Tatbestand
Der am 00.00.1960 geborene Kläger erlitt im Alter von zwei Jahren eine Kinderlähmung mit Spätfolgen einer Minderentwicklung
der oberen und unteren Extremitäten rechts mit muskulären und koordinativen Defiziten. Nach zunächst erlerntem Beruf des Bäckers
war er zuletzt von 1992 bis 2013 als Lagerarbeiter tätig und bezog anschließend Arbeitslosengeld I. Am 3.4.2014 beantragte
er bei der Beklagten die Gewährung einer Erwerbsminderungsrente aufgrund von Wirbelsäulenbeschwerden und den Spätfolgen der
Kinderlähmung.
Die Beklagte zog ein für die Bundesagentur für Arbeit (BA) durch den Facharzt für Chirurgie Dr. E am 20.2.2014 erstattetes
Gutachten bei. Nach dessen Auswertung lehnte sie den Antrag mit Bescheid vom 16.4.2014 ab. Der Kläger könne noch mindestens
6 Stunden täglich unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes erwerbstätig sein. Auch die Voraussetzungen
für eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit lägen nicht vor. Zwar sei es ihm nicht mehr möglich,
den Beruf als Lagerfachkraft mindestens 6 Stunden täglich auszuüben. Er könne aber eine Tätigkeit als Poststellenmitarbeiter
noch in diesem Umfang verrichten.
Gegen den Bescheid legte der Kläger am 13.5.2014 Widerspruch ein und machte geltend, aufgrund seiner Erkrankungen nur unter
Schmerzen länger körperlich arbeiten zu können. Die Beklagte holte hierauf Gutachten des Facharztes für Orthopädie und Rheumatologie
Dr. T vom 1.7.2014 sowie des Facharztes für Nervenheilkunde und Psychotherapeutische Medizin Dr. C vom 25.8.2014 ein. Die
Sachverständigen stellten auf orthopädischem bzw. nervenärztlichem Fachgebiet eine dauerhaft unter 3 Stunden eingeschränkte
Arbeitsfähigkeit in der zuletzt ausgeübten Tätigkeit als Lagerist, jedoch eine Arbeitsfähigkeit von 6 und mehr Stunden auf
dem allgemeinen Arbeitsmarkt für leichte bis gelegentlich mittelschwere Tätigkeiten fest. Eine Wegefähigkeit sei gegeben.
Nach Beiziehung von Arbeitgeberauskünften der F Service GmbH sowie der M Maschinenbau GmbH wies die Beklagte den Widerspruch
des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 22.1.2015 unter Bezugnahme auf die Feststellungen der medizinischen Begutachtung
zurück.
Hiergegen hat der Kläger am 29.1.2015 Klage zum Sozialgericht (SG) Köln erhoben und zur Begründung seines Rentenbegehrens ausgeführt, die im Verwaltungsverfahren eingeholten Gutachten seien
unzureichend. Weder würden die gestellten Diagnosen begründet noch seien diese vollständig. Dr. C habe nicht dargelegt, warum
die von Dr. T angesprochene somatoforme Schmerzstörung nicht vorliege. Ferner fehle bei den Sachverständigen eine Prüfung,
wie sich seine Schmerz- und Beschwerdesituation unter nachhaltiger Belastung entwickle. Überlegungen zu einem bestimmten,
konkreten Beruf, insbesondere dem eines Poststellenmitarbeiters, seien nicht angestellt worden. Es sei zudem der Beruf des
Bäckers, den er wegen einer Mehlallergie habe aufgeben müssen, und nicht der des Lagerarbeiters zugrunde zu legen. Auch mangele
es den Gutachten an einer konkreten Beschreibung und Bewertung seiner - insbesondere durch das Post-Polio-Syndrom nachvollziehbar
vorliegenden - Behinderungen und Schmerzen. Die Gesamtbeurteilungen beschränkten sich auf eine allgemeine, nicht spezifizierte
und nicht nachprüfbare Abwertung seiner Person. Ein etwaig diskrepantes Verhalten hätte mit ihm im Rahmen der Untersuchung
sofort erörtert werden müssen, um Missverständnisse unmittelbar zu klären.
Soweit das SG im Gerichtsverfahren weitere Gutachten der Sachverständigen Dr. H und D. M1 eingeholt habe, rechtfertigten diese deren Schlussfolgerungen
zu den Beweisfragen nicht. Es handele sich lediglich um eine Behauptung, der jede Begründung fehle. Eine konkret mögliche
Tätigkeit, die im allgemeinen Wirtschaftsleben angeboten werde, stellten die Sachverständigen nicht dar. Der Sachverhalt sei
medizinisch nicht vollständig und überzeugend geklärt. So stehe die Beantwortung der Beweisfragen durch Dr. H in innerem Widerspruch
zu den im Prinzip von ihm anerkannten umfangreichen Einschränkungen der Leistungsfähigkeit. Er, der Kläger, sei so stark behindert,
dass dies eine irgendwie geartete gezielte berufliche Tätigkeit ausschließe. Er könne weder längere Zeit sitzen, noch stehen
oder gehen. Entlastung finde er nur im Liegen. Dr. H unterliege einer klaren Fehlbewertung, wenn er die Schmerzen nicht als
organisch, sondern als psychosomatisch aufgrund einer psychogenen Fehlverarbeitung ansehe. Entgegen der Sachverständigen gehe
er, der Kläger, davon aus, an einer weiteren, bisher nicht diagnostizierten Erkrankung zu leiden, z.B. einem polyneuropathischen
Syndrom. Schließlich bestünden die Beschwerden unabhängig davon, ob sie sich bereits bildgebend darstellen ließen.
Der Kläger hat schriftsätzlich beantragt,
den Bescheid vom 16.4.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.1.2015 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen,
Rente wegen voller, hilfsweise teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren,
die ihm bisher nicht bekannten genauen Texte zweier MRT-Befunde aus 2014 und 2016 beizuziehen,
den Sachverständigen Dr. H zur Ergänzung und Erläuterung seines Gutachtens persönlich zu laden und ihm, dem Kläger, die Möglichkeit
zu geben, die aufgeworfenen Fragen mit ihm zu erörtern.
