Kostenerstattung zwischen örtlichen Leistungsträgern bei/nach länderübergreifender Umverteilung von Asylbewerber
Gründe:
I.
Der Kläger nimmt die Beklagte nach §
10 b Abs.
3 AsylbLG auf Erstattung von Aufwendungen in Anspruch, die er von April 2000 bis März 2001 für die Hilfeempfängerin und ihren Sohn
aufgewendet hat.
Die Hilfeempfängerin und ihr Sohn beantragten nach ihrer Einreise in das Bundesgebiet im September 1999 ihre Anerkennung als
Asylberechtigte. Zur Durchführung des Asylverfahrens wurden sie Ende Oktober für die Dauer des Asylverfahrens zunächst der
Beklagten zugewiesen, die ihnen Leistungen nach dem
Asylbewerberleistungsgesetz gewährte. Der Ehemann der Hilfeempfängerin lebte seinerzeit bereits in Berlin. Auf eine entsprechende vorläufige Verpflichtung
durch das Verwaltungsgericht Lüneburg hin wies das Landeseinwohneramt Berlin die Hilfeempfänger und ihren Sohn mit Bescheid
vom 6. April 2000 auf deren Antrag hin zum Zwecke der Familienzusammenführung unter Aufhebung der bisherigen Zuweisungsentscheidung
für die Dauer des Asylverfahrens dem Kläger zu. Die Hilfeempfängerin und ihr Sohn nahmen ihren Aufenthalt in Berlin. Sie erhielten
dort eine Aufenthaltsgestattung zur Durchführung des Asylverfahrens unter räumlicher Beschränkung auf das Land Berlin; der
Kläger gewährte ihnen laufende Leistungen nach den Vorschriften des Asylbewerberleistungsgesetzes.
Der Kläger meldete bei der Beklagten einen Kostenerstattungsanspruch gemäß §
10 b Abs.
3 AsylbLG an, welchen die Beklagte ablehnte. Auf die im Januar 2001 erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht die Beklagte verurteilt,
an den Kläger 7 084,75 EURO zu zahlen, und weiter festgestellt, dass diese verpflichtet sei, dem Kläger die Kosten für die
der Hilfeempfängerin sowie ihrem Sohn S. weiter gewährten erforderlichen Leistungen nach dem
Asylbewerberleistungsgesetz einschließlich der erforderlichen Leistungen für Krankenhilfe zu erstatten, längstens jedoch für den Zeitraum bis zum 16.
März 2001 (Urteil vom 21. März 2002). Das Oberverwaltungsgericht hat die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten zurückgewiesen;
zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt:
Die Voraussetzungen des §
10 b Abs.
3 AsylbLG, nach dem die Behörde des bisherigen Aufenthaltsorts verpflichtet sei, der nunmehr zuständigen Behörde die dort erforderlichen
Leistungen außerhalb von Einrichtungen im Sinne des §
10 a Abs.
2 Satz 1
AsylbLG zu erstatten, wenn der Leistungsberechtigte ohne Verstoß gegen eine asyl- oder ausländerrechtliche räumliche Beschränkung
vom Ort seines bisherigen gewöhnlichen Aufenthalts verziehe und innerhalb eines Monats nach dem Aufenthaltswechsel dieser
Leistungen bedürfe, seien erfüllt. Insbesondere seien die Hilfeempfänger aus dem Bereich der Beklagten nach Berlin verzogen.
"Verziehen" im Sinne des §
10 b Abs.
3 Satz 1
AsylbLG sei jeder tatsächliche Ortswechsel, also jeder Wegzug des Leistungsberechtigten vom bisherigen und Zuzug zum neuen Ort des
gewöhnlichen Aufenthalts, sofern der Ortswechsel rechtmäßig erfolge. Dies sei hier der Fall. Unerheblich sei, dass der Umzug
der Hilfeempfänger aufgrund einer länderübergreifenden Verteilung nach §
51 AsylVfG erfolgt sei; denn der Grund für den Ortswechsel sei ebenso unerheblich wie der Wille zum Umzug. Die Gegenansicht, nach der
"Verziehen" lediglich der eigenständige Wechsel des Aufenthaltsortes ohne Zuweisungs- oder Verteilungsentscheidung und daher
die Umverteilung eines Asylbewerbers nach §
51 AsylVfG nicht als ein Verziehen im Sinne des §
10 b Abs.
