Feststellung höherer Arbeitsentgelte unter Berücksichtigung der Gewährung jährlicher Jahresendprämien im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens
Rechtmäßigkeit eines Feststellungsbescheides
Keine Schätzungsbefugnis bei erheblichen Zweifeln an der Zahlung und der Höhe einer Jahresendprämie
Tatbestand
Die Klägerin begehrt - im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens - die Feststellung höherer Arbeitsentgelte für den Zeitraum
vom 01. Januar 1984 bis zum 30. Juni 1990 unter Berücksichtigung der Gewährung jährlicher Jahresendprämien (JEP).
Die 1955 geborene Klägerin schloss am 20. Oktober 1978 ihr Studium an der Hochschule für Verkehrswesen D erfolgreich mit der
Berechtigung ab, die Berufsbezeichnung Diplomingenieur zu führen (Zeugnis vom 20. Oktober 1978). Anschließend arbeitete sie
bis zum 05. Februar 1982 als Transport-Technologin beim VEB Werk für Technisches Glas I und vom 05. Januar 1983 bis zum 30.
Juni 1990 und darüber hinaus als Bearbeiterin Planabrechnung beim VE Braunkohlenkombinat (BKK) S - Stammbetrieb. Zum 01. Dezember
1981 trat die Klägerin der Freiwilligen Zusatzrentenversicherung (FZR) bei. Eine Versorgungszusage über die Einbeziehung in
ein Zusatzversorgungssystem hat sie zu DDR-Zeiten nicht erhalten.
Einen ersten, unter Vorlage des Ingenieurzeugnisses sowie von Kopien ihres Sozialversicherungsausweises der DDR (SVA), gestellten
Antrag der Klägerin auf Feststellung von Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem lehnte die Beklagte mit
Bescheid vom 01. November 2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 24. Januar 2006 bestandskräftig ab. Ebenso lehnte
sie den im November 2006 gestellten Überprüfungsantrag der Klägerin zunächst mit Bescheid vom 26. Dezember 2006 ab. Im Rahmen
des folgenden Widerspruchsverfahrens legte die Klägerin in Kopie ihre Arbeitsverträge mit dem VEB Werk für Technisches Glas
Il vom 18. Mai 1977 (Arbeitsbeginn 04. September 1978, Vergütung 750,- M monatlich, Rahmenkollektivvertrag Glas/Keramik) sowie
dem VE BKK S – Stammbetrieb vom 05. Januar 1983 (Arbeitsbeginn 05. Januar 1983, Vergütung 1.080,- M monatlich) nebst Änderungsverträgen/Mitteilungen
vom 28. Dezember 1984 (ab 01. Januar 1985 Vergütung 1.265,- M monatlich) und 01. September 1987 (ab 01. September 1987 Vergütung
1.350,- M monatlich) vor. Zudem reichte sie in Kopie eine Niederschrift über die Führung eines Leistungsgespräches vom 31.
August 1987, ein Feststellungsprotokoll vom 31. August 1987 über die Erhöhung des Grundgehaltes zum 01. September 1987 auf
1.350,- M und die Gewährung eines Leistungszuschlages von 35,- M monatlich sowie eines Antrages auf Änderung arbeitsökonomischer
Informationen vom 27. April 1990 betreffend eine Erhöhung des Leistungszuschlages auf 135,- M monatlich ab dem 01. Mai 1990
ein. Die R Office Systems GmbH übersandte auf Anfrage der Beklagten eine am 05. Februar 2008 anhand der archivierten Unterlagen
des VEB Werk für Technisches Glas I erstellte Bescheinigung über die vom 04. September 1978 bis zum 31. Dezember 1981 erzielten
Arbeitsentgelte der Klägerin. Die V Europe Mining AG bescheinigte auf Anfrage der Beklagten unter dem 30. April 2008 die Bruttoverdienste
der Klägerin aus ihrer Beschäftigung beim VE BKK S – Stammbetrieb vom 05. Januar 1983 bis zum 30. Juni 1990 ohne Ausweisung
von Zulagen bzw. Zuschlägen. Daraufhin half die Beklagte mit Feststellungsbescheid vom 28. Mai 2008 dem Widerspruch ab und
stellte die Zeit vom 20. Oktober 1978 bis zum 05. September 1980, 01. Dezember 1980 bis zum 05. Februar 1982 sowie 05. Januar
1983 bis zum 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem „Zusätzliche Altersversorgung der technischen
Intelligenz" (AVItech) nebst den nachgewiesenen Arbeitsentgelten, den Arbeitsausfalltagen, den Zeiten von Schwangerschaft/Wochenurlaub
(06. September 1980 bis zum 27. März 1981) sowie den Zeiten ohne Entgelte aus einem Beschäftigungsverhältnis (08. März 1981
bis zum 10. November 1981, 06. Februar 1982 bis zum 04. Januar 1983) fest.
Im Februar 2012 beantragte die Klägerin die Überprüfung des Feststellungs-bescheides und begehrte die Einbeziehung der JEP
und des Bergmannsgeldes. Nachdem die Klägerin der Aufforderung zur Vorlage von Nachweisen über die Zahlung einer JEP bzw.
von Zulagen nicht nachkam, lehnte die Beklagte mit bestandskräftigem Bescheid vom 02. August 2012 den Überprüfungsantrag ab.
Der ursprüngliche Feststellungsbescheid könne nicht zu Gunsten der Klägerin geändert werden, weil die von ihr begehrten zusätzlichen
Arbeitsverdienste weder nachgewiesen noch glaubhaft gemacht worden seien.
Mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 11. August 2014 beantragte die Klägerin die Berücksichtigung einer JEP in
Höhe von 70 % des Entgeltes des vorangegangenen Kalenderjahres als glaubhaft gemachtes Entgelt und verwies auf eine beigefügte
Zeugenerklärung eines Kollegen, Herrn K Z, vom 16. Mai 2014, der u.a. ausführte, die Klägerin habe von 1983 bis 1990 stets
die volle JEP erhalten. Die Höhe der JEP habe sich nach der Entlohnung und der Planerfüllung gerichtet. In der Regel habe
die JEP der Höhe eines Monatsgehaltes entsprochen. Die Auszahlung sei mit Gemeinschaftsliste erfolgt, so dass keine Unterlagen
vorhanden seien. Er habe mit der Klägerin in derselben Abteilung gearbeitet und sei ihr Vorgesetzter gewesen.
Mit Bescheid vom 27. August 2014 lehnte die Beklagte den Antrag auf Überprüfung nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) ab, da die begehrten zusätzlichen Arbeitsverdienste (JEP) weder nachgewiesen noch glaubhaft gemacht worden seien.
Hiergegen widersprach die Klägerin unter Bezugnahme auf eine Entscheidung des Sächsischen Landessozialgerichts (LSG) vom 12.
