Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II
Angemessenheit der Leistungen für Unterkunft und Heizung
Fehlendes schlüssiges Konzept wegen mangelhafter Datenbasis
Tatbestand
Streitig sind Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II im Zeitraum 1.11.2014 bis 30.4.2015 insbesondere unter dem Gesichtspunkt, ob die dem Kläger und Berufungskläger (in der Folge:
Kläger) bewilligten Leistungen für Unterkunft und Heizung angemessen i.S. des § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II sind.
I.
Der Beklagte und Berufungsbeklagte (in der Folge: Beklagter) nimmt für das Gebiet der kreisfreien Stadt A. als gemeinsame
Einrichtung (§ 44 Abs. 1 S. 2 HS 1 SGB II) die Aufgaben der Träger nach dem SGB II wahr. Bei im streitigen Zeitraum rd 280 000 Einwohnern (vgl www....bayern.de) waren von rd 145 000 Wohnungen in Gebäuden
mit Wohnraum rd 93 000 zu Wohnzwecken vermietet (vgl Bayerisches Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung, zensus 2011,
Gebäude und Wohnungen sowie Wohnverhältnisse der Haushalte, Kreisfreie Stadt A. am 9.5.2011). Von den Wohnungen in Gebäuden
mit Wohnraum standen rd 35 000 im Eigentum von Wohnungsgenossenschaften, Kommunen oder kommunalen Wohnungsunternehmen, privatwirtschaftlichen
Wohnungsunternehmen, anderen privatwirtschaftlichen Unternehmen, Bund oder Land oder Organisationen ohne Erwerbszweck (zB
Kirchen) (vgl Bayerisches Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung, aaO). Mietwerterhebungen für das gesamte Stadtgebiet
oder (qualifizierte) Mietspiegel fehlten (zumindest) bis Februar 2013 und liegen - über die Datenbasis des Grundsicherungsrelevanten
Mietspiegels hinaus für den streitigen Zeitraum bis heute nicht vor.
Auf dieser Grundlage beauftragte der zum Verfahren beigeladene, zuständige kommunale Träger die R. GbR, Wirtschaftsprüfer,
Steuerberater, Rechtsanwälte, mit der Erstellung eines grundsicherungsrelevanten Mietspiegels zur Ermittlung der angemessenen
Kosten der Unterkunft für die Stadt A., den diese im Augst 2013 (vgl Bl 79 ff der SG-Akte; in der Folge: Grundsicherungsrelevanter Mietspiegel) und nach Überarbeitung im laufenden Berufungsverfahren (vgl Bl
245 ff der LSG-Akte; in der Folge: Grundsicherungsrelevanter Mietspiegel, Juli 2017) wie folgt erstellte:
1. Der Grundsicherungsrelevante Mietspiegel berechnet in einem ersten Schritt an Hand von Bestandsmieten die Angemessenheitsgrenze
bestehend aus angemessenen Nettokaltkosten und angemessenen Betriebskosten. In einem zweiten Schritt überprüft er, ob Leistungsberechtigte
tatsächlich die Möglichkeit haben, mit den als angemessen bestimmten Beträgen eine bedarfsgerechte Unterkunft anzumieten,
ob also zur Angemessenheitsgrenze auf dem örtlichen Wohnungsmarkt hinreichend freier Wohnraum verfügbar ist.
2. Für den ersten Schritt wurden im Zeitraum März und April 2013 zum Stichtag 30.4.2013 (vgl S. 11 des Grundsicherungsrelevanten
Mietspiegels) im Bereich der gesamten Stadt A. (vgl S. 14 des Grundsicherungsrelevanten Mietspiegels) im Rahmen einer Vermieter-
und Mieterbefragung 16 765 Datensätze an Bestandsmieten (vgl S. 13 des Grundsicherungsrelevanten Mietspiegels) erhoben. Von
diesen Datensätzen entfallen insgesamt 15 955 Wohnungen auf Genossenschaften/Wohnungsbauunternehmen (410 Datensätze von der
Häuserverwaltung K., 584 von der Postbaugenossenschaft A-Stadt eG, 855 von der SG A-Stadt F., 8 918 von der Wohnungsbaugesellschaft der Stadt A. GmbH, 74 von der Wohnbaugenossenschaft L., 3 030 von der Wohnungs-
und Siedlungsbau B. und 2 084 von der W. GmbH des Landkreises A-Stadt; vgl Gutachterliche Stellungnahme vom 29.7.2016, Bl
141, 145 der LSG-Akte); dabei handelte es sich im Wesentlichen um sämtliche Wohnungen, die diese Unternehmen zum damaligen
Zeitpunkt (30.4.2013) vermieteten.
3. Die Datensätze wurden in der Folge vereinheitlicht und um redundante Daten, unvollständige Angaben und unplausible Werte
bereinigt (vgl S. 14 f des Grundsicherungsrelevanten Mietspiegels). Weiter wurden Wohnungen mit gehobenem Wohnstandard (vgl
S. 9 f des Grundsicherungsrelevanten Mietspiegels) ausgeschlossen (vgl S. 15 des Grundsicherungsrelevanten Mietspiegels).
Im Rahmen des vorliegenden Berufungsverfahrens wurden schließlich von den erhobenen Bestandsmieten solche Datensätze ausgeschlossen,
die zum Stichtag älter als vier Jahre waren (vgl S. 6 des Grundsicherungsrelevanten Mietspiegels, Stand Juli 2017). Damit
liegen dem Grundsicherungsrelevanten Mietspiegel nunmehr noch 13 357 Bestandsmietendatensätze zugrunde (vgl S. 6 des Grundsicherungsrelevanten
Mietspiegels, Stand Juli 2017). Die dem Grundsicherungsrelevanten Mietspiegel im August 2013 darüber hinaus zunächst zugrunde
gelegten Daten zu Unterkunftskosten von SGB II- und SGB XII-Leistungsempfängern (vgl S. 13 f des Grundsicherungsrelevanten Mietspiegels) wurden im laufenden Berufungsverfahren entfernt,
da hinsichtlich dieser eine Doppelerfassung mit den im Rahmen der Vermieter- und Mieterbefragung erhobenen Daten nicht ausgeschlossen
werden konnte (vgl S. 5 des Grundsicherungsrelevanten Mietspiegels, Stand Juli 2013).
