Übernahme der Beiträge zu einer Haftpflichtversicherung im Rahmen der Sozialhilfe
Gründe:
I.
Die 1959 geborene Klägerin zu 1 und ihre beiden Kinder, die 1980 und 1988 geborenen Kläger zu 3 und 4, erhielten vom Beklagten
seit September 1994 ergänzende Hilfe zum Lebensunterhalt, weil die Erwerbsunfähigkeitsrente des pflegebedürftigen Ehemannes
der Klägerin zu 1, des früheren Klägers zu 2, nur dessen eigenen sozialhilferechtlichen Bedarf abdeckte und außer dem Kindergeld
kein Einkommen bezogen wurde.
Von Oktober 1989 bis einschließlich März 1994 waren die Kläger bei der A-Versicherung privat haftpflichtversichert. Mit Wirkung
vom 1. September 1996 schloss der Ehemann der Klägerin zu 1 eine Privathaftpflichtversicherung bei der B-Versicherung ab,
deren Versicherungsschutz sich auch auf den Ehegatten und die unverheirateten Kinder bezog, so lange sie sich noch in einer
Schul- oder sich unmittelbar anschließenden Berufsausbildung befanden. Der Jahresbeitrag belief sich von September 1996 bis
einschließlich August 1997 auf 120,80 DM.
Mit Schreiben vom 5. September 1996 beantragte der Ehemann der Klägerin zu 1, im Rahmen der Hilfegewährung die Beiträge für
die Haftpflichtversicherung zu übernehmen. Der Beklagte lehnte dies mit der Begründung ab, die Kosten einer Haftpflichtversicherung
könnten im Rahmen der Hilfe zum Lebensunterhalt nur einkommensbereinigend berücksichtigt werden, wenn die Versicherung bereits
bei erstmaliger Bewilligung von Hilfe zum Lebensunterhalt bestanden habe und nicht zugemutet werden könne, aus dem bestehenden
Vertrag auszuscheiden (Bescheid vom 3. Januar 1997).
Das Verwaltungsgericht hat die nach erfolgslosem Widerspruch (Widerspruchsbescheid vom 18. Juli 1997) erhobene Klage, in deren
Rubrum auch die Kläger zu 3 und 4 aufgenommen wurden, als unbegründet abgewiesen. Das Oberverwaltungsgericht hingegen hat
auf die Berufung der Kläger zu 1, 3 und 4 den Beklagten in entsprechender Änderung des erstinstanzlichen Urteils und der angefochtenen
Bescheide verpflichtet, den Klägern weitere Hilfe zum Lebensunterhalt für die Zeit vom 5. September 1996 bis zum 31. Juni
1997 unter anteiliger Berücksichtigung des Jahresbeitrages von 120,80 DM für die Haftpflichtversicherung zu bewilligen. Zur
Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt:
Zwar gehörten die Kosten einer privaten Haftpflichtversicherung nicht zum notwendigen Lebensunterhalt im Sinne von § 12 BSHG, doch sei die Prämie für die streitbefangene Haftpflichtversicherung gemäß § 76 Abs. 2 Nr. 3 BSHG von dem einzusetzenden Einkommen abzusetzen. Der Einkommensabsetzung stehe nicht entgegen, dass die Versicherung erst während
laufender Sozialhilfe abgeschlossen worden sei. Weder aus Wortlaut und Entstehungsgeschichte des § 76 Abs. 2 Nr. 3 BSHG noch aus der inneren Systematik des Bundessozialhilfegesetzes lasse sich ableiten, dass Beiträge für eine erst während des
Sozialhilfebezugs abgeschlossene Versicherung allein deshalb als nicht "angemessen" von der Absetzung vom Einkommen auszunehmen
seien. Bei der Bestimmung des Begriffs der Angemessenheit aus der inneren Systematik des § 76 BSHG sowie aus Sinn und Zweck der Vorschrift unter Berücksichtigung der dem Sozialhilferecht insgesamt innewohnenden Zielsetzungen
sei zunächst zu fragen, ob die Versicherung einen vernünftigen, nachvollziehbaren Zweck verfolge; dies sei mit Blick auf Schäden,
die von Kindern und Jugendlichen insbesondere durch mangelnde Vorsicht beim Spielen oder durch Unachtsamkeit im Verkehr verschuldet
würden, der Fall. Unter dem Blickwinkel der Daseinsvorsorge werde der Abschluss einer Familienhaftpflichtversicherung, in
die zwei minderjährige Kinder einbezogen seien, von einem vernünftigen und vorausschauenden Bürger, der kein überzogenes Sicherheitsbedürfnis
habe, als ratsam eingestuft; bereits bei nur geringer Unachtsamkeit und aufgrund kleinster Ursachen könnten in heutiger Zeit
"ruinöse" Schäden, die nicht mehr oder nur über einen langen Zeitraum hin aus eigenen Mitteln zu ersetzen seien, entstehen.