November 2013. Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 03. Dezember 2014 zurück, weil die begehrten
zusätzlichen Arbeitsverdienste (JEP) weder nachgewiesen noch glaubhaft gemacht worden seien. Die JEP sei eine in Betrieben
mit wirtschaftlicher Rechnungsführung angewendete Form der Prämierung gewesen, deren Höhe von der Qualifikation, Verantwortung
und Leistung der Werktätigen abhängig gewesen sei. Beeinflusst worden sei die Höhe der Prämie von den Arbeitsergebnissen des
Betriebes insgesamt und denen der Arbeitskollektive. Ein Anspruch auf die JEP habe nach § 117 des Arbeitsgesetzbuches der
DDR vom 16. Juni 1977 (AGB-DDR; GBl. I S.185) nur unter bestimmten Voraussetzungen bestanden und die Höhe sei jeweils von
der Erfüllung der Leistungskriterien abhängig gewesen. Es werde daher deutlich, dass sowohl der Anspruch als auch die Höhe
der JEP von einer Vielzahl von Faktoren abhängig gewesen sei, die heute ohne entsprechende Unterlagen nicht nachvollzogen
werden könnten. Aus diesen Gründen könne eine pauschale Berücksichtigung von JEP nicht erfolgen.
Hiergegen hat die Klägerin am 22. Dezember 2014 vor dem Sozialgericht Cottbus (SG) Klage erhoben, mit der sie ihr Begehren auf Feststellung weiterer, einmaliger Arbeitsentgelte (JEP) für die Jahre 1980,
1984 bis Juni 1990 (Zeitraum des Zuflusses) weiterverfolgt hat. Sie hat die Ansicht vertreten, mit der vorgelegten Zeugenerklärung
die Zahlung der JEP jedenfalls glaubhaft gemacht zu haben. Der jeweilige Betrag könne genau errechnet werden und sei zumindest
zu 5/6 anzuerkennen.
Das SG hat im Einverständnis der Beteiligten im schriftlichen Verfahren entschieden und mit Urteil vom 16. Dezember 2015 die Klage
abgewiesen. Die Klägerin habe keinen Anspruch darauf, dass die Beklagte den Feststellungsbescheid vom 28. Mai 2008 nach §
44 SGB X unter zusätzlicher Berücksichtigung einer etwaigen in den Jahren 1978 bis 1990 gezahlten JEP nach §§ 116 ff AGB-DDR zurücknehme.
Diese Voraussetzungen lägen nicht vor. Denn entgegen der Auffassung beider Beteiligter habe die Klägerin bereits keinen Anspruch
dem Grunde nach auf Feststellung einer etwa gezahlten JEP als Arbeitsentgelt im Sinne von §§ 6, 8 Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG).
Bereits der Gesetzgeber der DDR habe eine steuerrechtliche und damit versorgungsrechtliche Berücksichtigung dieser JEP ausgeschlossen:
Die JEP habe zu DDR-Zeiten nicht der (Lohn-)Steuerpflicht unterlegen (vgl. SG Leipzig vom 28. Juli 2010 - S 24 R 1318/08 -, in juris, unter Hinweis auf §§ 9 Abs. 1, 14 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung über die Planung, Bildung und Verwendung des
Prämienfonds für volkseigene Betriebe vom 09. September 1982 <PrämienVO-1982; GBI. l S. 595> und §§ 5 Abs. 2 Satz 2 Spiegelstrich
2, 11 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung über die Planung, Bildung und Verwendung des Prämienfonds und des Kultur- und Sozialfonds
für volkseigene Betriebe vom 12. Januar 1972 <PrämienKuSVO-1972; GBI. Il, S. 49>). Steuerfreie Entgeltbestandteile seien nach
§ 16 Abs. 1 der Verordnung zur Sozialpflichtversicherung der Arbeiter und Angestellten vom 17. November 1977 (SVO; GBI. l S. 373) nicht sozialversicherungspflichtig gewesen.
Aufgrund dieser Regelungen hätte die JEP im System der ehemaligen DDR weder bei der Sozialversicherung noch bei der Zusatzversorgung
(vgl. § 3 der Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten
Betrieben vom 17. August 1950 <AVItech-VO, GBI. l S. 844>) Berücksichtigung gefunden.
Soweit selbst die Beklagte unter Bezugnahme auf die Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG) vom 23. August 2007 (B 4 RS 4/06 R, in juris) dem Grunde nach die JEP als Bestandteil des nach § 6 Abs. 1 AAÜG vom Versorgungsträger festzustellenden Entgelts anerkenne, folge das Gericht dieser Auffassung nicht (vgl. ausführlich und
mit beachtlichen Argumenten gegen die Entscheidung des BSG: SG Leipzig, Urteil vom 15. Dezember 2010 - S 24 RS 1540/09 -, in juris).
Selbst wenn man der Rechtsprechung des BSG vom 23. August 2007 (B 4 RS 4/06 R, in juris) folgen sollte, habe dies auf den Ausgang des vorliegenden Rechtsstreites keine Auswirkungen. Denn der Klägerin
sei nach den Ermittlungen der Beklagten und des Gerichts der Nachweis oder die Glaubhaftmachung des Zuflusses einer jährlichen
JEP im streitigen Zeitraum nicht gelungen. Nach § 117 Abs.1 und 4 AGB-DDR sei die Zahlung von Prämien von mehreren Voraussetzungen
abhängig gewesen. Über die Gewährung und die Höhe der Prämien habe die Betriebsleitung mit Zustimmung der zuständigen Gewerkschaftsleitung
nach einer entsprechenden Beratung im Arbeitskollektiv des Betriebes entschieden. Es müsse daher im Einzelnen nachgewiesen
werden, dass die genannten Voraussetzungen für jedes geltend gemachte Jahr vorgelegen haben und dem Betroffenen die geltend
gemachten Beträge auch zugeflossen, also tatsächlich gezahlt worden seien. Die Klägerin habe für die Jahre 1978 bis 1990 keine
Unterlagen zu den Zahlungen von JEP und deren jeweilige Höhe vorlegen können. Bezeichnenderweise habe sie selbst nie mitgeteilt,
wie hoch denn die tatsächlichen Zahlungen gewesen seien. Vielmehr habe sie nur eine allgemeine Erklärung ihres ehemaligen
Vorgesetzten über die Zahlungsweise vorgelegt, worin aber über konkrete Zahlungen keine Informationen enthalten seien. Er
selbst gehe auch davon aus, dass keine Unterlagen für einen Nachweis von konkreten Zahlungen vorhanden seien. Die Darstellung
eines allgemeinen Ablaufs und die Schilderung einer allgemeinen Verfahrensweise genügten jedoch nicht, um den konkreten Zufluss
eines bestimmten, genau zu beziffernden Geldbetrages für einen bestimmten Zeitraum nachzuweisen (Sächs. LSG, Urteil vom 02.
Oktober 2012 - L 5 RS 789/10 -; LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 10. Oktober 2013 - L 1 RS 42/12 -; jeweils in juris). Mit den allgemeinen Angaben, die keinerlei Rückschlüsse auf eine konkrete Zahlung von JEP im streitigen
Zeitraum zuließen, sei die behauptete Zahlung von JEP für die Jahre 1978 bis 1990 auch nicht glaubhaft gemacht. Gemäß § 23 Abs. 1 Satz 2 SGB X sei eine Tatsache dann als glaubhaft gemacht anzusehen, wenn ihr Vorliegen nach dem Ergebnis der Ermittlungen, die sich auf
sämtliche erreichbare Beweismittel erstrecken sollen, überwiegend wahrscheinlich sei. Damit sei zwar eine an Gewissheit grenzende
Wahrscheinlichkeit im Sinne von §
128 Abs.
1 Satz 1
Sozialgerichtsgesetz (
SGG) nicht erforderlich. Das Vorhandensein einer bloßen Möglichkeit reiche aber nicht aus (LSG Sachsen-Anhalt a.a.O.). Die Zweifel,
die an dem tatsächlichen Zufluss der Prämien in der behaupteten Höhe bestehen, ständen auch einer Glaubhaftmachung des tatsächlichen
Zuflusses entgegen, so dass insoweit auch nicht von einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit ausgegangen werden könne.