4. In der Folge wurde als Angemessenheitsgrenze der Nettokaltmiete die obere Grenze des 95%-igen Konfidenzintervalls ermittelt.
Dabei wurde davon ausgegangen, dass sich nach statistischen Maßstäben 95% aller Daten der Grundgesamtheit, also nicht nur
die Daten aus der Stichprobe, innerhalb dieses Intervalls befinden. Das Konfidenzintervall habe durch die Ermittlung der Standardabweichung
und des Mittelwerts der zur Berechnung vorliegenden Daten gebildet werden können. Es gebe somit nicht nur eine Wahrscheinlichkeit
der Lage der Daten an, sondern diene auch der Kappung von Ausreißern, da sich diese Werte i.d.R. außerhalb des Konfidenzintervalls
befänden (vgl S. 16 des Grundsicherungsrelevanten Mietspiegels August 2013). Hieraus wurde auf eine (angemessene) Nettokaltmiete
für Ein-Personen-Bedarfsgemeinschaften, bis 50 qm, i.H.v. 5,50 € pro qm geschlossen (vgl S. 16 des Grundsicherungsrelevanten
Mietspiegels).
5. Die Berechnung der durchschnittlichen kalten Neben- und Betriebskosten folgte zunächst demselben Ansatz wie die Ermittlung
der Nettokaltmiete in € pro qm. In der Folge wurde allerdings nicht die obere Grenze des Konfidenzintervalls ermittelt, sondern
der Durchschnittswert der Daten, die sich innerhalb des Konfidenzintervalls befanden. Hieraus ergaben sich für Ein-Personen-Bedarfsgemeinschaften,
bis 50 qm, kalte Betriebskosten i.H.v. 1,44 € pro qm (vgl S. 16 f des Grundsicherungsrelevanten Mietspiegels).
6. Insgesamt kommt der Grundsicherungsrelevante Mietspiegel für eine Ein-Personen-Bedarfsgemeinschaft, bis 50 qm zu einer
(angemessenen) Bruttokaltmiete i.H.v. 347,05 € monatlich (50 qm x 5,50 € + 50 qm x 1,44 €) (vgl S. 17 des Grundsicherungsrelevanten
Mietspiegels August 2013). An diesem Betrag wurde auch festgehalten, obgleich die im vorliegenden Verfahren vorgenommenen
"Nachbesserungen" (Entfernung der Daten von SGB II- und SGB XII-Leistungsempfängern sowie von Bestandsmieten älter als vier Jahre) für Ein-Personen-Bedarfsgemeinschaften zu einer angemessenen
Bruttokaltmiete i.H.v. 330,49 € führten (vgl S. 7 des Grundsicherungsrelevanten Mietspiegels, Stand Juli 2013).
7. Im zweiten Schritt wurde überprüft, ob zu der auf Basis der Bestandsmieten vorläufig ermittelten Angemessenheitsgrenze
konkrete Wohnungsangebote verfügbar sind. Dies sei nötig, da die vorläufig definierte Obergrenze noch keine Aussage dazu zulasse,
ob entsprechende Wohnungen in erforderlichem Umfang neu angemietet werden können. Insoweit wurde der im Grundsicherungsrelevanten
Mietspiegel aus August 2013 zunächst gewählte Ansatz (vgl S. 18 ff des Grundsicherungsrelevanten Mietspiegels) im vorliegenden
Verfahren überarbeitet. Nunmehr wird unter Berücksichtigung von Fluktuationsquote und Mehrfachinseratefaktor ein monatliches
Transaktionsvolumen berechnet. Die Preisstruktur wurde an Hand der sog Neuvertragsmieten - dh des Mietpreises von Wohnungen,
deren Mietverträge in den letzten sechs Monaten vor dem Stichtag 30.4.2013 geschlossen worden sind oder bei denen eine Mietpreisänderung
erfolgt ist -, die im Rahmen der Bestandsmieten im März und April 2013 erfasst wurden, analysiert (vgl S. 13 des Grundsicherungsrelevanten
Mietspiegels, Stand Juli 2017). Im Weiteren wurde auf Grundlage der in der Bürgerumfrage 2015 erhobenen Daten die Nachfragekonkurrenz
auf dem Wohnungsmarkt eingestellt (S. 10 ff des Grundsicherungsrelevanten Mietspiegels, Stand Juli 2017). Im Ergebnis kommt
(auch) der (im Juli 2017 vorgelegte, überarbeitete) Grundsicherungsrelevante Mietspiegel zu dem Ergebnis, dass sämtliche unangemessen
wohnenden SGB II- und SGB XII-Leistungsempfänger, die zu einer Kostensenkung aufgefordert werden, zu der im ersten Schritt ermittelten Angemessenheitsgrenze
(für Ein-Personen-Bedarfsgemeinschaften i.H.v. 347,05 € monatlich) auch unter Berücksichtigung der Nachfragekonkurrenz am
Wohnungsmarkt A-Stadt eine Wohnung hätten anmieten und damit ihre Unterkunftskosten senken können (S. 15 des Grundsicherungsrelevanten
Mietspiegels, Stand Juli 2017).
8. Der Stadtrat der Beigeladenen beschloss am 24.10.2013 die Anwendung der im Grundsicherungsrelevanten Mietspiegel ermittelten
Richtwerte für die Angemessenheit für die Zeit ab 1.11.2013 (vgl Bl 217 ff der LSG-Akte). Eine Fortschreibung wurde am 25.6.2015
für die Zeit ab 1.9.2015 beschlossen (vgl Bl 93 ff der LSG-Akte). Der Beklagte vollzog die so beschlossenen Angemessenheitsgrenzen
entsprechend.
