Anerkennung eines Unfallereignisses bei einem professionellen Eishockeyspieler bei Ausübung des Krafttrainings als Teil der
Versicherten Tätigkeit als Arbeitsunfall
Tatbestand
Der Kläger begehrt die Feststellung, dass er am 1. Juni 2009 einen Arbeitsunfall erlitten hat.
Der 1973 geborene Kläger war von Mai 2008 bis April 2011 als professioneller Eishockeyspieler bei der K. GmbH in K1 beschäftigt.
Mit Schriftsatz vom 12. Mai 2016 zeigte er gegenüber der Beklagten erstmals an, dass er am 1. Juni 2009 beim Krafttraining
in seiner s. Heimat einen Unfall erlitten habe, als er mit dem rechten Arm gegen eine Eisenstange geprallt sei und sich eine
Muskelverletzung (subtotale Ruptur des Caput med. des M. triceps brachii rechts) zugezogen habe, die in der S. behandelt worden
sei. Seiner privaten Unfallversicherung gegenüber war die Anzeige im Januar 2010 erfolgt. Beigefügt war darüber hinaus ein
undatierter Bericht der Abteilung für Sportmedizin des U1 in K1, der jedenfalls nach dem März 2010 erstellt worden war.
Der Arbeitsvertrag des Klägers enthielt u. a. folgende Regelungen:
„§ 2 Pflichten des Spielers
(1) Der Spieler verpflichtet sich, seine ganze Kraft und seine sportliche Leistungsfähigkeit uneingeschränkt für den Club
einzusetzen, alles zu tun, um sie zu erhalten und zu steigern und alles zu unterlassen, was ihm im Allgemeinen und im Besonderen
vor und bei Veranstaltungen des Clubs abträglich sein könnte.
(2) Entsprechend dieser Grundsätze ist der Spieler insbesondere verpflichtet,
a) an allen Spielen und Lehrgängen, am Training – sei es allgemein vorgesehen oder sei es besonders angeordnet – an allen
Spielerbesprechungen und sonstigen der Spiel- und Wettkampfvorbereitung dienenden Veranstaltungen des Clubs teilzunehmen.
Dies gilt auch, wenn ein Mitwirken als Spieler oder Ersatzspieler nicht in Betracht kommt. (...)
h) sich auf alle sportlichen Veranstaltungen des Clubs gewissenhaft vorzubereiten. Dazu gehört insbesondere, den Anweisungen
des Trainers bzgl. der Lebensführung Folge zu leisten; die sportliche Fairness gegen über allen am Spiel- und Trainingsbetrieb
beteiligten Personen einzuhalten, insbesondere die durch die Schieds- und Linienrichter eines Spieles getroffenen Entscheidungen
unwidersprochen hinzunehmen.
(...)
§ 6 Einsatz, Tätigkeit und Vertragsstrafen
(...) (2) Der Spieler hat den Weisungen der vom Club hierzu eingesetzten Personen, insbesondere des Trainers, hinsichtlich
seiner Teilnahme am Spiel, Training, Spielvorbereitungen, medizinischen und sonstigen Behandlungen sowie aller sonstigen Veranstaltungen
des Clubs Folge zu leisten.
(3) Der Spieler ist verpflichtet, seine körperliche Einsatzfähigkeit während der gesamten Spielzeit aufrechtzuerhalten, insbesondere
seine körperliche und geistige Belastungsfähigkeit sicherzustellen. Ergeben ärztliche Untersuchungen, dass die körperliche
Belastungsfähigkeit des Spielers nicht den für einen Berufssportler in dieser Disziplin erforderlichen Voraussetzungen entsprechen,
ist der Club berechtigt, dem Spieler eine Frist von vier Wochen zu setzten, in der er diese Voraussetzungen erfüllen muss.
Erfüllt der Spieler nach Ablauf der Frist die Voraussetzungen nicht, ist der Club berechtigt, das Vertragsverhältnis aus wichtigem
Grund zu kündigen.
Der Spieler ist verpflichtet, sich vor Beginn jeder neuen Saison auf Kosten des Clubs einer ärztlichen Untersuchung im Hinblick
auf seine körperliche Leistungsfähigkeit zu unterziehen. (...)
§ 7 Urlaub
(1) Der Spieler hat einen Anspruch auf einen Jahresurlaub gemäß dem Bundesurlaubsgesetz. (...)