In der mündlichen Verhandlung des SG vom 1.7.2016 hat sich die Beklagte bereit erklärt, dem Kläger eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit
nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften zu gewähren.
Im Übrigen hat die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat die angefochtenen Bescheide unter Bezugnahme auf Stellungnahmen ihres ärztlichen Beratungsdienstes vom 27.3.2015,
vom 15.4.2015 und vom 14.7.2015 für zutreffend erachtet und sich durch die gerichtliche Beweisaufnahme bestätigt gesehen.
Im Rahmen seiner Beweisaufnahme hat das SG zunächst einen Befundbericht des den Kläger behandelnden Facharztes für Orthopädie und Unfallchirurgie Dr. K vom 23.5.2015
mit radiologischem Fremdarztbericht des Dr. I vom 13.5.2014 und weitere Unterlagen des Dr. C beigezogen. Dr. K hat mitgeteilt,
der Kläger könne noch täglich an 5 Tagen der Woche leichte Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes 6 Stunden verrichten.
Anschließend ist ein medizinisches Gutachten des Facharztes für Psychiatrie und Neurologie Dr. H vom 11.3.2016 und ein Zusatzgutachten
des Arztes für Orthopädie und Rheumatologie D. M1 vom 9.2.2016 eingeholt worden. Die Sachverständigen haben bei dem Kläger
eine chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren, einen Zustand nach Poliomyelitis in der Kindheit
mit Verschmächtigung der Muskulatur des rechten Armes und des rechten Beines, eine chronische Lumboischialgie links mit pseudoradikulärer
Schmerzausstrahlung auf degenerativer Basis ohne dermatombezogene Klinik, eine linkskonvexe Thorakolumbal-Skoliose, einen
Ballenhohlfuß beidseits, rechts mehr als links und einen Senk-Spreizfuß beidseits diagnostiziert. Mit den hierdurch bedingten
Beeinträchtigungen haben beide Ärzte die Tätigkeit einer Lagerfachkraft für den Kläger als langfristig unzumutbar angesehen.
Er sei jedoch mit gewissen qualitativen Einschränkungen noch in der Lage, leichte Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt
regelhaft in einem zeitlichen Umfang von mindestens 6 Stunden im Rahmen einer 5-Tage-Woche unter Berücksichtigung betriebsüblicher
Pausen durchzuführen sowie eine Wegstrecke von mehr als 500 Metern täglich in einer Zeit von höchstens 20 Minuten zurückzulegen.
Das SG hat die Beklagte mit Urteil vom 1.7.2016 entsprechend dem Teilanerkenntnis verurteilt, dem Kläger Rente wegen teilweiser
Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit unter Zugrundelegung eines Leistungsfalls am 3.4.2014 zu gewähren. Im Übrigen hat es
die Klage abgewiesen. Nach den Einschätzungen der sachverständigen Ärzte Dr. H und D. M1, denen die Kammer folge, könne der
Kläger körperlich leichte Tätigkeiten noch vollschichtig verrichten. Die schlüssigen Gutachten stünden in Übereinstimmung
mit den im Verwaltungsverfahren eingeholten Gutachten des Orthopäden Dr. T und des Nervenarztes Dr. C. Gleiches gelte für
das von der BA eingeholte Gutachten des Dr. E. Auch der den Kläger behandelnde Orthopäde Dr. K habe in seinem Befundbericht
die Möglichkeit einer vollschichtigen körperlich leichten Tätigkeit bejaht. Soweit der Kläger die Beiziehung der MRT-Befunde
beantragt habe, sei deren Entscheidungserheblichkeit von ihm nicht dargelegt worden. Maßgeblich seien im Rahmen der Prüfung
einer Erwerbsminderungsrente nicht allein die MRT's oder daraus ersichtliche Befunde, sondern das Beschwerdebild. Dieses hätten
die Gutachter zutreffend ermittelt und gewürdigt. Auch der weitere Antrag des Klägers, die Sachverständigen persönlich zu
befragen, sei mangels Benennung sachdienlicher Fragen abzulehnen. Die maßgeblichen Fragen seien umfassend, in Übereinstimmung
mit den vorigen Gutachten beantwortet und die Feststellungen jeweils nach ausführlicher Untersuchung widerspruchsfrei getroffen
worden.
Mit Bescheid vom 8.9.2016 hat die Beklagte das Teilanerkenntnisurteil ausgeführt.
Gegen das seinem Bevollmächtigten am 19.7.2016 zugestellte Urteil hat der Kläger am 16.8.2016 Berufung eingelegt und die Auffassung
vertreten, dass das SG in seiner Entscheidung lediglich die pauschalen Behauptungen der Sachverständigen übernommen habe, ohne eine Begründung für
die Schlussfolgerungen darzulegen. Es komme hinzu, dass die Gutachten eine außergewöhnlich hohe Anzahl von erheblichen Einschränkungen
der Leistungsfähigkeit ausgeführt hätten, die es eher als unmöglich erscheinen ließen, dass er einer regelmäßigen, gezielten
Arbeitstätigkeit überhaupt nachgehen und eine den üblichen Arbeitsanforderungen entsprechende Leistung erbringen könne. Zudem
habe das SG verkannt, dass die Feststellungen von Dr. H unter der Prämisse einer nicht näher umschriebenen "zumutbaren Willensanspannung"
und einer "Intensivierung der therapeutischen Maßnahmen" stünden, so dass aktuell die behauptete Leistungsfähigkeit nicht
bestehe. Es liege daher die Bewilligung einer Rente auf Zeit nahe. Unzutreffend habe das SG auch den Antrag auf Befragung der Sachverständigen übergangen. Ebenso sei die Stellungnahme des vormals behandelnden Facharztes
Dr. K missverstanden worden und darüber hinaus in fachlicher Hinsicht in Zweifel zu ziehen.
Der Senat hat zur Beweisaufnahme zunächst Befund- und Behandlungsberichte des Allgemeinmediziners Dr. M2 (Bericht vom 27.10.2016),
des Facharztes für Orthopädie und Unfallchirurgie Dr. C1 (Bericht vom 26.10.2016), der Fachärztin für Neurologie Dr. C2 (Bericht
vom 27.10.2016) und der Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie C3 (Bericht vom 30.11.2016) eingeholt. Letztere beiden
Ärzte sind von einem vollschichtig bestehenden Leistungsvermögen für leichte Tätigkeiten und von einer Wegefähigkeit ausgegangen.