Der Abschluss der Versicherung erst während des laufenden Sozialhilfebezuges gereiche den Klägern unter dem Gesichtspunkt
der Daseinsvorsorge nicht zum Nachteil. Bei mehrköpfigen Familien mit minderjährigen Kindern sei die Schadenswahrscheinlichkeit
grundsätzlich höher als z.B. einem Erwachsenen, und ein vernünftiger und vorausschauend planender Bürger würde die Versicherung
jedenfalls dann abschließen, wenn er sich des Risikos durch besondere Ereignisse bewusst werde, wie dies angesichts vom Beklagten
nicht bestrittener Vorfälle betreffend die Kläger zu 3 und 4 der Fall gewesen sei, welche ihren Vater zum erneuten Abschluss
einer Haftpflichtversicherung veranlasst hätten. Zwar entspreche es grundsätzlich dem Prinzip des Nachrangs der Sozialhilfe,
den Einkommensabzug bei gesetzlich nicht vorgeschriebenen Versicherungsbeiträgen auf Vorsorgeaufwendungen zu beschränken,
die eine der gesetzlichen Sozialversicherung vergleichbare Bedeutung für die grundlegende Daseinsvorsorge hätten, einen engen
Bezug zur Erwerbstätigkeit und den damit einhergehenden Risiken aufwiesen und einen bescheidenen Rahmen nicht überschritten,
doch sei der enge Bezug zur Erwerbstätigkeit ausnahmsweise entbehrlich, wenn mit der Versicherung Risiken abgedeckt würden,
die nach Art und Bedeutung gleichzuachten seien. Die Familienhaftpflichtversicherung falle nicht zu weit aus dem Zusammenhang
der übrigen durch § 76 Abs. 2 BSHG berücksichtigten Risiken heraus, denn sie habe zumindest bei Familien mit minderjährigen Kindern nach Art und Bedeutung des
versicherten Risikos eine vergleichbare Bedeutung für die grundlegende Daseinsvorsorge wie die übrigen durch § 76 Abs. 2 BSHG berücksichtigten Risiken. Schulden zu vermeiden, gehöre im Rahmen der Vermögenssorge zu der im §
1626 Abs.
1 BGB geregelten Pflicht der Eltern, für das minderjährige Kind zu sorgen. Die mit dem Abschluss einer Familienhaftpflichtversicherung
bezweckte Sicherung sei ein Beitrag zur Erlangung und Beibehaltung einer eigenständigen, vom dauerhaften Sozialhilfebezug
unabhängigen wirtschaftlichen Stellung, ohne über das Ziel einer elementaren Hilfe in der Not hinauszuweisen. Zwar werde der
Sozialhilfeträger durch die Familienhaftpflichtversicherung in einem Schadensfall nur geringfügig entlastet, da er Schadensersatzansprüche
nicht übernehmen müsse, doch werde mit dem Abschluss einer Familienhaftpflichtversicherung die Möglichkeit eines "ruinösen"
Schadens weitestgehend ausgeschlossen, der den Weg in ein von der Sozialhilfe unabhängiges Leben langfristig, wenn nicht lebenslang,
versperren könne. In einem solchen Schadensfalle würden insbesondere die Kläger zu 3 und 4 in der Sozialhilfe "festgehalten",
und der Zusammenhalt der Familie, deren Selbsthilfekräfte anzuregen seien (§ 7 BSHG), wäre gefährdet. Auch nach der Höhe entspreche der Beitrag dem, was ein in bescheidenen Verhältnissen lebender, aber nicht
sozialhilfebedürftiger Bürger in einer ansonsten vergleichbaren Lage für sinnvoll und tragbar erachten würde.
Mit seiner (vom Berufungsgericht zugelassenen) Revision rügt der Beklagte eine Verletzung von § 76 Abs. 2 Nr. 3 BSHG.
Die Kläger verteidigen das angefochtene Urteil.
II.