(2) Der Urlaub ist grundsätzlich in einer Spielpause zu nehmen und zum Zwecke der Erholung zu nutzen. Der Zeitpunkt des Urlaubs
ist mit dem Club abzustimmen.“
Im Rahmen der Ermittlungen der Beklagten bei der K. GmbH teilte die dortige Assistentin des sportlichen Bereichs, B.L., mit,
dass der Kläger sich zum angegebenen Unfallzeitpunkt mit deren Zustimmung in der S. aufgehalten („Heimaturlaub“) und die Anweisung
gehabt habe, sich dort gemäß den Vorgaben der sportlichen Leitung fit zu halten. Auf erneute Nachfrage der Beklagten teilte
sie mit, dass die Vorgaben, die sich auf den Fitnesszustand ausgerichtet hätten, nur mündlich durch Trainer, Mannschaftsarzt
und Physiotherapeuten erfolgt seien. Der Kläger habe sich auf Heimaturlaub mit der Anweisung befunden, sich dort für den Spielbetrieb
fit zu halten bzw. vorzubereiten.
Die Beklagte lehnte die Feststellung eines Arbeitsunfalls mit Bescheid vom 8. September 2016 mit der Begründung ab, dass der
Kläger zum Zeitpunkt des Unfalls nicht bei versicherter Tätigkeit gewesen sei. Es stehe im eigenen Interesse eines jeden Sportlers,
sich während der Sommerpause fit zu halten. Aufgrund des Fehlens eines schriftlichen Trainingsplans mit Angaben zu Art, Umfang
und Dauer der einzelnen Übungen und Trainingseinheiten sowie angesichts der fehlenden Überwachung der sportlichen Aktivitäten
fehle es an einem inneren Zusammenhang der konkret unfallbringenden Tätigkeit mit der versicherten.
Mit dem hiergegen eingelegten Widerspruch verwies der Kläger darauf, dass er sich zum Unfallzeitpunkt nicht im Urlaub befunden,
sondern lediglich – wie bei ausländischen Profieishockeyspielern üblich – nach Saisonende während der Sommerpause in seiner
Heimat aufgehalten, jedoch nichtsdestotrotz der vertraglichen Verpflichtung unterlegen habe, seine körperliche Fitness auf
höchstem Niveau zu halten. Nach der Sommerpause seien durch die Arbeitgeberin umfangreiche Kraft- und Lauftests erfolgt. Bei
deren Nichtbestehen wäre der Verein berechtigt gewesen, sich von dem Arbeitsvertrag zu lösen. Auch wenn der Verein keinen
schriftlichen Trainingsplan vorgelegt habe, so seien die deutlich das Maß eines Hobbysportlers übersteigenden Trainingsziele
doch klar vorgegeben gewesen. Hieraus ergebe sich zweifelsohne der innere Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit als
Profieishockeyspieler. Der Kläger schilderte den Unfall so, dass er auf dem Rücken auf einem sog. Fitball gelegen und in jeder
Hand eine Kurzhantel getragen habe. Er habe eine Brustübung in der Form von Bankdrücken gemacht. Bei der Ausführung der Übung
sei er aus der Balance gekommen, von dem Fitball gefallen und mit seinem rechten Oberarm an eine Hantelstange gestoßen.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit am 27. März 2017 zugestelltem Widerspruchsbescheid vom 23. März 2017 als unbegründet
zurück. Bei dem hier etwa sieben Jahre nach dessen Eintritt und fünf Jahre nach Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses
gemeldeten Unfall habe es sich – unabhängig von Zweifeln an der Geeignetheit des geschilderten Unfallhergangs und der angegebenen
Schwere der Verletzung – mangels inneren bzw. sachlichen Zusammenhangs der Verrichtung des Klägers zur Zeit des Unfalls mit
der versicherten Tätigkeit nicht um einen bei ihr versicherten Arbeitsunfall gehandelt. Für einen Leistungssportler sei es
eine Selbstverständlichkeit, sich während der Sommerpause fit zu halten. Dazu bedürfe es keinerlei Anweisung. Dieser Umstand
führe jedoch nicht dazu, dass ein Sportler „rund um die Uhr“ bei allen der Fitness dienenden Tätigkeiten versichert sei. Vielmehr
sei als weitere Voraussetzung für den diesbezüglichen Versicherungsschutz eine betriebliche Organisation des Fitnesstrainings
erforderlich. Sofern der Verein zum Beispiel ein Lauftraining organisiere, sei die Teilnahme an diesem Training versichert.