Auch der anschließend mit einer Gutachtenerstellung beauftragte Facharzt für Nervenheilkunde und Diplompsychologe Dr. C4 und
der Arzt für Orthopädie Dr. N haben den Kläger unter Berücksichtigung von wiederkehrenden Wirbelsäulensyndromen bei degenerativen
Veränderungen und Instabilität, einer Schulterteilsteife rechts, einer Muskel- und Kraftminderung des rechten Armes und Beines
nach Polio im zweiten Lebensjahr, einer Varikosis des linken Beins, einer chronischen Schmerzstörung und einem nicht näher
bezeichneten Tremor für in der Lage erachtet, leichte Arbeiten in Wechselposition, d.h. im Wechsel von Gehen, Stehen und Sitzen,
unter Berücksichtigung qualitativer Einschränkungen vollschichtig auszuüben. Wegefähigkeit sei gegeben (Gutachten des Dr.
N vom 3.7.2017 mit ergänzender Stellungnahme vom 26.9.2017 und Gutachten des Dr. C4 vom 13.9.2017).
Weitere Stellungnahmen, Berichte und Befunde sind von der Praxis Radiologie und Nuklearmedizin C5 (Arztbriefe vom 8.9.2015
und 12.12016), vom Orthopäden I1 (Stellungnahme vom 28.2.2020), vom Gesundheitszentrum T2 GmbH (Bericht vom 3.3.2020), vom
Orthopäden Dr. C1 (Bericht vom 13.3.2020), von der Gemeinschaftspraxis Radiologie und Nuklearmedizin T1 (Bericht vom 5.3.2020),
von Dr. C2 (Bericht vom 28.2.2020) und von Fr. C3 (Bericht vom 30.3.2020) eingeholt worden. Letztere haben mitgeteilt, es
gebe keine neuen Aspekte zum vorigen Befundbericht (Fr. C3) bzw. es habe sich keine Leistungseinschränkung unter 6 Stunden
feststellen lassen (Dr. C2).
Schließlich hat der Senat ergänzend Beweis erhoben durch die Einholung eines Gutachtens von Dr. K1, Ärztin für Neurologie
und Psychiatrie und eines Zusatzgutachtens von Dr. S, Fachärztin für Orthopädie und Unfallchirurgie. Die Gutachten von Dr.
N und Dr. C4 sind den Sachverständigen nicht mitübersandt worden. Auch Dr. S und Dr. K1 haben den Kläger - bei diagnostizierten
Wirbelsäulenbeschwerden, einer Schulterdachenge rechts bei eingeschränkten Armbewegungen bds., einer Bewegungseinschränkung
im rechten Ellenbogen- und Handgelenk, einer Verschmächtigung bzw. Muskel- und Kraftminderung der rechten oberen und unteren
Extremität nach Poliomyelitis, einem Ballen-Hohlfuß bds. und Bewegungseinschränkung in beiden oberen und unteren Sprunggelenken,
einer Persönlichkeit vom histrionischen Typus sowie Krampfadern an beiden Unterschenkeln - noch zumutbar in der Lage gesehen,
arbeitstäglich 6 Stunden und mehr mit den betriebsüblichen Pausen an 5 Tagen pro Woche körperlich leichte und mittelschwere
Tätigkeiten unter Berücksichtigung bestimmter qualitativer Einschränkungen auszuüben. Die Wegefähigkeit sei gegeben (Gutachten
Dr. K1 vom 13.11.2020 und Gutachten Dr. S vom 21.7.2020 und ergänzende Stellungnahme vom 15.3.2021).
Der Kläger sieht sich durch die vom Senat im Berufungsverfahren beigezogenen Befundberichte bestätigt. So belege die von seiner
behandelnden Neurologin Dr. C2 angegebene Polyneuropathie, dass es sich nicht um im Sinne hysterischer Vorstellungen gesteigerte
Schmerzzustände handele, die jede nachhaltige und gezielte Arbeit verhindere. Auch die von seiner Psychiaterin C3 diagnostizierte
Dysthymie zeige die Fehlerhaftigkeit des Gutachtens von Dr. H.
Hingegen bestünden hinsichtlich der vom Senat eingeholten Gutachten des Nervenfacharztes Dr. C4 und des Orthopäden Dr. N,
das erkennbar darauf angelegt sei, die bei ihm, dem Kläger, bestehenden orthopädischen Schäden und Behinderungen zu bagatellisieren,
grundlegende Bedenken. So sei es unzulässig, dass Dr. N die Begleitung durch seine Ehefrau bei der Untersuchung nicht zugelassen
habe. Die Bewegungsmaße seien willkürlich und aufgrund einer sehr oberflächlich erscheinenden Untersuchung angegeben. Eine
- heute sehr wichtige - Bildschirmarbeit könne er wegen seiner Schäden der rechten Hand nicht ausüben. Damit würden eine Vielzahl
von körperlich leichten Arbeitsmöglichkeiten für ihn entfallen. Mit den das gerichtliche Verfahren bestimmenden Fragen habe
sich der Sachverständige nicht auseinandergesetzt, die Beurteilung u.a. der Gehstrecke nicht durch nachprüfbare Tatsachen
belegt. Das Gutachten des Dr. C4 sei in sich widersprüchlich. Feststellungen zu einem bestimmten Beruf würden nicht getroffen
bzw. erörtert, die Fragen des Gerichts nur pauschal in Form bloßer Behauptungen beantwortet. Das Gutachten von Dr. N habe
Dr. C4 ungeprüft übernommen.
Auch gegenüber den Gutachten von Dr. S und Dr. K1 bestünden Bedenken. Letzteres sei inhaltlich nicht verwertbar und müsse
aus den Akten entfernt werden. Dr. K1 behaupte entgegen dem bisherigen Akteninhalt und ohne dies zu begründen, dass er ein
Denk- und Verhaltensmuster einer Persönlichkeit von histrionischem Typ sowie eine Tendenz zur Dramatisierung und Katastrophisierung
zeige. Die Gutachten beider Sachverständigen enthielten auch keine konkret nachprüfbaren tatsächlichen Angaben, sondern allgemeine
Behauptungen über angebliche Unvereinbarkeiten. Diese könnten aber auf einer inneren Abwehrhaltung der Sachverständigen beruhen.
