Sozialhilferecht: Unterkunftskosten einer unangemessen teuren Wohnung
Gründe:
I.
Die Kläger wohnten zunächst in W. in einer 177 qm großen Wohnung und erhielten dort laufende Hilfe zum Lebensunterhalt, wobei
nur ein Teil der Miete als angemessene Unterkunftskosten berücksichtigt wurde. Nachdem Untermieter, die einen großen Teil
der Mietbelastung getragen hatten, zum 1. April 1992 ausgezogen waren und neue nicht gefunden werden konnten, mußten die Kläger
die Wohnung aufgeben. Zum 1. Oktober 1992 zogen sie nach G. in ein Reihenhaus mit fünf Zimmern und einer Wohnfläche von 121,6
qm zu einer Miete von monatlich 1 965 DM (einschließlich Nebenkosten ohne Kosten für Heizung und Warmwasser).
Mit Bescheid vom 30. November 1992 bewilligte die für den beklagten Sozialhilfeträger handelnde Stadt G. den Klägern Hilfe
zum Lebensunterhalt ab 1. Dezember 1992 unter Zugrundelegung von für die Kläger als angemessen erachteten Unterkunftskosten
in Höhe von 918,50 DM. Mit ihrer nach erfolglosem Widerspruchsverfahren (Widerspruchsbescheid vom 24. Februar 1993) erhobenen
Klage haben die Kläger beantragt, ihnen Sozialhilfe - Hilfe zum Lebensunterhalt - ab 1. Dezember 1992 unter Berücksichtigung
von Unterkunftskosten in Höhe von 1 965 DM monatlich zu gewähren. Das Verwaltungsgericht hat den Beklagten verpflichtet, den
Klägern Sozialhilfe - Hilfe zum Lebensunterhalt - für die Zeit ab dem 1. Dezember 1992 unter Berücksichtigung von Unterkunftskosten
in Höhe von monatlich 1 120 DM zu gewähren, und die Klage im übrigen abgewiesen. Auf die Berufung der Kläger hat das Oberverwaltungsgericht
den Beklagten über die vom Verwaltungsgericht ausgesprochene Verpflichtung hinaus verpflichtet, den Klägern Sozialhilfe -
Hilfe zum Lebensunterhalt - für die Zeit vom 1. Dezember 1992 bis zum 24. Februar 1993 unter Berücksichtigung von Unterkunftskosten
in Höhe von monatlich 1 965 DM zu gewähren, und zur Begründung im wesentlichen ausgeführt:
Der Anspruch der Kläger auf Berücksichtigung ihrer Unterkunftsaufwendungen in tatsächlicher (voller) Höhe ergebe sich aus
§ 12 Abs. 1 Satz 1 BSHG und § 3 Abs. 1 Satz 2 RegelsatzVO. Nach diesen Vorschriften seien die Aufwendungen für die Unterkunft auch dann, wenn der Hilfeempfänger
- wie hier die Kläger - aus einer sozialhilferechtlich unangemessen teuren Wohnung in eine andere unangemessen teure Wohnung
gezogen sei, so lange in tatsächlicher Höhe als Bedarf anzuerkennen, als es ihm nicht möglich oder nicht zuzumuten sei, die
Aufwendungen - etwa durch einen erneuten Wohnungswechsel - auf ein angemessenes Niveau zu senken. Soweit - wie hier - eine
Senkung der Aufwendungen für die Unterkunft nur durch einen Wohnungswechsel in Betracht komme, entspreche es aufgrund der
bekannten schwierigen Verhältnisse auf dem Wohnungsmarkt den Erfahrungen und der Rechtsprechung des Berufungsgerichts, daß
dem betroffenen Hilfesuchenden ein angemessener Zeitraum für die Wohnungssuche einzuräumen sei, und zwar regelmäßig zunächst
von bis zu sechs Monaten, gerechnet ab dem Hinweis des Sozialhilfeträgers auf die Unangemessenheit der Aufwendungen für die
Unterkunft. Der streitbefangene Zeitraum liege innerhalb der Frist von sechs Monaten.