Laufe ein Sportler hingegen individuell und aus eigener Motivation, bestehe kein Versicherungsschutz. Bei der nach dem Vortrag
des Klägers zum Unfallzeitpunkt ausgeübten Tätigkeit habe es sich um eine allgemeine und individuell ausgeführte Fitnessübung
gehandelt und nicht um ein konkretes und betrieblich organisiertes Fitnesstraining.
Hiergegen hat der Kläger am 10. April 2017 Klage beim Sozialgericht Düsseldorf erhoben, das den Rechtsstreit mit Beschluss
vom 20. Juni 2017 an das örtlich zuständige Sozialgericht Hamburg verwiesen hat. Er hat vorgetragen, dass sich alle Spieler
Ende Juli 2009 einem medizinischen Check durch den Teamarzt Dr. W. hätten unterziehen müssen. Der Kläger sei daher vertraglich
verpflichtet gewesen, sich in der punktspielfreien Zeit konditionell auf die Spielsaison 2009/2010 vorzubereiten. Es sei aus
seiner Sicht auch nicht notwendig, dass er im Einzelnen darlege, wie sich sein Trainingsprogramm während seines Aufenthaltes
in der S. gestaltet habe. Entscheidungserheblich sei nur, dass er sich die Verletzung während der Ableistung seines Vorbereitungsprogramms
auf die neue Spielsaison zugezogen habe. Er sei insbesondere verpflichtet gewesen und habe die konkludente Weisung gehabt,
Krafttraining als Vorbereitungsmaßnahme für die neue Spielsaison durchzuführen. Die Art und Weise des Krafttrainings, die
Dauer und die Zeiträume hätten dem einzelnen Spieler oblegen. Ein Profisportler sei grundsätzlich in eigener Verantwortung
in der Lage, seinen Fitnesszustand einzuschätzen und das erforderliche Fitness- und Krafttraining – in vorheriger Abstimmung
mit dem Trainer und Mannschaftsarzt – durchzuführen, um zum Saisonstart die notwendigen Leistungstests erfolgreich zu absolvieren.
Zum Zeitpunkt des Unfalls habe er sich auch nicht im Erholungsurlaub befunden.
Die Beklagte hat Zweifel am geschilderten Unfallhergang und dessen Geeignetheit zur Verursachung des geltend gemachten Gesundheitsschadens
gehegt und an ihrer in den angefochtenen Bescheiden zum Ausdruck gebrachten Meinung festgehalten.
Das Sozialgericht hat die Klage nach Anhörung der Beteiligten mit Gerichtsbescheid vom 3. Januar 2019 als unbegründet abgewiesen.
Der Kläger habe keinen Anspruch auf die Feststellung des Ereignisses vom 1. Juni 2019 als Arbeitsunfall, denn zum Zeitpunkt
des Unfallereignisses habe er keine versicherte Tätigkeit in der S. verrichtet. Der Kläger habe die Verletzung des Muskels
beim Fitnesstraining nicht infolge einer versicherten Tätigkeit erlitten. Das BSG (unter Hinweis auf Urteil vom 13. November 2012 – B 2 U 27/11 R, SozR 4-2700 § 8 Nr. 45) habe in einer sehr ähnlichen Fallkonstellation, auch bei einem Profieishockeyspieler, der ebenfalls
vertraglich gehalten gewesen sei, sich in der spielfreien Zeit „fit“ zu halten und sogar einen „Trainingsplan“ mit gewissen
„Vorgaben“ vom Arbeitgeber erhalten gehabt habe, einen Versicherungsschutz zutreffend abgelehnt, weil weder eine Haupt- noch
eine Nebenpflicht aus der Beschäftigung als Berufseishockeyspieler erfüllt worden sei. Dies gelte erst recht, als der Kläger
selbst vortrage, die „Anweisungen“ der Arbeitgeberin seien konkludent erfolgt und die Art und Weise des Trainings, die Dauer
und der Zeitraum hätten dem einzelnen Spieler selbst oblegen. Damit fehle es bereits an einem vom Verein fremdbestimmten Gefahrenbereich.