3 AsylbLG zu qualifizieren sei, lasse sich weder auf den Wortlaut noch auf systematische Überlegungen stützen. Die Kostenerstattungsregelung
des §
10 b Abs.
3 AsylbLG sei den Regelungen der §§ 103 und 107 BSHG nachgebildet, die nicht zwischen freiwilligen und unfreiwilligen Umzügen unterschieden und auch sonst nicht auf die Gründe
des Ortswechsels abstellten. Die Legaldefinition des Begriffs des gewöhnlichen Aufenthalts für (um)verteilte oder zugewiesene
Personen (§
10 a Abs.
3 Satz 4
AsylbLG) unterstreiche, dass §
10 b AsylbLG nicht nur einen freiwilligen Umzug als Ausdruck der allgemeinen Freizügigkeit im Sinne eines eigenständigen Umzugs ohne Verteilung
oder Zuweisung erfasse. §
10 a Abs.
3 Satz 4
AsylbLG, nach dem die Verteilung oder Zuweisung für den verteilten oder zugewiesenen Personenkreis maßgebend für den gewöhnlichen
Aufenthalt sowie dessen Wechsel sei, korrespondiere die Vorschrift des §
10 b Abs.
3 AsylbLG, die für das Entstehen des Erstattungsanspruchs weiter verlange, dass das "Verziehen" ohne Verstoß gegen eine asyl- oder
ausländerrechtliche räumliche Beschränkung erfolgt sei; dies setze vo-raus, dass eine Änderung der Zuweisungs- bzw. Verteilungsentscheidung
erfolgt sei. Bei einer auf eine Freiwilligkeit (im Sinne der Eigenständigkeit) eingeschränkten Auslegung des "Verziehens"
wäre §
10 b Abs.
3 AsylbLG für eine zentrale Zielgruppe der in §
1 Abs.
1 AsylbLG genannten Leistungsberechtigten nicht anzuwenden.
Sinn und Zweck des §
10 b Abs.
3 AsylbLG geböten nicht, Fälle einer länderübergreifenden Verteilung nach §
51 AsylVfG von der Kostenerstattung auszunehmen. §
10 b AsylbLG habe eine bundeseinheitliche Grundlage für einen weiteren finanziellen Ausgleich der Leistungsträger untereinander schaffen
und damit ungerechtfertigte Belastungen zwischen ihnen weitgehend vermeiden sollen. Die Anwendung des §
10 b Abs.
3 AsylbLG führe im Falle der länderübergreifenden Verteilung nach §
51 AsylVfG nicht zu einem unbilligen Rechtszustand. Einer teleologischen Reduktion des Anwendungsbereichs des §
10 b Abs.
3 AsylbLG stehe bereits der eindeutige Wortlaut des §
10 b Abs.
3 AsylbLG entgegen, der weder eine Einschränkung in Bezug auf Umverteilungsfälle noch eine dem § 108 Abs. 6 BSHG entsprechende Bestimmung enthalte. Keine andere Beurteilung rechtfertige, dass die Aufnahme und Abgabe von Asylbewerbern
bei einer länderübergreifenden Verteilung nach §
51 AsylVfG auf die Aufnahmequote nach §
45 AsylVfG angerechnet werde (§
52 AsylVfG); denn §
10 b Abs.
