Vergütung stationärer Krankenhausbehandlungen in der gesetzlichen Krankenversicherung
Erlöschen des Anspruchs des Krankenhausträgers nach Ablauf der 4-wöchigen Frist zur Vorlage der zur Prüfung der Rechnung vom
Medizinischen Dienst der Krankenversicherung benötigten und angeforderten Unterlagen
Unrechtmäßigkeit der Vereinbarung einer materiell-rechtlichen Ausschlussfrist in der Prüfverfahrensvereinbarung
Tatbestand
Streitig ist die Vergütung einer stationären Behandlung.
Die Klägerin betreibt das nach §
108 SGB V zugelassene St. W-Hospital in L. Der bei der beklagten Krankenkasse (Beklagte) gesetzlich krankenversicherte und dialysepflichtige
Q G (Versicherter), geboren am 00.00.1955, wurde dort in der Zeit vom 02.03.2016 bis zum 15.03.2016 stationär wegen u.a. eines
Diabetischen Fußsyndroms rechts mit Wundheilungsstörungen, eines Diabetes Mellitus Typ 2 und einer peripheren arteriellen
Verschlusskrankheit rechts behandelt. Im Zeitraum vom 23.03.2016 bis zum 06.04.2016 wurde der Versicherte - entsprechend der
Planung im zuvor erfolgten stationären Aufenthalt - erneut stationär zum Zwecke einer Bypassoperation behandelt.
Für die stationären Behandlungen rechnete die Klägerin (im Rahmen einer Fallzusammenführung) unter Ansetzung der DRG F08B
einen Gesamtbetrag von 17.049,64 € ab (Rechnung vom 18.04.2016, bei der Beklagten eingegangen am 19.04.2016). Die Beklagte
erstattete den Betrag zunächst in voller Höhe und beauftragte sodann am 21.04.2016 den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung
(MDK) mit der Überprüfung der Abrechnung (Fragestellung dort: "Ist die DRG korrekt") und zeigte gegenüber der Klägerin mit
Schreiben vom 20.04.2016 eine Vollprüfung der Abrechnung an.
Der MDK wandte sich mit Schreiben vom 22.04.2016 unter Hinweis auf die "Benachrichtigungspflicht gemäß §
275 Abs.
1c SGB V" an das Krankenhaus, teilte das Vorliegen eines Prüfauftrags mit der Fragestellung: "Ist die DRG korrekt?" mit und erbat
unter Angabe des Aufnahmedatums 02.03.2016 und des Entlassungsdatums 06.04.2016 die Übersendung der folgenden Unterlagen bis
zum 26.05.2016:
- ärztliche Dokumentation (inkl. Verlauf, Anordnungen, Med. Verordnungsblatt),
- OP-Bericht(e)/Eingriffsprotokoll(e)/OPS Nachweise (inkl. Komplexbehandlung),
- endgültige(r) Krankenhausentlassungsbericht(e),
- Laborbericht(e) (u.a. Kumulativbefund),
- Fieberkurve(n) (u.a. Vitalparameter),
- Pflegeverlaufsdokumentation.
("Ggf. bitten wir um Zusendung weiterer Unterlagen, die aus Ihrer Sicht für die Begutachtung relevant sein können").
Mit gutachtIicher Stellungnahme vom 10.06.2016 führte der MDK u.a. aus, als Beurteilungsgrundlage seien die Behandlungsunterlagen
(eingegangen am 25.05.2016) für den Zeitraum vom 02.03.2016 bis zum 15.03.2016 vorhanden gewesen. Der OPS 5-539.61 sowie eine
Eisenmangelanämie könnten nicht nachvollzogen werden. Die DRG ändere sich daher von F08B zu F13A.
Daraufhin machte die Beklagte gegenüber der Klägerin mit Schreiben vom 15.06.2016 erfolglos einen Erstattungsanspruch i. H.
v. 3.938,29 € geltend. Am 25.07.2016 erklärte die Beklagte unter Verweis auf ein von ihrem Finanzbereich übermitteltes Sammelavis
und darin aufgeführte (unstreitigen) Vergütungsansprüche der Klägerin die Aufrechnung.
Mit Schreiben vom 20.09.2016 widersprach die Klägerin der Ansicht des MDK. Diesem hätten die Unterlagen fristgerecht vorgelegen.
Es sei eine Fallzusammenführung erfolgt, welche der Gutachter gewiss unabsichtlich übersehen habe.
Die Klägerin hat sodann am 04.10.2016 Klage beim Sozialgericht Köln erhoben. Ein Erstattungsanspruch aus dem Behandlungsfall
des Versicherten bestehe nicht. Die Beklagte hätte Rücksprache mit dem Krankenhaus führen und ggf. Unterlagen nachfordern
müssen, weil ihr und dem MDK bekannt gewesen sei, dass es sich um zwei stationäre Aufenthalte gehandelt habe. Es könne sein,
dass nur Unterlagen zu dem ersten Behandlungsfall übersandt worden seien. In der Prüfanzeige sei nur das Aufnahmedatum 02.03.2016
genannt. Aus § 7 Abs. 4 der mit Wirkung zum 01.09.2014 in Kraft getretenen Prüfverfahrensvereinbarung (PrüfvV 2014) ergebe
sich zudem die Verpflichtung zu einem persönlichen fachlichen Austausch zwischen Krankenhaus und MDK, der mithin vor negativen
Entscheidungen Rückfragen beim Krankenhaus stellen müsse. § 7 Abs. 2 Satz 4 PrüfvV 2014 konstituiere keine Ausschlussfrist.
