Gründe
Die Klägerin wendet sich mit ihrer Beschwerde gegen die Ablehnung ihres Antrags auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH)
durch das Sozialgericht (SG) Münster. In der Sache begehrt sie die Aufhebung des gem. § 28p Viertes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB IV) ergangenen Betriebsprüfungsbescheides der Beklagten vom 7.12.2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.5.2019.
I.
Der Senat kann über die Beschwerde trotz der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Klägerin (Amtsgericht
Münster Beschl. v. 16.10.2019 - 84 IN 51/19) entscheiden. Zwar ist das Klageverfahren S 23 BA 40/19 durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens gem. §
202 S. 1
Sozialgerichtsgesetz (
SGG) i.V.m. §
240 S. 1
Zivilprozessordnung (
ZPO) unterbrochen worden. Hierdurch wird jedoch nicht auch eine Unterbrechung des PKH-Verfahrens bewirkt. Letzteres betrifft
keinen kontradiktorischen Parteienstreit und ist außerhalb und innerhalb des Zivilprozesses nach der gesetzlichen Regelung
in den §§
114 ff.
ZPO ein nicht streitiges, seinem Charakter nach der staatlichen Daseinsfürsorge zuzurechnendes Antragsverfahren, in dem sich
als Beteiligte nur der Antragsteller und das Gericht als Bewilligungsstelle gegenüberstehen. §
240 ZPO bezieht sich hierauf nicht (vgl. BSG Beschl. v. 20.2.2020 - B 6 KA 1/19 BH - juris Rn. 5 m.w.N.).
II.
Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Bewilligung von PKH für das Klageverfahren
und Beiordnung von Rechtsanwalt X.
Nach §
73a Abs.
1 S. 1
SGG i.V.m. §
114 Abs.
1 ZPO erhält ein Beteiligter auf Antrag PKH, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung
nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende
Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.
Eine hinreichende Aussicht auf Erfolg ist gegeben, wenn das Gericht den Rechtsstandpunkt des Klägers auf Grund der Sachverhaltsschilderung
und der vorliegenden Unterlagen für zutreffend oder zumindest für vertretbar hält und in tatsächlicher Hinsicht von der Möglichkeit
der Beweisführung überzeugt ist (vgl. z.B. B. Schmidt in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt,
SGG, 13. Aufl. 2020, §
73a Rn. 7a m.w.N.). Hinreichende Erfolgsaussicht besteht auch dann, wenn die Entscheidung in der Hauptsache von der Beantwortung
einer schwierigen, bislang ungeklärten Rechtsfrage abhängt oder wenn eine entscheidungserhebliche Tatsache zwischen den Beteiligten
strittig ist und keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass eine Beweisaufnahme mit hoher Wahrscheinlichkeit zu Lasten des Antragstellers
ausgehen würde (vgl. z.B. BVerfG Beschl. v. 8.12.2009 - 1 BvR 2733/06 - juris Rn. 13 m.w.N.).
Ausgehend von den vorgenannten Kriterien bestehen keine hinreichenden Erfolgsaussichten der Klage gegen den streitigen Beitragsbescheid.
Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt der Senat auf die zutreffenden Gründe der angefochtenen Entscheidung des SG Bezug, denen er sich anschließt (vgl. §
142 Abs.
2 S. 3
SGG).
Der Beschwerdevortrag der Klägerin vermag nicht zu einem anderen Ergebnis zu führen.
1.) Soweit sie sich gegen die Höhe der Beitragsforderung wendet, fehlt es ihrer Behauptung vereinzelter angeblich fehlbewerteter
Umstände sowohl an konkreten weiteren Ausführungen bzw. Beweisangeboten als auch an einer Darlegung, welche genauen beitragsrechtlichen
Konsequenzen in welchem Umfang hieraus zu ziehen sind. So bleibt die Klägerin z.B. bei der Angabe, in ihrem Betrieb mithelfende
Verwandte oder Freunde hätten dies unentgeltlich getan, weitere konkrete Ausführungen vollständig schuldig. Es werden weder
Namen und Anschriften genannt, noch dargelegt, wann und in welchem Umfang die unentgeltliche familienhafte Mithilfe stattgefunden
haben soll. Schließlich fehlt jegliche Ausführung dazu, inwieweit dieser Umstand zu einer Verringerung der Beitragsforderung
führen könnte.