II
Der 1952 geborene Kläger lebte im streitigen Zeitraum allein unter der im Rubrum angegebenen Adresse. Ausweislich des am 2.12.2006
geschlossenen Mietvertrages schuldete der Kläger für die ca 58 qm große Drei-Zimmer-Wohnung 350 € Miete zzgl 50 € Betriebskostenvorauszahlung
und 60 € für Heizung und Warmwasser, insgesamt also 460 € monatlich. Über Einkommen oder Vermögen verfügte der Kläger im streitigen
Zeitraum nicht. Der Kläger hatte im streitigen Zeitraum einen Vertrag über eine private Kranken- und Pflegeversicherung abgeschlossen,
für die er einen monatlichen Gesamtbeitrag i.H.v. 393,52 € (davon Gesamtmonatsbeitrag zur Pflegeversicherung iHv 34,38 €)
bis Dezember 2014 bzw 413,94 € (davon Gesamtmonatsbeitrag zur Pflegeversicherung iHv 38,44 €) ab Januar 2015 schuldete.
Der Kläger bezog ab Mai 2011 vom Beklagten und Berufungsbeklagten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Dabei wurden neben dem jeweils gültigen Regelbedarf für Alleinstehende und dem Zuschuss zum Beitrag zur Kranken- und Pflegeversicherung
Leistungen für Unterkunft und Heizung i.H.v. zunächst 460 € und von Januar 2012 bis einschließlich Oktober 2014 iHv 453,80
€ monatlich bewilligt.
Mit Schreiben vom 17.4.2014, dessen Kenntnisnahme der Kläger am 29.4.2014 bestätigte, wies der Beklagte den Kläger darauf
hin, dass seine derzeitigen Kosten für Unterkunft (Kaltmiete und Betriebskosten) in Höhe von derzeit 393,80 € nach den Richtlinien
der Stadt A. zur derzeitigen Angemessenheit unangemessen hoch seien. Die Grenze der Angemessenheit für die Kaltmiete und die
Betriebskosten beliefen sich im Fall des Klägers auf 347,05 €. Unangemessene Kosten seien solange als Bedarf anzuerkennen,
wie es dem Leistungsberechtigten nicht möglich oder zumutbar sei, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermietung oder auf andere
Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel aber längstens für sechs Monate (Bl 434 der Beklagten-Akte).
Für die Zeit vom 1.11.2014 bis 30.4.2015 bewilligte der Beklagte dem Kläger im Hinblick auf dessen selbstständige Tätigkeit
nach § 40 Abs. 2 Nr. 1 SGB II i.V.m. §
328 Abs.
1 S. 1
SGB III vorläufig Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts ohne Anrechnung von Einkommen unter Berücksichtigung des jeweils
gültigen Regelbedarfs, eines Zuschusses zum Beitrag zur privaten Krankenversicherung i.H. des halben Basistarifs bzw zur privaten
Pflegeversicherung in tatsächlich geschuldeter Höhe sowie Leistungen für die Unterkunft und Heizung i.H.v. 407,05 € (347,05
€ + tatsächliche Heizkosten i.H.v. 60 €) monatlich, insgesamt für November und Dezember 2014 i.H.v. 1.146,31 € monatlich bzw
für Januar bis April 2015 i.H.v. 1.164,18 € monatlich (vgl Bescheid vom 22.10.2014 - Bl 460 der Beklagten-Akte, geändert durch
Bescheide vom 22.11.2014 - Bl 99 der Akte des Sozialgerichts (Anpassung Regelbedarf ab Januar 2015), vom 12.1.2015 - Bl 492
der Beklagten-Akte (Anpassung des Zuschusses nach § 26 SGB II ab Januar 2015) sowie vom 12.1.2015 - Bl 543 der Beklagten-Akte (Berichtigung des Zuschusses zum Beitrag zur privaten Krankenversicherung
in November und Dezember 2014).
Der Kläger ließ hiergegen Widerspruch erheben. Die bewilligten Leistungen für Unterkunft und Heizung seien zu gering. Der
Beklagte könne die Absenkung der Unterkunftskosten nicht auf ein schlüssiges Konzept stützen. Das im Konzept des Beklagten
gefundene Ergebnis werde durch eine klare Überrepräsentation der strukturell schwachen Stadtteile stark verzerrt. Es fehlten
jegliche Angaben, wie der genannte Spannoberwert ermittelt worden sei. Die als angemessen erachteten kalten Betriebskosten
seien nicht zutreffend. Es fehlten jegliche Angaben zur Aktualität und insbesondere zur Fortentwicklung des Konzepts. Die
konkrete Angemessenheit des Konzepts sei nicht gegeben und es sei im Regelfall nicht möglich, zu den genannten Preisen konkret
eine Wohnung anzumieten.
Die Rechtsbehelfsstelle des Beklagten wies den Widerspruch zurück. Das Konzept, mit dem die angemessenen Kosten der Unterkunft
ermittelt worden seien, sei schlüssig, da es auf einem planmäßigen Vorgehen der Beigeladenen beruhe. Eine Ghettoisierung scheide
aus, da die zugrunde liegenden Bestandsmieten über das gesamte Stadtgebiet verteilt erhoben worden seien. Eine Verzerrung
sei ausgeschlossen, da zunächst der gehobene Standard herausgefiltert und in der Folge der Spannoberwert des 95%-Konfidenzintervalls
als angemessene Nettokaltmiete bestimmt worden sei. Die Ermittlung der angemessenen kalten Nebenkosten sei entsprechend der
Vorgaben des BSG, Urteil vom 19.10.2010 - B 14 AS50/10 R erfolgt.
Eine Fortschreibung des Konzepts werde - wie bei qualifizierten Mietspiegeln vorgegeben - nach einer Geltungsdauer des Konzepts
von zwei Jahren vorgenommen. Im Rahmen der Verfügbarkeitsprüfung seien die von der Wohnungsbaugesellschaft der Stadt A. GmbH
mitgeteilten Angebotsmieten zu einem Anteil von mehr als 50% unterhalb der ermittelten Mietobergrenze gelegen. Der Beklagte
wisse schließlich aus eigenen Ermittlungen der vergangenen Monate, dass ausreichend Wohnungen angeboten würden, die den Vorgaben
seines Konzepts entsprächen (Widerspruchsbescheid vom 3.2.2015).