Für einen Verdacht in dieser Richtung spreche auch der ungewöhnliche Umfang und die pauschale Wortwahl der Gutachter, insbesondere
bei Dr. K1. Er fühle sich von den Gutachten erschlagen. Das Gutachten der Dr. S sei auch wegen der Verwendung des Begriffs
"Compliance" unverwertbar.
Mit Schriftsatz vom 5.5.2021 hat der Kläger Dr. S wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. Die in ihrer ergänzenden Stellungnahme
vom 15.3.2021 erläuterte Bedeutung des Wortes "Compliance" erwecke den Verdacht, dass die Sachverständige damit ihre Voreingenommenheit
ihm gegenüber verschleiere. Der Senat hat den Befangenheitsantrag mit Beschluss vom 17.5.2021 abgelehnt. Dieser sei verspätet
gestellt und überdies unbegründet. Anhaltspunkte für eine Befangenheit ergäben sich nicht.
Der Kläger, der zuletzt auf alle im Verfahren gestellten Beweisanträge Bezug genommen hat, beantragt schriftsätzlich sinngemäß,
1.
das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 1.7.2016 abzuändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 16.4.2014 in
der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.1.2015 zu verurteilen, ihm ab dem 3.4.2014 Rente wegen voller Erwerbsminderung
nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren,
hilfsweise
2.
weitere Unterlagen des Dr. C zur Prüfung der somatoformen Schmerzstörung beizuziehen,
3.
seine Mutter I2 A als Zeugin zu seiner Behauptung zu vernehmen, dass er seine berufliche Tätigkeit als Bäcker 1981 aus gesundheitlichen
Gründen habe aufgeben müssen,
4.
die Sachverständigen Dr. T und Dr. C zur Erläuterung ihrer Gutachten persönlich anzuhören und ihm Gelegenheit zur Ausübung
seines Fragerechts zu geben,
5.
den Sachverständigen Dr. H zur Ergänzung und Erläuterung seines Gutachtens persönlich zu laden und ihm Gelegenheit zu geben,
diesen zu den Fragen aus der Beweisanordnung vom 19.10.2015 zu befragen,
6.
die genauen Texte der MRT-Befunde von 2014 und 2016 beizuziehen und ihm zu übersenden,
7.
die durch Dr. H bei der Begutachtung veranlassten zusätzlichen Tests und Erhebungen mit allen zugrunde liegenden Äußerungen,
Ergebnissen und Bearbeitungen beizuziehen und zur Einsichtnahme zur Verfügung zu stellen,
8.
die Zeugin C3 zu der Beweisfrage gemäß Ziffer I des Beschlusses vom 19.10.2015 in Verbindung mit Ziffer II - IV der Auskunft
vom 30.11.2016 zum Vorliegen psychischer Krankheiten bei ihm ergänzend zu hören sowie sie zu befragen, ob und wieweit durch
die Störungen auf ihrem Fachgebiet eine Minderung der Erwerbsfähigkeit verursacht werde,
9.
das Gutachten von Dr. N wegen des Ausschlusses der Ehefrau von der Untersuchung aus den Akten zu entfernen,
10.
den Sachverständigen Dr. C4 zur Ausübung des klägerischen Fragerechts gerichtlich zu hören,
11.
die Gutachten von Dr. S und Dr. K1 wegen ihrer Unverwertbarkeit aus den Akten zu entfernen,
12.
alle ihn bisher behandelnden und in diesem Rentenverfahren in Erscheinung getretenen Ärzte als sachverständige Zeugen dazu
zu vernehmen und gutachterlich zu hören, dass sie im Rahmen ihrer ärztlichen Beziehung zu ihm keine Anzeichen einer histrionischen
Persönlichkeit festgestellt hätten und ihn fachkundig nicht als eine Persönlichkeit mit derartigen Wesensmerkmalen und Zügen
beurteilten,
13.
die Sachverständigen Dr. S und Dr. K1 auf die Richtigkeit und Vollständigkeit ihrer Gutachten vom 31.7.2020 und 13.11.2020
zu beeidigen,
14.
die Revision zu zulassen.
Die Beklagte, die das erstinstanzliche Urteil für zutreffend hält und sich durch Stellungnahmen ihres ärztlichen Dienstes
vom 16.1.2017 (Dr. T3) und 8.5.2020 (Dr. Q) wie auch die Beweiserhebung im Berufungsverfahren gestützt sieht, beantragt schriftsätzlich,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Senat hat die Beteiligten mit Schreiben vom 15.9.2021 darauf hingewiesen, dass beabsichtigt sei, die Berufung gem. §
153 Abs.
4 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsakte
der Beklagten verwiesen, der Gegenstand der Beratung des Senats gewesen ist.
Gründe
Die zulässige Berufung ist nach einstimmiger Auffassung des Senats nicht begründet. Eine weitere mündliche Verhandlung hält
der Senat nicht für erforderlich. Das Rechtsmittel wird daher ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss zurückgewiesen, nachdem
die Beteiligten dazu gehört worden sind (§
153 Abs.
4 SGG).
Zulässiger Streitgegenstand des Berufungsverfahrens ist allein noch die Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung,
nachdem die Beklagte dem Kläger in Ausführung des Teilanerkenntnisurteils des SG mit Bescheid vom 8.9.2016 eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit bewilligt hat.
1. Das SG hat die diesbezügliche Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 16.4.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 22.1.2015 beschwert den Kläger nicht im Sinne von §
54 Abs.
2 S. 1
SGG, da er nicht rechtswidrig ist. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung nach
dem
SGB VI.
