Tatbestand:
Die Klägerin begehrt im Rahmen einer Zugunstenentscheidung (§ 44 SGB X) eine Verletztenrente (§
56 SGB VII) wegen des Arbeitsunfalles vom 24.01.1997 unter Berücksichtigung weiterer Unfallfolgen auf gynäkologischem Fachgebiet.
Die 1956 geborene Klägerin ist am 24.01.1997 um 7.25 Uhr auf dem Weg zu einem Kurs der Bayerischen Hausfrauenvereinigung P.
gestürzt. Dr. H. hat mit Durchgangsarztbericht vom 24.01.1997 eine Kreuzbeinprellung diagnostiziert. Eine seitliche Aufnahme
des Kreuzbeines hat keinen sicheren Frakturnachweis ergeben.
Prof. Dr. M. F. hat mit Nachschaubericht vom 19.03.1997 mitgeteilt, die Klägerin könne sich nicht mehr genau an die Diagnose
sowie an die Behandlung erinnern. Bei ihm würden keine Vorunterlagen über den Unfallhergang sowie die Unfallfolgen vorliegen.
Der Gynäkologe Dr. K. hat der Klägerin ab 19.03.1997 wiederholt Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen wegen einer Parametritis,
einer Parametropathie bzw. Blutungsstörungen ausgestellt. Entsprechend dem Arztbrief des Dr. K. vom 07.04.1997 führt die Klägerin
die glaubhaften Blutungsstörungen auf den Unfall vom 24.01.1997 zurück.
Dr. H. hat mit Nachschaubericht vom 17.03.1997 darauf hingewiesen, dass die Röntgen-Beckenübersicht keine Besonderheiten zeige.
Die geklagten Beschwerden würden durch den erhobenen Befund nicht erklärt. Es bestehe ein Zustand nach Kreuzbeinprellung.
Der behandelnde Arzt und Durchgangsarzt Dr. P. hat mit umfassendem Arztbrief vom 02.05.1997 mitgeteilt, er habe es während
seiner langjährigen Berufstätigkeit noch nicht miterlebt, dass es nach einer Kreuzbein-Steißbeinprellung mit oder ohne Fraktur
zu einer Verschiebung der Unterbauchgebilde gekommen sei, auch wenn bekanntermaßen bei Steißbeinprellungen die Schmerzen bis
über ein halbes Jahr andauern könnten. Dr. H. hat mit Nachschaubericht vom 14.08.1997 mitgeteilt, dass sich die Klägerin immer
wieder in seiner Sprechstunde vorgestellt habe, um über neu aufgetretene Schmerzen im Bereich des linken Beines zu berichten,
die von ihr mit dem Unfall in Zusammenhang gebracht würden. Die bisher erfolgte radiologische Diagnostik und die neurologische
Untersuchung hätten keinen Anhalt für entsprechende unfallbedingte Schäden ergeben. Der Facharzt für Orthopädie B. hat mit
H-Arzt-Bericht vom 19.08.1997 einen Zustand nach Kreuz-, Steißbein- und Beckenprellung ohne Frakturnachweis bzw. ohne sicheren
Frakturnachweis im Bereich des Kreuz- und Steißbeines diagnostiziert. Auf Veranlassung der Beklagten hat Prof. Dr. F. unter
dem 02.12.1997 ein fachchirurgisches Zusammenhangsgutachten bezüglich des Unfalles vom 24.01.1997 gefertigt. Eine unfallbedingte
Arbeitsunfähigkeit könne bei der Diagnose einer Steißbeinprellung ohne Nachweis einer Fraktur für einen Monat angenommen werden.
Seines Erachtens hätten die Blutungen, die zur gynäkologischen Behandlung geführt hätten, entgegen den Ausführungen des Gynäkologen
Dr. K. vom 15.09.1997 keinen Bezug zu dem Unfallereignis vom 24.01.1997.
Mit Bescheid vom 06.03.1998 hat die Beklagte als Folgen des Unfalles vom 24.01.1997 eine Prellung des Steiß- und Kreuzbeines
anerkannt, dessen Folgen mit Ablauf des 24.02.1997 folgenlos abgeheilt seien bzw. wieder in ihren schicksalmäßigen Verlauf
mündeten. Eine unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit und Behandlungsbedürftigkeit ist bis einschließlich 24.02.1997 anerkannt
worden. Der hiergegen gerichtete Widerspruch ist mit Widerspruchsbescheid vom 02.09.1998 zurückgewiesen worden.