Gegen das ihrem Bevollmächtigten am 07. Januar 2016 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 02. Februar 2016 Berufung eingelegt,
die zunächst unter dem Aktenzeichen L 3 R 82/16 geführt worden ist. Zur Begründung hat sie ausgeführt, ihr sei für die Jahre 1980,1984 bis erstes Halbjahr 1990 (Zeitraum
des Zuflusses) im Rahmen der Glaubhaftmachung nach § 6 Abs. 6 AAÜG zusätzlich zu den bisher festgestellten Entgelten einmalig gezahltes Arbeitsentgelt (JEP) anzuerkennen. Zahlung und Zufluss
der JEP seien aufgrund der im Verwaltungsverfahren vorgelegten Zeugenerklärung glaubhaft gemacht. Dass sich daraus keine konkreten
Angaben zur Höhe der JEP ergäben, stehe der Glaubhaftmachung nicht entgegen. Die Höhe der JEP sei in diesem Fall im Wege der
Schätzung zu ermitteln. Insoweit werde u.a. auf Rechtsprechung des Sächs. LSG verwiesen.
Auf Antrag der Beteiligten hat der Senat mit Beschluss vom 09. Mai 2016 im Hinblick auf die beim BSG zur Frage der richterlichen Befugnis zur Schätzung der JEP anhängigen Verfahren das Ruhen des Verfahrens angeordnet. Nachdem
das BSG eine Schätzungsbefugnis verneint hatte (vgl. Urteil vom 15. Dezember 2016 - B 5 RS 4/16 R -, in juris), hat der Senat auf Antrag des Bevollmächtigten der Klägerin vom 13. März 2018 das Verfahren aufgenommen und
unter dem Aktenzeichen L 3 R 231/18 WA fortgeführt.
Im Erörterungstermin des Senats vom 20. Oktober 2021 hat die Klägerin eine teilweise Rücknahme der Berufung betreffend die
Feststellung einer JEP für das Jahr 1980 (Zuflussjahr) für ihre Tätigkeit beim VEB Werk für Technisches Glas erklärt. Sie
hat vorgetragen, beim VE BKK S immer am Anfang des Jahres für das vergangene Jahr eine JEP ausgezahlt bekommen zu haben. Die
jeweilige Höhe der JEP wisse sie nicht mehr, diese habe in etwa ein Monatsgehalt betragen. Beim Empfang der Prämie habe man
auf einer Liste gegenzeichnen müssen. Die Auszahlungen seien in den Jahren 1984 bis 1990 immer durch Herrn J, der wissenschaftlicher
Mitarbeiter und die zweite Hand des Direktors Produktion gewesen sei, erfolgt. Herr J sei leider schon verstorben. Sie selbst
besitze keine Unterlagen, wie betriebliche Prämienschreiben/-mitteilungen betreffend die JEP oder sonstige Prämien. Der Zeuge
Z sei ihr Vorgesetzter gewesen.
Die Klägerin vertritt unter Hinweis auf die Rechtsprechung des 5. und 7. Senats des Sächs. LSG betreffend den VE BKK S die
Auffassung, Zahlung und Höhe der JEP für die Zuflussjahre 1984 bis1990 seien danach glaubhaft gemacht. Hierzu bezieht sie
sich auf die in Kopie zur Akte gereichten Erklärungen des ehemaligen Generaldirektors P und des (am 20. Februar 2012 verstorbenen)
Direktors Sozialökonomie Dr. W vom 11./26. April 2010 und 13. Februar 2012 betreffend jährliche Zahlungen an Angehörige der
technischen Intelligenz im VE BKK S. Mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 12. November 2021 führt die Klägerin
aus, die JEP seien ausgehend hiervon und ihren im Vorjahr erzielten Entgelten in folgender Höhe zu bestimmen und zu berücksichtigen:
|
Jahresarbeitsverdienst
|
monatlicher Durchschnittsverdienst
|
Prozentangabe lt. Zeugenerklärung
|
errechnete JEP
|
Glaubhaftmachung zu 5/6
|
JEP-Zufluss-Jahr
|
1983
|
8.715,00 M
|
726,25 M
|
88,64%
|
643,75 M
|
536,46 M
|
1984
|
1984
|
10.469,00 M
|
872,42 M
|
88,64%
|
773,31 M
|
644,43 M
|
1985
|
1985
|
15.169,03 M
|
1.264,09 M
|
88,64%
|
1.120,49 M
|
933,74 M
|
1986
|
1986
|
14.695,62 M
|
1.224,64 M
|
88,64%
|
1.085,52 M
|
904,60 M
|
1987
|
1987
|
15.742,29 M
|
1.311,86 M
|
88,64%
|
1.162,83 M
|
969,03 M
|
1988
|
1988
|
15.408,53 M
|
1.284,04 M
|
88,64%
|
1.138,18 M
|
948,48 M
|
1989
|
1989
|
16.181,36 M
|
1.348,45 M
|
88,64%
|
1.195,26 M
|
996,05 M
|
1990
|
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 16. Dezember 2015 sowie den Bescheid der Beklagten vom 27. August 2014 in der Fassung
des Widerspruchsbescheides vom 03. Dezember 2014 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, den Feststellungsbescheid vom
28. Mai 2008 abzuändern und für die Jahre 1984 bis 1990 (Zuflussjahre) jeweils JEP als weiteres Arbeitsentgelt in folgender
Höhe festzustellen:
1984 536,46 M,
1985 644,43 M,
1986 933,74 M,
1987 904,60 M,
1988 969,03 M,
1989 948,48 M und
1990 996,05 M.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie vertritt die Ansicht, die Klägerin habe den Zufluss konkreter JEP weder nachgewiesen noch glaubhaft gemacht. Die von ihrem
Bevollmächtigten zitierten Urteile seien im Hinblick auf die Beweislage gänzlich verschieden von der Beweissituation im vorliegenden
Verfahren. Die Entscheidungen basierten im Wesentlichen auf der sogenannten „P-Erklärung“ vom 26. April 2010. Auch wenn das
Sächs. LSG und der 27. Senat des LSG Berlin-Brandenburg dies anders sehen würden, sei die „P-Erklärung“ kein valides und belastbares
Beweismittel zur Glaubhaftmachung der Höhe von der Klägerin zugeflossenen JEP. Die Erklärung des Kombinatsdirektors P, der
diese Funktion erst seit März 1990 bekleidet habe und zuvor als Direktor für Koordinierung und Kombinatsentwicklung tätig
gewesen sei, sei eine Einlassung, die durch keinerlei eigene Beobachtungen bezüglich der Zahlung und der Bemessung von JEP
gestützt sei. Nichts anderes gelte für die ergänzende Erklärung vom 13. Februar 2012 und den Nachtrag vom 05. Juli 2017. Diese
machten deutlich, dass Herr P einzig und allein seine Unterschrift hergegeben habe in einer Angelegenheit, mit der er selbst
fachlich-inhaltlich nichts zu tun gehabt habe. Er habe sich zeugenschaftlich zu einer Problematik geäußert, zu der er augenscheinlich
(im wahrsten Sinne des Wortes) und aus eigener Wahrnehmung nichts Erhellendes habe beitragen können. Dies werde auch durch
das Schreiben der Bevollmächtigten von Herrn P vom 27. Februar 2015 an das SG Cottbus zum Aktenzeichen S 28 R 436/14 deutlich. Herr P habe dort durch seine Bevollmächtigten mitgeteilt, dass er als Zeuge zum Gegenstand der Vernehmung keinerlei
Aussage treffen könne, und die Empfehlung ausgesprochen, direkt beim VE BKK S, Ökonomisches Direktorat, um Zeugenaussage zu
ersuchen. Eine derartige Aussage, die sich ausschließlich auf die Kompetenz anderer beteiligter Protagonisten berufe, sei
kein taugliches Beweismittel. Sie könne im Zuge der notwendigen Einzelfallbetrachtung nicht Anknüpfungstatsache für eine Glaubhaftmachung
von JEP-Zahlbeträgen an die Klägerin sein. Die Beklagte hat einen Registerauszug betreffend den VE BKK S sowie das Schreiben
der Bevollmächtigten des Herrn P vom 27. Februar 2015 an das SG Cottbus zum Aktenzeichen S 28 R 436/14 zur Akte gereicht.