Die Revision, über die das Bundesverwaltungsgericht infolge des Einverständnisses der Beteiligten gemäß § 141 Satz 1 i.V.m.
§
125 Abs.
1 Satz 1 und §
101 Abs.
2 VwGO ohne mündliche Verhandlung entscheiden kann, ist nicht begründet. Das Berufungsurteil steht mit Bundesrecht (§
137 Abs.
1 Nr.
1 VwGO) im Einklang, so dass die Revision zurückzuweisen ist (§
144 Abs.
2 VwGO). Das Berufungsgericht hat ohne Verstoß gegen Bundesrecht entschieden, dass die Beiträge für die Haftpflichtversicherung
der Kläger nach § 76 Abs. 2 Nr. 3 BSHG abzusetzen sind.
Von dem vor Bezug von Sozialhilfe einzusetzenden Einkommen sind nach § 76 Abs. 2 Nr. 3 BSHG u.a. Beiträge zu privaten Versicherungen abzusetzen, soweit diese Beiträge gesetzlich vorgeschrieben oder nach Grund und
Höhe angemessen sind. Der Begriff "angemessen" ist unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck der jeweiligen Vorschrift auszulegen,
zu deren Tatbestandsmerkmalen er gehört; er ist ein unbestimmter Gesetzesbegriff, dessen Auslegung und Anwendung durch die
Verwaltung gerichtlich voll überprüfbar sind (vgl. Urteile des Senats vom 21. Dezember 2001 - BVerwG 5 C 27.00 - >BVerwGE 115, 331< und vom 27. Juni 2002 - BVerwG 5 C 43.01 - >NJW 2002, 3791; zur Veröffentlichung in der amtlichen Entscheidungssammlung bestimmt<).
Das Oberverwaltungsgericht hat die Beiträge zu Recht mit der Begründung als angemessen im Sinne von § 76 Abs. 2 Nr. 3 BSHG angesehen, dass "ein in bescheidenen Verhältnissen lebender, aber nicht sozialhilfebedürftiger Bürger in einer ansonsten
vergleichbaren Lage" den Abschluss der Familienhaftpflichtversicherung auch als sinnvoll erachtet hätte. Diese Betrachtungsweise
entspricht den Kriterien, welche der Senat in seinem Urteil vom 27. Juni 2002 - BVerwG 5 C 43.01 - (a.a.O.) betreffend die Absetzungsfähigkeit von Beiträgen zu einer Sterbegeldversicherung zur Auslegung des Tatbestandsmerkmals
"angemessen" im § 76 Abs. 2 Nr. 3 BSHG mit Blick auf Sinn und Zweck dieser Regelung entwickelt hat.
Als Beurteilungsmaßstab für die Absetzungsfähigkeit u.a. von Beiträgen zu privaten Versicherungen unter dem Gesichtspunkt
der Angemessenheit hat der Senat (a.a.O.) dem Umstand Rechnung getragen, "dass (gerade) auch Bezieher geringer Einkommen Risiken
abzusichern pflegen, bei deren Eintritt ihre weitere Lebensführung außerordentlich belastet wäre ...". Dies trifft insbesondere
auf Haftpflichtschäden, welche jedermann aus alltäglichen Anlässen in nicht vorhersehbarer Höhe treffen können, ohne weiteres
zu. Für die relevante Vergleichsgruppe der Bezieher von Einkommen knapp oberhalb der Sozialhilfegrenze ist sodann eine Abwägung
unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten vorzunehmen "zwischen dem Umstand, dass eine Vorsorge gegen die allgemeinen Lebensrisiken
als solche kaum jemals 'unvernünftig' ist und dementsprechend auch unter wirtschaftlich beengten Verhältnissen getroffen zu
werden pflegt, und der Rücksicht auf die Sparzwänge ..., die davon abhalten, ohne Not finanzielle Verpflichtungen einzugehen,
die nur unter Gefährdung des notwendigen Lebensunterhalts erfüllt werden können. Die 'Angemessenheit' von Vorsorgeaufwendungen
beurteilt sich somit sowohl danach, für welche Lebensrisiken (Grund) und in welchem Umfang (Höhe) Bezieher von Einkommen knapp
oberhalb der Sozialhilfegrenze solche Aufwendungen zu tätigen pflegen, als auch nach der individuellen Lebenssituation des
Hilfesuchenden ...".
