Tatbestand
Streitig ist die Versicherungspflicht des 1. Vorsitzenden des Kreisjugendrings A-Stadt des Bayerischen Jugendrings K.d.ö.R.
sowie dessen Stellvertreterin in der gesetzlichen Sozialversicherung.
Der Kläger ist eine Gliederung des Bayerischen Jugendrings K.d.ö.R. (im Folgenden: Bayerischer Jugendring) ohne eigene Rechtspersönlichkeit.
Er bildet eine selbständige Dienststelle im Sinn des Bayerischen Personalvertretungsgesetzes, Dienststellenleiter ist der jeweilige Vorsitzende (§ 8 der Satzung des Bayerischen Jugendrings i. d. Fassung des Beschlusses des 104. Hauptausschusses vom 20. bis 22.10.1994. Hierzu
ist in den "Erläuterungen" zu der Satzung ausgeführt, dass die Stadt-/, Kreis- und Bezirksjugendringe als Vertreter und Sachwalter
der Gesamtorganisation auf der jeweiligen kommunalen bzw. regionalen Ebene tätig sind. Der Kläger unterliegt der Rechtsaufsicht
durch den Landesvorstand, § 8 Abs. 3 der Satzung. Dies ist nach den "Erläuterungen" eine Folge der Tatsache, dass es sich
um eine rechtlich unselbständige Gliederung des Bayerischen Jugendrings handelt.
Die Organe des Kreisjugendrings sind gemäß § 9 der Satzung die Vollversammlung sowie der Vorstand. Aufgabe der Vollversammlung
ist es nach § 11 der Satzung, die Grundlagen der Tätigkeiten des Kreisjugendrings im Rahmen der Satzung des Bayerischen Jugendrings
zu gestalten. Die Vollversammlung legt die Arbeitsplanung fest, entwickelt Grundsätze und die Entscheidung über Schwerpunkte
für die Tätigkeit des Kreisjugendrings sowie allgemeine Aufträge für die Tätigkeit an den Vorstand. Sie ist verantwortlich
für die Wahl und die jährliche Entlastung des Vorstands und nimmt den Arbeitsbericht des Vorstands entgegen zur weiteren Behandlung
(§ 11 der Satzung). Sie entscheidet auch über die Übernahme kommunaler Aufgaben sowie über die Wahrnehmung von Aufgaben kreisangehöriger
Gemeinden, die Übernahme von Betriebsträgerschaften und ähnliches, § 11 Abs. 2i der Satzung. Der Vorstand besteht aus dem
Vorsitzenden sowie seinem Stellvertreter und mindestens drei, höchstens aber sieben weiteren Vorstandsmitgliedern. Er wird
durch die Vollversammlung für die Dauer von zwei Jahren gewählt. Aufgabe des Vorstands ist es nach § 14 der Satzung, im Rahmen
des § 15 Abs. 2 insbesondere die Geschäftsführung wahrzunehmen, die Finanzführung und die Aufsicht des Personals sowie die
Entscheidung über Anträge von landesweiter Bedeutung an den Hauptausschuss. Bei Bestellung eines Geschäftsführers werden die
Aufgaben der laufenden Geschäfte an den Geschäftsführer delegiert. Auf Veranlassung des Vorsitzenden kann der Geschäftsführer
vom Vorstand zum Haushaltsverantwortlichen bestellt werden. Der Vorsitzende vertritt den Kreisjugendring nach innen und außen
und trägt die Gesamtverantwortung. Er wird im Falle seiner Verhinderung von seinem Stellvertreter vertreten. Der Vorsitzende
vertritt den Kreisjugendring als der örtliche Bevollmächtigte des Bayerischen Jugendrings im Stadt- bzw. Kreisgebiet. Er kann
für konkrete Aufgaben Handlungsvollmacht an andere Vorstandsmitglieder oder hauptberufliche Mitarbeiter erteilen (§ 15 Abs.
