Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Erstattung der Kosten für die nicht verschreibungspflichtigen Medikamente Linola Fett N
Ölbad, Dermatop Basiscreme, Dermatop Basissalbe und Excipial U Lipolotio mit Urea.
Die Klägerin beantragte mit Schreiben vom 19. Oktober 2004 die Kostenübernahme für die Standardtherapie der teils apothekenpflichtigen
aber nicht verschreibungspflichtigen genannten Medikamente. Sie legte zur Begründung ein Attest des Klinikums der Universität
M. vor, worin die behandelnde Ärztin Dr. R. bei der Klägerin das Vorliegen folgender Diagnosen bestätigte:
chronisch exacerbiertes atopisches Ekzem, zum Teil sekundär impetiginisiert; Rhinitis allergica bei polyvalenter Sensibilisierung;
Nahrungsmittelallergie, Asthma bronchiale, Alopecia areata; rezidivierender Herpes; Acetylsalizylsäure-Unverträglichkeit;
Allergie vom Soforttyp gegen Naturlatex.
Im Vordergrund der Beschwerden stehe das chronisch exacerbierte atopische Ekzem. Dieses bedürfe einer konsequenten Anwendung
rückfettender Maßnahmen, die durch Ölbäder und harnstoffhaltige Externa durchzuführen seien. Bei dem chronischen Krankheitsbild
gehörten diese zur Basistherapie. Nur so sei ein einigermaßen stabiler Hautbefund zu erzielen und Ekzemschübe zu verhindern
bzw. zu mildern. Die Übernahme der Kosten durch die gesetzliche Krankenversicherung werde daher befürwortet.
Mit Bescheid vom 8. November 2004 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin ab, der Arzt könne unter Beachtung der gültigen
Arzneimittelrichtlinien (AMR Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen über die Verordnung von Arzneimitteln
in der vertragsärztlichen Versorgung i.d.F. vom 31. August 1993 Bundesanzeiger 1993 Nr. 246 S. 11155, zuletzt geändert am
21. Februar 2008, Bundesanzeiger Nr. 67 S. 1607, in Kraft getreten am 7. Mai 2008) das Medikament verordnen, daher sei eine
Bewilligung bzw. Ablehnung von Arzneimitteln durch die Kasse nicht vorgesehen. Die Beklagte fügte hinzu, dass nach Rücksprache
mit Dr. R. es sich bei dem Medikament Linola Fett Ölbad um ein nicht verschreibungspflichtiges Arzneimittel handle und eine
Versorgung zu Lasten der Krankenkasse anhand der Ausnahmerichtlinien ebenso wie bei den anderen nicht verschreibungspflichtigen
Präparaten nicht erfolgen könne.
Dagegen richtete sich der Widerspruch der Klägerin, die auf die Notwendigkeit der Behandlung mit diesen Medikamenten entsprechend
dem Attest der Uniklinik hinwies. Die Verordnung der nicht verschreibungspflichtigen Medikamente sei ausnahmsweise nach §
34 Abs.
1 S. 2
SGB V zulässig, wenn die Arzneimittel bei der Behandlung schwerwiegender Erkrankungen als Therapiestandard gelten. Als schwerwiegende
Krankheit gelten lebensbedrohliche Erkrankungen oder Erkrankungen, die aufgrund der Schwere der durch sie verursachten Gesundheitsstörungen
die Lebensqualität auf Dauer nachhaltig beeinträchtigen. Dies sei bei ihr der Fall. Ein weiteres Attest der Uniklinik M. wurde
vorgelegt.
Mit Widerspruchsbescheid vom 1. Juni 2005 wies die Beklagte den Widerspruch zurück mit der Begründung, dass Linola Fett Ölbad
zu den apothekenpflichtigen, aber nicht verschreibungspflichtigen Arzneimitteln gehöre und deshalb von den Ausnahmekriterien
nach der Arzneimittelrichtlinie-F Nr. 16 ff nicht erfasst werde. Eine Leistungsverpflichtung der Kasse für diese Hautschutzmaßnahmen
bestehe daher nicht. Die weiteren streitigen Präparate seien keine Arzneimittel, sondern freiverkäufliche medizinische Körperpflegemittel
und daher bestehe nach §
31 Abs.
1 SGB V kein Anspruch auf eine Erstattung der Kosten dieser Mittel. Die Entscheidung im Bescheid vom 8. November 2004 sei daher nicht
zu beanstanden.
