Sozialhilferecht: Unterkunftskosten einer unangemessen teuren Wohnung
Gründe:
I.
Unter dem 4. Oktober 1993 beantragte die Klägerin ergänzend zu ihrer Rente Hilfe zum Lebensunterhalt bei dem beklagten Sozialhilfeträger,
in dessen Zuständigkeitsbereich sie, aus Hessen kommend, zum 1. Oktober 1993 umgezogen war, weil sie näher bei ihrer in Heidelberg
lebenden Tochter wohnen wollte. Der Mietzins der von der Klägerin bezogenen 50 qm großen Zweizimmerwohnung beträgt monatlich
700 DM zuzüglich 50 DM Nebenkostenvorauszahlung. Für Oktober 1993 hatte die Klägerin den Mietzins bereits vor Antragstellung
entrichtet. Auch in Hessen hatte die Klägerin ergänzende Hilfe zum Lebensunterhalt bezogen.
Der Beklagte lehnte den Antrag ab und wies den dagegen erhobenen Widerspruch zurück (Widerspruchsbescheid vom 13. Januar 1994),
da das Einkommen der Klägerin zur Bedarfsdeckung ausreiche. Die Kosten der Unterkunft seien bei der Bedarfsberechnung nicht
zu berücksichtigen, da sie unangemessen hoch seien, die Klägerin ihre bisherige Wohnung ohne vorherige Rücksprache mit dem
Kreissozialamt aufgegeben habe und für sie bereits bei der Anmietung der neuen Wohnung erkennbar gewesen sei, daß ihre eigenen
Mittel zur Deckung der Mietaufwendungen nicht ausreichen würden.
Mit ihrer daraufhin erhobenen Klage hat die Klägerin die Verpflichtung des Beklagten zur Gewährung von (ergänzender) Hilfe
zum Lebensunterhalt unter Berücksichtigung ihrer Unterkunftskosten in voller Höhe begehrt. Das Verwaltungsgericht hat den
Beklagten unter Aufhebung seiner Bescheide verpflichtet, der Klägerin ergänzende Hilfe zum Lebensunterhalt unter Berücksichtigung
von Kosten der Unterkunft in Höhe von 450 DM monatlich für den Zeitraum vom 1. November 1993 bis einschließlich Januar 1994
zu gewähren, und die Klage im übrigen abgewiesen. Dies hat es im wesentlichen wie folgt begründet: Bei der Berechnung der
Hilfe zum Lebensunterhalt für die Klägerin sei der angemessene Teil der Unterkunftskosten zu berücksichtigen. Mit dem Verwaltungsgerichtshof
Baden-Württemberg (Beschluß vom 14. Juni 1994 - 6 S 1171/94 -) sei entgegen dem Bundesverwaltungsgericht (BVerwGE 92, 1) davon auszugehen, daß ein Hilfeempfänger, der ohne Notwendigkeit in eine sozialhilferechtlich zu große und teure Wohnung
umziehe, die Übernahme der für eine angemessene Unterkunft aufzubringenden Kosten verlangen könne. Angemessen sei im Fall
der Klägerin eine Wohnung bis zu 45 qm mit einem Quadratmeterpreis von bis zu 10 DM/qm, also ein monatlicher Mietzins von
450 DM.
Gegen dieses Urteil richtet sich die vom Verwaltungsgericht zugelassene und mit Zustimmung der Klägerin eingelegte Revision
des Beklagten. Er rügt die Verletzung von §§ 11 und 12 BSHG und § 3 Abs. 1 RegelsatzVO und beantragt, das Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Der Oberbundesanwalt beim Bundesverwaltungsgericht stützt die Ansicht des Beklagten.
II.
Die nach §
134 VwGO zulässige Revision des Beklagten ist begründet. Die Ansicht des Verwaltungsgerichts, der Beklagte sei verpflichtet, der Klägerin
ergänzende Hilfe zum Lebensunterhalt zu gewähren und dabei von den unangemessen hohen Unterkunftskosten einen als angemessen
angesehenen Teilbetrag von 450 DM monatlich als Bedarf zu berücksichtigen, verletzt Bundesrecht (§
137 Abs.
1 Nr.
1 VwGO). Da eine abschließende Entscheidung des Rechtsstreits noch tatsächliche Feststellungen erfordert, die zu treffen dem Revisionsgericht