In dem sich anschließenden Klageverfahren S 8 U 225/98 hat das Sozialgericht Landshut u.a. die Unterlagen nach dem Schwerbehindertenrecht (nun mehr:
SGB IX) beigezogen und Dr. L. gemäß §
106 Abs.3 Nr.5
SGG zum ärztlichen Sachverständigen bestellt. Dr. L. hat mit unfallchirurgischem Gutachten vom 26.10.1999 ausgeführt, dass der
von der Beklagten akzeptierte Zeitraum der Arbeitsunfähigkeit von vier Wochen einen großzügigen Bewertungsrahmen dargestellt
habe. Die in der Folge notwendigen Behandlungen hätten sich allesamt unfallunabhängigen gynäkologischen und respektive auch
fachneurologisch-psychiatrischen Gesundheitsstörungen gewidmet und könnten nicht ihren Niederschlag in einer weiteren Arbeitsunfähigkeit
und schon gar nicht in einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) finden. Dementsprechend hat das Sozialgericht Landshut die
Klage mit Urteil vom 30.11.1999 abgewiesen.
Das Bayerische Landessozialgericht (BayLSG) hat die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom
30.11.1999 mit Urteil vom 27.07.2000 ohne Einholung eines weiteren Gutachtens unter Hinweis auf §
153 Abs.2
SGG zurückgewiesen.
Die Klägerin hat mit Schreiben vom 09.01.2003 die Gutachten der Dr. T. vom 03.11.2000 und des Dr. B. vom 20.03.2001 vorgelegt,
die in dem Rentenstreitverfahren S 2 RJ 318/99 eingeholt worden sind, und mit Schreiben vom 21.03.2003 hervorgehoben, dass die Unfallsache vom 24.01.1997 neu zu prüfen
sei.
Die Beklagte hat es mit formlosen Bescheid vom 21.03.2003 abgelehnt, in eine erneute Überprüfung einzutreten. Die eingereichten
Ausschnitte aus dieser Gerichtsakte würden keinen Hinweis darauf ergeben, dass sich die Klägerin am 24.01.1997 weitere als
die bereits anerkannten Verletzungen zugezogen habe.
Mit Schreiben vom 22.10.2003 hat die Klägerin erneut beantragt, ihr wegen des Unfalles vom 24.01.1997 Verletztengeld zu bewilligen
und sich hierbei u.a. auf das ärztliche Gutachten des Dr. K. vom 16.03.2001 gestützt. Dr. K. hat berichtet, dass die Klägerin
seit 1997 seine Patientin sei. Sie sei bereits damals von beginnenden klimakterischen Blutungsstörungen geplagt gewesen. Ihr
Allgemeinzustand sei reduziert und ihr Auftreten bedauernswert. Sie sei im Winter 1996/97 hingefallen und habe aufgrund der
Schmerzsituation nicht mehr arbeiten können und ihre Arbeitsstelle verloren. Zu einer Entscheidung hierüber ist es nicht mehr
gekommen, weil sich die Klägerin mit Schriftsatz vom 09.12.2004 an das Sozialgericht Landshut - S 15 U 322/04 - gewandt und beantragt hat, das Verfahren hinsichtlich des Unfalles vom 24.01.1997 neu aufzurollen. Zur Begründung hat sie
auf die Gerichtsgutachten verwiesen, die in den Renten- und Schwerbehindertenstreitverfahren eingeholt worden sind.
Das Sozialgericht Landshut hat die Klage auf Wiederaufnahme des Verfahrens S 8 U 225/98 mit Urteil vom 07.03.2005 verworfen. Insbesondere sei die Wiederaufnahme nicht statthaft, weil ein zulässiger Wiederaufnahmegrund
nach §
179 SGG in Verbindung mit §§
579,
580 ZPO nicht schlüssig behauptet worden sei.
Im Berufungsverfahren L 3 U 129/05 haben sich die Beteiligten in der mündlichen Verhandlung vom 11.05.2006 wie folgt vergleichsweise geeinigt: Die Beklagte
erklärt sich bereit, über den Widerspruch der Klägerin vom 22.10.2003 gegen den Bescheid vom 31.03.2003 zu entscheiden und
einen rechtsbehelfsfähigen Widerspruchsbescheid zu erteilen, nachdem sie ein Gutachten auf gynäkologischem Fachgebiet nach
ambulanter Untersuchung von einem Facharzt nach Wahl der Klägerin unter Berücksichtigung des §
200 SGB VII eingeholt hat.
Die Beklagte hat das Gutachten des Gynäkologen Dr. S. vom 21.08.2006 eingeholt. Unter Auswertung der Unterlagen der Beklagten
und vor allem der diversen Gutachten und Stellungnahmen des Prof. Dr. F., des Dr. K., des Dr. L., des Prof. Dr. G., des Dr.