Mit der Klage vom 16. Juni 2005 verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter und verweist erneut auf die Ausnahmerichtlinien
und das Attest der Uniklinik für Dermatologie. Die Beipackzettel der Präparate wurden vorgelegt.
Mit Urteil vom 7. Dezember 2005 wies das Sozialgericht die Klage ab, da die Klägerin keinen Anspruch auf Kostenübernahme nach
§§
31,
34 SGB V habe. Die Erstattung der Kosten der Dermatop Basiscreme und Dermatop Basissalbe könne nicht erfolgen, da es sich dabei nicht
um Arzneimittel handele, sondern um Hautpflegepräparate, die in jeder Apotheke ohne Rezept erhältlich seien. Diese Präparate
enthielten keine arzneilich wirksamen Stoffe. Auch Excipial U Lipolotio sei ausschließlich ein Körperpflegeprodukt. Deshalb
erfülle auch dieses Präparat nicht den Arzneimittelbegriff im Sinne von §
31 Abs.
1 SGB V. Bei Linola Fett Ölbad handle es sich um ein nicht verschreibungspflichtiges Arzneimittel. Für die Zeit vom 1. Januar bis
31. März 2004 sei eine Verordnung zu Lasten der Krankenkasse durch die behandelnden Ärzte nicht erfolgt, im Übrigen sei das
atopische Ekzem, an dem die Klägerin leide, gemäß Abschnitt F Nr. 16.4 ff der Arzneimittelrichtlinie nicht als schwerwiegende
Erkrankung aufgeführt. Dies habe auch die Rücksprache der Beklagten bei der behandelnden Ärztin ergeben.
Dagegen richtet sich die Berufung, zu deren Begründung ein weiteres Schreiben der Universitätsklinik M. vom 9. Juni 2006 vorgelegt
und vorgetragen wurde, bei der Klägerin bestünden schwerwiegende Hautveränderungen mit bedrohlichen Komplikationen im Sinne
einer Superinfektion. Die Schwere der Erkrankung beeinträchtige die Lebensqualität der Klägerin dauerhaft und nachhaltigst.
Daher benötige sie die genannten Arznei- und Behandlungsmittel, die allein geeignet seien, das Leiden der Klägerin dauerhaft
zu lindern und zu mildern. Diese Arzneimittel verhinderten im Sinne einer Präventionsmaßnahme Krankheitsschübe und seien deshalb
von der Krankenkasse zu erstatten. Im Schreiben vom 9. Juni 2006 bestätigte der Universitätsklinik M., dass das atopische
Ekzem in der Liste der Ausnahmen der Arzneimittelrichtlinien nicht enthalten sei; daraus sei aber nicht zu schließen, dass
diese Erkrankung weder allgemein noch im Falle der Klägerin keine schwerwiegende Erkrankung darstelle. Das Krankheitsbild
werde seit 1991 regelmäßig in der Ambulanz behandelt und seit vielen Jahren bestünden schwerwiegende Hautveränderungen mit
rezidivierenden Exazerbationen. Dabei sei es auch zu Ekzema Herpeticatum und zu einer sekundären Superinfektion gekommen.
Daher sei das bei der Klägerin bestehende atopische Ekzem als schwer und chronisch einzustufen, es beeinträchtige die Lebensqualität
auf Dauer nachhaltig. Die streitigen Arzneimittel seien sehr wohl geeignet, die Hauterkrankung zu lindern bzw. ihr vorzubeugen.
Bei einer anlagebedingten krankhaften Hauttrockenheit sei die Anwendung von rückfettenden Präparaten Bestandteil jeglicher
Standardtherapie und daher müssten rückfettende Maßnahmen in die Ausnahmeliste des Gemeinsamen Bundesausschusses aufgenommen
werden. Aus medizinischer Sicht bestehe weiterhin eine dringliche Indikation.
Es wurde beantragt, nach §
109 SGG Prof. Dr. R. als Sachverständigen zu hören.
Der Senat holte Befundberichte bei Dr. S. (Internistin) und Dr. R. ein.
Prof. Dr. R. hat im Gutachten vom 23. März 2007 auf die Beweisfragen ausgeführt, dass bei der Klägerin folgende Diagnosen
bestehen:
1. Chronisch-exacerbiertes atopisches Ekzem mit rezidivierendem Ekzema herpeticatum und rezidivierenden bakteriellen Superinfektionen.