Die Vorsitzende hat am 20. Oktober 2021 mit den Beteiligten einen Erörterungstermin mit Beweisaufnahme durchgeführt, in dem
die Klägerin persönlich angehört und der Zeuge K Z zur Frage der Zahlung von JEP an die Klägerin vernommen worden ist; hinsichtlich
der Einzelheiten wird auf den Inhalt der Sitzungsniederschrift Bezug genommen.
Der Senat hat zudem aus dem beim SG Cottbus anhängig gewesenen Verfahren zum Aktenzeichen S 28 R 436/14 das weitere Schreiben der Bevollmächtigten des Herrn P vom 26. Januar 2016 sowie die beigefügte – undatierte - persönliche
Erklärung des Herrn P beigezogen. Hierin hat Herr P erklärt, keine konkreten Angaben zur Zahlung einer JEP an die dortige
Klägerin im Zeitraum von 1977 bis 1999 machen zu können. Erinnern könne er sich noch daran, dass der Sozialdirektor Dr. W
und der (Anfang des Jahres 2010 verstorbene) Hauptbuchhalter Herr E über mehrere Monate unter Nutzung einer Vielzahl vorhandener
Unterlagen verantwortungsvoll und gewissenhaft die jeweiligen Prozentsätze je Jahr für die JEP ermittelt hätten. An Details
zur Ermittlung und die Unterlagen, welche diesen zur Verfügung standen, könne er sich nicht mehr erinnern. Ergebnis der Ermittlung
sei gewesen, dass der Prozentsatz für den Personenkreis der technischen Intelligenz des VE BKK S stets unter dem durchschnittlichen
Prozentsatz des Kombinats von 98 % gelegen habe. Er selbst sei an der Ermittlung der Prozentsätze nicht beteiligt gewesen.
Wegen des Sach- und Streitstandes im Einzelnen sowie wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte
sowie die Verwaltungsakte der Beklagten, die bei der Entscheidungsfindung vorgelegen haben, verwiesen.
Entscheidungsgründe
Der Senat konnte gemäß §§
153 Abs.
1,
124 Abs.
2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da die Beteiligten im Erörterungstermin vom 20. Oktober 2021 ihr Einverständnis mit
dieser Verfahrensweise erklärt haben.
Die frist- und formgerecht (§
151 SGG) eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig, jedoch unbegründet.
Das Urteil des SG Cottbus vom 16. Dezember 2015 und der Bescheid der Beklagten vom 27. August 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 03. Dezember 2014 erweisen sich als rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin begehrt
zuletzt mit ihrer im Berufungsverfahren fortgeführten Klage im Wege der kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsklage
(§
54 Abs.
1 und
3 SGG) nur noch, die Ablehnungsentscheidung im Bescheid vom 27. August 2014 und den Widerspruchsbescheid vom 03. Dezember 2014
aufzuheben sowie die Beklagte zu verpflichten, die bestandskräftigen Verwaltungsakte (§ 31 SGB X) zur Feststellung des Höchstbetrags ihrer Arbeitsentgelte in dem Zeitraum vom 01. Januar 1984 bis zum 30. Juni 1990 im Feststellungsbescheid
der Beklagten vom 28. Mai 2008 zurück-zunehmen und anstelle der alten Entgelthöchstbetragsregelungen neue Höchst-betragsregelungen
unter Einbeziehung einer glaubhaft gemachten JEP festzusetzen. Die Klägerin hat jedoch keinen Anspruch darauf, dass die Beklagte
den Bescheid vom 28. Mai 2008 teilweise zurücknimmt und glaubhaft gemachte JEP als weiteres Arbeitsentgelt berücksichtigt
Gemäß § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei dessen Erlass das Recht unrichtig angewandt oder von einem
Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht
oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit
zurückzunehmen. Gemäß § 44 Abs. 2 Satz 1 SGB X ist im Übrigen ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder
teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden (§ 44 Abs. 2 Satz 2 SGB X).
Da sich § 44 Abs. 1 SGB X nur auf solche bindenden Verwaltungsakte bezieht, die – anders als die feststellenden Verwaltungsakte im Überführungsbescheid
vom 28. Mai 2008 – unmittelbar Ansprüche auf nachträglich erbringbare Sozialleistungen im Sinne von §§
3 ff. und 18 ff. Erstes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB I) betreffen, kann sich ein Rücknahmeanspruch der Klägerin nur aus § 44 Abs. 2 SGB X ergeben (vgl. BSG, Urteil vom 29. Oktober 2015 - B 5 RS 7/14 R -, Rn. 15, in juris).
Die Voraussetzungen des § 44 Abs. 2 SGB X sind vorliegend nicht erfüllt, denn der Feststellungsbescheid vom 28. Mai 2008 ist rechtmäßig.
Gemäß § 8 Abs. 1 AAÜG hat die Beklagte als für das Zusatzversorgungssystem der Anlage 1 Nr. 1 (§ 8 Abs. 4 Nr. 1 AAÜG) zuständiger Versorgungsträger in einem dem Vormerkungsverfahren (§ 149 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch <SGB VI>) ähnlichen Verfahren durch jeweils einzelne Verwaltungsakte bestimmte Feststellungen
zu treffen. Vorliegend hat die Beklagte mit dem Feststellungsbescheid vom 28. Mai 2008 Zeiten der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem
der Nr. 1 der Anlage 1 zum AAÜG (vgl. § 5 AAÜG) sowie die während dieser Zeiten erzielten Arbeitsentgelte (§ 8 Abs. 1 Satz 2 AAÜG) u.a. für den hier streitigen Zeitraum vom 01. Januar 1984 bis zum 30. Juni 1990 festgestellt
Die Klägerin hat jedoch aus §§ 8 Abs. 2, Abs. 3 S. 1 und Abs. 4 Nr. 1, 6 Abs. 1 AAÜG keinen Anspruch auf Feststellung weiterer Arbeitsentgelte (JEP) in der von ihr erstmals mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten
vom 12. November 2021 konkret bezifferten Höhe für die Jahre 1984 bis 1990.