verwehrt ist (§
137 Abs.
2 VwGO), muß die Sache zur weiteren Sachaufklärung an das Verwaltungsgericht zurückverwiesen werden (§
144 Abs.
3 Satz 1 Nr.
2 VwGO).
Ob die Klägerin für den streitgegenständlichen Zeitraum (November 1993 bis Januar 1994) Anspruch auf Hilfe zum Lebensunterhalt
hat, beurteilt sich nach §§ 11, 12 BSHG in der Fassung der Bekanntmachung vom 10. Januar 1991 (BGBl I S. 94 ber. S. 808) und § 3 Abs. 1 RegelsatzVO vom 20. Juli 1962 (BGBl I S. 515) und hängt - darüber sind sich auch die Beteiligten einig - allein davon ab, ob und ggf. in welcher Höhe die Aufwendungen
für die neue Wohnung sozialhilferechtlich als Bedarf der Klägerin anzuerkennen und deshalb bei der Bedarfsberechnung zu berücksichtigen
sind.
Bei der Beantwortung dieser Frage ist zunächst davon auszugehen, daß das Verwaltungsgericht die Aufwendungen für die Wohnung
der Klägerin gemessen an den Verwaltungsvorschriften seines Bundeslandes zu §
5 Abs.
2 Wohnungsbindungsgesetz über die Angemessenheit von Wohnungsgrößen im sozialen Wohnungsbau, die für Alleinstehende bis zu 45 qm Gesamtwohnfläche
für (noch) angemessen halten (vgl. Nr. 6.6.1
WoBindG-VwV 1991 (GABl 1991 S. 1145)), aus sozialhilferechtlicher Sicht zu Recht als unangemessen hoch angesehen hat. Das steht in
Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. BVerwGE 92, 1 (3); 97, 110 (112 f.)) und ist revisionsgerichtlich nicht zu beanstanden.
Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts kann die Klägerin vom Beklagten jedoch nicht die teilweise Berücksichtigung ihrer
Unterkunftskosten in Höhe solcher Aufwendungen verlangen, die für eine im Hinblick auf ihren Wohnbedarf und den örtlichen
Wohnungsmarkt an sich angemessene Unterkunft aufzubringen wären und von der Vorinstanz hier auf eine Monatsmiete von 450 DM
begrenzt worden sind. Insbesondere ist § 3 Abs. 1 RegelsatzVO keine Rechtsgrundlage für die Gewährung eines solchen bloßen
Unterkunftskostenzuschusses (BVerwGE 92, 1 (5)). § 11 Abs. 1 Satz 1 und § 12 Abs. 1 Satz 1 BSHG, an die § 3 Abs. 1 Satz 1 RegelsatzVO anknüpft, begründen eine Verpflichtung zur Übernahme laufender Leistungen für die Unterkunft grundsätzlich
nur in bezug auf eine sozialhilferechtlich angemessene Unterkunft. Das entspricht der ständigen Rechtsprechung des Senats
(vgl. BVerwGE 72, 88 (89 f.); 75, 168 (170); 92, 1 (3); 97, 110 (111 f.)) und ergibt sich sowohl im Rückschluß aus § 3 Abs. 1 Satz 2 RegelsatzVO
(vgl. BVerwGE 92, 1 (3)) als auch und vor allem aus dem der Verordnungstätigkeit der in § 22 Abs. 2 BSHG genannten Organe vorgegebenen Grundsatz, daß mit Sozialhilfeleistungen nach §§ 11, 12 BSHG nur der "notwendige" Lebensunterhalt sicherzustellen ist (vgl. BVerwGE 72, 88 (89); 75, 168 (170); 97, 110 (112)).