Mit seiner am 16.2.2015 zum Sozialgericht Augsburg erhobenen Klage wiederholte und vertiefte der Kläger seine Ausführungen
aus dem Widerspruchsverfahren. Die Beweisaufnahme in einem Parallelverfahren habe ergeben, dass zu der vom Beklagten als angemessen
bestimmten Referenzmiete innerhalb von sechs Monaten Wohnungen insbesondere von Leistungsempfängern nicht angemietet werden
konnten. Für Ein-Personen-Haushalte sei es schwierig, bei der Wohnungsbaugesellschaft der Stadt A. GmbH eine 50 qm-Wohnung
anzumieten, da diese grds nur an Zwei-Personen-Haushalte vermietet würden.
Der Beklagte trat dem entgegen und verwies darauf, dass am 3. und 17.12.2014 stichprobenhaft 18 bzw elf Wohnungen zu der von
ihm ermittelten Angemessenheitsgrenze im Internet angeboten worden seien.
Das Sozialgericht Augsburg hat die Klage abgewiesen. Ein Anspruch des Klägers auf höhere Unterkunftskosten bestehe nicht,
da die vom Beklagten vorgenommene Begrenzung der Leistungen auf 347,05 € monatlich auf einem schlüssigen Konzept beruhe und
damit nicht zu beanstanden sei (Urteil vom 22.5.2015).
Mit seiner vom Sozialgericht zugelassenen, am 17.6.2015 zum Landessozialgericht erhobenen Berufung möchte der Kläger Leistungen
unter Berücksichtigung von Kosten der Unterkunft i.H.v. 393,80 € monatlich (dies entspricht dem Tabellenwert nach § 12 WoGG zzgl 10%) erreichen. Er wiederholt insbesondere seine Kritik an den dem Grundsicherungsrelevanten Mietspiegel zugrundeliegenden
Daten. Es sei nicht nachzuvollziehen, dass lediglich aktuell geschuldete Mieten berücksichtigt worden seien.
Bedenken bestünden weiter, als die erhobenen Daten weit überwiegend, nämlich zu 96,7%, von Leistungsbeziehern und Wohnungsbaugesellschaften
und lediglich zu 3,3% aus einer Mieterbefragung stammten. Damit werde der örtliche Wohnungsmarkt nicht ausreichend abgebildet
und es fehle bereits an der für ein schlüssiges Konzept i.S. der Rechtsprechung des BSG erforderlichen Datengrundlage. Aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu den Regelbedarfen (Beschlüsse vom
23.7.2014 - u.a. 1 BvL 10/12) sei auf die Notwendigkeit einer fortwährenden Fortschreibung des Konzepts zu schließen. Nachdem der Beklagte bereits über
die hierfür erforderliche Software verfüge, könne eine Fortschreibung keinen großen Aufwand bedeuten. Die Tatsache, dass es
Leistungsempfängern regelmäßig nicht gelinge, angemessene Wohnungen anzumieten, begründe offensichtliche Zweifel an der konkreten
Verfügbarkeit von angemessenem Wohnraum. Dies begründe eine entsprechende Nachweispflicht des Beklagten, der dieser noch nicht
nachgekommen sei.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 22.5.2015 aufzuheben und den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 22.10.2014,
geändert durch die Bescheide vom 22.11.2014 und vom 12.1.2015 i.d.G. des Widerspruchsbescheides vom 3.2.2015, erneut geändert
durch Bescheid vom 12.5.2015 zu verurteilen, dem Kläger Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II i.H.v. 1.193,06 € monatlich in der Zeit vom 1.11. bis 31.12.2014 und i.H.v. 1.210,93 € monatlich in der Zeit vom 1.1. bis
30.4.2015 zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er geht davon aus, dass die Entscheidung des Sozialgerichts nicht zu beanstanden ist. Der Mietmarkt weise ausreichende Mietangebote
zur Angemessenheitsgrenze auf. Die Wohnung des Klägers sei mit 58 qm einfach unangemessen groß.
Der Senat hat den zuständigen kommunalen Träger zum Verfahren beigeladen, da er dessen berechtigte Interessen berührt sah
(Beschluss vom 31.5.2016).
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die vom Beklagten übermittelte Akte, die vom Sozialgericht beigezogene
Akte sowie die Akte des Berufungsverfahrens verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung ist begründet.
1. Streitgegenstand sind höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für den Zeitraum vom 1.11.2014 bis 30.4.2015, als sie der Beklagte mit Bescheiden vom 22.10.2014, geändert durch Bescheide
vom 22.11.2014 sowie vom 12.1.2015 i.d.G. des Widerspruchsbescheides vom 3.2.2015, erneut geändert durch Bescheid vom 12.5.2015
festgestellt hat, sowie die Entscheidung des Sozialgerichts Augsburg vom 22.5.2015, die die hiergegen erhobene Klage abgewiesen
hat.
Dabei gelten die insgesamt mit den genannten Bescheiden vorläufig bewilligten Leistungen mit Ablauf des 31.7.2017 als abschließend
festgesetzt (§ 41a Abs. 5 S. 1 SGB II i.V.m. § 80 SGB II in der Fassung vom 26.7.2016). Insbesondere ist nach den vorliegenden Akten weder ein Antrag des Klägers auf den Erlass einer
abschließenden Entscheidung noch der Erlass einer abschließenden Entscheidung des Beklagten über den streitigen Zeitraum nachzuvollziehen.