Jahresendprämien sind nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung (vgl. BSG, Urteile vom 15. Dezember 2016 - B 5 RS 4/16 R - und 23. August 2007 – B 4 RS 4/06 R –, jeweils in juris), der der Senat folgt, grundsätzlich berücksichtigungsfähige Arbeitsentgelte im Sinne von § 6 Abs. 1 S. 1 AAÜG, §
256a SGB VI i.V.m. §
14 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB IV). So hat das BSG (Urteil vom 23. August 2007 – B 4 RS 4/06 R –, Rn. 30, 31, juris) hierzu ausgeführt:
„In der DDR konnten die Werktätigen (= Arbeitnehmer im Sinne des bundesdeutschen Rechts) unter bestimmten Voraussetzungen
Prämien als Bestandteile ihres Arbeitseinkommens bzw. -entgelts erhalten. Sie waren im Regelfall mit dem Betriebsergebnis
verknüpft und sollten eine leistungssteigernde Wirkung ausüben. Lohn und Prämie waren „Formen der Verteilung nach Arbeitsleistung“.
Die Prämien wurden aus einem zu bildenden Betriebsprämienfond finanziert; die Voraussetzungen ihrer Gewährung mussten in einem
Betriebskollektivvertrag (nachfolgend:
BKV; vergleichbar mit dem Firmentarifvertrag des bundesdeutschen Rechts) vereinbart werden. Über ihre Gewährung und Höhe entschied
der Betriebsleiter mit Zustimmung der zuständigen betrieblichen Gewerkschaftsleitung nach Beratung im Arbeitskollektiv. Diese
allgemeinen Vorgaben galten für alle Prämienformen und damit auch für die Jahresendprämie.
Die Jahresendprämie diente als Anreiz zur Erfüllung und Übererfüllung der Planaufgaben; sie war deshalb auf das Planjahr bezogen
und hatte den Charakter einer Erfüllungsprämie (Arbeitsrecht - Lehrbuch, herausgegeben von einem Autorenkollektiv, Staatsverlag
der DDR, Berlin 1983, S. 194).“
Rechtsgrundlage der hier geltend gemachten JEP waren die §§ 116,117 Abs. 1 AGB-DDR i.V.m. den Regelungen der PrämienVO-1982.
Nach § 116 AGB-DDR wurden den Werktätigen zur materiellen Stimulierung und Anerkennung hoher individueller und kollektiver
Leistungen bei der Erfüllung und gezielten Überbietung der Volkswirtschaftspläne im sozialistischen Wettbewerb, vor allem
bei der Intensivierung, der Steigerung der Arbeitsproduktivität, der Erhöhung der Qualität und Effektivität der Arbeit, der
Durchsetzung des wissenschaftlich- technischen Fortschritts und der Verbesserung der Arbeits- und Lebensbedingungen Prämien
aus dem Prämienfonds entsprechend den dafür geltenden Rechtsvorschriften gewährt. Die im Betrieb zur Anwendung kommenden Prämienformen,
wie JEP, auftragsgebundene Prämien, Initiativprämien und Zielprämien und die Prämienbedingungen waren danach im Betriebskollektivvertrag
zu vereinbaren.
§ 117 Abs.1 und 4 AGB-DDR bestimmte, dass der Anspruch auf eine JEP bestehe, wenn
• die Zahlung von JEP für das Arbeitskollektiv, dem der Werktätige angehört, im Betriebskollektivvertrag vereinbart sei,
• der Werktätige und das Arbeitskollektiv, dem er angehört, die vorgegebenen Leistungskriterien in der festgelegten Mindesthöhe
erfüllt hätten,
• der Werktätige während des gesamten Planjahres Angehöriger des Betriebes gewesen sei und
• keine Minderung oder Streichung der JEP aufgrund einer „schwerwiegenden Verletzung der sozialistischen Arbeitsdisziplin
oder der staatsbürgerlichen Pflichten" erfolgt sei.
Dementsprechend war in § 9 Abs. 1 PrämienVO-1982 ausgeführt, dass über die JEP die Leistungen der Betriebskollektive bei der
Erfüllung und Übererfüllung der Planziele materiell anerkannt werden. So war nach § 9 Abs. 2 PrämienVO-1982 die durchschnittliche
JEP je VbE (= der im Vorjahr geplante Grundbetrag je Beschäftigten, vgl. § 3 S. 3 PrämienVO-1982) in der Regel in der gleichen
Höhe wie im Vorjahr festzulegen, wenn der Betrieb mit der Erfüllung und Übererfüllung seiner Leistungsziele die erforderlichen
Prämienmittel erarbeitet hatte. Für den Betrieb war dieser Durchschnittsbetrag grundsätzlich beizubehalten. Die zur Auszahlung
vorgesehene durchschnittliche JEP war durch den Generaldirektor des Kombinats zu bestätigen. Gemäß § 9 Abs. 3 S. 1 und 2 PrämienVO-1982
war für die Arbeitskollektive und für die einzelnen Werktätigen die JEP nach der Leistung unter besonderer Berücksichtigung
der Schichtarbeit zu differenzieren; dazu waren aus dem Plan abgeleitete beeinflussbare Leistungskriterien vorzugeben, die
mit den Schwerpunkten des sozialistischen Wettbewerbs übereinstimmten und über das Haushaltsbuch oder durch andere bewährte
Methoden kontrolliert und abgerechnet wurden. Während des Planjahres waren die Werktätigen über die mögliche Höhe der JEP
zu informieren, die bei Erfüllung dieser Leistungskriterien gezahlt werden konnten (§ 9 Abs. 3 S. 4 PrämienVO-1982). Hatte
der Betrieb die notwendigen Prämienmittel entsprechend Abs. 2 erarbeitet, sollten auch die einzelnen Werktätigen bei Erfüllung
der für sie festgelegten Leistungskriterien eine JEP annähernd in gleicher Höhe wie im Vorjahr erhalten (§ 9 Abs. 3 S. 5 PrämienVO-1982).
Bei Nichterfüllung der Leistungskriterien durch einzelne Werktätige war deren JEP entsprechend niedriger festzulegen (§ 9
Abs. 3 S. 6 PrämienVO-1982). § 9 Abs. 5 PrämienVO-1982 sah zudem vor, dass bei Fehlschichten und anderen groben Verstößen
gegen die Arbeitsdisziplin sowie bei Verletzung der staatsbürgerlichen Pflichten und bei Straftaten, die nicht in Abs. 6 erfasst
wurden, die JEP der betreffenden Werktätigen gemindert werden oder entfallen konnte. Bei schwerwiegenden Verletzungen der
staatsbürgerlichen Pflichten oder der sozialistischen Arbeitsdisziplin, die gemäß § 56 AGB-DDR zur fristlosen Entlassung führen,
und bei Straftaten im Sinne des §
1 Abs.
2 des
Strafgesetzbuches der DDR bestand kein Rechtsanspruch auf JEP (§
9 Abs.
6 PrämienVO-1982). Gemäß § 11 PrämienVO-1982 legte der Direktor des Betriebes nach Vorliegen der Bilanz- und Ergebnisrechnung
mit Zustimmung der Betriebsgewerkschaftsleitung den Termin der Auszahlung der JEP fest; die Auszahlung hatte im ersten Quartal
des nachfolgenden Jahres zu erfolgen.