2. Rhinitis allergica, Asthma bronchiale.
3. Nahrungsmittelallergie.
4. Polivalente Kontaktsensibilisierung vom Spättyp gegen Nickelsulfat, Kobaltsulfat, Myomycin-Sulfat, Pfefferminzöl, Campher,
Perubalsam, Dexpanthenol, Benzalkoninumchlorid und Gentamicinsulfat.
5. Fotokontaktsensibilisierung gegen 5-Brom-4-chlorsalicylanilid.
6. Unverträglichkeit gegen Acetylsalizylsäure
7. Aloepcia areata
Während bei vielen Patienten nur ein leichtes atopisches Ekzem mit veränderlichen Hauterscheinungen auftrete, bestehe bei
der Klägerin ein langjähriges ununterbrochen bestehendes Ekzem, so dass die Lebensqualität deutlich und langfristig gemindert
sei. Daneben seien in der Vergangenheit Komplikationen im Sinne von Infektionen durch Bakterien sowie Herpesviren aufgetreten.
Es bestehe auch die Gefahr von unmittelbaren Folgeschäden durch angewandte kortikosteroide Therapien, die eine Standardtherapie
darstellten. Es gebe zwar seit einiger Zeit alternative Behandlungsansätze zum Beispiel durch Immunsuppressiva, die allerdings
bei langfristiger Anwendung an lichtexponierter Haut zur Carcinombildung führen könnten. Da bei der Klägerin aber rezidivierende
Herpesinfektionen der Haut aufgetreten seien, seien diese kontraindiziert. Wegen der schmerzhaften Einrisse der Haut im Bereich
der Hände leide die Klägerin zwar nicht unter einer lebensbedrohlichen, aber an einer die Lebensqualität gravierend beeinträchtigenden
Erkrankung. Das atopische Ekzem sei zwar unter den Nr. 16.4.1 bis 16.4.46 der Arzneimittelrichtlinien nicht explizit genannt,
als vergleichbare Indikation wäre es aber dem unter 16.4.5 genannten chronischen Urtikaria und chronischen Pruritus vergleichbar,
beides Erkrankungen, die ebenso wie das atopische Ekzem mit einem quälenden Juckreiz einhergehen. Auch die unter 14.4.46 genannte
Ichtyose weise Gemeinsamkeiten mit dem atopischen Ekzem auf. Neben der Behandlung mit Arzneimitteln müsse als Therapiestandard
auch die adjuvante Basistherapie oder Basisbehandlung genannt werden. Die Anwendung von rückfettenden Externa sei bei einem
atopischem Ekzem nicht mit Hautpflege gleichzusetzen. In allen Standardlehrbüchern der Dermatologie seien rückfettende Externa
als notwendige Therapie des atopischen Ekzemes aufgeführt. In den Leitlinien der deutschen dermatologischen Gesellschaft seien
deshalb als dermatologische Basistherapie auch wirkstofffreie, dem jeweiligen Hautzustand angepasste Pflegeprodukte, Ölbäder,
Duschöle oder/und lokale Feuchhaltefaktoren wie z.B. Harnstoff in geeigneter Konzentration genannt. Während bei Linola Fett
Ölbad keine vergleichbaren Alternativen verfügbar seien, gebe es bei Basissalben bzw. Basiscremen auch von anderen Herstellern
vergleichbare den notwendigen Standards entsprechende Produkte, das treffe auch für Excipial Lipolotio mit Urea zu.
Die Beklagte vertrat unter Hinweis auf die Stellungnahme des MDK zum Gutachten von Prof. Dr. R. durch Dr. R. die Auffassung,
dass die Ausnahmekriterien nach den Arzneimittelrichtlinien Nr. 16 ff als nicht erfüllt anzusehen seien und daher weiterhin
eine Kostenübernahme nicht erfolgen könne.
