Keine Statthaftigkeit der Anhörungsrüge im sozialgerichtlichen Verfahren gegen einen eine Anhörungsrüge zurückweisenden Beschluss
Gründe
I.
Im Raum steht eine Anhörungsrüge gegen einen Beschluss des Senats über eine Anhörungsrüge der Beschwerdeführer im Zusammenhang
mit einer Beschwerde gegen einen Beschluss des Sozialgerichts, in dem dieses die von den Beschwerdeführern zu erstattenden
außergerichtlichen Kosten in einem gemäß §
197 a Sozialgerichtsgesetz (
SGG) gerichtskostenpflichtigen Rechtsstreit festgesetzt hat.
Mit Beschluss vom 03.11.2014, Az.: L 15 SF 221/14 RG, verwarf der Senat eine Anhörungsrüge der Beschwerdeführer gegen den Beschluss des Senats vom 07.08.2014, Az.: L 15 SF 146/14 E, als unzulässig.
Dagegen haben sich die Beschwerdeführer mit Schreiben vom 08.11.2014 und 10.01.2015 gewandt und diverse Beanstandungen erhoben.
Sie meinen, unverschuldet in die Mühlen der Justiz geraten zu sein und nur noch abgestraft zu werden. Dass sie "unverschuldet"
und "rechtlich wegen NICHTS" ein Schicksal ("= Zerstörung") zu ertragen hätten, sei ihnen, die Schützlinge eines ehemaligen
CSU-Ministers seien, von namentlich genannten hochrangigen Mitgliedern von Regierungsparteien bestätigt worden. In der Sache
selbst sind sie, wie bereits früher wiederholt vorgetragen, der Ansicht, dass das von ihnen betriebene Verfahren vor dem Sozialgericht
für sie kostenfrei hätte sein müssen.
II.
Das Schreiben vom 08.11.2014 stellt eine weitere Anhörungsrüge dar.
§
178 a SGG sieht nur eine, nicht aber auch eine zweite Anhörungsrüge vor. Eine zweite Anhörungsrüge ist nach völlig unstrittiger höchstrichterlicher
Rechtsprechung offensichtlich unzulässig, da unstatthaft.
So hat beispielsweise der Bayerische Verfassungsgerichtshof in seiner Entscheidung vom 19.10.2010, Az.: Vf. 111-VI-09, Folgendes
ausgeführt:
"Gegen einen Beschluss, mit dem eine Anhörungsrüge gemäß §
321 a Abs.
4 Satz 3
ZPO als unbegründet zurückgewiesen wird, steht keine weitere Gehörsrüge, sondern lediglich die Verfassungsbeschwerde offen (Hartmann
in Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann,
ZPO, 68. Aufl. 2010, RdNr. 60 zu §
321 a; Leipold in Stein/Jonas,
ZPO, 22. Aufl. 2008, RdNr. 51 zu §
321 a; Musielak in Münchener Kommentar zur
ZPO, 3. Aufl. 2008, RdNr. 17 zu §
321 a; Rensen in Wieczorek/ Schütze,
ZPO, 3. Aufl. 2007, RdNr. 68 zu §
321 a; Vollkommer in Zöller,
ZPO, 28. Aufl. 2010, RdNr. 17 zu §
321 a). Der gesetzgeberischen Intention (BT-Drs. 14/4722 S. 156) und den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG vom 30.4.2003
= BVerfGE 107, 395/408 ff.) entsprechend, gewährleistet die Anhörungsrüge nach §
321 a ZPO die Möglichkeit, eine behauptete Verletzung des rechtlichen Gehörs einer einmaligen gerichtlichen Kontrolle durch das Fachgericht
selbst, das die Gehörsverletzung begangen haben soll, unterziehen zu lassen. Begeht das Gericht im Rahmen dieser Überprüfung
einen Fehler, führt dies nicht zur erneuten Eröffnung des Rechtswegs (vgl. BVerfGE 107, 395/411). Vielmehr ist das fachgerichtliche
Verfahren beendet, wenn das Gericht nach inhaltlicher Prüfung der ersten Anhörungsrüge eine "Selbstkorrektur" der Ausgangsentscheidung
abgelehnt hat. Zur Beseitigung der durch die Ausgangsentscheidung eingetretenen Beschwer steht dem Beschwerdeführer dann nur
noch die Verfassungsbeschwerde zur Verfügung (vgl. Heinrichsmeier, NVwZ 2010, 228/232). Die Zulassung einer weiteren Gehörsrüge
nach §
321 a ZPO gegen die Entscheidung über die Anhörungsrüge würde zu einem "regressus ad infinitum" führen, der mit dem Gebot der Rechtssicherheit
nicht vereinbar wäre. Ein Beschluss, mit dem eine Anhörungsrüge als unbegründet zurückgewiesen wurde, kann daher selbst dann
nicht mit einer weiteren fachgerichtlichen Anhörungsrüge angegriffen werden, wenn eine originäre Gehörsverletzung durch diesen
Beschluss geltend gemacht wird (vgl. Rensen in Wieczorek/Schütze, RdNr. 68 zu § 321 a)."