Die Ausrichtung des Anspruchs aus § 12 Abs. 1 Satz 1 BSHG, § 3 Abs. 1 Satz 1 RegelsatzVO auf den notwendigen Lebensunterhalt wirkt nicht nur anspruchsbegrenzend, sondern auch anspruchsgestaltend:
Die Hilfeleistung ist so zu bemessen, daß der Hilfebedürftige seinen notwendigen Bedarf tatsächlich in vollem Umfang befriedigen
kann (vgl. BVerwGE 92, 336 (337); 94, 211 (213); s. ferner BVerwGE 97, 53 (57 f.)). Für die Übernahme von Kosten der Unterkunft folgt hieraus zweierlei. Einerseits ist der Sozialhilfeträger nach
§§ 11, 12 BSHG, § 3 Abs. 1 Satz 1 RegelsatzVO verpflichtet, die tatsächlichen Kosten für eine Unterkunft, die im Sinne des sozialhilferechtlich Notwendigen
angemessen ist, in voller Höhe zu übernehmen. Der Anspruch des Hilfesuchenden beschränkt sich also nicht auf einen bloßen
Anteil der tatsächlichen Unterkunftskosten, der nicht ausreicht, den Unterkunftsbedarf zu decken. Nach dem sozialhilferechtlichen
Bedarfsdeckungsgrundsatz darf kein ungedeckter Bedarfsrest hinsichtlich der Unterkunftskosten übrigbleiben. Ist dem Hilfesuchenden
andererseits (nur) das zu gewähren, was er aus sozialhilferechtlicher Sicht benötigt, schließt der Sozialhilfeanspruch die
Übernahme unangemessen hoher Unterkunftskosten aus, es sei denn, die Ausnahmeregelung in § 3 Abs. 1 Satz 2 RegelsatzVO greift
ein. Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts ist der Sozialhilfeträger daher berechtigt, einen Hilfesuchenden, der die
Übernahme unangemessen hoher Unterkunftskosten begehrt, auf den Bezug einer geeigneten kostenangemessenen Unterkunft zu verweisen.
Die darin liegende Beschränkung des Hilfeanspruchs ist im sozialhilferechtlichen Bedarfsdeckungsgrundsatz angelegt, sie läuft
ihm nicht zuwider.
Das angefochtene Urteil stellt sich auch nicht aus anderen Gründen im Ergebnis als richtig dar (vgl. §
144 Abs.
4 VwGO). Zwar könnte Rechtsgrund für die vom Verwaltungsgericht ausgesprochene Verpflichtung des Beklagten, der Klägerin Hilfe zum
Lebensunterhalt unter Berücksichtigung eines Unterkunftskostenanteils in Höhe von 450 DM monatlich zu gewähren, auch ein weitergehender,
die gesamten Unterkunftskosten umfassender Anspruch der Klägerin sein. Auf der Grundlage der tatsächlichen Feststellungen
des Verwaltungsgerichts läßt sich aber nicht entscheiden, ob der Klägerin ein solcher Anspruch zusteht.
Zu Recht ist das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, daß § 3 Abs. 1 Satz 2 RegelsatzVO als Rechtsgrundlage für einen Anspruch
der Klägerin auf Übernahme ihrer Unterkunftskosten in voller Höhe ausscheidet. Nach dieser Vorschrift sind die Aufwendungen
für die Unterkunft, die den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, so lange als Bedarf des Hilfesuchenden
anzuerkennen, als es ihm nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere
Weise die Aufwendungen zu senken. Der Träger der Sozialhilfe ist danach ungeachtet einer für den Hilfesuchenden verfügbaren
kostenangemessenen Unterkunftsalternative für eine Übergangszeit zur Übernahme der vollen Unterkunftskosten verpflichtet,
wenn dem Hilfebedürftigen die Kostensenkung insbesondere durch einen Wohnungswechsel nicht zuzumuten ist. In seinem Kern enthält
Satz 2 des § 3 Abs. 1 RegelsatzVO somit eine Zumutbarkeitsregelung. Darin unterscheidet er sich von Satz 1 dieser Vorschrift.
Ist nun der Sozialhilfeträger - wie oben zu § 3 Abs. 1 Satz 1 RegelsatzVO ausgeführt - berechtigt, einen Hilfebedürftigen,
der die Übernahme unangemessen hoher Unterkunftskosten begehrt, auf eine verfügbare kostenangemessene Unterkunft zu verweisen,
so müssen, bevor ein Anspruch aus § 3 Abs. 1 Satz 2 RegelsatzVO entstehen kann, im Einzelfall besondere Umstände hinzutreten,
die eine Verweisung des Hilfebedürftigen auf die verfügbare Unterkunftsalternative für eine Übergangszeit als unzumutbar erscheinen
lassen.
E i n e n solchen Umstand hat der Senat darin gesehen, daß der Hilfesuchende bei Eintritt der Hilfebedürftigkeit die aus
sozialhilferechtlicher Sicht zu teure Wohnung bereits bewohnt. In einem solchen Fall sollen Hilfesuchende nicht gezwungen
werden, sofort ihre bisherige Wohnung aufzugeben (BVerwGE 92, 1 (3)). Dem liegt die Vorstellung zugrunde, daß der Hilfesuchende (Hilfebedürftige) ein aus sozialhilferechtlicher Sicht schutzwürdiges
Interesse daran hat, von einer unvorhergesehenen, abrupten Änderung seiner gefestigten Wohnsituation und von einem Verlust
seines bisherigen sozialen Umfelds jedenfalls für eine Übergangszeit verschont zu bleiben. Dies erklärt und rechtfertigt zugleich,
daß der Senat den Anwendungsbereich von § 3 Abs. 1 Satz 2 RegelsatzVO auch auf die (Ausnahme-)Fälle erstreckt hat, in denen
der Wechsel eines Nichthilfeempfängers in eine unangemessen teure Wohnung unter den besonderen Umständen des Einzelfalles
unausweichlich ist (BVerwGE 75, 168 (172)).