Zu den Einwendungen des MDK wurde Prof. Dr. R. ergänzend gehört. Er hat sich in seinen ergänzenden Stellungnahmen vom 2. November
2007 und 2. Januar 2009 mit den Einwendungen auseinander gesetzt und darauf hingewiesen, dass bis 2004 Dermatopcreme und Dermatopsalbe
apothekenpflichtig gewesen seien. Eine Änderung sei deshalb eingetreten, weil die Krankenkassen die Basistherapeutika nicht
mehr erstatteten. Da Basiscremes und Basissalben per Definition wirkstofffrei seien, sei auch keine Zulassung als Arzneimittel
erfolgt. Somit schließe die generelle Nichtzulassung von Basistherapeutika als Arzneimittel ihrer Erstattung also aus, so
dass zu fragen sei, welche Präparate der AMR Nr. 20.1.C überhaupt zuzuordnen seien. Zumindest die Formulierung in dieser Nummer
lege nahe, dass es im Grundsatz medizinisch sinnvoll sein könne, eine Basistherapie durchzuführen, so dass die Kostenerstattung
statthaft ist.
Die Richtlinien würden außerdem nicht alle Grunderkrankungen erfassen, die zu Ausnahmeregelungen Anlass geben. Deshalb müsse
eine Anwendung der Ausnahmeregelung auf sich analog verhaltene Erkrankungen möglich sein. Dass die Basistherapeutika bei Erkrankungen,
wie dem atopischen Ekzem, bisher nicht in die Richtlinie aufgenommen worden seien, entspreche nicht dem medizinischen Wissensstand.
Die Beklagte hörte zur ergänzenden Stellungnahme erneut Dr. R., die weiterhin die Meinung vertrat, dass die Voraussetzungen
für die Kostenerstattung nicht erfüllt seien, da die Verordnung von Basiscremes zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung
bei der Diagnose atopisches Ekzem bewusst durch den Gemeinsamen Bundesausschusses ausgeschlossen worden sei.
Auf Anfrage des Senats hat die Beklagte im Schriftsatz vom 25. November 2008 darauf hingewiesen, dass auch unter Berücksichtigung
der Arzneimittelrichtlinien in der Fassung vom 7. Mai 2008 sich keine Änderungen der Beurteilung ergäben.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts München vom 7. Dezember 2005 sowie den Bescheid der Beklagten vom 8. November 2004 in der Gestalt
des Widerspruchsbescheides vom 1. Juni 2005 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, die Klägerin von den Kosten der Behandlung
mit Linola Fett N Ölbad, Dermatop Basiscreme und Dermatop Basissalbe sowie Excipial U Lipolotio mit krea freizustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten der Beklagten, das Sozialgerichts München und des Bayerischen Landessozialgerichts
Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Klägerin hat unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt Anspruch auf Erstattung der Kosten für die von ihr benutzten Hautpflegemittel.
Das Sozialgericht und die Beklagte haben somit zu Recht die Erstattung der für die Vergangenheit nicht bezifferten Kosten
der Versorgung mit den genannten Arzneimitteln versagt.
Nach §
31 Abs.
1 S. 1
SGB V haben Versicherte Anspruch auf Versorgung mit apothekenpflichtigen Arzneimitteln, soweit die Arzneimittel nicht nach § 34
oder durch Richtlinien nach § 92 Abs. 1 S. 2 Nr. 6 ausgeschlossen sind.
§
13 SGB V regelt die Fälle, in denen anstelle der Sach- und Dienstleistung eine Kostenerstattung zugelassen ist. Im Falle der Klägerin
könnte diese sich nur auf §
13 Abs.
3 SGB V stützen, wonach eine Krankenkasse für die selbstbeschaffte Leistung Kosten zu erstatten hat, soweit die Leistung notwendig
war und die Krankenkasse im Falle einer unaufschiebbaren Leistung diese nicht rechtzeitig erbracht hatte oder die Leistung
zu Unrecht abgelehnt hatte. Im vorliegenden Fall hatte die Klägerin einen Leistungsantrag gestellt, die Beklagte hatte die
Erstattung abgelehnt, dies ist jedoch nicht zu Unrecht erfolgt, da kein Anspruch auf Freistellung von den geltend gemachten
Kosten der Basistherapeutika besteht.
Nach §
31 Abs.
1 S. 4
SGB V kann der Vertragsarzt Arzneimittel die aufgrund der Richtlinien nach §
92 Abs.
1 S. 2 Nr.
6 SGB V von der Versorgung ausgeschlossen sind, ausnahmsweise in medizinisch begründeten Einzelfällen mit Begründung verordnen.