Gegen den seinen Prozessbevollmächtigten am 16. Januar 2019 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich die am 8. Februar 2019
eingelegte Berufung des Klägers, mit der er unter Wiederholung und Vertiefung seines Vortrags an seiner Rechtsauffassung festhält
und Verstöße des Sozialgerichts gegen den Amtsermittlungsgrundsatz, den Anspruch auf rechtliches Gehör, den Grundsatz der
freien Beweiswürdigung und die Verpflichtung zur Beachtung des Gesamtergebnisses des Verfahrens rügt.
Der Senat hat die Berufung zunächst mit Urteil vom 6. November 2019 zurückgewiesen. Das Sozialgericht habe die zulässige Anfechtungs-
und Feststellungsklage zu Recht und mit zutreffender Begründung abgewiesen. Der Annahme, das vorliegend als unfallbringende
Verrichtung angegebene Krafttraining habe dem Kläger als Haupt- oder Nebenpflicht aus seinem Beschäftigungsverhältnis oblegen,
stehe der Umstand entgegen, dass ihn keine konkrete Rechtspflicht getroffen habe, diesen Sport zu einer bestimmten Zeit, an
einem bestimmten Ort, in einem bestimmten Umfang und mit einem vorgegebenen Inhalt als Gegenleistung für das gezahlte Gehalt
auszuführen. Nach dem Vortrag des Klägers lasse sich nur feststellen, dass ihm mündlich als Trainingsziel vorgegeben worden
sei, sich nach der Sommerpause in einem körperlichen Zustand zurückzumelden, der ein Bestehen der Leistungstests erlaube.
Möglicherweise sei dem Kläger unter anderem auch empfohlen worden, ein regelmäßiges Krafttraining zu absolvieren. Ob dies
so gewesen sei, könne jedoch ebenso dahingestellt bleiben wie die vom Kläger aufgeworfene Frage, ob ihm für den Fall des Nichtbestehens
der Leistungstests arbeitsrechtliche Konsequenzen gedroht hätten. Denn eine den Kläger verpflichtende konkrete Anweisung habe
schon nach dessen eigenem Vortrag nicht vorgelegen. Feststellungen dazu, ob sportliche Aktivitäten, die gängigerweise auch
als Freizeitaktivitäten ausgeübt würden, im Einzelfall zur Erfüllung einer Pflicht aus einem Beschäftigungsverhältnis als
Sportler dienen sollten, seien praktisch nicht möglich, wenn ihnen nicht eine konkrete Einzelanweisung des Arbeitgebers bzw.
ein entsprechender konkreter Trainingsplan zu Grunde lägen. Den in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisanträgen des
Klägers sei nicht nachzugehen. Hinsichtlich des Krafttrainings lasse sich nach dem eigenen Vortrag des Klägers nur feststellen,
dass die Durchführung eines Krafttrainings möglicherweise mündlich empfohlen worden sei, wahrscheinlich auch nahegelegen habe.
Entscheidungserheblich sei jedoch, dass keine konkreten Vorgaben erfolgten, die die Durchführung der konkreten unfallbringenden
Verrichtung als arbeitsvertragliche Haupt- oder Nebenpflicht des Klägers im Verhältnis zu seinem damaligen Arbeitgeber erscheinen
lassen hätten.
Auf die Beschwerde des Klägers hat das Bundessozialgericht (Beschluss vom 26. Mai 2020 – B 2 U 214/19 B, juris) das Urteil des LSG Hamburg aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen. Ausgehend
von seiner eigenen Rechtsauffassung hätte sich das LSG aus objektiver Sicht gedrängt fühlen müssen, den Beweisanträgen des
Klägers zu folgen, den ehemaligen Sportchef sowie den ehemaligen Mannschaftsarzt als Zeugen dazu zu hören, ob dem Kläger das
Vorbereitungstrainingsprogramm z. B. in Form eines Trainingsplans vorgegeben gewesen sei, d. h. ob ihm seine Arbeitgeberin
die Weisung erteilt habe, ein Krafttraining zu absolvieren und es ihm zugleich freigestellt habe, dies in der S. durchzuführen.