1 der Satzung). Zahlreiche Rechtsgeschäfte bedürfen der Zustimmung des Landesvorstands sowie beispielsweise der Kauf, die
Veräußerung und Belastung von Immobilien, Miet- und Pachtverträge von mehr als einem Jahr, die Anstellung von Mitarbeitern,
die Übernahme von einmaligen und laufenden Verpflichtungen, soweit sie nicht durch Haushaltsmittel gedeckt sind usw. , § 15
Abs. 2 der Satzung.
Der Hauptausschuss des Bayerischen Jugendrings bestimmt nach § 29 der Satzung die landesweiten Leitlinien, die Ziel und Aufgaben
der Tätigkeit des Bayerischen Jugendrings sowie die Schwerpunkte der Tätigkeit auf Landesebene. Er entscheidet über alle den
Bayerischen Jugendring als Gesamtorganisation betreffenden grundlegenden Fragen und Belange als oberstes Organ. Aufgabe des
Hauptausschusses sind insbesondere der Erlass der Satzung und Erlass der Grundsatzgeschäftsordnung für die Kreis- und Bezirksjugendringe
sowie die Geschäftsordnung des Hauptausschusses, die Feststellungen zum Vertretungsrecht von Mitgliedsorganisationen im Hauptausschuss,
die Bestimmung von Richtlinien für die gesamte Tätigkeit des Bayerischen Jugendrings, insbesondere zum Finanzwesen, die Festlegung
der Arbeitsplanung und der Arbeitsschwerpunkte auf Landesebene, die Entscheidung über die Übernahme staatlicher Aufgaben usw.
Vertreten wird der Bayerische Jugendring gerichtlich und soweit nicht die Satzung etwas Anderes bestimmt, außergerichtlich
durch den 1. Präsidenten, im Fall dessen Verhinderung durch den 2. Präsidenten. Der Bayerische Jugendring untersteht als Körperschaft
des öffentlichen Rechts der Rechtsaufsicht des für die Jugendarbeit zuständigen Bayerischen Staatsministeriums, bei Übertragung
von Staatsaufgaben auch der Fachaufsicht (§ 34 der Satzung).
Die Beklagte führte beim Kläger am 23.07.2003 eine Betriebsprüfung durch für den Prüfzeitraum vom 01.01.1999 bis 31.12.2002.
Im Anschluss daran erließ sie den streitgegenständlichen Beitragsbescheid vom 23.07.2003, mit dem sie in jetzt noch streitiger
Höhe 565,61 EUR Sozialversicherungsbeiträge für die Tätigkeit des 1. Vorsitzenden des Klägers sowie dessen Stellvertreterin
nachforderte. Den Bescheid adressierte die Beklagte an den "Kreisjugendring A-Stadt, A-Straße, A-Stadt". Die Beklagte beanstandete,
dass bei dem Vorsitzenden bzw. dessen Stellvertreterin eine abhängige Beschäftigung vorgelegen habe. Sie führte aus, dass
Aufwandsentschädigungen aus einer Bundes- oder Landeskasse steuerfrei seien, wenn sie in einem Gesetz, in einer auf bundesgesetzlicher
oder landesgesetzlicher Ermächtigung beruhenden Verordnung oder von der Bundesregierung oder einer Landesregierung als Aufwandsentschädigung
festgesetzt seien und als solche im Haushaltsplan ausgewiesen. Aufwandsentschädigungen, die von einer anderen öffentlich-rechtlichen
Körperschaft gezahlt werden, seien nur steuerfrei, wenn sie als Aufwandsentschädigung festgesetzt und wenn daneben die folgenden
Voraussetzungen erfüllt sind:
- Es muss sich um eine öffentliche Kasse handeln.
- Der Empfänger der Aufwandsentschädigung muss öffentliche Dienste leisten.
- Die Entschädigung darf nicht für Verdienstausfall und Zeitverlust gewährt werden.