2. Die Berufung ist statthaft, da sie vom Sozialgericht zugelassen worden ist (§
144 Abs.
3 SGG). Sie ist auch im Übrigen zulässig, insbesondere fristgerecht erhoben.
3. Die Berufung ist begründet. Das Urteil des Sozialgerichts ist zu korrigieren, da auf die zulässige kombinierte Anfechtungs-
und Leistungsklage (§
54 Abs.
1 S. 1, Abs.
4 SGG) die Bescheide des Beklagten antragsgemäß zu ändern sind. Der Kläger hat im streitigen Zeitraum Anspruch auf höhere Leistungen
zur Sicherung des Lebensunterhalts, als ihm vom Beklagten bewilligt wurden. Die vom Beklagten vorgenommene Absenkung der Leistungen
für Unterkunft und Heizung auf die aus seiner Sicht angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung findet keine Stütze im
Gesetz, da ihr kein schlüssiges Konzept zugrunde liegt.
4. Der im streitigen Zeitraum 62-jährige Kläger erfüllt die Leistungsvoraussetzungen des § 7 Abs. 1 S. 1 SGB II. Insbesondere bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger im streitigen Zeitraum nicht erwerbsfähig gewesen sein
könnte (vgl hierzu auch Gutachten vom 3.7.2012, Bl 294 der Beklagten-Akte). Der Kläger war im streitigen Zeitraum auch hilfebedürftig,
da er nicht über Einkommen oder Vermögen verfügte, mit dem er seinen Bedarf decken konnte. Anhaltspunkte für das Vorliegen
von Leistungsausschlüssen sind weder vorgetragen noch anderweitig ersichtlich.
5. Der Kläger hat Anspruch auf höhere Leistungen, als ihm mit den streitgegenständlichen Bescheiden bewilligt wurden, da er
aus diesen seinen Bedarf (§ 19 Abs. 3 S. 1, Abs. 1 S. 3 SGB II) nicht vollständig decken konnte. Zwar decken die bewilligten Leistungen den Regelbedarf (im streitigen Zeitraum für alleinstehende
Personen i.H.v. 391 € monatlich für die Zeit bis Dezember 2014 bzw i.H.v. 399 € monatlich für die Zeit ab Januar 2015), wobei
Anhaltspunkte für Mehrbedarfe nicht bestehen, sowie den Zuschuss zum Beitrag zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung
nach § 26 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, Abs. 2 SGB II (1/2 Beitrag zum Basistarif iHv 313,88 € + tatsächlicher Beitrag zur Pflegeversicherung i.H.v. 34,38 € monatlich bis Dezember
2014 bzw 1/2 Beitrag zum Basistarif i.H.v. 319,69 € + tatsächlicher Beitrag zur Pflegeversicherung i.H.v. 38,44 € monatlich).
Zu Recht hat der Beklagte schließlich die vom Kläger geschuldete monatliche Vorauszahlung für Heizung i.H.v. 60 € vollumfänglich
als Bedarf berücksichtigt, da nicht ersichtlich ist, dass diese unangemessen i.S. des § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II sein könnte. Rechtswidrig teilweise ungedeckt bleibt hingegen der Bedarf für Unterkunft i.S. des § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II.
6. Rechtsgrundlage für die damit i.E. ausschließlich streitige Höhe der Leistungen für Unterkunft i.S. der sog Bruttokaltmiete
ist § 22 Abs. 1 SGB II. Danach werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen
sind. Die Angemessenheitsprüfung hat unter Berücksichtigung des allgemeinen Gleichheitssatzes nach einheitlichen Kriterien
zu erfolgen, wobei zur Konkretisierung der Angemessenheitsgrenze auf einer ersten Stufe eine abstrakte und auf einer zweiten
Stufe eine konkret-individuelle Prüfung vorzunehmen ist (BSG, Urteil vom 18.11.2014 - B 4 AS 9/14 R - RdNr. 13; Urteil vom 26.5.2011 - B 14 AS 132/1 R - RdNr. 17; Urteil vom 10.9.2013 - B 4 AS 77/12 R - RdNr. 18). Weiter müssen die Unterkunftsbedarfe als Teil eines menschenwürdigen Existenzminimums folgerichtig in einem
transparenten und sachgerechten Verfahren, also realitätsgerecht, berechnet werden (vgl zuletzt BSG, Urteil vom 18.11.2013 - B 4 AS 9/14 R - RdNr. 13 mwN).
7. Eine solche realitätsgerechte Berechnung der Unterkunftsbedarfe ist dem Beklagten mit dem Grundsicherungsrelevanten Mietspiegel
nicht gelungen. Dabei kann dahinstehen, ob die dort gewählte Methode grds ein schlüssiges Konzept i.S. der genannten Rechtsprechung
begründen kann. Denn die realitätsgerechte Beantwortung der Frage, wie viel auf dem Wohnungsmarkt der Stadt A. im streitigen
Zeitraum für eine einfache Wohnung aufzuwenden war, scheitert vorliegend - unter Berücksichtigung jedes im Raum stehenden
methodischen Ansatzes - daran, dass die zugrundeliegenden Daten nicht hinreichend repräsentativ sind.
a) Dabei ist dem Beklagten zunächst insoweit zuzustimmen, als zur Feststellung der Beschaffenheit des örtlichen Mietwohnungsmarktes
nicht zwingend auf einen qualifizierten oder einfachen Mietspiegel i.S. der §§ 558c f
BGB abgestellt werden muss (vgl BSG, Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 18/06 R; Urteil vom 18.6.2008 - B 14/7b AS 44/06 R - RdNr. 16; Urteil vom 19.1.2010 - B 14 AS 50/10 R - RdNr. 31; zur grundsätzlichen Eignung der hinter einem Mietspiegel liegenden Daten, die grundsicherungsrechtliche Angemessenheit
zu bestimmen vgl aber u.a. BSG, Urteil vom 20.12.2011 - B 4 AS 19/11 R - RdNr. 32 f sowie Urteil vom 10.9.2013 - B 4 AS 77/12 R - RdNr. 25 ff; zur Repräsentativität und Validität der Datenerhebung bei Mietspiegeln vgl BSG, Urteil vom 17.12.2009 - B 4 AS 27/09 R - RdNr. 28; zur Empfehlung sich im Rahmen von Grundsicherungsrelevanten Mietspiegeln hinsichtlich Stichprobenumfang und
Auswertung etc an den für Mietspiegel geltenden Standard anzulehnen vgl BSG, Urteil vom 22.9.2009 - B 4 AS 18/09 R - RdNr. 24;). Die vom Grundsicherungsträger gewählte Datengrundlage muss gleichwohl auf einem schlüssigen Konzept beruhen,
das eine hinreichende Gewähr dafür bietet, die aktuellen Verhältnisse des örtlichen Mietwohnungsmarktes wiederzugeben (stRspr,
vgl ua BSG, 18.6.2008 - B 14/7b AS 44/06 R - RdNr. 16; Urteil vom 20.8.2009 - B 14 AS 41/08 R - RdNr. 17; Urteil vom 10.9.2013 - B 4 AS 77/12 R - RdNr. 24).
