Tatbestand:
In Streit steht die Höhe der Verletztenrente, die der Kläger aufgrund eines Unfalls im Jahr 1987 im Beitrittsgebiet bezieht.
Der 1967 geborene Kläger leistete nach den Feststelllungen der Beklagten vom 4. November 1986 bis zum 24. April 1988 seinen
Grundwehrdienst bei der NVA ab. Am 8. Januar 1987 zog er sich beim Fußballspielen im Rahmen seines Grundwehrdienstes eine
Meniskusverletzung des rechten Knies zu.
Mit Bescheiden vom 5. Februar 1993 und erneut vom 28. September 2006 lehnte die Beklagte die Gewährung einer Verletztenrente
wegen des Unfalls mit der Begründung ab, dass eine rentenberechtigende Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) nicht vorliege.
Eine vom Kläger gegen den Bescheid vom 28. September 2006 erhobene Klage blieb ohne Erfolg. Mit Bescheid vom 8. April 2009
lehnte die Beklagte die Gewährung einer Verletztenrente ein weiteres Mal ab.
Auf den Verschlimmerungsantrag des Klägers vom 24. März 2015 bewilligte die Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 24. September
2015 eine Verletztenrente aufgrund des Unfalls am 8. Januar 1987 nach einer MdE von 20 in Höhe von 182,70 Euro ab dem 18.
Februar 2015 und in Höhe von 187,27 Euro ab dem 1. Juli 2015. Am 18. Februar 2015 seien erstmals Befunde erhoben worden, die
eine rentenberechtigende MdE rechtfertigten. Bei der Berechnung der Rente ging die Beklagte gemäß §
215 Abs.
2 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch -
SGB VII -, § 1152 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2
Reichsversicherungsordnung -
RVO -, § 12 Abs. 1 Satz 3 Rentenangleichungsgesetz - RAnglG - von einem (Mindest-)Jahresarbeitsverdienst (JAV) in Höhe von 10.080 Deutsche Mark
(DM) aus (60 Prozent der Bezugsgröße nach § 6 Abs. 1 des Gesetzes über die Sozialversicherung - SVG - in Höhe von 1.400 DM [= 840 DM] x 12), den sie entsprechend der geltenden Anpassungsvorschriften erhöhte.
Dagegen erhob der Kläger Widerspruch mit der Begründung, der Beklagte habe nicht nur den Mindest-JAV nach § 12 Abs. 1 Satz
3 RAnglG bei der Berechnung der Rente zugrunde legen dürfen. Die Berechnung richte sich nach § 12 Abs. 1 Sätze 1 und 2 RAnglG
i.V.m. § 24 Abs. 3 der Rentenverordnung der DDR - RentenVO-DDR - und ergebe einen höheren Betrag als den Mindest-JAV. Er habe
nach dem Grundwehrdienst einen beitragspflichtigen Verdienst in Höhe von 600 DDR-Mark erzielt. Dies entspreche einem Jahreseinkommen
in Höhe von 7.200 DDR-M. Dieser Betrag sei nicht im Verhältnis 1 zu 1 als DM-Betrag bei der Berechnung des JAV zugrunde zu
legen, sondern - mangels einer Vorschrift im Unfallversicherungsrecht zur Umrechnung - nach Anlage 10 (Werte zur Umrechnung
der Beitragsbemessungsgrundlagen des Beitrittsgebietes) des Sozialgesetzbuches Sechstes Buch -
SGB VI - mit dem Faktor 3,2381 für das Jahr 1988 zu multiplizieren. Dies ergebe einen bei der Berechnung der Verletztenrente zugrunde
zu legenden JAV von 23.314,32 DM.
Mit Widerspruchsbescheid vom 8. Dezember 2015 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Es sei zunächst, wie der Kläger meine,
zutreffend, dass der Mindestverdienst in Höhe von 840 DM mit dem tatsächlichen Verdienst i.S.v. § 24 Abs. 3 RentenVO-DDR zu
vergleichen sei. Dieser habe ausweislich des Sozialversicherungsausweises vor dem Grundwehrdienst monatlich 620,86 DDR-M betragen.
Der tatsächliche Verdienst sei jedoch entgegen der Rechtsauffassung des Klägers bei der Feststellung des JAV im Verhältnis
1 zu 1 als DM-Betrag zugrunde zu legen. Für eine Umrechnung dieser Summe anhand der Anlage 10 des
SGB VI gebe es keine rechtliche Grundlage. Anlage 10 des
SGB VI diene ausschließlich zur Ermittlung der Entgeltpunkte für die Berechnung der Rentenanwartschaften aus der gesetzlichen Rentenversicherung
und nicht der Umrechnung von Währungen.