B., des Dr. G. und der Dr. T. in den verschiedenen Streitverfahren ist Dr. S. zu dem Ergebnis gekommen, aus gynäkologischer
Sicht lägen auf seinem Fachgebiet keine Gesundheitsschäden vor. Ein Sturz auf das Steißbein verschiebe sicherlich nicht das
innere Genitale und verursache auch keine primäre uterine Blutung. Inwieweit die Blutungsstörungen durch die noch liegende
Spirale bedingt sein könnten, lasse sich im Nachhinein nicht feststellen. Dementsprechend ist der Widerspruch gegen den Bescheid
vom 31.03.2003 mit Widerspruchsbescheid vom 28.09.2006 zurückgewiesen worden. Der Bescheid vom 06.03.1998 in Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 02.09.1998 könne nicht nach § 44 SGB X zurückgenommen werden.
In dem sich anschließenden Klageverfahren S 9 U 254/06 hat das Sozialgericht Landshut die Unterlagen des Klinikums P., des Klinikums D. und Röntgenbilder beigezogen sowie Befundberichte
des Dr. K. (Gynäkologe), des Allgemeinarztes F. und des Nervenarztes B. eingeholt. Nach Beiziehung der Akten der Beklagten
ist Dr. O. gemäß §
106 Abs.3 Nr.5
SGG zum ärztlichen Sachverständigen bestellt worden. Dieser hat mit gynäkologischem Gutachten vom 24.07.2008 und ergänzender
Stellungnahme vom 01.03.2009 ausgeführt, dass bei der Klägerin aufgrund des Unfalls vom 24.01.1997 keine Gesundheitsstörungen
mehr vorliegen würden. Die von der Klägerin geschilderten Klopfschmerzen über dem Steißbein seien bei der klinischen Untersuchung
nicht objektivierbar gewesen. Die Blutungen, die zur gynäkologischen Behandlung geführt hätten, stünden entgegen den Ausführungen
des Dr. K. in keinem Bezug zum Unfallereignis vom 24.01.1997, ebenso die dadurch bedingten Unterbauchschmerzen. Eine unfallbedingte
Behandlungsbedürftigkeit habe für den Zeitraum von einem Monat bestanden. Die von der Klägerin beklagte Arbeitslosigkeit sei
nicht den Folgen des Unfalls vom 24.01.1997 anzulasten.
Das Sozialgericht Landshut hat die Klage gegen den Bescheid vom 31.03.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.09.2006
mit Urteil vom 24.06.2009 abgewiesen. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Korrektur des bestandskräftigen Bescheides vom
06.03.1998 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.09.1998 gemäß § 44 SGB X. Denn entsprechend den nachvollziehbaren Ausführungen des Sachverständigen Dr. O. mit Gutachten vom 24.07.2008 und ergänzender
Stellungnahme vom 01.03.2009 seien die von der Klägerin geltend gemachten Beschwerden in gynäkologischer Hinsicht nicht mit
hinreichender Wahrscheinlichkeit auf den Unfall vom 24.01.1997 zurückzuführen. Vielmehr habe die Klägerin bei dem Unfall Verletzungen
ausschließlich auf orthopädisch-chirurgischem Fachgebiet in Form einer Becken- und Steißbeinprellung erlitten, die folgenlos
ausgeheilt sei (vgl. vor allem Gutachten des Dr. L. vom 26.10.1999 und des Dr. S. vom 21.08.2006). Auch die aktuell diagnostizierten
Beschwerden auf gynäkologischem Fachgebiet (Dysmenorrhoen und Dyspareunien) könnten entsprechend den Ausführungen des Dr.
O. nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ursächlich auf den Unfall vom 24.01.1997 zurückgeführt werden.
Mit Berufung vom 28.08.2009 hob die Klägerin hervor, dass es keine Vorerkrankung auf gynäkologischem Fachgebiet gegeben habe.