Das kann ua dann der Fall sein, wenn die Datenbasis auf mindestens 10% des regional in Betracht zu ziehenden Mietwohnungsbestandes
beruht (BSG, Urteil vom 18.6.2008 - B 14/7b AS 44/06 R - RdNr. 16). Dabei ist eine Auswertung nur des Wohnungsbestandes bestimmter Anbieter bei der Erstellung des Konzepts zulässig,
wenn gleichzeitig gewährleistet ist, dass hierdurch das untere Mietpreisniveau des gesamten örtlich in Betracht zu ziehenden
Mietwohnungsbestandes realistisch abgebildet wird. So ist es u.a. nicht zulässig, Hilfebedürftige auf bestimmte Wohnungsbaugesellschaften
als Anbieter zu verweisen, wenn nicht erkennbar ist, dass diese das in Bezug zu nehmende Mietsegment aufgrund einer marktbeherrschenden
Stellung im Wesentlichen abdecken (BSG, Urteil vom 20.8.2009 - B 14 AS 41/08 R - RdNr. 19). Datenerhebungen allein bei den örtlichen Wohnbaugenossenschaften sind nicht ausreichend, wenn die Genossenschaften
über keinen ins Gewicht fallenden Anteil am Wohnungsbestand des Vergleichsraumes verfügen und eine Mietpreisabfrage keine
valide Datengrundlage für die Angemessenheitsgrenze ergeben kann (BSG, Urteil vom 22.9.2009 - B 4 AS 18/09 R - RdNr. 20 aE).
b) Diese Anforderungen erfüllt der Grundsicherungsrelevante Mietspiegel nicht. Die ihm zugrunde gelegte Datenbasis ermöglicht
kein realitätsgerechtes Abbild der (im Vergleichszeitraum bzw streitigen Zeitraum) aktuellen Situation bei Neuanmietungen.
aa) Zwar stützt sich der Grundsicherungsrelevante Mietspiegel auf eine Datenbasis von 10% des regional in Betracht zu ziehenden
Wohnungsbestands für die Ermittlung der angemessenen Mietwerte (vgl BSG, Urteil vom 18.6.2008 - B 14/7b AS 44/06 R; Urteil vom 23.8.2011 - B 14 AS 91/10 R - RdNr. 24) und berücksichtigt Daten über den gesamten Vergleichsraum (vgl S. 14 des Grundsicherungsrelevanten Mietspiegels;
hier das Gebiet der Stadt A., vgl BSG, Urteil vom 20.8.2009 - B 14 AS 41/08 R - RdNr. 16).
bb) Es ist allerdings unter keinem Gesichtspunkt nachzuvollziehen, dass die erhobenen Daten die (im Jahr 2013 und in der Folge)
aktuellen Verhältnisse des örtlichen Mietmarktes der Stadt A. wiedergeben.
Insoweit lässt der Kläger zu Recht darauf hinweisen, dass die dem Grundsicherungsrelevanten Mietspiegel zugrunde liegenden
Daten weit überwiegend Mietverhältnisse mit wenigen Wohnungsbaugesellschaften betreffen. So stammen von den im März und April
2013 zum Stichtag 30.4.2013 erhobenen 16 765 sog Primärdatensätze 15 955 von lediglich sieben Anbietern, wobei innerhalb dieser
Datensätze wiederum 14 032 Datensätze von drei (Wohnungs- und Siedlungsbau B. GmbH & Co. OHG, W. GmbH des Landkreises A-Stadt
und Wohnungsbaugesellschaft der Stadt A. GmbH) Anbietern von Wohnraum stammen. Dies entspricht hinsichtlich der sieben Anbieter
rd 95% bzw hinsichtlich der drei zuletzt genannten Anbieter rd 84% der dem Grundsicherungsrelevanten Mietspiegel zugrundeliegenden
Daten.
Es ist an Hand keiner der für den Vergleichsraum vorliegenden statistischen Datenerhebungen (vgl zensus 2011 - Gebäude und
Wohnungen Kreisfreie Stadt A., Bayerisches Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung) nachzuvollziehen, dass diese Anbieter
den gesamten örtlich in Betracht zu ziehenden Mietwohnungsbestand (im unteren Mietpreisniveau) derart beherrschen. Einen entsprechenden
Schluss lässt auch die vom Grundsicherungsrelevanten Mietspiegel angenommene Ausgangslage nicht zu, nachdem er den Daten des
Landesamts für Statistik und Datenverarbeitung (aaO) im Wesentlichen entsprechend von 93 588 zu Wohnzwecken vermieteten Wohnungen
in Gebäuden mit Wohnraum ausgeht und gleichzeitig in seine 16 765 Datensätze umfassende Stichprobe mit 15 955 sämtliche zu
Wohnzwecken vermietete Wohnungen der genannten Anbieter einstellte. Die in der Stichprobe erfassten Daten können nicht als
repräsentativ angesehen werden, da die Daten der genannten sieben Unternehmen mit einem Umfang und damit Gewicht berücksichtigt
wurden, das nicht dem entspricht, das ihnen in der Realität zukommt.