Am 18. Dezember 2015 hat der Kläger vor dem Sozialgericht Frankfurt (Oder) Klage erhoben. Er hat an seiner Auffassung festgehalten,
dass der Verdienst in DDR-M nach Anlage 10 des
SGB VI in DM hochzuwerten sei. Dies ergebe unter Zugrundelegung eines Verdienstes von 620,86 DDR-M einen JAV in Höhe von 24.124,88
Euro, der somit höher liege als der Mindestbetrag nach § 12 Abs. 1 Satz 3 RAnglG und deshalb maßgeblich sei. Es stelle eine
Ungleichbehandlung dar, in der Unfallversicherung bei einem Leistungsfall in der DDR und einem Rentenbeginn nach dem 31. Dezember
1991 keine Umrechnung der Beträge in DDR-M mit einem Umrechnungsfaktor in DM durchzuführen, während in einer Vielzahl von
Fällen in anderen Zweigen der Sozialversicherung eine Umrechnung dauerhaft erfolge.
Der Kläger hat vor dem Sozialgericht beantragt, die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 24. September 2015 in Gestalt
des Widerspruchsbescheides vom 8. Dezember 2015 zu verpflichten, ihm für die Zeit ab 18. Februar 2015 eine höhere Verletztenrente
infolge seines Arbeitsunfalls vom 8. Januar 1987 nach einem Jahresarbeitsverdienst von 24.124,88 DM zu gewähren.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Mit Urteil vom 7. Februar 2019 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt:
Die Beklagte habe den JAV zutreffend nach §
215 Abs.
2 SGB VII, § 1152 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2
RVO, § 12 Abs. 1 Satz 3 RAnglG in Höhe des Mindest-JAV von 10.080 DM festgestellt. Bei der Berechnung nach § 12 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 24
Abs. 3 RentenVO-DDR ergebe sich kein höherer Betrag. Danach gelte als monatlicher Durchschnittsverdienst der Verdienst aus
der Zeit nach dem Grundwehrdienst oder, sofern der Verdienst vor dem Grundwehrdienst einen höheren Betrag ergebe, dieser.
Der durchschnittliche Monatsverdienst des Klägers habe - bei einer Umrechnung der DDR-M-Beträge in DM-Beträge im Verhältnis
1 zu 1 - sowohl vor als auch nach dem Grundwehrdienst bei weniger als dem für die Berechnung des Mindest-JAV maßgeblichen
Wert von 840 DM gelegen. Daher komme es auf diesen Wert an. Für eine andere Umrechnung der DDR-M-Verdienste in DM-Beträge,
etwa anhand des Anpassungsfaktors nach Anlage 10 des
SGB VI, bestehe kein Raum. Darin liege kein Verstoß gegen Art.
3 GG. Dass Bezieher von Unfallrenten nach dem
SGB VII anders behandelt würden als Bezieher von Regelaltersrenten nach dem
SGB VI finde seine sachliche Rechtfertigung in dem Zeitraum, der der Ermittlung des maßgeblichen Durchschnittsverdienstes für Unfallrenten
zugrunde liege. Anders als für Leistungen nach dem
SGB VI, die in der Regel aus Beitragszeiten während eines Erwerbslebens zu ermitteln seien, sei für die Gewährung von Unfallrenten
nach dem
SGB VII regelmäßig der Durchschnittsverdienst der letzten zwölf Monate vor dem Unfallereignis maßgeblich. Ein systemwidriger Rückgriff
auf Anlage 10
SGB VI verbiete sich.
Gegen das ihm am 20. Februar 2019 zugestellte Urteil des Sozialgerichts hat der Kläger mit Schriftsatz vom 15. März 2019,
der am 19. März 2019 beim Landessozialgericht eingegangen ist, Berufung eingelegt.
Der Kläger beantragt schriftsätzlich, das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) vom 7. Februar 2019 aufzuheben und die
Beklagte zu verurteilen, den Bescheid vom 24. September 2015 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 8. Dezember 2015
abzuändern und dem Kläger ab dem 18. Februar 2015 eine Unfallrente aus einem Jahresarbeitsverdienst von 24.124,88 Euro zu
zahlen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Zur Begründung verweist die Beklagte auf den Inhalt der Akte und das Urteil des Sozialgerichts.