Gem. §
43 Abs.
2 S. 1 Nr.
1 SGB VI haben Versicherte bei Vorliegen der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen (§
43 Abs.
2 S. 1 Nr.
2 und
3 SGB VI) bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze einen Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie voll erwerbsgemindert
sind. Voll erwerbsgemindert sind - neben weiteren, hier nicht gegebenen besonderen Voraussetzungen - Versicherte, die wegen
Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes
mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§
43 Abs.
2 S. 2
SGB VI). Erwerbsgemindert ist hingegen nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs
Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§
43 Abs.
3 SGB VI).
Eine volle Erwerbsminderung hat beim Kläger zur Überzeugung des Senats weder im April 2014 (Antrag auf Rentengewährung) noch
zu einem späteren Zeitpunkt vorgelegen. Dies ergibt sich zur Überzeugung des Senats aus den Feststellungen zum Leistungsvermögen
im Erwerbsleben wie sie von den im Berufungsverfahren eingeholten Gutachten der Sachverständigen Dr. K1 und Dr. S ausführlich
und schlüssig begründet dargelegt worden sind. Die Sachverständigen haben die bei dem Kläger bestehenden einzelnen Einschränkungen
nach sorgfältiger Anamnese und eingehender Untersuchung bzw. Befunderhebung sowie unter vollständiger Würdigung des Sachverhalts
und des klägerischen Beschwerdevortrags nachvollziehbar festgestellt und hieraus überzeugend sowie widerspruchsfrei das bestehende
Leistungsvermögen abgeleitet.
Der Kläger unterliegt danach aufgrund der bei ihm diagnostizierten Gesundheitsstörungen insbesondere im Bereich der Wirbelsäule,
der Schulter, der Arme, des rechten Ellenbogen- und Handgelenks, der rechten oberen und unteren Extremität nach Poliomyelitis,
der Füße beidseits, der oberen und unteren Sprunggelenke sowie der Unterschenkel verschiedenen qualitativen Einschränkungen.
Dies gilt aufgrund der Wirbelsäulenbeschwerden und der festgestellten Muskelschwächen für Überkopf- und Überschulterarbeiten
und für Arbeiten mit häufigem Bücken, Knien oder Hocken, insbesondere in Zwangshaltung. Die Körperhaltung sollte eine Wechselbelastung
im Gehen, Stehen und Sitzen ermöglichen. Mittelschwere Lasten (bis 15 kg) können mit einer gewissen Regelmäßigkeit ohne Gefährdung
der Gesundheit gehoben und getragen werden, schwere Lasten aus präventiven Gründen nur kurzfristig. Im Hinblick auf die Einschränkungen
an beiden Sprunggelenken und Füßen können keine Tätigkeiten ausgeübt werden, bei denen das Körpergewicht auf Dauer nur von
einem Bein getragen wird; Arbeiten mit Standunsicherheiten oder in unebenem Gelände sowie mit Absturzgefahr (Arbeiten auf
Leitern und Gerüsten) sollten nicht ausgeübt werden. Hingegen bestehen keine Einschränkungen für das Treppensteigen. Bei handmotorischen
Normalbefunden und dem in der Begutachtung beobachteten Funktionsniveau einer guten Auge-Hand-Koordination bestehen diesbezügliche
qualitative Leistungseinschränkungen lediglich für Arbeiten im Stückakkord, die den beidhändigen Einsatz erfordern. Besondere
Anforderungen aufgrund von Witterungs- und anderen Umwelteinflüssen sind nach den erhobenen und aktenkundigen orthopädischen,
neurologischen und allgemeinklinischen Befunde nicht erforderlich. Ebenso wenig bestehen qualitative Leistungseinschränkungen
bezüglich Wechselschicht, Nachtschicht, Zeitdruck oder Publikumsverkehr. Geistig anspruchsvolle Aufgaben, die seinem Bildungsniveau
entsprechen, kann der Kläger bei u.a. unbeeinträchtigtem Konzentrationsniveau und Aufmerksamkeitsleistung eigenverantwortlich
ausführen. Aufgrund einer Beeinträchtigung des stereoskopischen (räumlichen) Sehens kommen allein Arbeiten mit diesbezüglichen
besonderen Anforderungen nicht in Betracht. Arbeiten mit durchschnittlichen Anforderungen an das Sehvermögen können hingegen
verrichtet werden. Leistungseinschränkungen in Bezug auf Bildschirmarbeit oder die umgangssprachliche Verständigung liegen
nicht vor.
Der Kläger kann unter Berücksichtigung der Leistungseinschränkungen viermal täglich Fußwege von geringfügig mehr als 500 m
zurücklegen, dies in einer Zeit von 15 bis maximal 20 Minuten ohne unzumutbare Schmerzen oder Gefährdung der Gesundheit. Aus
medizinischen Gründen bestehen keine Einschränkungen für die Benutzung eines PKW oder für öffentliche Verkehrsmittel.
In quantitativer Hinsicht war und ist der Kläger nach den überzeugenden Ausführungen der Sachverständigen Dr. K1 und Dr. S
in der Lage, noch körperlich leichte bis mittelschwere Tätigkeiten täglich mindestens sechs Stunden an fünf Tagen pro Woche
zu verrichten.
Unter Würdigung des sich hieraus darstellenden Gesamtbildes eines zwar qualitativen Anforderungen unterliegenden, jedoch quantitativ
hinreichenden (Rest-)Leistungsvermögens im Sinn des §
43 Abs.
2 SGB VI ist grundsätzlich davon auszugehen, dass der Kläger auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unter dessen üblichen Bedingungen noch
erwerbstätig sein kann. Einem Versicherten ist es mit diesem Leistungsvermögen in der Regel noch möglich, diejenigen Verrichtungen
auszuführen, die in meist ungelernten Tätigkeiten in der Regel gefordert werden wie z.B. Bedienen von Maschinen, das Zureichen,
Abnehmen, Transportieren, Reinigen, Kleben, Sortieren, Verpacken, Zusammensetzen von Teilen (vgl. z.B. BSG Urt. v. 11.12.2019 - B 13 R 7/18 R - juris Rn. 32 m.w.N.; Urt. v. 19.10.2011 - B 13 R 78/09 R - juris Rn. 31, 36). Dass der Kläger entsprechende Tätigkeitsfelder noch ausüben kann, haben die Sachverständigen Dr. K1
und Dr. Rohden zudem auch ausdrücklich bestätigt, so dass ernste Zweifel an seiner Einsatzfähigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt
als Folge der genannten qualitativen Leistungseinschränkungen nicht bestehen (vgl. z.B. BSG Urt. v. 11.12.2019 - B 13 R 7/18 R - juris Rn. 32; Urt. v. 9.5.2012 - B 5 R 68/11 R - juris Rn. 25; Urt. v. 19.10.2011 - B 13 R 78/09 R - juris Rn. 36). Fehlte es an derartigen Zweifeln, bedurfte es der Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit zum Ausschluss
eines Anspruchs auf Rente wegen voller Erwerbsminderung - entgegen der Auffassung des Klägers - nicht (vgl. z.B. BSG Urt. v. 11.12.2019 - B 13 R 7/18 R - juris Rn. ; Urt. v. 9.5.2012 - B 5 R 68/11 R - juris Rn. 27; Urt. v. 19.10.2011 - B 13 R 78/09 R - juris Rn. 37 m.w.N.). Ohne Relevanz ist in diesem Zusammenhang auch, ob der Kläger eine konkrete Arbeitsstelle tatsächlich
findet (vgl. z.B. BSG Urt. v. 19.10.2011 - B 13 R 78/09 R - juris Rn. 26).