Die Feststellung von Beträgen, die als JEP gezahlt wurden, hängt nach der Rechtsprechung des BSG davon ab, dass der Empfänger seinerzeit die Voraussetzungen der §§ 117, 118 AGB-DDR jeweils erfüllt hatte. Der Zahlungsempfänger trägt für den Zufluss von Entgeltbestandteilen - wie der JEP - die Feststellungs-
bzw. objektive Beweislast, d. h. das Risiko bzw. den Nachteil, dass sich diese Tatsache nicht beweisen und feststellen lässt
(non liquet) (vgl. BSG, Urteile vom 15. Dezember 2016 - B 5 RS 4/16 R -, Rn.14, und 23. August 2007 – B 4 RS 4/06 R –, Rn. 42; jeweils in juris). Der Tatbestand öffentlich-rechtlicher Normen ist regelmäßig nur dann erfüllt, wenn ein einschlägiger
Sachverhalt nach Ausschöpfung grundsätzlich aller zur Verfügung stehender Erkenntnisgrundlagen bis zur Grenze der Zumutbarkeit
im Vollbeweis, d. h. zur vollen Überzeugung des hierzu berufenen Anwenders im Sinne einer subjektiven Gewissheit feststeht.
Für das sozialgerichtliche Verfahren ergibt sich dies aus §§
103 S. 1 Halbs. 1, 128 Abs.
1 S. 1
SGG (vgl. BSG, Urteil vom 15. Dezember 2016 - B 5 RS 4/16 R -, a.a.O.).
Zwar erfüllte die Klägerin die in § 117 AGB-DDR genannten Kriterien insoweit, als sie zweifellos von 1983 bis 1989 jeweils
während des gesamten Planjahres Angehörige des VE BKK S – Stammbetrieb war und auch nach Lage der Akten keine Anhaltspunkte
für eine Minderung oder Streichung der JEP aufgrund einer „schwerwiegenden Verletzung der sozialistischen Arbeitsdisziplin
oder der staatsbürgerlichen Pflichten" vorliegen. Für Letzteres spricht auch der Umstand, dass das Gehalt der Klägerin zum
01. September 1987 erhöht und ihr ab diesem Zeitpunkt zusätzlich ein Leistungszuschlag in Höhe von 35,- M bzw. ab dem 01.
Mai 1990 in Höhe von 135,- M gezahlt worden war. Zudem hat der im Erörterungstermin des Senats angehörte ehemalige Vorgesetzte
der Klägerin, der Abteilungsleiter für Absatz/Transport K Z, bekundet, die Klägerin habe nie Anlass zu einer Kürzung bzw.
einem Ausschluss von der JEP wegen Fehlschichten oder aus disziplinarischen Gründen gegeben, da sie immer korrekt und sehr
fleißig gewesen sei.
Jedoch ist die Zahlung einer JEP an die Klägerin und deren Höhe während ihrer Tätigkeit im VE BKK S – Stammbetrieb in den
Jahren 1984 bis 1990 nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens (§
128 SGG) nicht nachgewiesen. Weder vermochte die Klägerin Nachweise hierfür, etwa in Form von Begleitschreiben, Anerkennungsschreiben,
Gewährungsunterlagen, Beurteilungsbögen, Quittungen, Auszahlungslisten oder sonstigen Lohnunterlagen mit Eintragungen zu an
die Klägerin geflossenen JEP-Zahlungen, vorzulege, noch verfügt sie nach ihren Angaben im Erörterungstermin des Senats vom
20. Oktober 2021 über Unterlagen, mit denen sie die Gewährung von JEP und deren jeweilige Höhe belegen könnte. Die V Europe
Mining AG (Bescheinigung vom 30. April 2008) vermochte anhand der ihr vorliegenden betrieblichen Unterlagen des VE BKK S –
Stammbetrieb nur die mitgeteilten und keine weiteren Arbeitsentgelte, insbesondere in Form von Zulagen bzw. Zuschlägen oder
Prämien, zu bestätigen. Zudem bestehen keine weiteren Ermittlungsmöglichkeiten betreffend Nachweise für an die Klägerin gezahlten
JEP, da zwischenzeitlich die Aufbewahrungsfrist für die Entgeltunterlagen der ehemaligen Betriebe der DDR abgelaufen ist (31.
Dezember 2011; vgl. §
28f Abs.
5 SGB IV), so dass auch die Beklagte in dem auf den Überprüfungsantrag vom August 2014 folgenden Verwaltungsverfahren von einer entsprechenden
Nachfrage bei der V Europe Mining AG absehen konnte. Entgegen dem noch in seiner schriftlichen Erklärung vom 16. Mai 2014
vermittelten Eindruck konnte der im Erörterungstermin des Senats angehörte ehemalige Vorgesetzte der Klägerin, der Abteilungsleiter
für Absatz/Transport K Z, die konkrete Auszahlung einer JEP an die Klägerin und deren jeweilige Höhe in den Jahren 1984 bis
1990 nicht bezeugen. Auf Nachfragen des Gerichts hat der Zeuge angegeben, dass er selbst mit der Berechnung der JEP nichts
zu tun hatte und bei deren Auszahlung an die Mitarbeiter der Abteilung, konkret auch an die Klägerin, nicht dabei gewesen
sei. Der Zeuge hat berichtet, dass die Auszahlungen jeweils durch den Assistenten des Direktors Produktion, d.h. den zwischenzeitlich
verstorbenen Herrn S J, vorgenommen worden seien. Herr J sei mit einer Liste und dem Geld in die Abteilung gekommen, von Zimmer
zu Zimmer gegangen und habe die Prämien an die Mitarbeiter ausgezahlt, die dann auf der Liste hätten unterschreiben müssen.
Zur Höhe der jeweiligen JEP könne er nichts sagen. Soweit sich die Klägerin auf die zur Akte gereichten Erklärungen des ehemaligen
Generaldirektors P und des (schon 2012 verstorbenen) Direktors Sozialökonomie Dr. W vom 11./26. April 2010 und 13. Februar
2012 betreffend jährliche Zahlungen an Angehörige der technischen Intelligenz im VE BKK S beruft, enthalten diese nur die
allgemeine Angabe, dass entsprechend dem Rahmenkollektivvertrag über die Arbeits-und Lohnbedingungen der Werktätigen in den
sozialistischen Betrieben der Kohleindustrie sowie den jeweiligen Betriebskollektivverträgen an jeden Beschäftigten jährlich
für die Jahre 1969 bis1989 eine JEP gezahlt worden sei und dies nie ein Mitarbeiter abgelehnt habe. Eine konkrete Angabe zur
Zahlung einer JEP und deren jeweiligen Höhe an die Klägerin ist diesen Erklärungen nicht zu entnehmen.
Ebenso wenig ist die Glaubhaftmachung der Zahlung einer JEP und deren jeweiligen Höhe an die Klägerin während ihrer Tätigkeit
im VE BKK S – Stammbetrieb in den Jahren 1984 bis 1990 nach § 6 Abs. 6 AAÜG gelungen.