Dafür fehle es angesichts Art.
14 GG, dessen Schutzbereich der Vergütungsanspruch des Krankenhauses unterfalle, jedoch an einer gesetzlichen Grundlage. Im Übrigen
wäre eine solche Regelung auch nicht mit Art.
20 Abs.
3 und 19 Abs.
4 GG vereinbar, weil sonst die behördliche Entscheidung des MDK-Arztes, der ohnehin wie die Beklagte zur Ermittlung von Amts wegen
verpflichtet sei, nicht gerichtlich überprüfbar wäre. Auch §
242 BGB stehe vorliegend einem Anspruch der Beklagten entgegen. Ohnehin habe das Krankenhaus die Frist aus § 7 Abs. 2 Satz 3 PrüfvV
2014 eingehalten. Eine ordnungsgemäße Prüfung durch den MDK sei zweifelhaft. Dessen Mitarbeiterin K T sei keine Ärztin. Dieses
Fehlverhalten sei der Beklagten zuzurechnen.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 3.938,29 € nebst 2 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 26.07.2016 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat behauptet, den MDK mit einer Vollprüfung des Falls beauftragt zu haben. Die Prüfung des Behandlungsfalls sei mangels
vollständiger Unterlagen dem MDK nicht möglich gewesen. § 7 Abs. 2 Abs. 4 PrüfvV 2014 sehe eine Ausschlussfrist vor. Durch
vollständige Übersendung der Unterlagen wäre der gesamte Rechtsstreit vermeidbar gewesen. Das Krankenhaus treffe nach der
Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ohnehin die Verpflichtung, zutreffende und vollständige Angaben zu machen. Die Entscheidung
des Krankenhauses, nicht sämtliche Unterlagen vorzulegen, sei riskant und folgenschwer gewesen. Außerdem habe die Prüfung
des MDK die Streichung der Nebendiagnose E61.1 ergeben. Abzurechnen sei nach der DRG F13A. Darüber hinaus habe die Klägerin
die unzutreffende Forderung eingeklagt, da sich die vorliegende Klage nicht auf die Behandlung des Versicherten beziehen dürfte,
sondern allein auf die Forderung, mit der die Beklagte im Rahmen des Zahlungsavis aufgerechnet habe.
Nach Hinweis des Sozialgerichts auf die Regelung in § 9 PrüfvV 2014 und der dazu geäußerten Auffassung, dass aus dem Zahlungsavis
nicht ersichtlich sei, mit welcher konkreten Forderung aufgerechnet worden sei, was zur Unzulässigkeit der erfolgten Verrechnung
führe, hat die Beklagte hilfsweise widerklagend beantragt,
die Klägerin zu verurteilen, an sie 3.938,29 € zuzüglich Zinsen i. H. v. 2 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit
zu zahlen.
Die Klägerin hat beantragt,
die Widerklage abzuweisen.
Sie hat die erhobene Widerklage bereits für unzulässig gehalten.
Das Sozialgericht hat sodann Beweis erhoben durch Einholung eines Sachverständigengutachtens durch Prof. Dr. B, Leiter der
Sektion der Gefäßchirurgie der Kliniken der Stadt L. Der Sachverständige hat die medizinischen Voraussetzungen für die erfolgte
Kodierung bestätigt. Dies ergebe sich aus den Unterlagen und den bei dem Versicherten vorliegenden Befunden. Wegen der Einzelheiten
wird auf das Sachverständigengutachten vom 14.03.2018 Bezug genommen.
Mit Urteil vom 28.09.2018 hat das Sozialgericht die Beklagte entsprechend dem Hauptantrag verurteilt und deren Widerklage
abgewiesen. Die Klage, gerichtet auf die Zahlung eines Betrages von 3.938,29 €, sei schon deshalb begründet, weil die Beklagte
die Aufrechnung nicht wirksam erklärt habe. Entgegen der Auffassung der Beklagten sei die Zahlungsklage hinreichend bestimmt.
Hinsichtlich der Aufrechnung seien die Voraussetzungen des § 9 PrüfvV 2014 nicht erfüllt. Soweit man diese Vorschrift nicht
für anwendbar hielte, stünde der Aufrechnung der Beklagten das in § 15 Absatz 4 Satz 2 des nordrhein-westfälischen Sicherstellungsvertrags
gemäß §
112 Absatz
2 Satz 1 Nr.
2 SGB V (im Folgenden: Landesvertrag) geregelte Aufrechnungsverbot entgegen. Das Schreiben der Beklagten vom 25.07.2016 benenne weder
den Leistungsanspruch des Krankenhauses noch den Erstattungsanspruch der Krankenkasse genau. Auch in der Zusammenschau mit
dem eingereichten Zahlungsavis ergebe sich etwas anderes nicht. Darin komme zwar durch den Abzug des als "Verrechnungsbetrag"
bezeichneten Erstattungsbetrages von unstreitigen Vergütungsansprüchen der Klägerin der Aufrechnungswille der Beklagten zum
Ausdruck. Jedoch sei die Aufrechnungserklärung nicht hinreichend bestimmt im Sinne des § 9 Satz 2 PrüfvV 2014. Dem Zahlungsavis
könne nicht entnommen werden, gegen welche der dort aufgeführten Forderungen der Klägerin "genau" die Beklagte mit ihrem Erstattungsanspruch
aufgerechnet habe. Folge des Verstoßes gegen diese erhöhten Bestimmtheitsanforderungen sei, dass eine Aufrechnungserklärung,
die den Anforderungen des § 9 Satz 2 PrüfvV 2014 nicht genüge, wegen Verstoßes gegen das sich aus dieser Vorschrift ergebende
