Festsetzung der Entschädigung für Verdienstausfall im sozialgerichtlichen Verfahren; Bemessung bei Selbständigen mit negativen
Einkünften
Gründe:
I. Der Antragsteller hat in den Verfahren L 8 SO 41/07 und L 8 SO 42/07 den Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Bayerischen
Landessozialgericht (BayLSG) in München am 11.04.2008 nach Anordnung des persönlichen Erscheinens wahrgenommen.
Der Kostenbeamte des BayLSG hat auf den Entschädigungsantrag des Antragstellers vom 10.07.2008 mit Nachricht vom 17.09.2008
insgesamt 51,30 EUR bewilligt, die sich wie folgt aufschlüsseln:
- Bahnkosten (2 x 10,95 EUR =) 21,90 EUR
- Buskosten 5,40 EUR
- Mindestentschädigung für Zeitverlust
(3,00 EUR/Stunde für insgesamt 8 Stunden =) 24,00 EUR.
Der Antragsteller hat mit Schreiben vom 11.12.2008 in Ziffer1 die gerichtliche Festsetzung seiner Vergütung nach § 4 des Justizvergütungs-
und -entschädigungsgesetzes (JVEG) beantragt und hervorgehoben, dass er eine angemeldete gewerbliche selbständige Tätigkeit
als "Unternehmensberatung mit Buchhaltungs-Service" betreibe, beweise die abgegebene amtliche Gewerbeauskunft der Gemeinde
R., die amtliche Eintragung bei der IHK für München und Oberbayern, die dort nachgefragt werden könne und seit dem 01.10.1993
angemeldet sei und die vom Finanzamt T. bestätigten Einkommensteuerbescheide von 1999 bis 2005, die mit Schreiben vom 04.12.
2007 dem BayLSG vorgelegt worden seien.
Der Kostenbeamte des BayLSG hat dem Antrag des Antragstellers vom 11.12.2008 in Ziffer 1 nicht abgeholfen und die Angelegenheit
dem 15. Senat des BayLSG als Kostensenat zur Entscheidung vorgelegt.
Der Kostensenat hat die Streitakten L 8 SO 46/06, L 8 SO 41/07 und L 8 SO 42/07 beigezogen.
II. Die Festsetzung der Entschädigung erfolgt gemäß § 4 Abs.1 des Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetzes (JVEG) durch
gerichtlichen Beschluss, wenn wie hier der Berechtigte die gerichtliche Festsetzung beantragt. Die Entschädigung anlässlich
der Wahrnehmung des Termines vor dem BayLSG am 11.04.2008 ist auf insgesamt 60,30 EUR festzusetzen. Dem Antragsteller sind
9,00 EUR nachzuentrichten.
Entsprechend den vorgelegten Belegen steht dem Antragsteller gemäß § 5 Abs.1 JVEG ein Fahrtkostenersatz in Höhe von insgesamt
27,30 EUR zu, der sich wie folgt aufschlüsselt:
- Reisekosten mit dem Bus 5,40 EUR
- Reisekosten mit der Deutschen Bahn (2 x 10,95 EUR =) 21,90 EUR.
Dem Antragsteller steht keine Entschädigung für Verdienstausfall im Sinne von § 22 JVEG zu. Zeugen (bzw. hier der Antragsteller),
denen ein Verdienstsausfall entsteht, erhalten eine Entschädigung, die sich nach dem "regelmäßigen Bruttoverdienst" gegebenenfalls
einschließlich der vom Arbeitgeber zu tragenden Sozialversicherungsbeiträge richtet und für jeden Stunde höchstens 17,00 EUR
beträgt. Ausweislich der aktenkundigen Einkommensteuerbescheide des Finanzamtes T. für die Jahre 1999 bis 2005 hat der Antragsteller
regelmäßig einen steuerlichen Verlust aus seinem Gewerbe erzielt. Der Antragsteller hat im Rahmen der Aufstellung seiner Gewinnermittlung
nach §
4 Abs.3 des Einkommensteuergesetzes (
EStG) für die Jahre 1999 bis 2005 insgesamt einen Verlust von 25.214,25 EUR bzw. 25.218,39 EUR aufaddiert. Nachdem § 22 JVEG nicht
auf den Wert der Arbeitsleistung, sondern auf den "regelmäßigen Bruttoverdienst" abstellt, kann dem Kläger kein Verdienstausfall
nach dieser Vorschrift bewilligt werden. - Die beigezogenen Akten L 8 SO 46/06, L 8 SO 41/07 und L 8 SO 42/07 enthalten auch
keinen Hinweis dahingehend, dass sich die finanzielle Situation des Antragstellers in den Folgejahren (2006 ff.) zum Positiven
gewandelt hat.