Nach § 6 Abs. 6 AAÜG wird, wenn ein Teil des Verdienstes nachgewiesen und der andere Teil glaubhaft gemacht wird, der glaubhaft gemachte Teil
des Verdienstes zu fünf Sechsteln berücksichtigt. In den Fällen, in denen - wie vorliegend (vgl. Feststellungsbescheid vom
28. Mai 2008) - der Zufluss und die Höhe eines Teils des Verdienstes im Wege des Vollbeweises nachgewiesen sind, erlaubt diese
Vorschrift nach ihrem Wortlaut und systematischen Zusammenhang, die Möglichkeit der Glaubhaftmachung auch auf den Grund weiterer
Entgeltzahlungen zu erstrecken. Gemäß § 23 Abs. 1 S. 2 SGB X (vgl. auch §
202 SGG i.V.m. §
294 ZPO) ist eine Tatsache dann als glaubhaft gemacht anzusehen, wenn ihr Vorliegen nach dem Ergebnis der Ermittlungen, die sich
auf sämtliche erreichbaren Beweismittel erstrecken sollen, überwiegend wahrscheinlich ist. Dies erfordert mehr als das Vorhandensein
einer bloßen Möglichkeit, aber auch weniger als die an Gewissheit grenzende Wahrscheinlichkeit. Es genügt die „gute Möglichkeit“,
d. h. es reicht aus, wenn bei mehreren ernsthaft in Betracht zu ziehenden Möglichkeiten das Vorliegen einer davon relativ
am wahrscheinlichsten ist, weil nach Gesamtwürdigung aller Umstände besonders viel für diese Möglichkeit spricht; von mehreren
ernstlich in Betracht zu ziehenden Sachverhaltsvarianten muss den übrigen gegenüber aber einer das Übergewicht zukommen (vgl.
BSG, Beschluss vom 08. August 2001 - B 9 V 23/01 B -, Rn. 5, juris).
Unter Zugrundelegung dieser Kriterien ist vorliegend eine Glaubhaftmachung des Vorliegens der weiter in § 117 AGB-DDR i.V.m.
den Regelungen der PrämienVO-1982 genannten Kriterien für die Entstehung eines Anspruchs auf JEP in den Planjahren 1983 bis
1989 in der nunmehr bezifferten jeweiligen Höhe und deren Zahlung an die Klägerin im 1. Quartal des jeweiligen Folgejahres
nicht gelungen.
So hat die Klägerin selbst keinerlei Unterlagen vorlegen können, die zur Glaubhaftmachung des Vorliegens der (weiteren) Voraussetzungen
für einen in ihrer Person entstandenen Anspruch auf JEP, deren konkreten Höhe jeweils und deren Auszahlung in den Jahren 1984
bis 1990 jeweils hätten beitragen können. Sie verfügt über keinerlei eigene Aufzeichnungen, z.B. Kalender- oder Haushaltsbucheintragungen,
zur Zahlung und Höhe der von ihr geltend gemachten JEP. Ebenso wenig verfügt sie über Dokumente/Schriftstücke betreffend Prämierungen,
Belobigungen oder JEP-Zahlungsankündigungen u.ä. Auffällig ist, dass die Klägerin, die als Empfängerin der behaupteten JEP-Zahlungen
- als einzige Person aus eigener Anschauung - es eigentlich ganz genau wissen müsste, während der wiederholten Verwaltungsverfahren
und auch dem Gerichtsverfahren keinerlei konkreten Angaben zu den jeweils gezahlten JEP und deren Höhe gemacht hatte bzw.
machen konnte. Erst auf die Aufforderung des Gerichts im Erörterungstermin vom 20. Oktober 2021 hin, hat sie mit Schriftsatz
ihres Prozessbevollmächtigten vom 12. November 2021 zur Konkretisierung des Berufungsantrages eine Berechnung der JEP anhand
der in den Erklärungen des ehemaligen Generaldirektors P und des verstorbenen Direktors Sozialökonomie Dr. W vom 11./26. April
2010 und 13. Februar 2012 genannten Prozentsätze vorgelegt.
Die Erklärungen des ehemaligen Generaldirektors P und des verstorbenen Direktors Sozialökonomie Dr. W vom 11./26. April 2010
und 13. Februar 2012 betreffend jährliche Zahlungen an Angehörige der technischen Intelligenz im VE BKK S enthalten nur sehr
allgemein gehaltene Angaben zu den Voraussetzungen der Gewährung einer JEP und deren Ermittlung. So heißt es in der Erklärung
vom 11./26. April 2010: “Ausgehend von den im jeweiligen Jahr erzielten Produktionsergebnissen des Kombinates wurde jeweils
der zutreffende Prozentsatz zur Ermittlung der JEP festgestellt. Bezugsgröße dieses Prozentsatzes war dabei immer das durchschnittliche
monatliche Bruttogehalt des Beschäftigten im Vorjahr, d. h. 1/12 des Jahresbruttoverdienstes des Vorjahres ergab dann den
entsprechenden Bezugsbetrag.“ Zudem erfolgte für die Jahre 1969 bis 1989 eine Auflistung der „verbindlichen Prozentsätze für
die einzelnen Jahre, um die Höhe der jeweils an die Beschäftigten gezahlten Beträge an JEP eindeutig zu ermitteln“. Für die
Jahre 1982 bis 1989 wurde dann ein Prozentsatz von 89,85% genannt. In der Erklärung vom 13. Februar 2012 erfolgte eine Ergänzung
dahingehend, dass es für die Jahre 1982 bis 1989 statt 89,85 % „richtig“ 88,64 % lauten müsse. Weiter wird darin ausgeführt,
dass bei Fällen geringerer Planerfüllung des Kombinates meist auf Antrag der Kombinatsleitung beim übergeordneten Organ immer
nachträglich eine sogenannte Plankorrektur erfolgt sei, d. h. „das Ist“ sei zum „Plan“ erhoben worden. Da der Anteil eines
jeden Einzelnen der technischen Intelligenz an der Planerfüllung des Kombinats nicht exakt mess- bzw. nachweisbar und somit
nicht bewertbar gewesen sei, sei die JEP für die technische Intelligenz vor und auch ab dem Jahr 1982 quasi als 13. Monatsgehalt
angesehen worden. Vom Jahr 1982 an sei speziell für die Angehörigen der technischen Intelligenz die Zahlung der JEP nach einem
geänderten Modus erfolgt. Die mit dem genannten Prozentsatz aus dem durchschnittlichen Monatsbruttogehalt des Vorjahres ermittelte
und gezahlte JEP habe für die Planerfüllung durch einen individuellen Festbetrag bis max. 300 M erhöht werden können, um ganz
besondere Leistungen Einzelner, wie z.B. Neuerungsvorschläge, Patentanmeldungen und dergleichen, anzuerkennen und zu würdigen.
Abgesehen davon habe es noch andere Möglichkeiten der Leistungsstimulierung gegeben, z.B. durch Wettbewerbs- und Zielprämienvereinbarungen,
leistungsorientierte Gehalts-zuschläge (LOG), aufgabengebundene Leistungszuschläge (ALZ) u.a. Diese Erklärungen, die sich im Wesentlichen in einer pauschalen Darstellung
der allgemeinen Vorgaben für einen Anspruch auf JEP erschöpfen, reichen für eine Glaubhaftmachung der konkret von der Klägerin
geltend gemachten JEP-Zahlungen nicht aus. Weder enthalten sie konkrete, differenzierte Angaben zu der Planerfüllung bzw.