Konkrete Einwände zu den Feststellungen der Sachverständigen Dr. K1 und Dr. S hinsichtlich seines Leistungsvermögens hat der
Kläger nicht erhoben. Allein die Behauptung, die Gutachten seien inhaltlich nicht verwertbar, vermag keine Zweifel an deren
Richtigkeit zu begründen.
Soweit der Kläger geltend macht, die Gutachten enthielten keine konkret überprüfbaren tatsächlichen Angaben, ist dies in keiner
Weise nachvollziehbar. Vielmehr hat Dr. S u.a. die Ergebnisse ihrer Befragung und Untersuchung detailliert und mit Fotos versehen
auf über 30 Seiten und deren Beurteilung im Einzelnen auf mehr als 20 weiteren Seiten dargelegt. Bei Dr. K1 umfassen die eigenen
Erhebungen von zwei Begutachtungstagen sowie deren Bewertung über 150 Seiten und die anschließende Beantwortung der Beweisfragen
mit weiteren Erläuterungen noch einmal über 30 Seiten. Die Angaben des Klägers werden dabei von der Sachverständigen in höchstem
Maß genau aufgeführt, mit zusätzlichen detaillierten Beobachtungen ergänzt sowie in allen Nuancen äußerst eingehend betrachtet
und abgewogen.
Auch die Kritik des Klägers, Dr. K1 behaupte entgegen dem bisherigen Akteninhalt und ohne dies zu begründen, dass er ein Denk-
und Verhaltensmuster einer Persönlichkeit von histrionischem Typ sowie eine Tendenz zur Dramatisierung und Katastrophisierung
zeige, vermag die Leistungsbeurteilung der Sachverständigen nicht in Frage zu stellen. Dies gilt schon deshalb, weil es bei
der Prüfung der Erwerbsminderung nicht entscheidend auf genannte Diagnosen, sondern vielmehr auf die Beeinflussung des Leistungsvermögens
durch dauerhafte Gesundheitsstörungen ankommt (vgl. z.B. BSG Beschl. v. 9.9.2019 - B 5 R 21/19 B - juris Rn. 6 m.w.N.; Freudenberg, in: jurisPK-
SGB VI, §
43 Rn. 63; Gürtner in: Kasseler Kommentar,
SGB VI, §
43 Rn. 21). Darüber hinaus kann eine behauptete Leistungsminderung aber auch schon grundsätzlich nur mit festgestellten Diagnosen
und Leistungseinschränkungen, nicht aber mit deren Nichtbestehen begründet werden.
Schließlich sind Anhaltspunkte dafür, dass die Gutachtenerstellung der Sachverständigen von einer inneren Abwehrhaltung gegenüber
dem Kläger getragen gewesen sein könnten, wie er dies meint, in keiner Weise ersichtlich. Entsprechend ist auch sein - gegenüber
der Sachverständigen Dr. S gestellter Ablehnungsantrag - mit Beschluss des Senats vom 17.5.2021 u.a. als unbegründet abgelehnt
worden. Soweit der Kläger die Auffassung vertritt, der Umfang des Gutachtens von Dr. K1 lasse auf die von ihm vermutete Abwehrhaltung
schließen, ist das Gegenteil der Fall. Gerade die in höchstem Maß akribische und entsprechend umfangreiche Darstellung zeigt
das intensive Bemühen der Sachverständigen darum, die Einschränkungen des Klägers und deren Auswirkungen auf seine Leistungsfähigkeit
im allgemeinen Erwerbsleben besonders genau zu erfassen und einer alle individuellen Gegebenheiten berücksichtigenden, sachgerechten
Beurteilung zuzuführen.
Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass die von den Sachverständigen Dr. K1 und Dr. S festgestellte Leistungsfähigkeit
des Klägers für zumindest leichte Tätigkeiten - ausnahmslos - auch von sämtlichen übrigen im Verwaltungs- und Gerichtsverfahren
beauftragten Sachverständigen (Dr. T, Dr. C, Hrn. M1, Dr. H, Dr. N und Dr. C4) angenommen worden ist. Ebenso haben der für
die BA tätige Sachverständige Dr. E und schließlich auch die den Kläger behandelnden Ärzte Dr. K, Dr. C2 und Frau C3 ein entsprechend
hinreichend positives Leistungsbild beschrieben. Gleiches gilt für die von der Beklagten eingeholten ärztlichen Stellungnahmen.
Hingegen liegen in der gesamten Akte keinerlei ärztliche Äußerungen vor, die die klägerische Annahme einer vollen Erwerbsminderung
bestätigen.
Soweit der Kläger sich in seinem Begehren durch einzelne Befunde seiner behandelnden Ärztinnen Dr. C2 und Fr. C3 bestätigt
sieht, verkennt er das Erfordernis einer umfassenden Zusammenschau und lässt außer Acht, dass gerade auch diese Ärztinnen
eine relevante Einschränkung der Leistungsfähigkeit nicht haben feststellen können.
Auch seine Einwände gegen die Gutachten von Dr. N und Dr. C4 vermögen nicht zu einem anderen Ergebnis zu führen. Dies gilt
schon deshalb, weil bereits die - wie dargelegt - ausführlichen und schlüssigen Gutachten der Sachverständigen Dr. K1 und
Dr. S die Überzeugung des Senats zur rentenrechtlich relevanten Leistungsfähigkeit des Klägers vollumfänglich zu bilden vermögen.