3 AsylbLG begründe einen Erstattungsanspruch der nunmehr zuständigen Behörde, während sich die Verteilung der Asylbewerber nach Quoten
gemäß §§
44,
45 AsylVfG an die Länder richte. Es sei daher nach Bundesrecht nicht zwingend, dass den abgebenden Hilfeträger tatsächlich für ein Jahr
eine doppelte Kostentragungspflicht treffe, weil er für den umgezogenen Asylbewerber aufkommen müsse und zugleich wegen des
Verziehens dieses Ausländers gemäß der Aufnahmequote verpflichtet sei, einen neuen Asylbewerber aufzunehmen und diesem Leistungen
zu gewähren. Auch werde durch die Anrechnung auf die Länderquote nicht gerade die nunmehr zuständige Behörde (Hilfeträger),
in deren Zuständigkeitsbereich der Hilfeempfänger aufgrund der länderübergreifenden Umverteilungsentscheidung verziehe, kraft
Bundesrechts entlastet; dabei könne für die Auslegung des §
10 b Abs.
3 AsylbLG nicht auf die Besonderheit abgestellt werden, dass der Hilfeempfänger in einen Stadtstaat verziehe, in dem das Land als Kommune
zugleich die zuständige Behörde nach dem
Asylbewerberleistungsgesetz sei. Etwaige Doppelbelastungen der abgebenden Behörde könne das jeweilige Land durch die landesinterne Verteilung nach §
50 Abs.
2 AsylVfG und die damit einhergehende Regelungsermächtigung ausgleichen; auch könne es sonst Erstattungsleistungen bei den landesinternen
Erstattungsregelungen berücksichtigen. Die Anwendbarkeit des §
10 b Abs.
3 AsylbLG könne indes nicht davon abhängig sein, ob landesrechtliche Vorschriften im Sinne des §
50 Abs.
2 AsylVfG eine Regelung über die Kostenentlastung des abgebenden Leistungsträgers enthielten. Auch die Auslegung der bundesrechtlichen
Regelung des §
10 b Abs.
3 AsylbLG sei nicht an das Bestehen landesrechtlicher Kostenerstattungsregelungen gebunden. Gegen eine vollständige doppelte Kostenbelastung
der Beklagten für den Fall, dass ihr trotz der Kostenerstattungspflicht hinsichtlich des abgegebenen Asylbewerbers ein neuer
Asylbewerber zugewiesen werde, spreche zudem, dass das Land Niedersachsen zur Abgeltung von Aufwendungen für diesen neuen
Asylbewerber Pauschalen erstatte. Selbst wenn die Erstattungspflicht eine doppelte Kostentragungspflicht zur Folge hätte,
überschritte sie nicht die Grenze der Unbilligkeit zu Lasten des abgebenden Hilfeträgers. Die wirtschaftliche Belastung werde
dadurch abgemildert, dass die Kostenerstattungspflicht ein Jahr nach dem Verziehen des Leistungsberechtigten ende und dass
z.B. im Falle der Familienzusammenführung oder im Falle einer Umverteilung aus sonstigen humanitären Gründen, wie z.B. wegen
einer körperlichen oder seelischen Erkrankung, regelmäßig besonders die Kostenträger auf längere Zeit belastet würden, die
für den Personenkreis des §
1 Abs.
1 AsylbLG als Zuzugsträger einen besonderen Anreiz zum Zuzug böten, mithin in der Regel Ballungsgebiete und Großstädte mit besonderen
sozialen Einrichtungen; auch könnten wegen Erkrankungen umzuverteilende Ausländer besonders hohe Ansprüche nach §§
4,
6 AsylbLG geltend machen. Solche besonderen Kosten fielen ein Jahr nach dem Umzug des Leistungsberechtigten dem aufnehmenden Leistungsträger
zur Last und entlasteten dann insofern den bisherigen Leistungsträger. Es wäre unbillig, die bei derartigen Behandlungsfällen
entstehenden hohen Kosten allein den aufnehmenden Leistungsträgern aufzubürden. Im Übrigen obliege es allein dem Gesetzgeber,
Unbilligkeiten, die bei der Anwendung des §
10 b Abs.
3 AsylbLG auftreten können, zu korrigieren.
Mit ihrer Revision verfolgt die Beklagte ihr Klageabweisungsbegehren weiter; sie rügt eine Verletzung des §
10 b Abs.
3 AsylbLG.
Der Kläger verteidigt das Berufungsurteil.
II.
Die Revision ist unbegründet. Das Berufungsgericht hat die Berufung im Einklang mit dem Bundesrecht zurückgewiesen; dem Kläger
steht nach §
10 b Abs.