Bestimmtheitsgebot unwirksam sei. Für eine entsprechende Anwendung des §
366 Abs.
2 BGB (Verweis auf BSG, Urteil vom 25.10.2016 - B 1 KR 7/16 R) verbleibe vor dem Hintergrund des sich in den erhöhten Bestimmtheitsanforderungen des § 9 Satz 2 PrüfvV 2014 manifestierenden
Beteiligtenwillens kein Raum. Sofern eine Anwendbarkeit der PrüfvV 2014 in Hinblick auf eine etwaige von der Beklagten vorgenommene
Prüfung der sachlich-rechnerischen Richtigkeit auch für die Zeit ab dem 01.01.2016 nicht angenommen würde, wäre die Verrechnung
ebenfalls unzulässig. Denn in diesem Fall stünde der vorgenommenen Verrechnung das in § 15 Abs. 4 Satz 2 des Landesvertrages vereinbarte Verrechnungsverbot entgegen. Die nach §
100 SGG zulässige (hilfsweise) erhobene Widerklage für den Fall des Unterliegens sei ebenfalls unbegründet. Die Beklagte habe keinen
öffentlich-rechtlichen Anspruch auf Erstattung überzahlter Vergütungen für die hier streitige Krankenhausbehandlung. Das Krankenhaus
habe die Vergütung nicht ohne Rechtsgrund erhalten, sondern zu Recht die DRG F08B zur Abrechnung gebracht. Dies ergebe sich
aus den insofern überzeugenden und für die Kammer nachvollziehbaren Ausführungen im Sachverständigengutachten, denen die Beklagte
inhaltlich auch nicht entgegengetreten sei. Die Anwendbarkeit der PrüfvV unterstellt folge im vorliegenden Einzelfall aus
der Regelung des § 7 Abs. 2 Satz 4 PrüfvV 2014 zur Überzeugung der Kammer keine Beschränkung des Anspruchs auf den unstrittigen
Rechnungsbetrag. Zwar sei insofern eine Ausschlussfrist geregelt. Da jedoch - unstreitig - der Teil der angeforderten Unterlagen
bezüglich des Behandlungszeitraums vom 02.03.2016 bis zum 16.03.2016 übersandt worden sei, widerspreche es aber insbesondere
dem Grundsatz von Treu und Glauben, wenn auf das offenkundige Fehlen von weiteren Unterlagen in keiner Weise hingewiesen werde
und sodann das Berufen auf die (etwaige) Ausschlussfrist des § 7 PrüfvV 2014 erfolge. In diesem Zusammenhang werde auch auf
die Regelung in § 1 PrüfvV 2014 verwiesen. Aus den darin aufgestellten Grundsätzen folge nach Überzeugung der Kammer zumindest
eine - hier unterbliebene - Verpflichtung des MDK bzw. der Krankenkasse, auf das nach Auffassung des MDK (offenkundige) Fehlen
von Unterlagen im Rahmen der Prüfung hinzuweisen.
Gegen das der Beklagten am 11.10.2016 zugestellte Urteil richtet sich deren Berufung vom 05.11.2016. § 7 Abs. 2 Satz 3 und
4 PrüfvV 2014 finde ab dem 01.01.2016 auch auf sachlich-rechnerische Prüfungen Anwendung. Es werde eine Grundsatzentscheidung
zur Auslegung von § 7 Abs. 2 PrüvV 2014 (in der bis zum 31.12.2016 geltenden Fassung) begehrt, auch wenn diese außer Kraft
sei. Der Regelungszweck werde verfehlt, nehme man keine Ausschlussfrist an. Selbst wenn man ein Fehlverhalten des MDK sähe,
wäre dies ihr nicht zurechenbar.
Die Beteiligten haben in der mündlichen Verhandlung vom 10.12.2020 übereinstimmend erklärt:
"Die ältesten Forderungen der Klägerin aus dem Sammel-Avis vom 25.07.2016 in der hier streitigen Höhe betrafen sämtlich Behandlungsfälle
aus dem Jahr 2016. Zwischen den Beteiligten ist des Weiteren unstreitig, dass die Abrechnung des hier streitigen Behandlungsfalles
zutreffend war und die entsprechenden Kosten von der Klägerin geltend gemacht werden könnten, sofern sie mit ihrer Forderung
nicht aufgrund der Bestimmungen der PrüfvV ausgeschlossen ist."
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 28.009.2018 zu ändern und die Klage abzuweisen, hilfsweise die Klägerin zu verurteilen,
ihr 3.938,29 Euro nebst 2 Prozent Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die sozialgerichtliche Entscheidung für zutreffend. Die Argumentation der Beklagten, die zudem das materiell-rechtliche
Ergebnis hinsichtlich der Abrechnung des Behandlungsfalls ignoriere, sei nicht zielführend. Effizienzgesichtspunkte griffen
nicht durch. Die PrüfvV 2014 sei vorliegend ohnehin nicht einschlägig, weil der Prüfauftrag nur auf die korrekte Kodierung
abziele.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt des Verwaltungsvorgangs der Beklagten, der
die stationären Aufenthalte des Versicherten betreffenden Patientenakte sowie der Gerichtsakte verwiesen, der Gegenstand der
mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung ist unbegründet.