Beiden Ärztinnen sind die Gutachten von Dr. N und Dr. C4 im Rahmen der Beweisanordnungen nicht mitübersandt worden, so dass
sich ihre Beurteilungen (allein) auf die Grundlage des übrigen Akteninhalts sowie ihrer eigenen Untersuchungen, Anamnesen
und Beobachtungen stützen.
Weitere Ermittlungen von Amts wegen waren auf der Grundlage der bereits erfolgten Beweisaufnahme nicht notwendig. Der medizinische
Sachverhalt ist hinreichend aufgeklärt. Liegen mehrere Gutachten vor, ist das Tatsachengericht nur dann zu weiteren Beweiserhebungen
verpflichtet, wenn die vorhandenen Gutachten im Sinne von §
118 Abs.
1 S. 1
SGG i.V.m. §
412 Abs.
1 der
Zivilprozessordnung (
ZPO) ungenügend sind, weil sie grobe Mängel oder unlösbare Widersprüche enthalten, von unzutreffenden sachlichen Voraussetzungen
ausgehen oder Anlass zu Zweifeln an der Sachkunde des Gutachters geben (vgl. BSG Beschl. v. 27.1.2021 - B 13 R 123/20 B - juris Rn. 7). Dafür ist vorliegend nichts ersichtlich und hinsichtlich der Gutachten von Dr. K1 und Dr. S vom Kläger
auch nichts Substanzielles vorgetragen worden.
2. Den hilfsweisen Anträgen des Klägers war nicht nachzukommen.
a. Dem Antrag auf Beiziehung weiterer Unterlagen des Dr. C (Antrag zu Ziff. 2) hat bereits das SG im dortigen Verfahren entsprochen. Der Sachverständige hat - wie dem Kläger mitgeteilt worden ist - telefonisch darauf hingewiesen,
über keine weiteren als die übersandten Unterlagen mehr zu verfügen.
b. Eine Vernehmung der Mutter des Klägers als Zeugin zur Behauptung, er habe seine berufliche Tätigkeit als Bäcker aus gesundheitlichen
Gründen aufgegeben (Antrag zu Ziff. 3), ist entbehrlich, da dieser Umstand im streitgegenständlichen Verfahren auf Gewährung
einer Rente wegen voller Erwerbsminderung ohne Relevanz bleibt.
c. Den Anträgen des Klägers auf persönliche Anhörung der Sachverständigen Dr. T, Dr. C, Dr. H und Dr. C4 zur Erläuterung ihrer
Gutachten (Anträge zu Ziff. 4, 5 und 10) ist bereits vor dem Hintergrund nicht nachzukommen, dass der Senat seine Beurteilung
vorrangig und maßgeblich auf die von den Sachverständigen Dr. K1 und Dr. S eingeholten Gutachten stützt.
d. Gleiches gilt für den Antrag auf Beiziehung zusätzlicher Unterlagen von Dr. H (Antrag zu Ziff. 7).
Die vom Kläger begehrten Tests und Erhebungen sind im Übrigen - wie §
407a Abs.
5 ZPO zeigt - nicht Gegenstand des schriftlichen Gutachtens von Dr. H und damit nicht automatisch Gegenstand der Gerichtsakte.
Vielmehr hat der Sachverständige diese erst auf Verlangen des Gerichts vorzulegen. Eine Beiziehung durch den Senat ist hier
nicht veranlasst. Es ist weder dargelegt noch sonst ersichtlich, inwiefern es entscheidungserheblich auf diese Unterlagen
ankommen könnte (vgl. zur Voraussetzung der Entscheidungserheblichkeit BSG Beschl. v. 15.5.2019 - B 9 V 49/18 B - juris Rn. 10).
e. Soweit der Kläger - noch im erstinstanzlichen Verfahren - beantragt hat, genaue Texte von MRT-Befunden beizuziehen (Antrag
zu Ziff. 6), ist dem im Berufungsverfahren durch die Anforderung sämtlicher Befunde aller vom Kläger hier angegebenen radiologischen
Praxen Rechnung getragen worden.
f. Auch dem Antrag des Klägers auf Entfernung der Gutachten von Dr. N, Dr. S und Dr. K1 aus der Akte (Anträge zu Ziff. 9 und
11) war nicht stattzugeben. Eine Rechtsgrundlage hierfür ist nicht einmal ansatzweise vom Kläger benannt worden und auch sonst
nicht ersichtlich.
Soweit der Kläger (allein) die (inhaltliche) Verwertbarkeit der Gutachten rügt, begründet dies einen Anspruch auf deren Entfernung
nicht. Vielmehr obliegt es dem erkennenden Gericht bei seiner Beurteilung nach Abschluss der Beweisaufnahme zu prüfen, inwieweit
einzelne Gutachten im Rahmen der durchzuführenden Beweiswürdigung trotz geltend gemachter inhaltlicher Mängel herangezogen
werden können (vgl. z.B. BSG Beschl. v. 29. 5.2015 - B 13 R 129/15 B - juris Rn. 14; Freudenberg in: juris-PK §
43 SGB VI Rn. 138). Ergänzend wird in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass einem Kläger im sozialgerichtlichen Verfahren stets
gemäß §
109 SGG die Möglichkeit offensteht, die gutachterliche Anhörung eines von ihm ausgewählten Arztes zu erreichen. Damit sind seine
Rechte, eine aus seiner Sicht richtige Einschätzung seiner Gesundheitssituation zu erreichen, hinreichend gewahrt. Einer Entfernung
medizinischer Gutachten mit anderen Ergebnissen bedarf es hierzu nicht (vgl. LSG Berlin Urt. v. 3.9.1997 - L 9 Kr 99/95 -
juris Rn. 25).
Soweit der Kläger die Auffassung vertritt, das Gutachten des Dr. N sei als unzulässig aus der Akte zu entfernen, weil der
Sachverständige die Anwesenheit der Ehefrau bei der Untersuchung nicht gestattet habe, ist dies im Übrigen nicht zutreffend.