Wer als Sozialhilfeempfänger eine unnötig hohe Mietbelastung eingeht, ist nach § 3 Abs. 1 Satz 2 RegelsatzVO nicht in Höhe
der tatsächlichen Mietbelastung schutzwürdig. Nach dieser Vorschrift steht Sozialhilfe für unangemessen hohe Unterkunftskosten
nicht mehr zu, sobald sie gesenkt werden können; konnten die unangemessen hohen Kosten von Anfang an (seit der Anmietung oder
dem Einzug in die Wohnung) gesenkt werden, besteht von Anfang an kein Anspruch auf Übernahme der unangemessen hohen Aufwendungen
für die Unterkunft. Ein Anspruch aus § 3 Abs. 1 Satz 2 RegelsatzVO entfällt deshalb auch in den Fällen, in denen bei einem
Auszug aus der bisherigen Wohnung der Wechsel in eine unangemessen teure Wohnung, das Eingehen einer unangemessen hohen Mietzinsverpflichtung
also, nicht erforderlich war. Hier fehlt es von vornherein an der Unzumutbarkeit einer Kostensenkung, an die § 3 Abs. 1 Satz
2 RegelsatzVO den Anspruch auf Übernahme unangemessen hoher Unterkunftskosten knüpft. Denn wer aus seiner bisherigen Wohnung
auszieht, dem ist es zumutbar, bei der Suche nach einer anderen Wohnung darauf zu achten, daß unangemessen hohe Unterkunftskosten
gar nicht erst entstehen.
Nicht von vornherein auszuschließen ist hingegen, daß der Klägerin für den streitbefangenen Zeitraum nach § 12 Abs. 1 Satz 1 BSHG, § 3 Abs. 1 Satz 1 RegelsatzVO ein Anspruch auf Übernahme der gesamten Kosten ihrer neuen Wohnung zusteht. Voraussetzung für einen solchen
Anspruch ist die Angemessenheit der Unterkunftskosten, die nach dem Bedarf des Hilfebedürftigen zu bestimmen ist. Hierfür
kommt es auf die Besonderheiten des Einzelfalles an, vor allem auf die Person des Hilfebedürftigen, die Art seines Bedarfs
und die örtlichen Verhältnisse (§ 3 Abs. 1 BSHG). Bei der Beurteilung der Angemessenheit der Mietaufwendungen für eine in Aussicht genommene oder bereits bewohnte Unterkunft
sind die örtlichen Verhältnisse zunächst insoweit maßgeblich, als auf die im unteren Bereich der für vergleichbare Wohnungen
am Wohnort des Hilfebedürftigen marktüblichen Wohnungsmieten abzustellen und auf dieser tatsächlichen Grundlage die sozialhilferechtlich
maßgebliche Mietpreisspanne zu ermitteln ist (vgl. BVerwGE 97, 110 (113) m.w.N.). Erscheinen dem Sozialhilfeträger die Unterkunftskosten im Einzelfall als zu hoch, darf er die Angemessenheitsprüfung
nicht darauf beschränken, ausgehend vom Bedarf des Hilfebedürftigen mit Blick auf die örtlichen Verhältnisse zu bestimmen,
welcher Kostenaufwand für die Unterkunft sozialhilferechtlich an sich (abstrakt) angemessen wäre. Da der Hilfebedürftige einen
Anspruch auf die Deckung seines Unterkunftsbedarfs hat, muß sich die Angemessenheitsprüfung in einem solchen Fall auch auf
die Frage erstrecken, ob dem Hilfeempfänger im Bedarfszeitraum eine andere bedarfsgerechte, kostengünstigere Wohnung konkret
verfügbar und zugänglich ist. Besteht eine derartige Unterkunftsalternative nicht, ist also die vom Hilfebedürftigen bewohnte
Unterkunft die in dem maßgeblichen räumlichen Umkreis und Bedarfszeitraum einzig verfügbare, sind die Aufwendungen für diese
Wohnung aus sozialhilferechtlicher Sicht angemessen und deshalb gemäß §§ 11, 12 BSHG, § 3 Abs. 1 Satz 1 RegelsatzVO vom Sozialhilfeträger (zunächst) zu übernehmen.