Somit ist dem Antragsteller anstelle einer Entschädigung für Verdienstausfall im Sinne von § 22 JVEG eine Entschädigung für
Zeitversäumnis zu bewilligen, die sich gemäß § 20 JVEG auf 3,00 EUR je Stunde beläuft. Aufgrund der ungünstigen Busverbindung
von R. nach P. und zurück ist von einer notwendigen Abwesenheit von zu Hause von 9,00 Stunden auszugehen. Ausweislich des
RVO-Fahrplanes (Kurs 9505) ist es schlüssig, dass der Kläger von zu Hause um 7.45 Uhr aufgebrochen ist, um den Bus um 8.00 Uhr
in R. zu besteigen. - Nachdem der Termin am 11.04.2008 vor dem BayLSG um 12.30 Uhr geendet hat, hätte der Kläger die Regionalbahn
ab München Hauptbahnhof um 13.42 Uhr nehmen können. Er wäre dann in P. um 14.55 angekommen und hätte den Bus um 15.30 Uhr
in P. besteigen können. Er wäre dann um 16.25 Uhr in R. eingetroffen und hätte kurz vor 16.45 Uhr sein Zuhause erreicht. Dementsprechend
steht dem Antragsteller eine Entschädigung für Zeitversäumnis für 9 Stunden a 3,00 EUR = 27,00 EUR zu.
Wenn der Antragsteller nach eigenem Bekunden erst um 20.30 wieder zu Hause angekommen ist, ist dies seinem persönlichen Bereich
unabhängig davon zuzurechnen, dass gemäß § 19 Abs.2 JVEG ohnedies nicht mehr als 10 Stunden je Tag berücksichtigt werden können.
Weiterhin steht dem Antragsteller gemäß § 6 Abs.1 JVEG einen Entschädigung für Aufwand zu, das sogenannte "Zehrgeld". Die
Höhe der Entschädigung richtet sich nach §
4 Abs.5 Satz 1 Nr.5 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (
EStG). Danach beträgt das Tagegeld bei einer Abwesenheit von 8 bis weniger als 14 Stunden 6,00 EUR.
Die Entschädigung des Antragstellers ist somit insgesamt auf 60,30 EUR festzusetzen. Dem Antragsteller sind 9,00 EUR nachzuentrichten.
Das BayLSG hat über den vorstehend bezeichneten Antrag vom 11.12.2008 in Ziffer 1 gemäß § 4 Abs.7 JVEG als Einzelrichter zu
entscheiden gehabt.
Die Entscheidung ist gemäß § 177 des Sozialgerichtsgesetzes endgültig. Das Verfahren ist gebührenfrei; Kosten werden nicht
erstattet (§ 4 Abs.8 JVEG). Letzteres beinhaltet hier vor allem die Portokosten, die dem Antragsteller im Rahmen des Kostenfestsetzungsverfahrens
erwachsen sind.
Soweit der Antragsteller mit Antrag vom 11.12.2008 in Ziffer 2 die Rückerstattung der Kopierkosten in Höhe von 17,00 EUR beantragt
hat, ist hierüber entsprechend dem Geschäftsverteilungsplan des BayLSG gesondert zu entscheiden.