I.
Das Sozialgericht hat der von der Klägerin zulässigerweise erhobenen (echten)Leistungsklage im Sinne des §
54 Abs.
5 SGG (vgl. zur ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung etwa BSG, Urteil vom 14.10.2014 - B 1 KR 27/13 R -, BSGE 117, 82-94, SozR 4-2500 § 109 Nr. 40, Rn. 7 m.w.N.) im Ergebnis zu Recht stattgegeben.
Der mit der erhobenen Leistungsklage verfolgte Vergütungsanspruch (bzw. Vergütungsansprüche) der Klägerin betreffend die (spätere)
stationäre Behandlung anderer Versicherter der Beklagten ist nach Grund und Höhe unstreitig. Darauf, welchen Vergütungsanspruch
die Klägerin auf Grund welcher konkreten Krankenhausbehandlung geltend macht, kommt es nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts
bei dem Grunde und der Höhe nach unstreitigen Ansprüchen ohnehin nicht an (so BSG, Urteil vom 28.11.2013 - B 3 KR 33/12 R -, juris Rn. 10), so dass insoweit eine Prüfung durch den Senat unterbleiben kann.
Es ist rechtlich unter dem Gesichtspunkt hinreichender Bestimmtheit auch nicht zu beanstanden, dass die Klägerin den verfolgten
Vergütungsanspruch nicht konkret benannt hat. Es genügt, dass sie - wie vorliegend - die bezifferte Restzahlung auf eine Sammelrechnung
mit klaren Einzelpositionen geltend macht, deren Erfüllung durch Aufrechnung in der Anrechnungsreihenfolge des §
366 Abs.
2 BGB sie bestreitet (zuletzt BSG, Urteil vom 30. Juli 2019 - B 1 KR 31/18 R -, BSGE 129, 1-10, SozR 4-7610 § 366 Nr. 2, Rn. 8).
Der (unstreitige) Vergütungsanspruch ist auch nicht durch Aufrechnung erloschen, weil der Beklagten ein öffentlich-rechtlicher
Erstattungsanspruch hinsichtlich der Vergütung der stationären Behandlungen des Versicherten (G), der sie zur Aufrechnung
berechtigte, schon nicht zustand.
Die Klägerin als Trägerin des nach §
108 Nr. 1
SGB V zur Behandlung gesetzlich Krankenversicherter zugelassenen Krankenhauses hatte entgegen der Auffassung der Beklagten Anspruch
auf vollständige Vergütung der stationären Behandlungen dieses Versicherten in den Zeiträumen vom 02.03.2016 bis zum 15.03.2016
und 23.03.2016 bis zum 06.04.2016.
Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Vergütungsanspruch ist §
109 Abs.
4 Satz 3
SGB V i.V.m. § 7 KHEntgG und § 17b KHG (vgl. etwa BSG, Urteil vom 19.03.2020 - B 1 KR 20/19 R -, Rn. 11, juris). Der Vergütungsanspruch für die Krankenhausbehandlung und damit korrespondierend die Zahlungsverpflichtung
einer Krankenkasse entsteht - unabhängig von einer Kostenzusage - unmittelbar mit der Inanspruchnahme der Leistung durch den
Versicherten kraft Gesetzes, wenn die Versorgung (wie hier) in einem zugelassenen Krankenhaus erfolgt und im Sinne von §
39 Abs.
1 Satz 2
SGB V erforderlich und wirtschaftlich ist (vgl. zur ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung etwa BSG, Urteil vom 19.03.2020 - B 1 KR 20/19 R -, Rn. 11 juris).
Der Vergütungsanspruch der Klägerin ist dem Grunde nach entstanden. Die stationären Behandlungen des Versicherten waren über
die gesamte Dauer hinweg notwendig im Sinne von §
39 Abs.
1 SGB V. Die Beteiligten haben übereinstimmend in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erklärt, dass die Abrechnung des Behandlungsfalls
des Versicherten zutreffend gewesen ist. Zwischen den Beteiligten allein streitig ist die Frage eines Anspruchsausschlusses
nach § 7 Abs. 2 Satz 4 PrüfvV 2014. Der Senat sieht im Übrigen in Übereinstimmung mit dem Sozialgericht angesichts des Ergebnisses
der erstinstanzlich durchgeführten Beweisaufnahme und nach kritischer Würdigung des Inhalts der Patientenakte keinerlei Veranlassung,
an der (medizinischen) Notwendigkeit der stationären Behandlungen sowie der sachlich-rechnerischen Korrektheit der Abrechnung
zu zweifeln.