3 AsylbLG der geltend gemachte Kostenerstattungsanspruch zu.
1. Für die Beurteilung des Kostenerstattungsbegehrens hat das Berufungsgericht zu Recht auf §
10 b Abs.
3 AsylbLG abgestellt. §
52 AsylVfG, nach dem die Aufnahme von Asylbegehrenden u.a. in den Fällen einer länderübergreifenden Umverteilung (§
51 AsylVfG) auf die Quoten nach § 45
AsylbLG angerechnet wird, ist keine abschließende, systematisch vorrangige Lastenverteilungsregelung, welche in Umverteilungsfällen
die spätere, speziellere und allein auf die befristete Kostenerstattung zwischen den zuständigen Behörden bezogene Regelung
des §
10 b Abs.
3 AsylbLG verdrängt.
2. Der gesetzliche Tatbestand des §
10 b Abs.
3 Satz 1
AsylbLG ist hier dem Wortlaut nach erfüllt. Zwischen den Beteiligten steht zu Recht nicht im Streit, dass die Hilfeempfängerin und
ihr Sohn, die Leistungsberechtigte nach dem
Asylbewerberleistungsgesetz waren, mit Blick auf die Umverteilungsentscheidung ohne Verstoß gegen eine asyl- oder ausländerrechtliche räumliche Beschränkung
im April 2000 aus dem Bereich ihres bisherigen gewöhnlichen Aufenthalts im Bereich der Beklagten in den des Klägers gewechselt
sind und sie dort innerhalb eines Monats nach dem Aufenthaltswechsel der Leistungen nach dem
Asylbewerberleistungsgesetz bedurften.
Die Hilfeempfängerin und ihr Sohn sind auch im Sinne des §
10 b Abs.
3 Satz 1
AsylbLG vom Ort ihres bisherigen gewöhnlichen Aufenthalts in den Bereich des Klägers verzogen. Eine Person "verzieht" dann im Sinne
des §
10 b Abs.
3 AsylbLG von einem Ort in einen anderen, wenn sie den gewöhnlichen Aufenthalt in der Absicht wechselt, an den bisherigen Aufenthaltsort
(vorerst) nicht mehr zurückzukehren; der Begriff bezeichnet eine Verlagerung des Mittelpunktes der Lebensbeziehungen und setzt
neben der Aufgabe des gewöhnlichen Aufenthalts am bisherigen Aufenthaltsort die Begründung eines neuen gewöhnlichen Aufenthalts
am Zuzugsort voraus (so BVerwG, Urteil vom 7. Oktober 1999 - BVerwG 5 C 21.98 -, FEVS 51, 385 >zu § 107 Abs. 1 BSHG, dem §
10 b Abs.
3 Satz 1
AsylbLG insoweit nachgebildet ist<). Das Tatbestandsmerkmal des "Verziehens" setzt nicht voraus, dass am Wegzugsort (Ort des bisherigen
gewöhnlichen Aufenthalts) eine "Wohnung" im Sinne einer durch freiwillige Aufenthaltnahme begründeten und auf Dauer angelegten,
selbstgestalteten Häuslichkeit bestand; der Begriff des Verziehens oder Umzugs ist nämlich kein die Art und Weise des gewöhnlichen
Aufenthalts am Wegzugsort qualifizierendes Tatbestandsmerkmal, sondern bezeichnet die Art und Weise des Ortswechsels (BVerwG,
Urteil vom 18. März 1999 - BVerwG 5 C 11.98 -, FEVS 49, 434 >zu § 107 BSHG<).
Der Begriff des Verziehens bezieht sich auf den tatsächlichen Vorgang eines (dauerhaften) Ortswechsels. Er ist gekennzeichnet
durch einen "Aufenthaltswechsel" (§
10 a Abs.
3 Satz 4 letzter Halbsatz
AsylbLG) und stellt nicht darauf ab, ob es sich um einen freiwilligen, durch Art.
11 GG grundrechtsgeschützten Vorgang handelt. Bereits nach dem Wortlaut des §
10 b Abs.