Dem ist nichts hinzuzufügen.
Bundesverfassungsgericht (vgl. Beschluss vom 26.04.2011, Az.: 2 BvR 597/11), Bundesgerichtshof (vgl. Beschluss vom 10.02.2012, Az.: V ZR 8/10) und Bundessozialgericht (vgl. Beschluss vom 01.08.2007, Az.: B 13 R 7/07 C) teilen diese Meinung genauso wie das Bayer. Landessozialgericht (vgl. Beschlüsse vom 31.10.2013, Az.: L 15 SF 320/13 RG, und vom 15.11.2013, Az.: L 1 SF 318/13 RG).
Auf den Vortrag der Beschwerdeführer in der Sache kommt es wegen der bereits fehlenden Zulässigkeit der (zweiten) Anhörungsrüge
nicht an; die Frage der Kostenfreiheit oder -kostenpflichtigkeit des zugrunde liegenden sozialgerichtlichen Verfahrens aus
dem Rechtsbereich der gesetzlichen Unfallversicherung ist im Verfahren der zweiten Anhörungsrüge, wie im Übrigen auch schon
im Verfahren der ersten Anhörungsrüge und im Beschwerdeverfahren (vgl. dazu die Erläuterungen in den entsprechenden Beschlüssen
des Senats vom 03.11.2014 und vom 07.08.2014) ohne rechtliche Relevanz.
Gleichwohl möchte der Senat den Beschwerdeführern - außerhalb des Anhörungsrügeverfahrens und als überobligatorische Dienstleistung
- zur Vermeidung weiterer Streitigkeiten in der Zukunft Folgendes erläutern:
Verfahren vor den Sozialgerichten sind nicht immer kostenfrei, wie dies die Beschwerdeführer mit Blick auf Presseartikel zu
meinen scheinen.
Gesetzliche Regelungen zur Frage der Kostenfreiheit bzw. -pflichtigkeit enthalten §
183 SGG und §
197 a SGG.
"Das Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist für Versicherte, Leistungsempfänger einschließlich Hinterbliebenenleistungsempfänger,
behinderte Menschen oder deren Sonderrechtsnachfolger nach §
56 des
Ersten Buches Sozialgesetzbuch kostenfrei, soweit sie in dieser jeweiligen Eigenschaft als Kläger oder Beklagte beteiligt sind. Nimmt ein sonstiger Rechtsnachfolger
das Verfahren auf, bleibt das Verfahren in dem Rechtszug kostenfrei. Den in Satz 1 und 2 genannten Personen steht gleich,
wer im Falle des Obsiegens zu diesen Personen gehören würde. Leistungsempfängern nach Satz 1 stehen Antragsteller nach § 55a
Absatz 2 Satz 1 zweite Alternative gleich. § 93 Satz 3, § 109 Abs. 1 Satz 2, § 120 Abs. 2 Satz 1 und § 192 bleiben unberührt.
Die Kostenfreiheit nach dieser Vorschrift gilt nicht in einem Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz
2)."
§
197 a SGG, der im Jahr 2001 ins
SGG eingefügt worden ist, lautet:
"(1) Gehört in einem Rechtszug weder der Kläger noch der Beklagte zu den in § 183 genannten Personen oder handelt es sich
um ein Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2), werden Kosten nach den Vorschriften des Gerichtskostengesetzes erhoben; die §§
184 bis
195 finden keine Anwendung; die §§
154 bis
162 der
Verwaltungsgerichtsordnung sind entsprechend anzuwenden. Wird die Klage zurückgenommen, findet §
161 Abs.
2 der
Verwaltungsgerichtsordnung keine Anwendung.
(2) Dem Beigeladenen werden die Kosten außer in den Fällen des §
154 Abs.
3 der
Verwaltungsgerichtsordnung auch auferlegt, soweit er verurteilt wird (§
75 Abs.
5). Ist eine der in § 183 genannten Personen beigeladen, können dieser Kosten nur unter den Voraussetzungen von § 192 auferlegt
werden. Aufwendungen des Beigeladenen werden unter den Voraussetzungen des § 191 vergütet; sie gehören nicht zu den Gerichtskosten.
(3) Die Absätze 1 und 2 gelten auch für Träger der Sozialhilfe, soweit sie an Erstattungsstreitigkeiten mit anderen Trägern
beteiligt sind."
Der Differenzierung des Gesetzgebers liegt der Gedanke zugrunde, dass nicht alle Verfahren vor den Sozialgerichten durch das
traditionelle Verständnis einer besonderen sozialen Schutzbedürftigkeit der Kläger geprägt ist (vgl. Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/ders.,
SGG, 11. Aufl. 2014, vor §
183, Rdnr. 6).