cc) Etwas anderes ergibt sich auch nicht deshalb, weil die genannten sieben Anbieter im Wesentlichen das Mietangebot (zu der
vom Grundsicherungsrelevanten Mietspiegel in der ersten Stufe ermittelten Angemessenheitsgrenze) im Wesentlichen abdecken
würden. So haben die im Rahmen der Erstellung des Grundsicherungsrelevanten Mietspiegels erhobenen Daten (vgl S. 18 f des
Grundsicherungsrelevanten Mietspiegels sowie Stellungnahme R. vom 29.7.2016 Bl 141, 149 der LSG-Akte) ergeben, dass von den
insgesamt 1 659 erhobenen Angebotsmieten "lediglich" 182 von Wohnungsunternehmen stammten. Dies entspricht schließlich bei
weitem nicht dem Umfang an Angebotsmieten, die der Grundsicherungsrelevante Mietspiegel in der Folge als der im Schritt 1
ermittelten Angemessenheitsgrenze entsprechende Angebotsmieten identifiziert (vgl S. 20 Abbildung 15 des Grundsicherungsrelevanten
Mietspiegels, die nach den vorherigen Ausführungen unter 4.3 bzw Abbildung 14 allein bei Ein-Personen-Bedarfsgemeinschaften
von rd 210 und insgesamt (also über alle Bedarfsgemeinschaftsgrößen) von 427 angemessenen Angebotsmieten ausgeht (vgl auch
S. 21 Abbildung 17 des Grundsicherungsrelevanten Mietspiegels).
dd) Die dargestellte Problematik des Ansatzes des Grundsicherungsrelevanten Mietspiegels, die Primärdaten im Wesentlichen
bei sieben Wohnungsunternehmen zu erheben, kann schließlich auch durch die Überarbeitung während des Berufungsverfahrens (vgl
Grundsicherungsrelevanter Mietspiegel Juli 2017) nicht "geheilt" werden. Dort wird zur Ermittlung des zur Angemessenheitsgrenze
verfügbaren Angebots nicht mehr auf die zum Stichtag 30.4.2013 erhobenen Daten von Angebotsmieten zurückgegriffen. Nunmehr
werden zur Ermittlung, wie viele Wohnungen den nachfragerelevanten Gruppen zu den ermittelten Angemessenheitsgrenzen zur Verfügung
stehen, ausschließlich die im Rahmen der Bestandsmieten zum 30.4.2013 erhobenen Neuvertragsmieten, dh den Mietpreis von Wohnungen,
deren Mietverträge in den letzten sechs Monaten vor dem Stichtag 30.4.2013 geschlossen worden sind oder bei denen eine Mietpreisveränderung
erfolgt ist, herangezogen (S. 14 des Grundsicherungsrelevanten Mietspiegels Juli 2017). Damit setzt sich aber die hinsichtlich
der Bestandsmieten dargestellte Problematik in der Bestimmung des Mengengerüsts der Angebotsseite fort, da davon auszugehen
ist, dass auch bei den Neuvertragsmieten ein Übergewicht an Wohnungen von Wohnungsunternehmen vorliegt, das in der Realität
am Wohnungsmarkt A-Stadt so nicht nachzuvollziehen ist. Insgesamt spricht an dieser Stelle alles dafür, dass dieser Ansatz,
sprich die Berücksichtigung ausschließlich der zusammen mit den nicht repräsentativ erhobenen Bestandsmieten erhobenen Neuvertragsmieten,
die fehlende Schlüssigkeit bei der Ermittlung der Angemessenheitsgrenze aus den Bestandsmieten fortschreibt.
ee) Es ist schließlich weder vorgetragen noch anderweitig ersichtlich, dass die in der Datenerhebung im Wesentlichen berücksichtigten
Wohnungsunternehmen oder Teile von diesen jedem Hilfebedürftigen rechtzeitig vor einer Absenkung der Leistungen für Unterkunft
und Heizung auf den aus Sicht des Beklagten angemessenen Umfang eine Wohnung anbieten könnten. Damit ist auch unter diesem
Gesichtspunkt die vom Beklagten vorgenommene Gewichtung der Wohnungsunternehmen bei der Erhebung der Bestanddaten nicht zu
rechtfertigen.
ff) Das dargestellte Defizit der dem Grundsicherungsrelevanten Mietspiegel zugrundeliegenden Datenbasis kann schließlich nicht
durch die vom Beklagten oder der Beigeladenen (punktuell) erhobenen Daten zu den Angebotsmieten aus der Lokalpresse oder einschlägigen
Internetportalen (vgl Ausführungen im Widerspruchsbescheid bzw der Stellungnahme des Beklagten vom 30.4.2015 vor dem Sozialgericht
bzw der dieser beigefügten Stellungnahme der Beigeladenen, Bl 65 ff der SG-Akte) behoben werden (vgl BSG, Urteil vom 16.6.2015 - B 4 AS 44/14 R - RdNr. 22 zur fehlenden systematischen Einbeziehung des Faktors der Neuvertragsmieten). Entsprechendes muss im Hinblick
auf Ausführungen unter bb) bis ee) hinsichtlich des Hinweises auf die zur Angemessenheitsgrenze von der Wohnungsbaugenossenschaft
der Stadt A. GmbH im Zeitraum 2014 und 2015 neu vermieteten Wohnungen (vgl Anlage 7 und 8 zur Berufungsschrift des Beklagten
im Verfahren L 7 AS 466/16) gelten (vgl BSG, Urteil vom 20.8.2009 - B 14 AS 41/08 R - RdNr. 19).