Mit seiner Revision rügt der Beklagte Verletzung von § 12 Abs. 1 Satz 1 BSHG und § 3 Abs. 1 Satz 2 RegelsatzVO; er beantragt, das Berufungsurteil aufzuheben und die Berufung der Kläger zurückzuweisen.
Der Oberbundesanwalt beim Bundesverwaltungsgericht vertritt für den Fall, daß ein Sozialhilfeempfänger zur Kostensenkung von
einer sozialhilferechtlich unangemessenen Wohnung, für die er Leistungen gemäß § 3 Abs. 1 Satz 2 RegelsatzVO erhält, in eine
zwar noch unangemessene, aber günstigere Wohnung umzieht, die Auffassung, daß dann eine vorübergehende vollständige Kostenübernahme
gemäß § 3 Abs. 1 Satz 2 RegelsatzVO voraussetze, daß ein Umzug in eine sozialhilferechtlich angemessene Wohnung nicht möglich
war bzw. in kurzer Zeit auch nicht möglich erscheint.
II.
Die Revision des Beklagten ist begründet. Die Ansicht des Berufungsgerichts, ein Sozialhilfeempfänger, der während des Bezuges
laufender Hilfe zum Lebensunterhalt aus seiner bisherigen (unangemessen teuren) Wohnung ausziehen müsse und ohne Notwendigkeit
in eine sozialhilferechtlich unangemessen teure Wohnung ziehe, habe gemäß § 12 Abs. 1 Satz 1 BSHG in Verbindung mit § 3 Abs. 1 Satz 2 RegelsatzVO für eine Übergangszeit Anspruch auf die Übernahme seiner Unterkunftskosten in voller Höhe, verletzt Bundesrecht
(§
137 Abs.
1 Nr.
1 VwGO). Da eine abschließende Entscheidung des Rechtsstreits noch tatsächliche Feststellungen erfordert, die zu treffen dem Revisionsgericht
verwehrt ist (§
137 Abs.
2 VwGO), muß die Sache zur weiteren Sachaufklärung an das Oberverwaltungsgericht zurückverwiesen werden (§
144 Abs.
3 Satz 1 Nr.
2 VwGO).
Ob die Kläger für die Zeit vom 1. Dezember 1992 bis zum 24. Februar 1993 vom Beklagten laufende Hilfe zum Lebensunterhalt
unter Berücksichtigung ihrer gesamten Unterkunftsaufwendungen in Höhe von 1 965 DM monatlich (davon sind hier 1 120 DM monatlich
nicht im Streit) beanspruchen können, beurteilt sich nach den §§ 11, 12 BSHG in der Fassung der Bekanntmachung vom 10. Januar 1991 (BGBl I S. 94) und § 3 Abs. 1 RegelsatzVO vom 20. Juli 1962 (BGBl I S. 515). Bei Anwendung dieser Vorschriften ist aufgrund der vom Berufungsgericht getroffenen, für das Revisionsgericht verbindlichen
tatsächlichen Feststellungen davon auszugehen, daß die Kläger bereits in W. eine sozialhilferechtlich unangemessen teure Wohnung
bewohnten, diese nicht halten konnten und in G. erneut eine Wohnung bezogen, die aus sozialhilferechtlicher Sicht unangemessen
teuer war. Bei dieser Sachlage ergibt sich entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts aus § 3 Abs. 1 Satz 2 RegelsatzVO kein
Anspruch der Kläger auf - sei es auch nur teilweise - Übernahme ihrer unangemessen hohen Unterkunftskosten im streitbefangenen
Zeitraum.