3 Satz 1
AsylbLG ist für den Begriff des "Verziehens" unerheblich, ob dieser Ortswechsel in Vollzug einer ausländer- oder asyl(verfahrens)rechtlichen
Rechtspflicht erfolgt ist. Die normative Dimension des Aufenthaltswechsels ist abschließend durch die vom "Verziehen" abgesetzte,
weitere Tatbestandsvoraussetzung des Kostenerstattungsanspruchs erfasst, dass das Verziehen "ohne Verstoß gegen eine asyl-
oder ausländerrechtliche räumliche Beschränkung", mithin insoweit rechtmäßig erfolgt sein muss. Das
Asylbewerberleistungsgesetz hat die Frage, ob der Ausländer bei dem tatsächlichen Vorgang des Aufenthaltswechsels im Einklang mit der Rechtsordnung handelt,
mithin im Tatbestand des §
10 b Abs.
3 AsylbLG verselbständigt; es besteht daher weder Anlass noch Raum, den Begriff des Umzuges bzw. Verziehens mit dem Element der "Freiwilligkeit"
zu verbinden.
Für die von der Beklagten für geboten gehaltene Beschränkung des Begriffs des "Verziehens" auf "freiwillige" oder selbstbestimmte
Ortswechsel fehlt auch nach der Systematik des Asylbewerberleistungsgesetzes sowie nach der Entstehungsgeschichte des §
10 b Abs.
3 AsylbLG (BTDrucks 13/2746 S. 18) jeder Anhalt. Der persönliche Anwendungsbereich des Asylbewerberleistungsgesetzes bezieht sich mit
den nach §
1 AsylbLG Leistungsberechtigten auf Personen, die den Ort ihres - tatsächlichen oder im Rechtssinne gewöhnlichen - Aufenthalts regelmäßig
nicht frei wählen oder wechseln dürfen, sondern weit überwiegend bereits nach dem
Asylverfahrensgesetz von Zuweisungsentscheidungen abhängig sind und im Übrigen den allgemeinen ausländerrechtlichen Möglichkeiten einer räumlichen
Beschränkung unterliegen. Systematisch gegen eine Beschränkung des "Verziehens" auf nicht durch Zuweisungs- oder Umverteilungsentscheidungen
veranlasste Aufenthaltswechsel spricht auch die gesetzliche Fiktion des §
10 a Abs.
3 Satz 4
AsylbLG in Fällen der Verteilung oder Zuweisung, in denen für den auch in §
10 b Abs.
3 Satz 1
AsylbLG in Bezug genommenen gewöhnlichen Aufenthalt gerade nicht auf den tatsächlichen, sondern den durch Zuweisungs- oder (Um)Verteilungsentscheidung
zu nehmenden Aufenthaltsort abgestellt wird. Der bereits kraft gesetzlicher Fiktion eingetretene Wechsel des Ortes des gewöhnlichen
Aufenthalts ist für die Kostenerstattung nach dem
Asylbewerberleistungsgesetz notwendige, aber nicht hinreichende Voraussetzung eines "Verziehens".
3. Für die von der Beklagten für geboten gehaltene, teleologisch reduzierende Auslegung des §
10 b Abs.
3 Satz 1
AsylbLG, die Fälle eines Aufenthaltswechsels bei länderübergreifender Verteilung nach §
51 AsylVfG ausnimmt, besteht, soweit der Wortlaut hierfür Raum ließe, jedenfalls kein hinreichender Anlass.
Der Zweck der § 107 Abs. 1 BSHG nachgebildeten Regelung, einen Belastungsausgleich zwischen den für die Leistungsgewährung nach dem
Asylbewerberleistungsgesetz zuständigen Behörden im Falle eines Aufenthaltswechsels zu erreichen, spricht bei einer auf das
Asylbewerberleistungsgesetz bezogenen Betrachtung gerade für eine Berücksichtigung jener Fälle, in denen der Aufenthaltswechsel durch eine länderübergreifende
Umverteilung nach §
51 AsylVfG veranlasst ist. Denn auch in diesen Fällen wird der bislang zuständige Träger entlastet und der zuständig werdende Träger
belastet. Angesichts der "Mobilitätsbeschränkungen", denen zumindest die wesentlichen Gruppen der nach dem
Asylbewerberleistungsgesetz Leistungsberechtigten unterliegen, handelt es sich zwar nicht um die einzige, wohl aber um eine signifikante Fallgruppe.