Sofern der Kreis der Anspruchsberechtigten und der Betrag oder zumindest der Höchstbetrag der den Anspruchsberechtigten aus
einer öffentlichen Kasse gewährten Aufwandsentschädigung durch Gesetz oder Verordnung bestimmt ist, sei die Aufwandsentschädigung
der hauptamtlichen Tätigen in voller Höhe steuerfrei, bei ehrenamtlich tätigen Personen sei ein Drittel der gewährten Aufwandsentschädigung,
mindestens jedoch 50,00 EUR steuerfrei. Sind der Kreis der Anspruchsberechtigten und der Betrag oder zumindest der Höchstbetrag
der Aufwandsentschädigung nicht durch Gesetz oder Verordnung bestimmt, so könne bei hauptamtlich oder ehrenamtlich tätigen
Personen in der Regel ohne weiteren Nachweis ein steuerlich anzuerkennender Aufwand von 54,00 EUR monatlich angenommen werden.
Auf dieser Grundlage ermittelte die Beklagte aus den gezahlten Aufwandsentschädigungen ein sozialversicherungspflichtiges
Arbeitsentgelt für die Stellvertreterin, die Beigeladene zu 1), im Jahr 2000 in Höhe von 350,00 DM, im Jahr 2001 in Höhe von
600,00 DM, für den Vorsitzenden, den Beigeladenen zu 2), im Jahr 1999 900,00 DM, im Jahr 2000 1.200,00 DM und im Jahr 2001
1.200,00 DM. Hieraus errechnete sie die nachzuzahlenden Sozialversicherungsbeiträge.
Der Kreisjugendring A-Stadt erhob hiergegen Widerspruch durch seinen Vorsitzenden F. sowie die Geschäftsführerin, Frau D ...
Zur Widerspruchsbegründung wurde ein Schreiben des Bayerischen Jugendrings an den Kreisjugendring A-Stadt vorgelegt. Diesem
ist zu entnehmen, dass der Kreisjugendring A-Stadt als Gliederung des Bayerischen Jugendrings keine eigene Rechtspersönlichkeit
besitzt. Der Vorsitzende und seine Stellvertreterin haben danach ein ehrenamtliches Wahlamt inne und seien keinen Weisungen
unterworfen. In einem Telefonvermerk vom 24.09.2003 zu einem Gespräch der Beklagten und Frau D., der Geschäftsführerin des
Kreisjugendringes A-Stadt, ist festgehalten, dass die Vorsitzenden vorwiegend Repräsentationsaufgaben und strategische Aufgaben
wahrnehmen wie z.B. die Festlegung von Leitlinien und Zielen. Sie leiten die Vollversammlungen, nehmen im Auftrag der Vollversammlung
Kontakte zu Politikern und anderen Institutionen auf, um die Ziele durchzusetzen. Die konkrete Ausführung von Beschlüssen
der Vollversammlung, z.B. Angebote einholen usw., übernehmen die Geschäftsstelle mit Geschäftsführung und zwei Verwaltungsangestellten.
Die laufenden Verwaltungsaufgaben werden vom Vorsitzenden nicht geleitet. In einem Gespräch vom 25.03.2004 zwischen dem Geschäftsführer
des Bayerischen Jugendrings und Vertretern der Beklagten wurde erörtert, dass der Vorsitzende die laufenden Geschäfte beispielsweise
dann erledigt, wenn der Geschäftsführer krank oder in Urlaub ist. Der Vorsitzende vertrete insoweit den Geschäftsführer. Dringende
Geschäfte würden beispielsweise bei Erkrankung des Geschäftsführers durch den Vorsitzenden erledigt. Der Zeitaufwand für die
Tätigkeit des Vorsitzenden wurde auf ca. fünf bis acht Wochenstunden geschätzt. Vorgelegt wurde auch die Stellenbeschreibung
der Geschäftsführerin. In einem weiteren Schreiben vom 23.04.2007 setzte sich die Beklagte mit der Problematik auseinander,
dass rechtlich möglicherweise der Bayerische Jugendring als Arbeitgeber anzusehen sei.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 09.08.2007 zurück. Der Widerspruchsbescheid wurde ebenfalls
adressiert an den "Kreisjugendring A-Stadt". Die Beklagte führte darin aus, dass es sich bei dem Kreisjugendring um eine rechtlich