Zuzustimmen ist dem Berufungsgericht allerdings in seinem Ausgangspunkt, zwischen den Sätzen 1 und 2 des § 3 Abs. 1 RegelsatzVO
bestehe ein Regel-Ausnahme-Verhältnis. Nach Satz 1 wird Sozialhilfe für die tatsächlichen Unterkunftskosten nur gewährt, wenn
sie angemessen sind. Das entspricht der ständigen Rechtsprechung des Senats (vgl. BVerwGE 72, 88 (89 f.); 75, 168 (170); 92, 1 (3); 97, 110 (111 f.)) und ergibt sich sowohl im Rückschluß aus § 3 Abs. 1 Satz 2 RegelsatzVO
(vgl. BVerwGE 92, 1 (3)) als auch und vor allem aus dem der Verordnungstätigkeit der in § 22 Abs. 2 BSHG genannten Organe vorgegebenen Grundsatz, daß mit Sozialhilfeleistungen nach §§ 11, 12 BSHG nur der "notwendige" Lebensunterhalt sicherzustellen ist (vgl. BVerwGE 72, 88 (89); 75, 168 (170); 97, 110 (112)). Nach Satz 2 des § 3 Abs. 1 RegelsatzVO wird unter den dort genannten Voraussetzungen
Sozialhilfe für die tatsächlichen Unterkunftskosten auch dann gewährt, wenn sie unangemessen sind. Satz 2 enthält damit eine
Ausnahme vom Regeltatbestand in Satz 1, deren Reichweite aus der Gegenüberstellung zur Regelvorschrift zu bestimmen ist.
Die Ausrichtung des Anspruchs aus § 12 Abs. 1 Satz 1 BSHG, § 3 Abs. 1 Satz 1 RegelsatzVO auf den notwendigen Lebensunterhalt wirkt nicht nur anspruchsbegrenzend, sondern auch anspruchsgestaltend:
Die Hilfeleistung ist so zu bemessen, daß der Hilfebedürftige seinen notwendigen Bedarf tatsächlich in vollem Umfang befriedigen
kann (vgl. BVerwGE 92, 336 (337); 94, 211 (213); s. ferner BVerwGE 97, 53 (57 f.)). Für die Übernahme von Unterkunftskosten folgt hieraus zweierlei. Einerseits ist der Sozialhilfeträger nach §§ 11, 12 BSHG, § 3 Abs. 1 Satz 1 RegelsatzVO verpflichtet, die tatsächlichen Kosten für eine Unterkunft, die im Sinne des sozialhilferechtlich Notwendigen
angemessen ist, in voller Höhe zu übernehmen. Der Anspruch des Hilfesuchenden beschränkt sich also nicht auf einen bloßen
Anteil der tatsächlichen Unterkunftskosten, der nicht ausreicht, den Unterkunftsbedarf zu decken. Nach dem sozialhilferechtlichen
Bedarfsdeckungsgrundsatz darf kein ungedeckter Bedarfsrest hinsichtlich der Unterkunftskosten übrigbleiben. Ist dem Hilfesuchenden
andererseits (nur) das zu gewähren, was er aus sozialhilferechtlicher Sicht benötigt, schließt der Sozialhilfeanspruch die
Übernahme unangemessen hoher Unterkunftskosten aus, es sei denn, die Ausnahmeregelung in § 3 Abs. 1 Satz 2 RegelsatzVO greift
ein. Der Sozialhilfeträger ist daher berechtigt, einen Hilfesuchenden, der die Übernahme unangemessen hoher Unterkunftskosten
begehrt, auf den Bezug einer geeigneten kostenangemessenen Unterkunft zu verweisen; er hat die Kosten auch nicht teilweise
in Höhe solcher Aufwendungen zu übernehmen, die für eine solche Wohnung aufzubringen wären. Die darin liegende Beschränkung
des Hilfeanspruchs ist im sozialhilferechtlichen Bedarfsdeckungsgrundsatz angelegt, sie läuft ihm nicht zuwider.