Der nach Begleichung der Rechnung im Übrigen verbleibende und nachfolgend zur Aufrechnung gestellte Vergütungsanspruch in
Höhe des im vorliegenden Verfahren streitigen Betrags von 3.938,29 € ist weder erloschen (diese Begrifflichkeit verwendend:
Hessisches LSG, Urteil vom 28.05.2020 - L 8 KR 221/18 -, Rn. 23, juris) noch ist die Geltendmachung des Vergütungsanspruchs insoweit ausgeschlossen, weil dem MDK lediglich die
angeforderten Unterlagen für den stationären Aufenthalt vom 02.03.2016 bis zum 15.03.2016 seitens des Krankenhauses zur Verfügung
gestellt worden waren und - allein diese zu Grunde legend - der OPS 5-393.61 sowie die Nebendiagnose E61.1 (Eisenmangelanämie)
nicht nachvollzogen werden konnten.
Aus der alle Behandlungsfälle vom 01.01.2015 bis zum 31.12.2016 (Inkrafttreten der neuen PrüfvV 2016 vom 03.02.2016 zum 01.01.2017)
erfassenden PrüfvV 2014 ergibt sich Abweichendes nicht. Insbesondere ist der Vergütungsanspruch der Klägerin nicht nach§ 7
Abs. 2 Satz 4 PrüfvV 2014 auf den "unstrittigen Rechnungsbetrag" beschränkt.Nach § 17c Abs. 2 KHG (in der am 01.08.2013 geltenden Fassung) regeln der Spitzenverband Bund der Krankenkassen und die Deutsche Krankenhausgesellschaft
in der PrüfvV das Nähere zum Prüfverfahren nach §
275 Abs.
1c SGB V (Satz 1). Dabei haben sie insbesondere Regelungen über den Zeitpunkt der Übermittlung zahlungsbegründender Unterlagen an
die Krankenkassen, über das Verfahren zwischen Krankenkassen und Krankenhäusern bei Zweifeln an der Rechtmäßigkeit der Abrechnung
im Vorfeld einer Beauftragung des MDK, über den Zeitpunkt der Beauftragung des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung,
über die Prüfungsdauer, über den Prüfungsort und über die Abwicklung von Rückforderungen zu treffen; die §§
275 bis
283 SGB V bleiben im Übrigen unberührt (Satz 2). Die darauf beruhende PrüfvV 2014 geht insoweit als jüngere und bundeseinheitliche
Regelung den landesvertraglichen Bestimmungen nach §
112 Abs.
2 Nr.
2 SGB V vor; eine entsprechende Regelung trifft §
11 PrüfvV 2014 (vgl. zu alledem BeckOK SozR/Knispel, 51. Ed. 01.12.2018,
SGB V §
39 Rn. 62-72).
Die PrüfvV 2014 ist im vorliegenden Fall trotz des Inhalts des dem MDK erteilten Prüfauftrags entgegen der Auffassung der
Klägerin anwendbar. Dabei ergibt sich die zeitliche Anwendbarkeit daraus, dass sowohl der mit der Klage verfolgte Leistungsanspruch
als auch der vermeintliche Erstattungsanspruch Behandlungsfälle aus dem Jahr 2016 betreffen. Auch der sachliche Anwendungsbereich
der PrüfvV 2014 ist eröffnet. Nach der Rechtsprechung des allein zuständigen 1. Senats des Bundessozialgerichts galt die PrüfvV
2014 zwar ebenso wie §
275 Abs.
1c SGB V in der 2015 geltenden Fassung nur für Auffälligkeitsprüfungen betreffend die Wirtschaftlichkeit, nicht aber für sachlich-rechnerische
Prüfungen (BSG, Urteil vom 23.05.2017 - B 1 KR 24/16 R -, SozR 4-2500 § 301 Nr. 8, Rn. 30; zur gut begründeten gegenteiligen Ansicht vgl. nur Knispel, GesR 2015, 200, 206). Vorliegend
erfolgte trotz Mitteilung der Beklagten eine sachlich-rechnerische Prüfung in diesem Sinne.
Ob eine Krankenkasse einen Prüfauftrag mit dem Ziel der Abrechnungsminderung i.S. des §
275 Abs.
1c Satz 3
SGB V oder der sachlich-rechnerischen Richtigkeitsprüfung erteilt hatte, richtet sich nach den Grundsätzen über die Auslegung von
Willenserklärungen. Der für die Auslegung des Auftrags maßgebliche wirkliche Wille (§
69 Abs.
1 Satz 3
SGB V i.V.m. §
133 BGB) ist dem Prüfauftrag zu entnehmen. Maßgeblich ist insoweit der Empfängerhorizont des MDK (BSG, Urteil vom 23.05.2017, a.a.O. Rn. 39). Anders als der Klägerin mitgeteilt beschränkt sich der Prüfauftrag ersichtlich auf
die Prüfung, ob die zutreffende Kodierung erfolgte. Danach erfolge trotz anderslautender mitteilung der Beklagten gegenüber
der Klägerin hier eine sachlich-rechnerische Prüfung im Sinne der höchstrichterlichen Rechtsprechung.
Gleichwohl ergibt sich aus der Anfügung des Satzes 4 in §
275 Abs.
1c SGB V durch Art. 6 Nr. 21a Gesetz zur Reform der Strukturen der Krankenhausversorgung (Krankenhausstrukturgesetz - KHSG) vom 10.12.2015 (BGBl. I 2229)
mit Wirkung vom 01.01.2016 (vgl. Art. 6 Nr. 21a, Art 9 Abs. 1 KHSG) zwingend, dass die bereits auf der Grundlage von §
275 Abs.
1c SGB V in der bis zum 31.12.2015 erlassene PrüfvV ab Januar 2016 auch auf (rein) sachlich-rechnerische Prüfungen anwendbar ist (offengelassen
in BSG, Urteil vom 30. Juli 2019 - B 1 KR 31/18 R -, BSGE 129, 1-10, SozR 4-7610 § 366 Nr. 2, Rn. 15). Da sowohl die streitbefangenen Forderungen als auch die zur Aufrechnung gestellte Gegenforderung
auf Behandlungen im Jahr 2016 beruhen, ist die PrüfvV 2014 daher uneingeschränkt anwendbar.