Es ist nicht erkennbar, dass der Gesetzgeber die Anwendung des §
10 b Abs.
3 Satz 1
AsylbLG auf die "Umverteilungsfälle" des §
51 AsylVfG nicht vorausgesehen habe. Die asylverfahrensrechtlichen Regelungen zur Umverteilung (§
51 AsylVfG) und zur Anrechnung auf die Länderquoten (§
52 AsylVfG) sind seit dem 1. Juli 1993 unverändert in Kraft. Sie sind zeitgleich mit dem
Asylbewerberleistungsgesetz in seiner ursprünglichen Fassung geschaffen worden und waren im Zeitpunkt der Einfügung der Kostenerstattungsregelung des
§
10 b AsylbLG durch das Erste Gesetz zur Änderung des Asylbewerberleistungsgesetzes vom 26. Mai 1997 (BGBl I S. 1130) bereits seit etwa
vier Jahren in Kraft. Dies steht einer teleologischen Reduktion des §
10 b Abs.
3 AsylbLG entgegen.
Dem lässt sich auch nicht entgegenhalten, dass die Kostenerstattungsregelung des §
10 b Abs.
3 AsylbLG ebenso wie die Quotenanrechnungsvorschrift des §
52 AsylVfG auf einen Belastungsausgleich gerichtet ist, mithin ein ähnliches Ziel verfolgt, und die Regelungen gegenläufig wirken können.
Der Belastungsausgleich nach §
10 b Abs.
3 AsylbLG einerseits, §
52 AsylVfG andererseits unterscheidet sich hinsichtlich der Ebenen, auf denen er erfolgt, der Bezugnahme auf die Gewährung von Leistungen
nach dem
Asylbewerberleistungsgesetz und die zeitliche Dimension. §
10 b Abs.
3 AsylbLG führt einen Belastungsausgleich auf der Ebene der einzelnen, für den Vollzug des Asylbewerberleistungsgesetzes zuständigen
Behörden herbei, und zwar in Umverteilungsfällen unabhängig davon, ob es sich um eine landesinterne (§
50 AsylVfG) oder eine länderübergreifende (§
51 AsylVfG) (Um)Verteilung handelt; kraft Bundesrechts ist eine Quotenanrechnung bei Umverteilung innerhalb eines Landes, soweit diese
innerhalb des Landes ihrerseits nach Quoten erfolgt, nicht vorgegeben. §
52 AsylVfG gewährleistet einen Belastungsausgleich hingegen allein auf Länderebene; es ist nach Bundesrecht nicht zwingend, dass bei
der landesinternen Verteilung gerade jener Behörde, die bei umverteilungsbedingtem länderübergreifenden Aufenthaltswechsel
nach §
10 b AsylbLG zur Kostenerstattung verpflichtet ist, (umgehend) ein weiterer Asylbewerber zugewiesen wird. Für den Belastungsausgleich
des §
52 AsylVfG ist weiterhin unerheblich, ob der von einer länderübergreifenden Umverteilung betroffene Ausländer nicht nur dem Grunde nach
leistungsberechtigt nach dem
Asylbewerberleistungsgesetz ist, sondern auch tatsächlich Leistungen nach dem
Asylbewerberleistungsgesetz erhält. Schließlich endet die Erstattungspflicht nach §
10 b Abs.
3 AsylbLG spätestens nach Ablauf eines Jahres seit dem Aufenthaltswechsel; die Wirkungen der Quotenanrechnung sind hingegen zeitlich
nicht begrenzt.