Die Angemessenheit der Unterkunftskosten, die nach § 3 Abs. 1 Satz 1 RegelsatzVO zu übernehmen sind, bestimmt sich nach dem
Bedarf des (der) Hilfebedürftigen. Hierfür kommt es auf die Besonderheiten des Einzelfalles an, vor allem auf die Person des
Hilfebedürftigen, die Art seines Bedarfs und die örtlichen Verhältnisse (§ 3 Abs. 1 BSHG). Bei der Beurteilung der Angemessenheit der Mietaufwendungen für eine in Aussicht genommene oder bereits bewohnte Unterkunft
sind die örtlichen Verhältnisse zunächst insoweit maßgeblich, als auf die im unteren Bereich der für vergleichbare Wohnungen
am Wohnort des Hilfebedürftigen marktüblichen Wohnungsmieten abzustellen und auf dieser tatsächlichen Grundlage die sozialhilferechtlich
maßgebliche Mietpreisspanne zu ermitteln ist (vgl. BVerwGE 97, 110 (113) m.w.N.). Erscheinen dem Sozialhilfeträger die Unterkunftskosten im Einzelfall als zu hoch, darf er die Angemessenheitsprüfung
nicht darauf beschränken, ausgehend vom Bedarf des Hilfebedürftigen mit Blick auf die örtlichen Verhältnisse zu bestimmen,
welcher Kostenaufwand für die Unterkunft sozialhilferechtlich an sich (abstrakt) angemessen wäre. Da der Hilfebedürftige einen
Anspruch auf die Deckung seines Unterkunftsbedarfs hat, muß sich die Angemessenheitsprüfung in einem solchen Fall auch auf
die Frage erstrecken, ob dem Hilfeempfänger im Bedarfszeitraum eine andere bedarfsgerechte, kostengünstigere Wohnung konkret
verfügbar und zugänglich ist. Besteht eine derartige Unterkunftsalternative nicht, ist also die vom Hilfebedürftigen bewohnte
Unterkunft die in dem maßgeblichen räumlichen Umkreis und Bedarfszeitraum einzig verfügbare, sind die Aufwendungen für diese
Wohnung aus sozialhilferechtlicher Sicht angemessen und deshalb gemäß §§ 11, 12 BSHG, § 3 Abs. 1 Satz 1 RegelsatzVO vom Sozialhilfeträger (zunächst) zu übernehmen.
Ein Hilfesuchender, der die Übernahme einer an sich (abstrakt) unangemessen hohen Miete für eine bereits bezogene Wohnung
begehrt, muß dem Sozialhilfeträger deshalb substantiiert darlegen, daß eine andere bedarfsgerechte, kostengünstigere Unterkunft
im Bedarfszeitraum auf dem örtlichen Wohnungsmarkt nicht vorhanden bzw. trotz ernsthafter und intensiver Bemühungen nicht
auffindbar oder eine vorhandene Unterkunft ihm nicht zugänglich ist. Die Anforderungen an einen solchen Nachweis werden durch
die Verhältnisse des örtlichen Wohnungsmarktes entscheidend mitbestimmt und dürfen je nach der Marktlage nicht überspannt
werden, auch wenn das Fehlen einer kostenangemessenen Unterkunftsalternative wohl die Ausnahme sein dürfte. Dem Sozialhilfeträger
bleibt es unbenommen, dem Hilfesuchenden eine Unterkunft, deren Mietzins angemessen ist und die vom Hilfesuchenden angemietet
werden kann, zu benennen. Die Unterkunftsalternative - e i n e kostengünstigere und zugängliche Wohnung genügt - kann
in nach Ausstattung, Zuschnitt, Wohnfläche und Lage einfachem Wohnraum bestehen. Reine Obdachlosenquartiere (Notunterkünfte)
scheiden als Wohnungsalternative aus.