Es habe weder eine Unterleibsentzündung noch eine innere Organverletzung bestanden. Im März 1997, also zeitnah sechs Wochen
nach dem Unfall vom 24.01.1997, sei ihre Gebärmutter laparaskopisch abgeklärt worden. Nachdem sie auch Lehrmaterial bei dem
Sturz getragen habe, sei durchaus ein Knochenbruch mit Weichteilverletzung gegeben. Faserrisse hätten Einblutungen und Verklebungen
im Weichteilbereich zur Folge gehabt. Dementsprechend sei ihr Verletztengeld unter Berücksichtigung der Ausbildung zur Meisterin
(für Hauswirtschaft) zu gewähren.
Von Seiten des Senats wurden drei Bände Unterlagen der Beklagten beigezogen, ebenso die Streitakten S 10 AL 291/98, S 13 SB 36/98, S 15 SB 222/02, S 2 RJ 318/99, S 14 RJ 453/04, S 8 U 225/98, L 3 U 107/00, S 8 U 244/00, L 2 U 104/02, S 15 U 322/04, L 3 U 129/05 und S 9 U 254/06.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 13.12.2010 beantragt die Klägerin,
das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 24.06.2009 sowie den Bescheid der Beklagten vom 31.03.2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 28.09.2004 aufzuheben sowie die Beklagte zu verurteilen, den Bescheid vom 06.03.1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 02.09.1998 aufzuheben und unter Anerkennung von weiteren Unfallfolgen auf gynäkologischem Fachgebiet Verletztengeld und
eine Verletztenrente nach einer MdE um 20 v.H. zu gewähren.
Der Bevollmächtigte der Beklagten beantragt entsprechend dem Schriftsatz vom 08.10.2009,
die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 24.06.2009 zurückzuweisen.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird gemäß §
202 SGG in Verbindung mit §
540 ZPO sowie entsprechend §
136 Abs.2
SGG auf die Unterlagen der Beklagten sowie die vorstehend bezeichneten Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
Dies ist hier zweifelsfrei nicht der Fall. Denn bereits entsprechend dem Durchgangsarztbericht des Dr. H. vom 24.01.1997 ist
die Klägerin auf dem Weg zu dem Kurs der Bayerischen Hausfrauenvereinigung am 24.01.1997 gegen 7.25 Uhr wegen Glätte gestürzt
und hat sich hierbei eine Prellung im Bereich des Kreuz- und Steißbeines zugezogen. Eine seitliche Röntgenaufnahme hat keinen
sicheren Frakturnachweis ergeben. Die diesbezüglichen Unfallfolgen auf chirurgisch-orthopädsichem Fachgebiet sind im Folgenden
von allen am Verfahren beteiligten Ärzten bestätigt worden, z.B. von Dr. H. mit Nachschaubericht vom 17.03.1997, dem Behandelnden
Chirurgen und Durchgangsarzt Dr. P. mit Arztbrief vom 02.05.1997, von Prof. Dr. F. mit Arztbrief vom 24.04.1997, von Dr. L.
mit chirurgischem Gutachten vom 26.10.1999, von Dr. S. mit Gutachten vom 21.08.2006 und zuletzt (wenngleich fachfremd) von
Dr. O. mit Gutachten vom 24.07.2008 und ergänzender Stellungnahme vom 01.03.2009.
Der Senat verkennt nicht, dass die Klägerin auch aktuell auf gynäkologischem Gebiet an Dysmenorrhoen und Dyspareunien leidet.
Entsprechend den schlüssigen und überzeugenden Ausführungen des Dr. O. sind diese jedoch nicht ursächlich auf den Unfall vom
24.01.1997 zurückzuführen.
Nach alledem ist die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 24.06.2009 zurückzuweisen. Aufgrund
der umfassenden Beweiserhebung in diesem und den Parallelverfahren hat der Senat auch keine Notwendigkeit gesehen, den Sachverhalt
gemäß § 106 Abs.3 Nr.5 SGGG durch Einholung weiterer Gutachten ergänzend aufzuklären. Vor allem ist es weder Aufgabe der Beklagten
als Träger der gesetzlichen Unfallversicherung noch des Senats die eigentliche Ursache der bei der Klägerin bestehenden gynäkologischen
Beschwerden zu eruieren.