Von der Anwendbarkeit der PrüfvV 2014 auf die hier erfolgte Prüfung ausgehend, ergibt sich indes keine Beschränkung des Vergütungsanspruchs
der Klägerin. Denn § 7 Abs. 2 Satz 4 PrüfvV 2014 regelt entgegen der Auffassung der Beklagten und des Sozialgerichts keine
materiell-rechtliche Ausschlussfrist dergestalt, dass die Klägerin nur Anspruch auf einen "unstrittigen Rechnungsbetrag" hätte,
mithin hier keinerlei (weitere) Zahlung mehr verlangen könnte bzw. sich einem Erstattungsanspruch ausgesetzt sähe, weil eine
Beurteilung unter Berücksichtigung der gesamten Patientenunterlagen ausschiede (vgl. Urteil des Senats vom 09.07.2020 - L 16 KR 395/16 -, juris; Revision anhängig B 1 KR 43/10 R; a.A.
etwa BSG, Urteil vom 19.11.2019 - B 1 KR 33/18 R -, Rn. 16, juris; LSG Baden Württemberg, Urteil vom 17.04.2018 - L 11 KR 936/17 -, Rn. 53, juris; Hessisches LSG, Urteil vom 28.05.2020 - L 8 KR 221/18 -, Rn. 26, juris, Revision anhängig B 1 KR 24/20 R).
Der Senat erachtet die entgegenstehende, lediglich in einem rechtlich unverbindlichen Obiter Dictum unter Verweis auf LSG
Baden Württemberg (Urteil vom 17.04.2018 a.a.O.) geäußerte, sich nicht einmal im Ansatz mit den in Literatur und Rechtsprechung
hierzu ausgetauschten Argumenten auseinandersetzende (vgl. dazu etwa Bockholdt in Hauck/Noftz, SGB, 04/19, §
109 SGB V, Rn. 224; Middendorf/Haverkamp, KH 2018, 940-946) Rechtsauffassung des Bundessozialgerichts in seinem Urteil vom 19.11.2019 (a.a.O.) weiterhin für nicht überzeugend (vgl.
dazu auch Thomae, GesR 2020, 225-226; Schliephorst, KH 2020, 427).
Nach § 7 Abs. 2 PrüfvV 2014 kann der MDK bei einer - hier erfolgten - Prüfung im schriftlichen Verfahren die Übersendung einer
Kopie der Unterlagen verlangen, die er zur Beurteilung von Voraussetzungen, Art und Umfang der Leistung sowie zur Prüfung
der ordnungsgemäßen Abrechnung benötigt (Satz 2). Das Krankenhaus hat die Unterlagen innerhalb von 4 Wochen nach Zugang der
Unterlagenanforderung an den MDK zu übermitteln (Satz 3). Erfolgt dies nicht, hat das Krankenhaus einen Anspruch nur auf den
unstrittigen Rechnungsbetrag (Satz 4).
Zwar ist anders als in dem vom Senat mit Urteil vom 14.11.2019 (a.a.O.) entschiedenen Fall § 7 Abs. 2 Satz 4 PrüfvV 2014 grundsätzlich
tatbestandlich einschlägig, weil der MDK die seines Erachtens für die Prüfung "erforderlichen Unterlagen" konkret bezeichnete
(vgl. - eine entsprechende Verpflichtung ebenfalls bejahend - auch LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 21.01.2020 - L 11 KR 1437/19 -, Rn. 37, juris). Zudem steht fest, dass die Unterlagen betreffend den zweiten stationären Aufenthalt des Versicherten dem
MDK nicht zur Prüfung zur Verfügung gestellt wurden. Die Klägerin kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, die Anforderung
der Unterlagen durch den MDK sei zu ungenau oder deshalb irreführend gewesen, weil nicht beide stationären Aufenthalte des
Versicherten genannt wurden, sondern als Aufnahmedatum der 02.03.2016 und als Entlassdatum der 06.04.2016. Denn durch Mitteilung
der Versichertennummer, der Patientenaufnahmenummer sowie des Datums des Rechnungseingangs musste dem Krankenhaus in Kenntnis
der im Rahmen der Abrechnung erfolgten Fallzusammenführung ohne Weiteres klar sein, dass auch die Unterlagen betreffend die
zweite stationäre Behandlung angefordert wurden.