Ein Hilfeempfänger, der zwar aus seiner bisherigen (unangemessen teuren) Wohnung ausziehen muß, aber ohne Notwendigkeit in
eine unangemessen teure Wohnung umzieht, handelt daher auf eigenes Risiko und muß damit rechnen, daß ihm mit Blick auf die
örtlichen Verhältnisse im Bedarfszeitraum hinsichtlich der Aufwendungen für die neue Wohnung von Anfang an anspruchsvernichtend
entgegengehalten wird, er habe eine angemessen große und teure Wohnung anmieten können (vgl. BVerwGE 92, 1 (5 f.); s. auch BVerwGE 97, 110 (115) zum Mehrkostenvorbehalt in § 3 Abs. 2 BSHG). Ist eine Unterkunftsalternative im Bedarfszeitraum verfügbar, besteht nach §§ 11, 12 BSHG, § 3 Abs. 1 Satz 1 RegelsatzVO auch für eine Übergangszeit, etwa bis zur Anmietung einer kostenangemessenen Wohnung oder bis zum Einzug
in diese, kein Anspruch auf Übernahme (oder rechnerische Berücksichtigung) der Aufwendungen für die unangemessen teure Unterkunft.
Der Hilfesuchende ist auf die kostenangemessene Alternative zu verweisen. Dieses Risiko läuft auch derjenige, der im Zeitpunkt
des Wohnungswechsels Hilfe zum Lebensunterhalt (noch) nicht erhält, die neue, zu teure Unterkunft jedoch in Kenntnis des Umstandes
angemietet hat, daß er die Miete nicht aus eigenen Mitteln wird bestreiten können. Die Übernahme von Mietschulden ist grundsätzlich
nicht Aufgabe des Sozialhilfeträgers (vgl. BVerwGE 92, 1 (4 f.) m.w.N.).
Vor diesem rechtlichen Hintergrund kann der Auffassung des Berufungsgerichts, § 3 Abs. 1 Satz 2 RegelsatzVO greife auch in
den Fällen ein, in denen ein Hilfeempfänger zwar aus seiner bisherigen (unangemessen teuren) Wohnung ausziehen muß, aber ohne
Notwendigkeit in eine wiederum unangemessen teure Wohnung wechselt, nicht gefolgt werden.
§ 3 Abs. 1 Satz 2 RegelsatzVO verpflichtet den Sozialhilfeträger, unangemessen hohe Unterkunftskosten in voller Höhe als Bedarf
so lange anzuerkennen, als es dem (den) Hilfesuchenden "nicht möglich oder nicht zuzumuten ist", die Aufwendungen für die
Unterkunft zu senken. Der Träger der Sozialhilfe ist danach ungeachtet einer für den Hilfesuchenden verfügbaren kostenangemessenen
Unterkunftsalternative für eine Übergangszeit zur Übernahme der vollen Unterkunftskosten verpflichtet, wenn dem Hilfebedürftigen
die Kostensenkung insbesondere durch einen Wohnungswechsel nicht zuzumuten ist. In seinem Kern enthält Satz 2 des § 3 Abs.
1 RegelsatzVO somit eine Zumutbarkeitsregelung. Darin unterscheidet er sich von Satz 1 dieser Vorschrift. Ist nun der Sozialhilfeträger
- wie oben zu § 3 Abs. 1 Satz 1 RegelsatzVO ausgeführt - berechtigt, einen Hilfebedürftigen, der die Übernahme unangemessen
hoher Unterkunftskosten begehrt, auf eine verfügbare kostenangemessene Unterkunft zu verweisen, so müssen, bevor ein Anspruch
aus § 3 Abs. 1 Satz 2 RegelsatzVO entstehen kann, im Einzelfall besondere Umstände hinzutreten, die eine Verweisung des Hilfebedürftigen
auf die verfügbare Unterkunftsalternative für eine Übergangszeit als unzumutbar erscheinen lassen.