Nach §
34 Abs.
1 SGB V sind nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel von der Versorgung nach §
31 SGB V ausgeschlossen. Der Gemeinsame Bundesausschuss legt in den Richtlinien nach §
92 Abs.
1 S. 2 Nr.
6 SGB V erstmals bis zum 31. März 2004 fest, welche nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittel, die bei der Behandlung schwerwiegender
Erkrankungen als Therapiestandard gelten, zur Anwendung bei diesen Erkrankungen mit Begründung vom Vertragsarzt ausnahmsweise
verordnet werden können (§
31 Abs.
1 S. 2
SGB V). Dabei ist der therapeutischen Vielfalt Rechnung zu tragen. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat auf der Grundlage der Richtlinien
nach S. 2 dafür Sorge zu tragen, dass eine Zusammenstellung der verordnungsfähigen Fertigarzneimittel erstellt, regelmäßig
aktualisiert wird und im Internet abruffähig ist, sowie in elektronisch weiterverarbeitender Form zur Verfügung steht (S.
3 und 4).
Diese Voraussetzungen sind bei den begehrten Arzneimitteln aus verschiedenen Gründen, wie das Sozialgericht zu Recht dargelegt
hat, nicht erfüllt. Dies bestätigt im Wesentlichen auch der auf Antrag der Klägerin gehörte Gutachter Prof. Dr. R ...
Auch der Gutachter bestätigt die vom Sozialgericht vertretene Auffassung, dass es sich bei Dermatop Basiscreme und Dermatop
Basissalbe um eine wirkstofffreie Zubereitung handelt, die zwar als adjuvante Basistherapie zum Therapiestandard gehört und
insbesondere als erforderliche rückfettende und hydratisierende Maßnahme angezeigt ist. Der Gutachter legt dar, dass in Standardwerken
zum atopischen Ekzem, den Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Dermatologie oder in Lehrbüchern diese Basistherapeutika
ebenso wie Badeöle unter dem Oberbegriff adjuvante Basistherapie behandelt werden und es sich dabei um eine notwendige Therapie
des atopischen Ekzemes handelt und nicht nur die auch allgemein verbreitete Hautpflege. Trotzdem ist eine Verordnung - die
der behandelnde Arzt und Gutachter im Übrigen auch nicht mehr vorgenommen hat - zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung
nicht möglich, da es sich um nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel handelt, die zwischenzeitlich auch von der Apothekenpflicht
ausgenommen worden sind und die nicht in der Ausnahmeregelung der Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen
über die Verordnung von Arzneimitteln in der vertragsärztlichen Versorgung (Arzneimittel-Richtlinien - AMR - in der Fassung
vom 31. August 1993, zuletzt geändert am 21. Februar 2008, veröffentlicht Bundesanzeiger Nr. 67 S. 1607) genannt sind. Diese
auf Grund der Ermächtigung des §
92 SGB V erlassenen Richtlinien - die weder verfassungsrechtlich noch europarechtlich zu beanstanden sind (siehe dazu zuletzt Urteil
des BSG vom 6. November 2008 B 1 KR 6/08 R) - nennen unter F. 16 weder, das bei der Klägerin vorliegende atopische Ekzeme noch eines der begehrten Mittel für die Behandlung
des atopischen Ekzems oder einer Neurodermitis als mögliche Ausnahme. Insbesondere können die Dermatop Basiscreme und Dermatop
Basissalbe nicht unter Nr. 16.4.46 der AMR subsumiert werden, da bei dieser Zubereitung sowohl die Eigenschaft als Arzneimittel
fehlt und es sich außerdem nicht um ein harnstoffhaltiges Dermatikum handelt. Darüber hinaus wäre ein solches harnstoffhaltiges
Dermatikum auch nur bei der gesicherten Diagnose einer Ichtyose als Ausnahme zugelassen. Wie der Gutachter ausführt, hat das
bei der Klägerin bestehende Krankheitsbild zwar ähnliche Erscheinungsformen, es handelt sich aber nicht um eine Ichtyose.
Eine analoge Anwendung der Ausnahmeregelung ist in Hinblick auf die eng auszulegende Anwendung nicht möglich. Grundsätzlich
sind Ausnahmeregelungen auf die genannten Ausnahmevoraussetzungen beschränkt eng auszulegen und anzuwenden. Darüber hinaus
regelt Nr. 16.9 AMR ausdrücklich, dass die Vorschriften in Nr. 16.1 bis 8 als abschließende Regelungen zu gelten haben und
insoweit die Vorschriften anderer Abschnitte der Arzneimittelrichtlinien, insbesondere der Nr. 20 ff keine Anwendung finden.