Danach würde auch ein in beengten wirtschaftlichen Verhältnissen lebender Bezieher von Einkommen knapp oberhalb der Sozialhilfegrenze
bei Abwägung der versicherten Risiken einerseits und der Sparzwänge andererseits eine Haftpflichtversicherung abschließen.
Es kann dahingestellt bleiben, ob deshalb im Rahmen des Üblichen liegende Beiträge für eine Haftpflichtversicherung grundsätzlich
als im Rahmen des § 76 Abs. 2 Nr. 3 BSHG angemessen anzusehen sind, wovon - soweit ersichtlich - Rechtsprechung und Literatur ausgehen (vgl. OVG Lüneburg, Beschluss
vom 20. Juli 1982 - 4 B 74/82 - >FEVS 33, 122<; Urteil vom 25. Januar 1989 - 4 A 30/87 - >Info also 1990, 33<; Urteil vom 29. November 1989 - 4 A 205/88 - >FEVS 42, 104, 108<; offen gelassen in VGH Mannheim, Urteil vom 21. Januar 1991 - 14 S 494/89 - LS 3 >SGb 1991, 266/267<; Gutachten des Deutschen Vereins für Öffentliche und Private Fürsorge vom 17. April 2001, NDV
2001, 385; Eichhorn-Fergen, Praxis der Sozialhilfe, Stand 1. April 1998, S. 524; Fichtner, Bundessozialhilfegesetz, 2. Aufl. 2003, § 76 Rn. 26; Gottschick-Giese, Das Bundessozialhilfegesetz, Kommentar, 9. Aufl. 1985, § 76 Rn. 8.3; Brühl in: LPK-BSHG, 6. Aufl. 2003, § 76 Rn. 69; Mergler/ Zink, BSHG, 4. Aufl., Stand März 2001, § 76 Rn. 90 m.w.N.; Schellhorn, BSHG, Kommentar, 16. Aufl. 2002, § 76 Rn. 38; Schmitt/ Hillermeier, BSHG, Stand August 2002, § 76 Rn. 19), oder darüber hinaus noch auf individuelle Besonderheiten der jeweiligen Lebenssituation abzustellen ist. Bei einer
Familie mit minderjährigen Kindern ist der Abschluss einer Familienhaftpflichtversicherung allemal angemessen. Gerade bei
mehrköpfigen Familien mit minderjährigen Kindern besteht eine höhere Schadenswahrscheinlichkeit; Schadensersatzpflichten bedeuten
für geringere als "ruinöse Schäden" bei geringem Familieneinkommen eine Belastung des Familienlebens und können den Zusammenhalt
in der Familie, deren Kräfte zur Selbsthilfe anzuregen sind (§ 7 BSHG), gefährden. Der Abschluss einer Familienhaftpflichtversicherung, der auch Familien mit einem Einkommen knapp oberhalb der
Sozialhilfegrenze Schutz vor die Lebensführung außerordentlich belastenden Risiken bietet, zu denen neben den von der Vorinstanz
angeführten "ruinösen Schäden" auch die zahlreichen kleineren Schadensrisiken des Alltags gehören, ist für vernünftige und
vorausschauende Eltern aus den in Betracht kommenden Einkommensgruppen sozialhilferechtlich als sachgerechte Vorsorge - unabhängig
vom Bestehen einer dahin gehenden unterhaltsrechtlichen Verpflichtung - anzuerkennen.
Zu Recht hat die Vorinstanz die Angemessenheit der Versicherungsbeiträge nach Grund und Höhe nicht unter dem ausschließlichen
Gesichtspunkt einer Berufsbezogenheit des versicherten Risikos geprüft; die Auffassung der Revision, grundsätzlich erfordere
der Tatbestand des § 76 Abs. 2 Nr. 3 BSHG einen engen Zusammenhang zu den Risiken einer Erwerbstätigkeit, findet im Gesetz selbst keine Stütze, denn anders als Absatz
2 a dieser Bestimmung stellt Absatz 2 nicht auf einen Erwerbsbezug oder Zusammenhang mit einer Erwerbstätigkeit ab.
Soweit die Revision im Zusammenhang mit der Frage nach den verfassungsrechtlichen Grenzen einer Schuldenhaftung Minderjähriger
unter dem Gesichtspunkt des im allgemeinen Persönlichkeitsrecht (Art.
1 Abs.
1 i.V.m. Art.