Da in sozialgerichtlichen Verfahren kein Zwang besteht, sich einer Begutachtung zu unterziehen, stand es dem Kläger frei,
die Begutachtung ohne seine Ehefrau abzulehnen. Sodann hätte der Senat über die Folgen der Weigerung zu befinden gehabt (vgl.
z.B. BayLSG Beschl. v. 20.11.2013 - L 2 SF 155/12 B - juris Rn. 13). Darüberhinaus verkennt der Kläger, dass ein uneingeschränktes Recht auf Anwesenheit von Dritten bei der
medizinischen Begutachtung nicht besteht (vgl. z.B. LSG Niedersachen-Bremen Urt. v. 11.12.2019 - L 13 SB 4/19 - juris Rn. 31 m.w.N.). Vielmehr hat ein Sachverständiger nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden, ob er dem Wunsch auf
Begleitung zustimmt (vgl. z.B. BayLSG, Beschl. v. 20.11.2013 - L 2 SF 155/12 B - juris Rn. 15; Mushoff, in: jurisPK-
SGG, §
103 Rn. 119 m.w.N.). Hält er es für erforderlich, die Untersuchung in Abwesenheit dritter Personen vorzunehmen, bewegt er sich
vorbehaltlich besonderer Umstände im Bereich seiner Fachkompetenz (vgl. z.B. LSG Niedersachen-Bremen, Urt. v. 11.12.2019 -
L 13 SB 4/19 - juris Rn. 34 m.w.N.). Gründe, die im hiesigen Verfahren für eine ermessensfehlerhafte Entscheidung des Sachverständigen
sprechen, sind nicht ersichtlich. Eine ggf. erforderliche körperliche Hilfe konnte durch den Sachverständigen geleistet werden.
Die Notwendigkeit psychischer Unterstützung ist nicht erkennbar geworden. Konkrete, bei der Begutachtung aufgetretene Erinnerungslücken
hat der Kläger nicht vorgetragen. Darüber hinaus bestand auch nach der persönlichen Untersuchung die jederzeitige Möglichkeit,
vergessene Informationen nachzureichen.
g. Soweit der Kläger im Januar 2017 beantragt hat, die sachverständige Zeugin C3 zum Vorliegen psychischer Krankheiten bei
ihm ergänzend zu hören sowie sie zu befragen, ob und wieweit durch die Störungen auf ihrem Fachgebiet eine Minderung der Erwerbsfähigkeit
verursacht wird (Antrag zu Ziff. 8), ist der Senat dem bereits nachgekommen. So ist von dieser Ärztin nachfolgend zum Befundbericht
vom 30.11.2016 noch einmal im März 2020 eine weitere schriftliche Beurteilung eingeholt worden.
h. Auch der Antrag des Klägers, sämtliche im Verfahren in Erscheinung getretenen Ärzte dazu zu vernehmen, dass sie im Rahmen
ihrer ärztlichen Beziehung zu ihm keine Anzeichen einer histrionischen Persönlichkeit festgestellt hätten und ihn fachkundig
nicht als eine Persönlichkeit mit derartigen Wesensmerkmalen und Zügen beurteilen würden (Antrag zu Ziff. 12), bleibt ohne
Erfolg. Dies gilt schon deshalb, weil es bei der Prüfung der Erwerbsminderung - wie bereits dargelegt - nicht entscheidend
auf die genannten Diagnosen, sondern vielmehr auf das vorhandene Restleistungsvermögen ankommt. Allein die Feststellung des
Bestehens oder Nichtbestehens bestimmter Diagnosen stellt damit keinen geeigneten Beweisantrag dar. Darüber hinaus ist der
Antrag auch deshalb abzulehnen, weil sich das auf Gewährung einer Erwerbsminderungsrente gerichtete Begehren des Klägers hierdurch
nicht untermauern lässt. Das - von ihm gewünschte - Entfallen der medizinischen Diagnose einer Persönlichkeit vom histrionischen
Typ, könnte den Umfang einer etwaigen Leistungsminderung naturgemäß nicht vergrößern. Nur dann aber, wenn die mit dem Beweisantrag
aufgeworfene Frage als erheblich anzusehen ist - d.h. hier zur Feststellung weiterer Leistungseinschränkungen führen könnte
- wäre diesem nachzugehen (vgl. z.B. BSG Beschl. v. 15.6.2021 - B 5 R 52/21 B - juris Rn. 9 f.; Urt. v. 08.09.2010 - B 11 AL 4/09 R - juris Rn. 17). Lediglich ergänzend wird darauf hingewiesen, dass eine wesentliche Divergenz zwischen dem durch Dr. K1 festgestellten
Leistungsvermögen und den Angaben der behandelnden Ärzte nicht besteht.
i. Eine Beeidigung der Sachverständigen Dr. S und Dr. K1 (Antrag zu Ziff. 13) sieht der Senat nicht als erforderlich an. Gemäß
§
118 Abs.
2 SGG werden Zeugen und Sachverständige nur beeidigt, wenn das Gericht dies im Hinblick auf die Bedeutung des Zeugnisses oder Gutachtens
für die Entscheidung des Rechtsstreits für notwendig erachtet. Die Entscheidung über die Vereidigung steht im pflichtgemäßen
Ermessen des Gerichts (vgl. z.B. BSG Beschl. v. 18.8.2015 - B 13 R 241/15 B - juris Rn. 7 m.w.N.; Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt,
SGG, 13. Aufl. 2020, §
118 Rn. 10h). Eine Notwendigkeit, Sachverständige allein deshalb zu beeidigen, weil das Gericht deren Aussagen für bedeutsam
hält, besteht nicht (vgl. BSG, Beschl. v. 4.11.1999 - B 9 VJ 4/98 - juris Rn. 12 m.w.N.). Sonstige Gründe, aus denen sich eine Notwendigkeit für eine Vereidigung
ergeben würden (vgl. BAG Beschl. v. 26.01.2017 - 8 AZN 872/16 - juris Rn. 22), sind weder ersichtlich noch vom Kläger vorgetragen worden. Der Senat hat daher im Rahmen seines Ermessens
von einer Beeidigung abgesehen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
183 S. 1 i.V.m. §
193 Abs.
1 S. 1
SGG.
Gründe, die Revision gemäß §
160 Abs.
2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.