nicht selbständige Untergliederung des Bayerischen Jugendringes, einer Körperschaft des öffentlichen Rechts handele. Weiter
erläuterte die Beklagte, dass es für die Beitragspflicht in der Sozialversicherung ein entscheidendes Kriterium sei, ob es
sich bei den Tätigkeiten des Vorsitzenden bzw. seiner Stellvertreterin um dem allgemeinen Arbeitsleben zugängliche Verwaltungstätigkeiten
handele oder ob nur Repräsentationsaufgaben wahrgenommen würden. Der Vorsitzende und seine Stellvertreterin übten jedoch Verwaltungstätigkeiten
aus, indem sie beispielsweise die Geschäftsführung bei Krankheit oder Urlaub vertraten. Hierin liege eine Einbindung in das
reibungslose Verwaltungsgeschehen. Auch gebe der Vorsitzende Stellungnahmen ab bei Förderanträgen und unterzeichne grundsätzlich
Übernahmeerklärungen des Kreisjugendringes bezüglich Trägerschaften. Er unterzeichne auch den laufenden Schriftverkehr mit
Politikern, in denen für Projekte, Vorhaben usw. geworben und Fördergelder ausgehandelt werden. Darüber hinaus seien der Vorsitzende
und seine Stellvertreterin funktionell in die Organisation der Körperschaft des Kreisjugendringes und des übergeordneten Bayerischen
Jugendringes eingegliedert. Der Vorsitzende leiste die Vorarbeit für die anschließenden anfallenden weiteren Verwaltungsaufgaben,
die vom Geschäftsführer und den Verwaltungsangestellten verrichtet werden. Auch unterliege der Vorsitzende der Beaufsichtigung
durch den Bayerischen Jugendring gemäß § 17 der Satzung. Die Arbeit sei fremdbestimmt zu verrichten auf der Basis der von
der Vollversammlung gestalteten Grundlagen im Rahmen der Satzung des Bayerischen Jugendrings. Es bestehe auch kein Unternehmerrisiko,
da der Vorsitzende und seine Stellvertreterin kein eigenes Kapital einzubringen haben. Außerdem erhalten der Vorsitzende und
seine Stellvertreterin monatlich eine gleichbleibende Aufwandsentschädigung.
Hiergegen hat der Bayerische Jugendring Klage erhoben zum Sozialgericht Augsburg. Das Sozialgericht hat die Klage aufgenommen
als Klage des Kreisjugendringes A-Stadt des Bayerischen Jugendringes und so weitergeführt. Als Prozessbevollmächtigte war
benannt die Rechtsreferentin Dr. G. W. u.a., Bayerischer Jugendring, Körperschaft des Öffentlichen Rechts.
Mit Urteil vom 29.01.2010 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und die Berufung zugelassen. Es hat seine Entscheidung
im Wesentlichen darauf gestützt, dass die Tätigkeit des Vorsitzenden und seiner Stellvertreterin überwiegende Merkmale einer
abhängigen Beschäftigung aufwiesen. Beide verrichteten fremdbestimmte Arbeit, da die eigenverantwortliche Aufgabenwahrnehmung
nur im Rahmen der von der Vollversammlung gestalteten Grundlagen im Rahmen der Satzung es Bayerischen Jugendringes möglich
sei. Auch bestehe die Verpflichtung zur Abgabe eines Arbeitsberichtes.
Hiergegen hat der Kreisjugendring Berufung eingelegt.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 29.01.2010 sowie den Bescheid der Beklagten vom 23.07.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 09.08.2007 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Gerichtsakten beider Rechtszüge sowie die Akte der Beklagten waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Über die Frage, ob der 1. Vorsitzende sowie dessen Stellvertreterin des Kreisjugendringes A-Stadt des Bayerischen Jugendringes
K.d.ö.R. versicherungspflichtig waren in allen Zweigen der Sozialversicherung, ist deshalb nicht mehr zu entscheiden.
Die Festsetzung des Streitwerts folgt der des Sozialgerichts, § 47 in Verbindung mit § 52 Abs. 3 Gerichtskostengesetz.