Mit Schreiben vom 12. Juli 2019 sind der Kläger und die Beklagte auf die Absicht des Senats hingewiesen worden, die Berufung
gemäß §
153 Abs.
4 Sozialgerichtsgesetz -
SGG - durch Beschluss zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakten
der Beklagten verwiesen, der Gegenstand der Beratung und Entscheidung gewesen ist.
Das Sozialgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass bei dem Vergleich des Mindestbetrages nach § 12 Abs. 1 Satz 3 RAnglG
in Höhe von 840 DM mit dem durchschnittlichen monatlichen Arbeitsverdienst nach § 12 Abs. 1 Sätze 1 und 2 i.V.m. § 24 Abs.
3 RentenVO-DDR der in DDR-M erzielte Arbeitsverdienst im Verhältnis 1 zu 1 in DM anzusetzen ist. Ein Hochwertungsfaktor für
in DDR-M erzielte Verdienste lässt sich insbesondere weder § 12 Abs. 1 RAnglG noch § 1152
RVO entnehmen. Die Umrechnung im Verhältnis 1 zu 1 entspricht Art. 10 Abs. 5 des dem RAnglG zugrundeliegenden Vertrages über die Schaffung einer Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion zwischen
der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik - WWSUVtr - vom 18. Mai 1990 (BGBl. II, S. 537), wonach Löhne, Gehälter, Stipendien, Renten, Mieten und Pachten sowie weitere wiederkehrende Zahlungen im Verhältnis 1 zu
1 umzustellen sind.
Eine Hochwertung des in DDR-M erzielten Arbeitsverdienstes in entsprechender Anwendung der Anlage 10 des
SGB VI kommt nicht in Betracht. Eine Analogie setzt das Bestehen einer planwidrigen Regelungslücke voraus. Daran fehlt es. Mit dem
Rentenüberleitungsgesetz vom 25. Juli 1991 (BGBl. I, S. 1606) - RÜG - ist die Rentenüberleitung sowohl für die gesetzliche Renten- als auch für die Unfallversicherung geregelt worden.
Hinsichtlich der gesetzlichen Rentenversicherung (Artikel 1 RÜG) wurde festgelegt, dass die Ost-Löhne für die Ermittlung der
Entgeltpunkte mit einem gesetzlich festgelegten Faktor hochgewertet werden (§
256a i.V.m. Anlage 10
SGB VI), damit sich das geringere Lohnniveau in den neuen Bundesländern nicht in der späteren Rente verfestigt (vgl. Entwurf eines
Rentenüberleitungs-Abschlussgesetzes, BT-Drs. 18/11923, S. 2). Für die Unfallversicherung (Artikel 8 RÜG) hat der Gesetzgeber in den Übergangsvorschriften der §§ 1148 ff.
RVO keine entsprechende Hochwertung vorgesehen. Daran hat er auch mit dem Unfallversicherungs-Einordnungsgesetz - UVEG - vom 7. August 1996 (BGBl. I, S. 1254) und der Neuregelung des §
215 SGB VII nichts geändert. Eine unbewusste Regelungslücke kann daher nicht angenommen werden.
Verfassungsrechtliche Bedenken im Hinblick auf die vom Kläger angenommene Ungleichbehandlung mit Rentenbeziehern nach dem
SGB VI hat der Senat schon aufgrund der Systemunterschiede zwischen dem
SGB VI und dem
SGB VII nicht. Ebenso wenig ergibt sich ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art.
3 Abs.
1 GG durch die gegenüber den Leistungen mit Anknüpfungspunkt in den alten Bundesländern geringere Höhe des anzusetzenden JAV mit
der Folge niedrigerer Verletztenrenten. Diese finden ihre Rechtfertigung darin, dass sie auf Rechtsnormen beruhen, welche
im Zuge der Wiedervereinigung zur Überführung des Rechts der ehemaligen DDR in das Rechts- und Sozialsystem der Bundesrepublik
geschaffen werden mussten. Dabei hatte der Gesetzgeber bei der Frage, wie er Ansprüche mit Anknüpfungspunkt im Beitrittsgebiet
überführen sollte, eine weitgehende Gestaltungsfreiheit (vgl. zu § 1152 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2
RVO BSG, Urteil vom 18. April 2000 - B 2 U 30/99 R -, juris Rn. 22).