E i n e n solchen Umstand hat der Senat darin gesehen, daß der Hilfesuchende bei Eintritt der Hilfebedürftigkeit die aus
sozialhilferechtlicher Sicht zu teure Wohnung bereits bewohnt. In einem solchen Fall sollen Hilfesuchende nicht gezwungen
werden, sofort ihre bisherige Wohnung aufzugeben (BVerwGE 92, 1 (3)). Dem liegt die Vorstellung zugrunde, daß der Hilfesuchende (Hilfebedürftige) ein aus sozialhilferechtlicher Sicht schutzwürdiges
Interesse daran hat, von einer unvorhergesehenen, abrupten Änderung seiner gefestigten Wohnsituation und von einem Verlust
seines bisherigen sozialen Umfelds jedenfalls für eine Übergangszeit verschont zu bleiben. Dies erklärt und rechtfertigt zugleich,
daß der Senat den Anwendungsbereich von § 3 Abs. 1 Satz 2 RegelsatzVO auch auf die (Ausnahme-)Fälle erstreckt hat, in denen
der Wechsel eines Nichthilfeempfängers in eine unangemessen teure Wohnung unter den besonderen Umständen des Einzelfalles
unausweichlich ist (BVerwGE 75, 168 (172)).
Wer als Sozialhilfeempfänger eine unnötig hohe Mietbelastung eingeht, ist nach § 3 Abs. 1 Satz 2 RegelsatzVO nicht in Höhe
der tatsächlichen Mietbelastung schutzwürdig. Nach dieser Vorschrift steht Sozialhilfe für unangemessen hohe Unterkunftskosten
nicht mehr zu, sobald sie gesenkt werden können; konnten die unangemessen hohen Kosten von Anfang an (seit der Anmietung oder
dem Einzug in die Wohnung) gesenkt werden, besteht von Anfang an kein Anspruch auf Übernahme der unangemessen hohen Aufwendungen
für die Unterkunft. Ein Anspruch aus § 3 Abs. 1 Satz 2 RegelsatzVO entfällt deshalb auch in den Fällen, in denen zwar der
Auszug aus der bisherigen (unangemessen teuren) Wohnung notwendig, der Wechsel in eine wiederum unangemessen teure Wohnung
aber, das Eingehen einer unangemessen hohen Mietzinsverpflichtung also, nicht erforderlich war. Hier fehlt es von vornherein
an der Unzumutbarkeit einer Kostensenkung, an die § 3 Abs. 1 Satz 2 RegelsatzVO den Anspruch auf Übernahme unangemessen hoher
Unterkunftskosten knüpft. Denn wer aus seiner bisherigen Wohnung ausziehen muß, dem ist es zumutbar, bei der Suche nach einer
anderen Wohnung darauf zu achten, daß unangemessen hohe Unterkunftskosten gar nicht erst entstehen. Entgegen der Ansicht der
Vorinstanz widerspricht es weder dem Wortlaut von § 3 Abs. 1 Satz 2 RegelsatzVO noch seinem Sinn und Zweck als Zumutbarkeitsregelung,
bei seiner Anwendung ein die unangemessenen Unterkunftskosten verursachendes Verhalten des Hilfesuchenden zu berücksichtigen.
Ist nach alledem der Beklagte nicht aus § 3 Abs. 1 Satz 2 RegelsatzVO verpflichtet, die Unterkunftskosten der Kläger im streitbefangenen
Zeitraum in voller Höhe zu übernehmen, kann nicht ausgeschlossen werden, daß eine solche Verpflichtung des Beklagten sich
aus § 3 Abs. 1 Satz 1 RegelsatzVO ergibt. Das setzte allerdings voraus, daß die von den Klägern seit Oktober 1992 bewohnte
Wohnung in G. in den Bedarfsmonaten, die hier im Streit sind, die einzig verfügbare und den Klägern zugängliche Wohnung auf
dem örtlichen Wohnungsmarkt - das ist hier der Zuständigkeitsbereich des Beklagten als örtlichem Träger der Sozialhilfe -
gewesen ist. Das nötigt zur Zurückverweisung an die Vorinstanz.