Hingegen bestehen zur Überzeugung des Senats mit Teilen der Literatur und Rechtsprechung (vgl. zum Streitstand Bockholdt in
Hauck/Noftz, SGB, 04/19, §
109 SGB V, Rn. 224) erhebliche Zweifel, dass sich die Regelung einer materiellen Ausschlussfrist im Rahmen der Ermächtigungsgrundlage
des § 17c Abs. 2 KHG (in der am 25.07.2014 geltenden Fassung durch Artikel 16a Gesetz vom 21.07.2014, BGBl. I S. 1133) hält (so etwa Bockholdt a.a.O.; Middendorf/Haverkamp, KH 2018, 940-946). Danach regeln der Spitzenverband Bund der Krankenkassen und die Deutsche Krankenhausgesellschaft das Nähere zum Prüfverfahren
nach §
275 Abs.
1c SGB V; in der Vereinbarung sind abweichende Regelungen zu §
275 Abs.
1c Satz 2
SGB V möglich (Satz 1). Insbesondere haben sie Regelungen über den Zeitpunkt der Übermittlung zahlungsbegründender Unterlagen an
die Krankenkassen, über das Verfahren zwischen Krankenkassen und Krankenhäusern bei Zweifeln an der Rechtmäßigkeit der Abrechnung
im Vorfeld einer Beauftragung des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung, über den Zeitpunkt der Beauftragung des
Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung, über die Prüfungsdauer, über den Prüfungsort und über die Abwicklung von Rückforderungen
zu treffen (Satz 2). Materielle Ausschlussfristen gehen über Regelungen zum Verfahren jedoch hinaus (so etwa auch Middendorf/Haverkamp,
KH 2018, 940-946). Hätte der Gesetzgeber dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen und der Deutschen Krankenhausgesellschaft insoweit
eine weitergehende und mit erheblichen Rechtsverlusten einhergehende Regelungskompetenz einräumen wollen, hätte es einer dezidierteren
Ermächtigung bedurft.
Jedenfalls enthält § 7 Abs. 2 Satz 3 und 4 PrüfvV 2014 aber keine Regelung einer materiellen Ausschlussfrist. Dies ergibt
sich zur Überzeugung des Senats vorrangig aus dem Wortlaut der Vorschrift und systematischen Überlegungen. Der Terminus "Ausschlussfrist"
findet sich nicht. Angesichts des Umstandes, dass die PrüfvV 2014 in § 8 Satz 4 explizit regelt, dass die Frist in § 8 Satz
3 PrüfvV 2014 als Ausschlussfrist wirkt und dieser Terminus den Regelungsparteien tatsächlich sowie in seiner rechtlichen
Bedeutung ersichtlich bewusst war, ist für den Senat nicht nachvollziehbar, dass im Rahmen des § 7 Abs. 2 PrüfvV 2014 einvernehmlich
die Regelung einer Ausschlussfrist mit der Konsequenz ggf. massiver Anspruchsverluste (vgl. etwa die der Entscheidung des
Senats vom 09.07.2020, a.a.O., zugrundeliegenden Forderung von mehr als 400.000,00 Euro) geregelt werden konnte und sollte.
Vielmehr spricht gerade der Verzicht auf eine eindeutige Regelung dafür, dass sich die Beteiligten gerade nicht auf eine Ausschlussfrist
einigen konnten. Die Nachfolgeregelung in § 7 Abs. 2 Satz 8 PrüfvV 2016, die bestimmt, dass nach Ablauf der (Nachlieferungs-)Frist
von Satz 7 eine Übersendung von Unterlagen durch das Krankenhaus ausgeschlossen ist und (Satz 9) ein Anspruch auf den dann
noch strittigen Rechnungsbetrag nicht besteht, kann - ungeachtet der fortbestehenden Problematik der Reichweite der Ermächtigungsgrundlage
(s.o.) - angesichts der völligen Neuregelung nicht als klarstellende Regelung verstanden werden. Dafür spricht auch die Veröffentlichung
der Deutschen Krankenhausgesellschaft vom 21.12.2015, wonach aufgrund der Verlängerung der Fristen auf bis zu 14 Wochen deren
Charakterisierung als Ausschlussfrist "allerdings als Zugeständnis aufgenommen werden" musste. Ein solches "Zugeständnis"
erscheint - wie die nachhaltigen rechtlichen Auseinandersetzungen sowie die divergierenden Verlautbarungen des Spitzenverbandes
Bund der Krankenkassen und der Deutschen Krankenhausgesellschaft - nicht plausibel, wäre eine Ausschlussfrist bereits in der
PrüfvV 2014 einvernehmlich geregelt gewesen.
Dabei berücksichtigt der Senat auch die ansonsten zumeist unverhältnismäßigen Folgen (zu diesem Aspekt auch Middendorf/Haverkamp,
KH 2018, 940-946) eines ggf. nur marginalen - unter Umständen auf Unzulänglichkeiten eines Dritten (also etwa eines mit der Übermittlung
beauftragten Unternehmens) beruhenden - Versäumnisses hinsichtlich einer noch dazu angesichts eines offenkundigen Massengeschäfts
vergleichsweise knapp bemessenen Frist (vgl. dazu Urteil des Senats vom 09.07.2020 a.a.O.). Eine materielle Ausschlussfrist
hätte angesichts der vorbeschriebenen Rahmenbedingungen und Konsequenzen eindeutig geregelt werden müssen.
Es ist schließlich auch keineswegs so, dass die Regelung in § 7 Abs. 2 Satz 4 PrüfvV 2014 bei Verneinung einer materiellen
Ausschlussfrist gleichsam "ins Leere" liefe, weil es eines sinnvollen Anwendungsbereichs entbehrte. Die Krankenkassen sind
- anders als in § 15 Abs. 1 Satz 1 Landesvertrag NRW vorgesehen - bei Versäumung der Frist lediglich zur Zahlung des unstrittigen
Betrages verpflichtet, was - wegen des Zeitablaufs bis zu einer ggf. erst gerichtlichen Klärung - nicht nur wirtschaftliche
(insbesondere auch Zins-)Vorteile nach sich zieht, sondern auch Konsequenzen betreffend die Folgen einer Beweislosigkeit von
Zahlungs- bzw. Erstattungsansprüchen haben kann.