Die von der Beklagten für ihren Rechtsstandpunkt geltend gemachte "Doppelbelastung" in Fällen länderübergreifender Umverteilung
durch eine Zuweisung eines weiteren (leistungsberechtigten) Asylbewerbers nach dem Quotenverfahren und eine befristete Kostenerstattung
für den "abgegebenen" Asylbewerber kann allerdings ungeachtet dessen eintreten, dass sich §§
51,
52 AsylVfG und §
10 b Abs.
3 AsylbLG nicht auf dieselben Rechtsträger, einen notwendig identischen Personenkreis und gleiche Zeitabschnitte beziehen. Für die
Auslegung der bundesgesetzlichen Regelung des § 10 b Abs. 3
AsylVfG kann die - wohl nicht unwahrscheinliche - Möglichkeit einer "Doppelbelastung" allerdings deswegen nicht ausschlaggebend sein,
weil allein nach Bundesrecht nicht zu beurteilen ist, ob es im einzelnen Umverteilungsfall tatsächlich zu einer (befristeten)
Doppelbelastung kommt. Ob gerade der (nach §
10 b Abs.
3 AsylbLG kostenerstattungspflichtigen) Behörde des bisherigen Aufenthaltsortes (umgehend oder binnen Jahresfrist) nach dem Quotenanrechnungsverfahren
der §§
44 ff.
AsylVfG ein weiterer (ebenfalls nach dem
Asylbewerberleistungsgesetz leistungsberechtigter) Asylbewerber zugewiesen wird, hängt davon ab, wie nach §
50 AsylVfG die landesinterne Verteilung geregelt ist. Die landesinterne Verteilung ist indes nach §
50 Abs.
2 AsylVfG - durch Rechtsverordnung oder Landesgesetz - durch das jeweilige Land zu regeln; die Zuweisungsentscheidung hat die zuständige
Landesbehörde zu erlassen (§
50 Abs.
4 Satz 1
AsylVfG). Der Landesrechtsgeber hat es mithin in der Hand, eine Doppelbelastung der nach §
10 b Abs.
3 AsylbLG kostenerstattungspflichtigen Behörde zu vermeiden, etwa indem bei einer quotal gesteuerten landesinternen Verteilung ein
unter Aufenthaltswechsel in ein anderes Land verzogener Ausländer für die Dauer eines Jahres, eine bestehende Kostenerstattungspflicht
auf die Quote der Behörde des bisherigen Aufenthaltsortes angerechnet wird.
Keine andere Beurteilung rechtfertigt, dass es bei einer länderübergreifenden Umverteilung zumindest in den Ländern, die den
für den Vollzug des Asylbewerberleistungsgesetzes örtlich zuständigen Behörden die Aufwendungen ganz oder teilweise erstatten
und diese Erstattung auch auf Kostenerstattungsleistungen nach §
10 b Abs.
3 AsylbLG erstrecken, bei einer auf die Landesebene bezogenen Betrachtung zu einer Doppelbelastung kommt. Es gibt keinen zwingenden
Grund dafür, solche "unbillig" erscheinenden Konsequenzen einer unzulänglichen Abstimmung zwischen der asylbewerberleistungsrechtlichen
Regelung des § 10 b Abs. 3
AsylVfG und der asylverfahrensrechtlichen Quotenanrechnungsregelung des §
52 AsylVfG ohne Anhalt im Gesetz gerade im Bereich des Erstattungsrechts des Asylbewerberleistungsgesetzes auszugleichen.
4. Die Kostenentscheidung folgt aus §
154 Abs.
2 VwGO. Aufgrund von §
194 Abs.
5 in Verbindung mit §
188 Satz 2 Halbsatz 2
VwGO in der Fassung des Gesetzes zur Bereinigung des Rechtsmittelrechts im Verwaltungsprozess (RmBereinVpG) vom 20. Dezember 2001
(BGBl I S. 3987) ist die zuvor nach §
188 Satz 2
VwGO a.F. auch Erstattungsstreitigkeiten zwischen Sozialleistungsträgern erfassende Gerichtskostenfreiheit für das vorliegende,
nach dem 1. Januar 2002 beim Bundesverwaltungsgericht anhängig gewordene Revisionsverfahren entfallen.