Deshalb kann eine Verordnung und damit die Erstattung der Kosten der Therapeutika auch nicht unter Nr. 20 AMR erfolgen. Die
Regelung in Nr. 16.9 AMR ist insoweit eindeutig und lässt keine andere, insbesondere keine erweiterte Auslegung zu.
Daher kann auch eine Freistellung von den Kosten der Verordnung des Linola Fett N Ölbad nicht erfolgen, da es sich hier zwar,
wie der Gutachter ausführt, um eine zwingende Begleitmedikation der medikamentösen Haupttherapie handelt, für die keine Alternative
zur Verfügung steht, allerdings ist auch diese ein nicht verschreibungspflichtiges Arzneimittel, das nicht unter die Ausnahmevorschrift
der Nr. 16 AMR fällt, so dass aufgrund des oben Ausgeführten die Freistellung von den Kosten nicht möglich ist.
Soweit die Erstattung der Behandlung mit Excipial U Lipolotio mit Urea streitig ist, kann ebenfalls keine Erstattung erfolgen,
auch wenn derartige Präparate unter Nr. 16.4.46 AMR genannt sind. Diese Ausnahmeregelung gilt nämlich nur für die gesicherte
Diagnose bei Ichtyosen, die bei der Klägerin, wie der Gutachter bestätigt hat, nicht vorliegt. Es genügt dabei nicht, dass
die Erkrankung der Klägerin ein ähnliches Hautbild verursacht. Auch hier ist unter dem Gesichtspunkt der Ausnahmeregelung
die Bestimmung eng auszulegen, so dass nur für die tatsächlich genannten Diagnosen eine Versorgung zu Lasten der GKV möglich
ist. Darüber hinaus wäre weitere Voraussetzung der Nr. 16.4.46 AMR, dass keine therapeutische Alternative indiziert ist. Dies
ist für die Excipial Lipolotio mit Urea bei der Klägerin aber nicht nachgewiesen und vom Gutachter auch nicht dargetan.
Entgegen der Auffassung des Klägerbevollmächtigten sind die Arzneimittelrichtlinien verbindlich. Das Bundessozialgericht hat
in der genannten Entscheidung vom 6. November 2008 (B 1 KR 6/08 R) ausführlich dargelegt, dass der grundsätzliche Ausschluss nicht verschreibungspflichtiger Arzneimittel aus dem Leistungskatalog
der GKV auf Sachgründen beruht und trotz des Grundkonzepts, dass der Versicherte Anspruch auf bedarfsgerechte medizinische
Versorgung hat, aus finanzwirtschaftlichen Erwägungen ein Ausschluss gewisser Arzneimittel zulässig ist (aaO. Ziff. 16, 17,
18). Es sei verfassungsrechtlich auch nicht zu beanstanden, dass der Gesetzgeber den Gemeinsamen Bundesausschuss beauftragt
hat, die Richtlinien nach §
92 Abs.
1 S. 2 Nr.
6 SGB V festzulegen (so auch Urteil vom 28. Februar 2008 B 1 KR 16/07 R). Auch die Leistungsbegrenzung in §
34 Abs.
1 SGB V hat das BSG als verfassungsgemäß bezeichnet. Dadurch sei weder das Recht auf körperliche Unversehrtheit noch das Grundrecht
aus Art.
2 Abs.
1 GG i.V.m. dem Sozialstaatsprinzip verletzt (aaO. Ziff. 20). Der Senat schließt sich dem BSG in der genannten Entscheidung auch
insoweit an, als dieses eine Verletzung europäischen Rechts verneint hat.
Somit hat die Klägerin unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt Anspruch auf Freistellung von den Behandlungskosten mit den
begehrten Arzneimitteln, so dass auf eine Bezifferung des geltend gemachten Anspruchs für die Vergangenheit verzichtet werden
konnte (BSG, Urteil vom 06.11.2008, B 1 KR 6/08 R RdNr. 8).
Die Kostenentscheidung beruht auf §§
183,
193 SGG.
Gründe, gemäß §
160 Abs.
2 Ziff. 1 und 2
SGG die Revision zuzulassen, sind nicht ersichtlich.