Scheidet mithin mangels Bestehens eines öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs eine Aufrechnung von vornherein aus, weist
der Senat nur ergänzend darauf hin, dass der Aufrechnung entgegen der Auffassung des Sozialgerichts kein Verstoß gegen § 9
PrüfvV 2014 entgegenstand, wonach die Krankenkasse einen nach Beendigung des Vorverfahrens einvernehmlich als bestehend festgestellten
oder nach § 8 fristgerecht mitgeteilten Erstattungsanspruch mit einem unstreitigen Leistungsanspruch des Krankenhauses aufrechnen
kann, dabei (aber) Leistungsanspruch und der Erstattungsanspruch genau zu benennen hat.
Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung steht diese Vorschrift zunächst dem sich aus§ 15 Abs. 4 Satz 2 Landesvertrag NRW ergebenden
Aufrechnungsverbot (vgl. etwa LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 03. Juni 2003 - L 5 KR 205/02 -, Rn. 18 ff., juris, LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 01. September - L 16 KR 212/08 - KHE 2011/210) entgegen und führt zu dessen Nichtigkeit (BSG, Urteil vom 30. Juli 2019 - B 1 KR 31/18 R -, BSGE 129, 1-10, SozR 4-7610 § 366 Nr. 2, Rn. 26).
Nach seinem Wortlaut verlangt die Vorschrift entsprechend der (zeitlich nach der sozialgerichtlichen Entscheidung ergangenen)
höchstrichterlichen Rechtsprechung (BSG, Urteil vom 30. Juli 2019 - B 1 KR 31/18 R -, BSGE 129, 1-10, SozR 4-7610 § 366 Nr. 2) darüber hinaus lediglich, den Leistungsanspruch, mit dem aufgerechnet werden soll, und den Erstattungsanspruch
"genau zu benennen", also nach Art und Höhe zu individualisieren. Die Vertragspartner haben die übliche - und auch im vorliegenden
Abrechnungsverfahren geübte - Praxis der Zahlungen zwischen Krankenkassen und Krankenhäusern durch Sammelüberweisungen vor
Augen gehabt, bei denen die einzelnen Posten mit Entlassdatum, Fall- und Rechnungsnummer bezeichnet werden. Die Krankenkassen,
die regelmäßig für die Krankenhausvergütung im Rahmen des kompensatorischen Beschleunigungsgebots leisten, sollten nicht gezwungen
sein, unstreitige oder geprüfte Forderungen im Klagewege durchzusetzen. Der Rückgriff auf die gesetzliche Regelung verweist
auf die einem Interessenausgleich dienende Tilgungsreihenfolge nach dem vermuteten, vernünftigen Beteiligtenwillen (eingehend
dazu BSG a.a.O, Rn. 20 ff.).
Wie im vom Bundessozialgericht (a.a.O.) entschiedenen und vom Sachverhalt her durchaus vergleichbaren Verfahren sind Leistungsanspruch
und der Erstattungsanspruch im Sinne von § 9 Satz 2 PrüfvV nach alledem hinreichend genau benannt. Die Beklagte benannte den
von ihr geltend gemachten öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch in Höhe von 3.938,29 € betreffend die Behandlung des
Versicherten im Schreiben vom 15.06.2016 sowie nachfolgend im Schreiben vom 25.07.2016 und erklärte diesbezüglich explizit
die Aufrechnung. Dabei verwies sie auf das Zahlungsavis vom 25.07.2016, in dem die ursprünglich geltend gemachte und die als
korrekt erachtete Vergütung als Negativ- und Positivposten aufgeführt sind. Auch die Forderungen der Klägerin als der "Leistungsanspruch",
gegen welchen die Beklagte aufrechnete, sind in dem Zahlungsavis vom 25.07.2016 genau benannt., nämlich die Vergütungsansprüche
der Klägerin jeweils individuell mit OP-Text, Fall- und Rechnungsnummer sowie dem konkreten Zahlbetrag. Hieraus ergibt sich
- auch ohne Nennung des Entlassdatums - eine hinreichende Individualisierbarkeit der Forderungen.
Der von der Klägerin geltend gemachte Zinsanspruch ergibt sich aus § 15 Abs. 1 Satz 4 des Landesvertrages i.V.m. § 1 Diskontsatzüberleitungsgesetz.
II.
Die zulässige Widerklage hat das Sozialgericht mangels Erstattungsanspruchs der Beklagten mit zutreffender Begründung abgewiesen.
Die Kostenentscheidung folgt aus §
197a Abs.
1 Satz 1 Teilsatz 3
SGG i.V.m. §
154 Abs.
2 VwGO.
Der Senat hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung (§
160 Abs.
2 SGG) zugelassen.
Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf §
197a Abs.
1 Satz
SGG i.V.m. § 52 Abs. 1 und 3 sowie § 47 Abs. 1 GKG. Die Streitwerte von Klage und Widerklage sind vorliegend zu addieren, da wirtschaftlich unterschiedliche Forderungen betroffen
sind.