Das LSG stütze seine Entscheidung maßgeblich auf den Umstand, dass den Kläger keine konkrete Rechtspflicht getroffen habe,
das Training zu einer bestimmten Zeit an einem bestimmten Ort in einem bestimmten Umfang und mit einem vorgegebenen Inhalt
als Gegenleistung für das gezahlte Gehalt auszuführen und dass keine den Kläger verpflichtende konkrete Anweisung vorgelegen
habe. Nach den eigenen Ausführungen des LSG im Tatbestand habe der Kläger jedoch bereits im Widerspruchsverfahren vorgetragen,
dass während der Sommerpause in seiner Heimat die vertragliche Verpflichtung bestanden habe, seine körperliche Fitness auf
höchstem Niveau zu halten. Auch wenn der Verein keinen schriftlichen Trainingsplan vorgelegt habe, so seien die deutlich das
Maß eines Hobbysportlers übersteigenden Trainingsziele klar vorgegeben gewesen. Es fehlten gerade Feststellungen zum Inhalt
des Arbeitsvertrags und den daraus resultierenden Haupt- und Nebenpflichten des Klägers, die die Arbeitgeberin kraft ihres
Weisungsrechts (§ 106 Satz 1 GewO) selbst oder durch Dritte schriftlich und mündlich hätte konkretisieren können (§§
315,
317 BGB). Insoweit werde das LSG insbesondere zu prüfen haben, ob das Krafttraining eine Betätigung gewesen sei, die wegen eines
unter Umständen mündlich vorgegebenen Trainingsplans als Konkretisierung der arbeitsvertraglichen Pflichten im Rahmen seines
Beschäftigungsverhältnisses zwingend auszuführen gewesen sei. Nur dann, wenn der Kläger im Urlaub von jeder Arbeitspflicht
freigestellt oder sonst frei darin gewesen wäre, den Ort, die Zeit und die Sportart zu bestimmen, mit der er sich fit hält,
würde dies gegen eine seiner versicherten Tätigkeit zuzurechnende Verrichtung sprechen, weil dann das Krafttraining nicht
in einem vom Arbeitgeber fremdbestimmten Gefahrenbereich stattgefunden hätte.
Der Kläger beantragt nunmehr noch,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Hamburg vom 3. Januar 2019 sowie den Bescheid vom 8. September 2016 in der Fassung
des Widerspruchsbescheids vom 23. März 2017 aufzuheben und festzustellen, dass der Kläger am 1. Juni 2009 einen Arbeitsunfall
erlitten hat.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält an ihrer Rechtsauffassung fest und weitere Ermittlungen für nicht erforderlich.
Der Senat hat in der mündlichen Verhandlung am 13. Januar 2021 den Mannschaftsarzt Dr. W. und den damaligen Sportmanager E.
als Zeugen gehört. Wegen der Einzelheiten der Zeugenaussagen wird auf die Sitzungsniederschrift verwiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Prozessakte, die Verwaltungsakte und die Sitzungsniederschriften
ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung ist statthaft (§§
143,
144 des
Sozialgerichtsgesetzes <SGG>) und auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt (§
151 SGG). Auch die beim Sozialgericht erhobene kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage (§
54 Abs.
1 S. 1 i.V.m. §
55 Abs.
1 Nr.
3 SGG) war zulässig. Sie ist auch begründet. Mit den angefochtenen Bescheiden hat die Beklagte die Feststellung eines Arbeitsunfalls
zu Unrecht abgelehnt.
Anspruchs- und Ermächtigungsgrundlagen für die vom Kläger von der Beklagten begehrte Feststellung eines Arbeitsunfalls sind
§§
102,
8 Abs.
1 des
Siebten Buches Sozialgesetzbuch (
SGB VII). Für das Vorliegen eines Arbeitsunfalls ist nach §
8 Abs.
1 SGB VII in der Regel erforderlich, dass die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen
ist (innerer bzw. sachlicher Zusammenhang), dass diese Verrichtung zu dem zeitlich begrenzten, von außen auf den Körper einwirkenden
Ereignis – dem Unfallereignis – geführt hat (Unfallkausalität) und dass das Unfallereignis einen Gesundheitserstschaden oder
den Tod des Versicherten verursacht hat (haftungsbegründende Kausalität); das Entstehen von längerandauernden Unfallfolgen
aufgrund des Gesundheitserstschadens (haftungsausfüllende Kausalität) ist hingegen keine Voraussetzung für die Anerkennung
eines Arbeitsunfalls, sondern für die Gewährung einer Verletztenrente (BSG, Urteil vom 3. April 2014 – B 2 U 25/12 R, BSGE 115, 256).