Ein Hilfesuchender, der die Übernahme einer an sich (abstrakt) unangemessen hohen Miete für eine bereits bezogene Wohnung
begehrt, muß dem Sozialhilfeträger deshalb substantiiert darlegen, daß eine andere bedarfsgerechte, kostengünstigere Unterkunft
im Bedarfszeitraum auf dem örtlichen Wohnungsmarkt nicht vorhanden bzw. trotz ernsthafter und intensiver Bemühungen nicht
auffindbar oder eine vorhandene Unterkunft ihm nicht zugänglich ist. Die Anforderungen an einen solchen Nachweis werden durch
die Verhältnisse des örtlichen Wohnungsmarktes entscheidend mitbestimmt und dürfen je nach der Marktlage nicht überspannt
werden, auch wenn das Fehlen einer kostenangemessenen Unterkunftsalternative wohl die Ausnahme sein dürfte. Dem Sozialhilfeträger
bleibt es unbenommen, dem Hilfesuchenden eine Unterkunft, deren Mietzins angemessen ist und die vom Hilfesuchenden angemietet
werden kann, zu benennen. Die Unterkunftsalternative - e i n e kostengünstigere und zugängliche Wohnung genügt - kann
in nach Ausstattung, Zuschnitt, Wohnfläche und Lage einfachem Wohnraum bestehen. Reine Obdachlosenquartiere (Notunterkünfte)
scheiden als Wohnungsalternative aus.
Ein Hilfeempfänger, der aus seiner bisherigen Wohnung auszieht und ohne Notwendigkeit in eine unangemessen teure Wohnung umzieht,
handelt daher auf eigenes Risiko und muß damit rechnen, daß ihm mit Blick auf die örtlichen Verhältnisse im Bedarfszeitraum
hinsichtlich der Aufwendungen für die neue Wohnung von Anfang an anspruchsvernichtend entgegengehalten wird, er habe eine
angemessen große und teure Wohnung anmieten können (vgl. BVerwGE 92, 1 (5 f.); s. auch BVerwGE 97, 110 (115) zum Mehrkostenvorbehalt in § 3 Abs. 2 BSHG). Ist eine Unterkunftsalternative im Bedarfszeitraum verfügbar, besteht nach §§ 11, 12 BSHG, § 3 Abs. 1 Satz 1 RegelsatzVO auch für eine Übergangszeit, etwa bis zur Anmietung einer kostenangemessenen Wohnung oder bis zum Einzug
in diese, kein Anspruch auf Übernahme (oder rechnerische Berücksichtigung) der Aufwendungen für die unangemessen teure Unterkunft.
Der Hilfesuchende ist auf die kostenangemessene Alternative zu verweisen. Dieses Risiko läuft auch derjenige, der im Zeitpunkt
des Wohnungswechsels Hilfe zum Lebensunterhalt (noch) nicht erhält, die neue, zu teure Unterkunft jedoch in Kenntnis des Umstandes
angemietet hat, daß er die Miete nicht aus eigenen Mitteln wird bestreiten können. Die Übernahme von Mietschulden ist grundsätzlich
nicht Aufgabe des Sozialhilfeträgers (vgl. BVerwGE 92, 1 (4 f.) m.w.N.).
Unannehmlichkeiten, Belastungen oder Nachteile, die mit einem erneuten Wohnungswechsel und einer damit verbundenen Aufgabe
des sozialen Umfelds einhergehen, können einen Anspruch auf Übernahme unangemessen hoher Unterkunftskosten auf der Grundlage
von § 3 Abs. 1 Satz 1 RegelsatzVO nicht begründen. Zumutbarkeitserwägungen dieser Art sind nur bei Anwendung von § 3 Abs.
1 Satz 2 RegelsatzVO zu berücksichtigen.
Das Verwaltungsgericht hat - von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig - nicht festgestellt, ob die neue Wohnung der Klägerin
in den Bedarfsmonaten, die hier im Streit sind, die einzig verfügbare und der Klägerin zugängliche Wohnung an ihrem jetzigen
Wohnort und in dessen Umgebung war. Dies mag unwahrscheinlich sein, kann vom Revisionsgericht jedoch nicht ausgeschlossen
werden. Das nötigt zur Zurückverweisung an das Verwaltungsgericht.