. zu verlassen
und nach G. zu ziehen - gewesen ist. Das nötigt zur Zurückverweisung an die Vorinstanz.