Der Kläger hat den Arbeitsunfall bei einer versicherten Tätigkeit als Beschäftigter erlitten. Abzugrenzen ist eine solche
Tätigkeit von einer unversicherten Vorbereitungshandlung. Eine nach §
2 Abs.
1 Nr.
1 SGB VII versicherte Tätigkeit als "Beschäftigter" wird verrichtet, wenn der Verletzte eine eigene Tätigkeit in Eingliederung in das
Unternehmen eines anderen zu dem Zweck verrichtet, dass die Ergebnisse seiner Verrichtung diesem und nicht ihm selbst unmittelbar
zum Vorteil oder Nachteil gereichen (§
136 Abs.
3 Nr.
1 SGB VII; so BSG vom 13. November 2012 – B 2 U 27/11 R, SozR 4-2700 § 8 Nr. 45). Das ist der Fall, wenn
(1) seine Verrichtung zumindest dazu ansetzt und darauf gerichtet ist, eine eigene objektiv bestehende Haupt- oder Nebenpflicht
aus seinem Beschäftigungsverhältnis zu erfüllen,
(2) er eine objektiv nicht geschuldete Handlung vornimmt, um eine vermeintliche Pflicht aus dem Beschäftigungsverhältnis zu
erfüllen, sofern er nach den besonderen Umständen seiner Beschäftigung zur Zeit der Verrichtung annehmen durfte, ihn treffe
eine solche Pflicht, oder
(3) er unternehmensbezogene Rechte aus dem Beschäftigungsverhältnis ausübt.
Für die Verrichtung einer Tätigkeit als Beschäftigter im Sinne des §
2 Abs.
1 Nr.
1 SGB VII kommt es objektiv auf die Eingliederung des Handelns des Verletzten in das Unternehmen eines anderen und subjektiv auf die
zumindest auch darauf gerichtete Willensausrichtung an, dass die eigene Tätigkeit unmittelbare Vorteile für das Unternehmen
des anderen bringen soll. Danach wird eine Beschäftigung im Sinne des §
2 Abs.
1 Nr.
1 SGB VII verrichtet, wenn der Verletzte zumindest dazu ansetzt, eine ihn gegenüber dem Unternehmer treffende Haupt- oder Nebenpflicht
aus dem Beschäftigungsverhältnis tatsächlich zu erfüllen.
Der Kläger hat mit der Ausübung des Krafttrainings eine Hauptpflicht aus seinem Arbeitsvertrag erfüllt. Beim durchzuführenden
Krafttraining hat es sich nicht nur um einen allgemeinen Hinweis oder Vorschlag gehandelt, dem der Kläger selbst im Rahmen
der Gestaltung seiner Freizeit folgen konnte oder auch nicht. Teil der versicherten Beschäftigung ist die Ausübung des Krafttrainings
dann, wenn es nach Zeit oder Ort der Erfüllung so konkretisiert worden ist, dass den Kläger eine konkrete Rechtspflicht getroffen
hat, diesen Sport zu einer bestimmten Zeit, an einem bestimmten Ort, in einem bestimmten Umfang und mit einem vorgegebenen
Inhalt als Gegenleistung für das ab Inkraftsetzung des Vertrags zu zahlende Gehalt auszuführen (BSG, a.a.O.). Es genügt hingegen nicht, wenn der Beschäftigte unter mehreren Sportarten frei auswählen kann, was er wann und
wie zur Steigerung seiner allgemeinen Fitness und als Ausgleichsübung tun möchte (BSG, a.a.O.). Das Krafttraining war eine Betätigung, die wegen eines (mündlich) vorgegebenen Trainingsplans als Konkretisierung
der arbeitsvertraglichen Pflichten im Rahmen des Beschäftigungsverhältnisses des Klägers zwingend auszuführen war. Nur dann,
wenn der Kläger im Urlaub von jeder Arbeitspflicht freigestellt oder sonst frei darin gewesen wäre, den Ort, die Zeit und
die Sportart zu bestimmen, mit der er sich fit hält, würde dies gegen eine seiner versicherten Tätigkeit zuzurechnende Verrichtung
sprechen, weil dann das Krafttraining nicht in einem vom Arbeitgeber fremdbestimmten Gefahrenbereich stattgefunden hätte (BSG, Beschluss vom 26. Mai 2020 – B 2 U 214/19 B, juris). Dies war jedoch nicht der Fall.