gg) Die fehlende Repräsentativität der dem Grundsicherungsrelevanten Mietspiegel zugrundeliegenden Daten kann schließlich
nicht deshalb unbeachtlich bleiben, weil dem Beklagten bzw der Beigeladenen als für die Kosten der Unterkunft nach § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGB II zuständigen kommunalen Träger auch nach beachtlichen Bemühungen um eine hinreichende Datenbasis schlussendlich weitere und
insbesondere repräsentative Daten nicht zur Verfügung stehen. Denn es ist Angelegenheit und Verantwortung des Grundsicherungsträgers,
bereits im Verwaltungsverfahren ein schlüssiges Konzept zur Bestimmung der angemessenen Unterkunftskosten zu entwickeln. Die
umfassende Ermittlung der Daten sowie deren Auswertung ist dessen Aufgabe (BSG, Urteil vom 20.12.2011 - B 4 AS 19/11 R - RdNr. 21; Urteil vom 22.9.2009 - B 4 AS 18/09 R - RdNr. 26). Ist - wie hier - eine umfassende (oder hinreichende) Datenerhebung im Verwaltungsverfahren nicht gelungen
(und kann diese - wie hier - im sozialgerichtlichen Verfahren nicht mehr nachgeholt werden) rechtfertigt dies gerade keine
Bestimmung der Angemessenheitsgrenze durch ein dann unschlüssiges Konzept. Vielmehr ist in diesem Fall vom Fehlen einer Angemessenheitsgrenze
auszugehen (vgl BSG, Urteil vom 20.12.2011 - B 4 AS 19/11 R - RdNr. 21; Urtiel vom 22.9.2009 - B 4 AS 18/09 - RdNr. 27) bzw macht den Rückgriff auf die Tabellenwerte des § 12 WoGG zzgl eines "Sicherheitszuschlags" nach generell-abstrakten Kriterien im Sinne einer Angemessenheitsobergrenze erforderlich
(BSG, Urteil vom 16.6.2015 - B 4 AS 44/14 R - RdNr. 25).
c) Fehlt es aber bereits an einer zureichenden Datenbasis, kommt es auf die weitere Auseinandersetzung mit den Überlegungen
des Grundsicherungsrelevanten Mietspiegels nicht weiter an. Dies insbesondere im Hinblick darauf, dass - wie dargestellt -
nicht ersichtlich ist, dass die fehlende Repräsentativität der Daten innerhalb des Konzepts korrigiert werden könnte.
d) Der Senat sieht keine Möglichkeit, wie im Hinblick auf den zwischenzeitlich abgelaufenen Streit- und Vergleichszeitraum
eine zureichende Datenbasis - die schließlich Grundlage eine jeden schlüssigen Konzepts ist - noch erreicht werden könnte.
Einen (qualifizierten) Mietspiegel i.S. der §§ 558c f
BGB oder einem solchen zugrunde liegende Daten gibt es für den Streit- bzw. Vergleichszeitraum nicht. Auch sonst ist nicht ersichtlich,
woher oder wie die (für eine Nachbesserung des konzeptionellen Ansatzes des Grundsicherungsrelevanten Mietspiegels) validen
Daten zur Abbildung der Verhältnisse des Augsburger Mietwohnungsmarktes in 2014 und 2015 noch erreicht werden könnten. So
war bereits Ausgangspunkt des Grundsicherungsrelevanten Mietspiegels, dass es Mietwerterhebungen für das gesamte Stadtgebiet
gerade nicht gibt und die Beigeladene betonte bis zuletzt in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat, über andere Daten nun
einmal nicht zu verfügen.
8. Damit sind der Berechnung der Leistungen für Unterkunft und Heizung für den Kläger dessen tatsächliche Aufwendungen zugrunde
zu legen, die allerdings - im streitigen Zeitraum - durch die Tabellenwerte zu § 12 WoGG im Sinne einer Angemessenheitsgrenze nach oben begrenzt sind (stRspr, vgl zuletzt BSG, Urteil vom 12.12.2013 - B 4 AS 87/12 R - RdNr. 25), wobei wegen der nur abstrakten, vom Einzelfall und den konkreten Umstände im Vergleichsraum losgelösten Begrenzung
zur Bestimmung der angemessenen Nettokaltmiete zuzüglich der kalten Betriebskosten auf den jeweiligen Höchstbetrag der Tabelle,
also die rechte Spalte zurückzugreifen und ein Sicherheitszuschlag i.H.v. 10% des genannten Tabellenwerte einzubeziehen ist
(zur den Werten des vorliegend maßgeblichen § 12 WoGG vgl BSG, aaO - RdNr. 27 f).
Auf dieser Grundlage errechnet sich für einen Ein-Personen-Haushalt unter Berücksichtigung der Mietenstufe IV für die Gemeinde
A-Stadt (vgl Anlage zu § 1 Abs. 3 der Wohngeldverordnung in der Neufassung der Bekanntmachung vom 19.10.2013, BGBl I 2722) ein Tabellenwert nach § 12 WoGG iHv 358 € monatlich, der unter Berücksichtigung des Sicherheitszuschlags i.H.v. 10% aus 358 € eine Begrenzung der dem Kläger
im streitigen Zeitraum zustehenden Leistungen für Unterkunft (ohne Heizung) auf 393,80 € (358 € + 35,80 €) bedeutet.
9. Da der Kläger darüber hinausgehende Leistungen vorliegend nicht geltend macht, kommt es für die vorliegende Entscheidung
nicht darauf an, ob die weiteren Voraussetzungen für eine Absenkung der Leistungen für Unterkunft (insbesondere das Vorliegen
einer wirksamen Kostensenkungsaufforderung und der subjektiven Zumutbarkeit einer Kostensenkung) erfüllt sind.
10. Insgesamt errechnet sich damit der vom Kläger begehrte Leistungsanspruch in den Monaten November und Dezember 2014 i.H.v.
1.193,06 € monatlich (391 € + 393,80 € + 60 € + 313,88 € + 34,38 €) bzw in der Zeit in der Zeit von Januar bis April 2015
i.H.v. 1.210,93 € monatlich (399 € + 393,80 € + 60 € + 319,69 € + 38,44 €).
Dem entsprechend waren das Urteil des Sozialgerichts sowie die streitgegenständlichen Entscheidungen des Beklagten abzuändern.
11. Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.
12. Gründe, die Revision nach §
160 Abs.
2 Nr.
1,
2 SGG zuzulassen, sind nicht ersichtlich.