2.) Ebenso wenig vermag die Klägerin mit ihrem Vortrag durchzudringen, ihr könne kein Vorsatz vorgeworfen werden, so dass
nicht die 30jährige, sondern die vierjährige Verjährungsfrist des §
25 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB IV) greife. Dahinstehen kann in diesem Zusammenhang, ob ihre Behauptung zutrifft, sie habe selbst durchgehend den Imbisswagen
betrieben und den "Papierkram" ihrem immer stärker dementen und später verstorbenen Ehemann überlassen. Denn auch letzteres
genügt für eine Exkulpation i.S.v. §
25 Abs.
1 S. 2
SGB IV nicht.
Soweit der Arbeitgeber dritte Personen mit der eigenverantwortlichen Wahrnehmung seiner Pflichten bei der Zahlung des Gesamtsozialversicherungsbeitrags
gemäß §
28e Abs.
1 S. 1
SGB IV betraut, ist ihm deren Kenntnis und Verschulden nach dem Rechtsgedanken der §§
166,
278 Bürgerliches Gesetzbuch (
BGB) zuzurechnen (vgl. z.B. BSG Urt. v. 12.12.2018 - B 12 R 15/18 R - juris Rn. 20 m.w.N.; Senatsurt. v. 30.10.2019 - L 8 R 838/16 - juris Rn. 101 m.w.N.; Urt. v. 25.10.2017 - L 8 R 515/15 - juris Rn. 94 m.w.N.). Vorsatz liegt regelmäßig vor, wenn für das gesamte typische Arbeitsentgelt (wie bei Schwarzarbeit)
keine Beiträge entrichtet werden (vgl. BSG Urt. v. 30.3.2000 - B 12 KR 14/99 R - juris Rn. 25).
Im Hinblick auf die ermittelten Schwarzlohnzahlungen ist von einem - der Klägerin zuzurechnenden - Vorsatz ihres Ehemannes,
dem sie die sozialversicherungsrechtliche Aufgabenwahrnehmung überlassen hatte, auszugehen. Dem nunmehrigen Vorbringen, der
Ehemann habe bedingt durch eine Demenz unverschuldet die Arbeitgeberpflichten nicht mehr wahrnehmen können, fehlt es an jeder
weiteren konkreten Darlegung nebst etwaigen Beweisangeboten sowohl zum Zeitpunkt der Diagnosestellung als auch zum weiteren
Krankheitsverlauf und den konkreten geistigen Einbußen. Nach Aktenlage ist - entgegen der Behauptung der Klägerin - auch vielmehr
anzunehmen, dass jedenfalls relevante geistige Einschränkungen nicht bestanden haben. So war ihr Ehemann offensichtlich in
der Lage, am 9.8.2018, also sogar noch nach dem Streitzeitraum von 2010 bis 2017, einige Rechtsgeschäfte von großer rechtlicher
Tragweite und gewisser Komplexität uneingeschränkt vorzunehmen. Ausweislich der notariellen Urkunde Nr. 330/2018 des Notars
I L mit Amtssitz in M hat der Ehemann der Klägerin an diesem Tag einem gemeinsamen Sohn Grundeigentum unter gleichzeitiger
Begründung von Wohnrechten gem. §
1093 BGB für sich und seine Ehefrau, die Klägerin, übertragen. Zweifel an der Geschäftsfähigkeit des Ehemannes der Klägerin sind für
den amtierenden Notar nicht ersichtlich geworden, da er solche in der Niederschrift nicht festgehalten hat (§
11 Abs.
1 S. 2
Beurkundungsgesetz -
BeurkG). Ebenso ist dem Notar auch eine schwere Erkrankung offenbar weder genannt worden noch erkennbar gewesen, da er eine solche
ebenfalls nicht in der Niederschrift vermerkt hat (§
11 Abs.
2 BeurkG).
Die Kostenentscheidung beruht auf §
73a Abs.
1 SGG i.V.m. §
127 Abs.
4 ZPO.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§
177 SGG).