Die Pflichten aus dem Beschäftigungsverhältnis werden zunächst durch den Arbeitsvertrag konkretisiert. Dieser enthielt die
allgemeine Verpflichtung des Klägers, seine sportliche Leistungsfähigkeit uneingeschränkt für den Club einzusetzen und alles
zu tun, um sie zu erhalten und zu steigern. Der Kläger war verpflichtet, am Training – allgemein oder besonders angeordnet
– teilzunehmen und sich auf alle sportlichen Veranstaltungen des Clubs gewissenhaft vorzubereiten. Konkrete Vorgaben hinsichtlich
der Art und des Umfangs des Trainings enthielt der Arbeitsvertrag nicht. Im Arbeitsvertrag hatte die Arbeitgeberin den Kläger
darüber hinaus verpflichtet, den Weisungen der vom Club hierzu eingesetzten Personen, insbesondere des Trainers, hinsichtlich
seiner Teilnahme am Spiel, Training, Spielvorbereitungen, medizinischen und sonstigen Behandlungen sowie aller sonstigen Veranstaltungen
des Clubs Folge zu leisten. Damit war bereits nach dem Arbeitsvertrag auch der Trainer weisungsbefugt und berechtigt, die
Leistungspflichten zu konkretisieren (§§
315,
317 BGB).
Nach den Angaben des Klägers und den Zeugenaussagen steht es zur Überzeugung des Senats fest, dass der Kläger verpflichtet
war, während seines Aufenthalts in der S. während der spielfreien Zeit ein Krafttraining durchzuführen. Es ist dabei unerheblich,
dass der Kläger für diesen Sommer keinen konkreten Trainingsplan mit der Vorgabe bestimmter Übungen und Wiederholungen erhalten
hatte. Allen Beteiligten war klar, dass es zu den Pflichten des Klägers gehörte, als professioneller Eishockeyspieler ein
Krafttraining durchzuführen ebenso wie seine Ausdauer zu trainieren. Die Zeugen, der ehemalige Trainer E. und der Mannschaftsarzt
W., haben überzeugend dargelegt, dass Eishockeyspielen auf professionellen Niveau ohne Krafttraining nicht möglich ist. Ebenso
wie die in Deutschland verbliebenen Spieler in der spielfreien Zeit trainiert haben, war auch der Kläger hierzu in der S.
verpflichtet. Aufgrund der in den Jahren zuvor ausgehändigten Trainingspläne und der langjährigen Erfahrung des Klägers als
Profisportler war es auch nicht erforderlich, dass der Arbeitgeber das Training detailliert vorgegeben hat. Auch in anderen
Arbeitsverhältnissen wird nicht täglich jede vom Arbeitnehmer zu erfüllende Aufgaben im Einzelnen neu erklärt, wenn die Art
der Ausführung bekannt ist. So verhielt es sich beim Kläger. Beide Zeugen haben bestätigt, dass der Kläger eigenständig wusste,
welche Inhalte ein Krafttraining haben muss, und dass die Übungen aus dem Training bekannt gewesen seien. Der Zeuge E. hat
erklärt, dass schriftliche Trainingspläne nur an diejenigen ausgegeben worden seien, die keinen gehabt hätten, damit sie sich
betreut gefühlt hätten.
Der Senat ist davon überzeugt, dass sich der Arbeitsunfall wie vom Kläger geschildert ereignet hat. Der Kläger hat nochmals
in der mündlichen Verhandlung den Ablauf des Unfalls detailliert und für den Senat glaubhaft aus eigenem Erleben geschildert.
Die Schilderung stimmte überein mit den früheren Angaben des Klägers und bestätigt sich auch dadurch, dass der Kläger den
Unfall gegenüber seiner privaten Unfallversicherung gemeldet hat.
Ferner hat sich der Senat eine Überzeugung davon bilden können, dass der Kläger einen Gesundheitserstschaden erlitten hat.
Der Senat geht davon aus, dass es durch den ungebremsten Sturz mit dem Arm auf die Hantel zumindest zu einer Prellung gekommen
ist. Ausdrücklich offen gelassen hat der Senat dagegen die Frage, ob auch die subtotale Ruptur des Caput med. des M. triceps
brachii rechts kausal auf das Unfallereignis zurückzuführen ist. Die Feststellung konkreter Unfallfolgen war nicht Gegenstand
des vorliegenden Rechtsstreits.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG und folgt dem Ausgang des Rechtsstreits.
Gründe für die Zulassung der Revision nach §
160 Abs.
2 Nr.
1 oder 2
SGG liegen nicht vor.