2 Abs.
1 GG) verankerten Rechts Minderjähriger, ihr weiteres Leben selbst und ohne unzumutbare (Schulden-)Belastungen - hier: aus einer
gesetzlichen Haftpflicht - gestalten zu können, auf die Beschränkungen der rechtsgeschäftlichen Vertretungsmacht der Eltern
gemäß der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 13. Mai 1986 - 1 BvR 1542/84 - (BVerfGE 72, 155 = FamRZ 1986, 769) und für den Bereich der deliktischen Haftung auf die gemäß Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts
vom 13. August 1998 - 1 BvL 25/96 - (NJW 1998, 3557) bestehende rechtliche Möglichkeit eines Forderungserlasses durch den Sozialversicherungsträger nach §
76 Abs.
2 Nr.
3 SGB IV hinweist, lässt sich daraus nicht herleiten, es bedürfe deshalb nicht der sozialhilferechtlichen Anerkennung privater Vorsorge
im Rahmen des § 76 Abs. 2 Nr. 3 BSHG. Die Revision verkennt, dass mit dem Rechtsbegriff der Angemessenheit nicht erst der Bereich verfassungsrechtlicher Schutzpflichten,
sondern bereits der Bereich wirtschaftlich sinnvollen Umgangs mit versicherbaren Risiken als Maßstab in Bezug genommen ist.
Auch soweit die Revision mit Blick auf die Pfändungsschutzbestimmung des §
850 c ZPO meint, das vollstreckungsrechtliche Ziel, Vollstreckungsschuldnern einen Anreiz zur Behebung ihrer Notlage aus eigener Kraft
zu belassen, werde damit ausreichend gewährleistet und es bedürfe keines weiteren sozialhilferechtlichen Schutzes, verkennt
sie, dass der Begriff der Angemessenheit im Sinne des § 76 Abs. 2 Nr. 3 BSHG sich an einem wirtschaftlich sinnvollen und sparsamen Verhalten, nicht aber an den Maßstäben des Zwangsvollstreckungsrechts
orientiert. Die nach Grund und Höhe angemessene Absicherung gegen Risiken ist nicht mit der Begleichung bereits bestehender
Schulden, der Ermöglichung eines schuldenfreien Lebens oder der rechtlichen Sicherung dagegen zu verwechseln, durch Schuldenbegleichung
sozialhilfebedürftig zu werden.
Soweit die Berücksichtung der Versicherungsbeiträge bei der Berechnung des einzusetzenden Einkommens Einkommensbezieher im
Vergleich zu einkommenslosen Sozialhilfeempfängern begünstigt, sieht der Senat hier unter dem Gesichtspunkt des allgemeinen
Gleichheitssatzes (Art.
3 Abs.
1 GG) keine durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken. Denn die unterschiedlichen Rechtsfolgen sind durch unterschiedliche
Voraussetzungen (vorhandenes bzw. fehlendes Einkommen) bedingt.
Schließlich trifft aus den von der Vorinstanz zutreffend angeführten Gründen auch die Ansicht der Revision nicht zu, die Haftpflichtversicherung
der Kläger sei nach dem Individualisierungsprinzip deshalb unangemessen, weil der Vater der Kläger zu 3 und 4 sie erst während
des laufenden Bezugs von Sozialhilfe abgeschlossen habe. Der Umstand, dass die Kläger vor Bezug von Sozialhilfe mehrere Monate
ohne Versicherungsschutz gelebt haben, schließt den Abzug der Haftpflichtbeiträge vom einzusetzenden Einkommen nicht aus.
Grundsätzlich gehen gesetzlich begründete Ansprüche oder Vergünstigungen für die Zukunft nicht dadurch verloren, dass der
Berechtigte sie (aus welchen Gründen auch immer) zeitweise nicht geltend macht. Darin liegt kein rechtlich relevanter Verzicht
der Eltern auf die Inanspruchnahme des Schutzes einer Haftpflichtversicherung unter Abzug der Beiträge vom sozialhilferechtlich
einzusetzenden Einkommen, und es ist auch nicht zu erkennen, warum ein nach Art des versicherten Risikos und den individuellen
Lebensumständen angemessener Versicherungsschutz dadurch unangemessen werden sollte, dass der Hilfesuchende sich der Bedeutung
eines solchen Schutzes erst nach Bezug von Sozialhilfe (erneut) bewusst wird.
Die Kostenentscheidung folgt aus §
154 Abs.
2 VwGO, die Gerichtskostenfreiheit aus §
188 Satz 2
VwGO.