Der Gesetzgeber selbst hat die Einführung der ausnahmsweisen Kostenpflichtigkeit sozialgerichtlicher Verfahren wie folgt begründet
(vgl. die Gesetzesbegründung zum Entwurf eines Sechsten Gesetzes zur Änderung des
Sozialgerichtsgesetzes [6. SGGÄndG] - Bundestags-Drucksache 14/5943, S. 28 f.):
"Als Ausnahmeregelung zu der in § 183 vorgesehenen Gebührenfreiheit regelt § 197 a die Anwendung des Gerichtskostengesetzes (GKG) und bestimmter Vorschriften der
Verwaltungsgerichtsordnung (
VwGO) für die Verfahren, an denen Personen beteiligt sind, die nicht eines besonderen sozialen Schutzes in Form eines kostenfreien
Rechtsschutzes bedürfen. Dies gilt z. B. für Streitigkeiten von Sozialleistungsträgern untereinander oder Streitigkeiten zwischen
Sozialleistungsträgern und Arbeitgebern. Auch soweit es um Vertragsarztverfahren (Vertragsarztzulassung, Honorarstreitigkeiten)
geht, ist eine Gebührenprivilegierung, die von ihrem Schutzzweck her auf die Durchsetzung von Ansprüchen auf Sozialleistungen
ausgerichtet ist, nicht sachgerecht."
Das zugrunde liegende Verfahren vor dem Sozialgericht Landshut, in dem den Beschwerdeführern die Erstattung der außergerichtlichen
Kosten des Prozessgegners auferlegt worden ist, war, wie dies das SG zutreffend festgestellt hat, ein kostenpflichtiges Verfahren im Sinn des §
197 a SGG. Denn die Beschwerdeführer traten in diesem Verfahren nicht in der Eigenschaft eines - sozial schutzbedürftigen - Versicherten,
sondern als - sozial nicht schutzbedürftige - Unternehmer auf.
Dass derartige beitragsrechtliche Verfahren der Regelung des §
197 a SGG, nicht der des §
183 SGG, unterfallen, hat das Bundessozialgericht ausdrücklich im Beschluss vom 05.03.2008, Az.: B 2 U 353/07 B, wie folgt bestätigt:
"Entgegen der Auffassung des LSG gehört der Kläger im vorliegenden Rechtsstreit nicht zu den in §
183 SGG genannten Personen, sodass eine Kostenprivilegierung nicht in Betracht kommt. Mit der im Jahre 2005 erhobenen Klage, die
zu der vorliegenden Nichtzulassungsbeschwerde führte, verfolgte der Kläger gegenüber der Beklagten keine Rechte als Versicherter
auf Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung (vgl BSG Beschluss vom 14. Juli 2006 - B 2 U 98/06 B-), sondern wandte sich gegen die Erhebung von Beiträgen durch die Beklagte von ihm als Unternehmer (BSG Beschluss vom 3. Januar 2006 - B 2 U 367/05 B - sowie Beschluss vom 23. November 2006 - B 2 U 258/06 B -; Köhler, Das Kostenprivileg des §
183 SGG im Falle eines unfallversicherten Unternehmers, Die Sozialgerichtsbarkeit 2008, 76, 79)."
Wenn die Beschwerdeführer das Gefühl zu haben scheinen, ungerecht behandelt worden zu sein, irren sie daher. Sie müssen sich
bewusst sein, dass es ihnen als landwirtschaftliche Unternehmer im unfallversicherungsrechtlichen Sinn nicht möglich ist,
sozialgerichtliche Hilfe ohne jegliches Kostenrisiko und unabhängig von den Erfolgsaussichten ihres Begehrens in Anspruch
zu nehmen.
Für die Zukunft kann den Beschwerdeführern daher nur dringend empfohlen werden, sich vor Inanspruchnahme gerichtlicher Hilfe
gegen Beitragsbescheide des Umstands bewusst zu sein, dass Verfahren vor den Sozialgerichten in derartigen Fällen nicht kostenfrei
sind.
Abschließend weist der Senat die Beschwerdeführer darauf hin, dass weitere Schreiben ihrerseits in dieser Angelegenheit zukünftig
durch den Senat weder bearbeitet noch beantwortet werden. Die Beschwerdeführer werden gebeten, dies zur Kenntnis nehmen und
von einem weiteren Schriftverkehr absehen.
Die kostenrechtliche Einordnung des Verfahrens der Anhörungsrüge folgt dem zugrunde liegenden Verfahren, das mit der gerügten
Entscheidung beendet worden ist. Die Kostenentscheidung beruht daher auf §
197 a Abs.
1 Satz 1
SGG i.V.m. §
154 Abs.
2 VwGO (vgl. Leitherer, a.a.O., § 178 a, Rdnr. 9b).
Einer Streitwertfestsetzung bedurfte es nicht, da für Verfahren der Anhörungsrüge gemäß §
178 a SGG in gerichtskostenpflichtigen Verfahren gemäß §
197 a SGG im Kostenverzeichnis der Anlage 1 zum Gerichtskostengesetz (dort Nr. 7400) eine Festgebühr in Höhe von 60,- EUR vorgesehen ist.