-übererfüllung der einzelnen Betriebe des Kombinates, der jeweiligen Arbeitskollektive und des jeweiligen Beschäftigten, so
wie von § 117 AGB-DDR gefordert, noch zu den Betriebsangehörigen, die keine oder eine geminderte JEP erhielten. Insbesondere
enthalten sie keine konkreten Angaben zur Erfüllung der jeweiligen Voraussetzungen durch die Klägerin im streitigen Zeitraum.
Soweit darin für die Jahre 1969 bis 1989 Prozentsätze zur Ermittlung der JEP aufgelistet worden sind, erschließt sich dem
Senat nicht, woher Herr P und Herr Dr. W hiervon aus eigener Anschauung Kenntnis gehabt haben sollten. Im Verfahren des SG
Cottbus zum Aktenzeichen S 28 R 436/14 hatte Herr P sich einer persönlichen Vernehmung als Zeuge mit dem Hinweis entzogen, dass er dazu nichts sagen könne (vgl.
Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 27. Februar 2015 und 26. Januar 2016 nebst beigefügter persönlicher Erklärung).
Hierbei hatte Herr P zum Zustandekommen der Erklärungen vom 11./26. April 2010 und 13. Februar 2012 ausgeführt, Herr Dr. W
und der (nach seinen Angaben in der Erklärung vom 13. Februar 2012) 2010 verstorbene Hauptbuchhalter Herr E hätten über mehrere
Monate unter Nutzung einer Vielzahl vorhandener Unterlagen verantwortungsvoll und gewissenhaft die jeweiligen Prozentsätze
je Jahr für die JEP ermittelt. An Details zur Ermittlung und die Unterlagen, welche ihnen zur Verfügung standen, könne er
sich nicht mehr erinnern. Er selbst sei persönlich an der Ermittlung der Prozentsätze nicht beteiligt gewesen, jedoch von
der Integrität und der Sach- und Fachkenntnisse des damaligen Hauptbuchhalters und des Direktors für Sozialökonomie überzeugt
gewesen. Nicht nur der Umstand, dass die angeführten Prozentsätze erst sehr viele Jahre nach ihrem Geltungszeitraum „rekonstruiert“
wurden, sondern auch deren fehlende Nachprüfbarkeit mangels Kenntnis bzw. - Offenlegung der ihnen angeblich zugrundeliegenden
betrieblichen Unterlagen, lassen die Angaben des ehemaligen Generaldirektors P und des verstorbenen Direktors Sozialökonomie
Dr. W vom 11./26. April 2010 und 13. Februar 2012 hierzu als wenig glaubhaft erscheinen und scheiden daher als Anknüpfungstatsachen
für eine Glaubhaftmachung der Erfüllung der jeweiligen Leistungskennziffern durch den Betrieb der Klägerin, das Arbeitskollektiv
der Klägerin sowie die Klägerin selbst und der Höhe der an sie zu zahlenden JEP aus.
Auch die Bekundungen des Zeugen K Z vermögen nicht zu einer Glaubhaftmachung der regelmäßigen Zahlung einer JEP an die Klägerin
in den Jahren 1984 bis 1990 und deren konkreten Höhe jeweils beizutragen. Nach seinen Bekundungen im Erörterungstermin des
Senats vom 20. Oktober 2021 war der Zeuge weder bei der unmittelbaren Auszahlung der JEP an die ca. 20 Mitarbeiter seiner
Abteilung dabei, noch hatte er selbst etwas mit der Berechnung der JEP zu tun. Hierzu hat er ausgeführt, dass die JEP abhängig
von der Planerfüllung gewesen sei und von der Kombinatsleitung festgelegt worden sei. Nach der Mundpropaganda habe sie ein
13. Gehalt sein sollen. Bei der Höhe hätten neben der Planerfüllung weitere Faktoren eine Rolle gespielt, z.B. ob Jemand Ausfallzeiten,
Fehlschichten und ähnliches hatte. Manchmal habe es von dem Gremium in der Kombinatsleitung, d. h. von oberster Stelle, Ansagen
gegeben, dass der- oder diejenige nichts oder nur eine Teilprämie bekommen würde, weil sie eventuell sehr lange krank gewesen
seien, Fehlschichten gehabt hätten oder aus disziplinarischen Gründen. Dies habe es in seiner Abteilung aber nicht gegeben.
Der Direktor Produktion, zu dem die Abteilung für Absatz/Transport gehört habe, habe bei den Leitungstreffen darüber informiert,
ob es eine JEP geben werde und eventuell in welcher Höhe, und über die Mitarbeiter berichtet, bei denen Kürzungen vorgenommen
würden. In seiner Abteilung sei es kaum zu Ausfällen bzw. Fehlschichten gekommen, da ja vorwiegend Ingenieure tätig gewesen
seien und eine hohe Arbeitsdisziplin geherrscht habe. Nach diesen glaubhaften Schilderungen des Zeugen erscheint es dem Senat
zwar möglich, dass die Abteilung Absatz/Transport, d.h. das Arbeitskollektiv der Klägerin, die Leistungsanforderungen für
einen Anspruch auf JEP im streitigen Zeitraum erfüllt hatte und JEP-Zahlungen an die Mitarbeiter erfolgt waren. Jedoch reichen
die letztlich nur pauschalen Angaben nicht aus, um die überwiegende Wahrscheinlichkeit einer JEP-Zahlung konkret an die Klägerin
und für jedes einzelne Jahr im streitbefangenen Zeitraum begründen zu können, da es an einer differenzierten und genaueren
Erinnerung des Zeugen - nachvollziehbar in Anbetracht der lang zurückliegenden Ereignisse - fehlt. Zudem konnte der Zeuge
nichts zur Konkretisierung der jeweiligen Höhe der JEP-Zahlungen an die Klägerin beitragen.
Bei den von der Klägerin erstmals im Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 12. November 2021 genannten Beträgen handelt
es sich um eine eigene Berechnung, welche die von der V Europe Mining AG unter dem 30. April 2008 bescheinigten (sozialversicherungspflichtigen)
Bruttoarbeitsentgelte und die in der Erklärung des ehemaligen Generaldirektors P und des verstorbenen Direktors Sozialökonomie
Dr. W vom 11./26. April 2010 und 13. Februar 2012 genannten Prozentsätze aufgreift. Da - wie zuvor dargestellt - erhebliche
Zweifel an der Validität dieser „verbindlichen Prozentsätze“ bestehen, erweist sich die Berechnung der Klägerin letztlich
als Schätzung. Im Anwendungsbereich des § 6 AAÜG besteht jedoch keine Schätzungsbefugnis (vgl. BSG, Urteil vom 15. Dezember 2016 – B 5 RS 4/16 R -, a.a.O.), so dass (auch) die Höhe der geltend gemachten JEP-Zahlungen nicht glaubhaft gemacht ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG und folgt der Entscheidung in der Hauptsache.
Gründe für die Zulassung der Revision nach §
160 Abs.
2 SGG liegen nicht vor.