Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit eines Bescheides der Beklagten, mit dem diese zuvor bestandskräftig festgestellte
Beschäftigungszeiten der Klägerin vom 20. Mai 1974 bis 30. Juni 1990 als Zeiten der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem
der technischen Intelligenz als rechtswidrig festgestellt deklarierte.
Die am 1941 geborene Klägerin ist, nach einem Fachschulstudium in der Fachrichtung Ingenieurökonomie im Zeitraum vom 11. September
1967 bis 4. Juli 1970 an der Ingenieurhochschule A ..., seit 4. Juli 1970 berechtigt, die Berufsbezeichnung "Ingenieurökonom"
zu führen. Sie war vom 15. August 1970 bis 5. Dezember 1972 als Programmiererin im volkseigenen Betrieb (VEB) Maschinelles
Rechnen A ..., vom 6. Dezember 1972 bis 19. Mai 1974 als Problemanalytikerin im VEB Datenverarbeitung der Finanzorgane - Bezirksstation
A ..., vom 20. Mai 1974 bis 14. Juni 1979 im VEB Lufttechnische Anlagen A ... sowie vom 15. Juni 1979 bis 30. Juni 1990 (sowie
darüber hinaus) als Projektant für Technologie, als Projektant für Ingenieurtechnologie und als Ingenieur für Investitionsvorbereitung
und Investitionsrealisierung im VEB Kombinat NAGEMA (= Nahrungs- und Genussmittel-Maschinenbau) A ... beschäftigt. Sie war
zu Zeiten der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) nicht in ein Zusatzversorgungssystem der Anlage 1 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) einbezogen.
Am 4. Februar 2002 beantragte die Klägerin die Überführung von Zusatzversorgungsanwartschaften. Nach Entgeltermittlungen stellte
die Beklagte mit Bescheid vom 18. Februar 2004 die Anwendbarkeit von § 1 AAÜG, die Beschäftigungszeiten der Klägerin vom 20. Mai 1974 bis 30. Juni 1990 als "nachgewiesene Zeiten" der Zusatzversorgung
im Zusatzversorgungssystem der technischen Intelligenz sowie die in diesen Zeiträumen erzielten Arbeitsentgelte fest.
Mit Überprüfungsantrag vom 16. Oktober 2007 begehrte die Klägerin, unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts
(BSG), die Berücksichtigung von Jahresendprämien und legte eigene Jahresendprämiennachweise ihrer Beschäftigungsbetriebe vom 19.
Februar 1980 (in Höhe von 450,00 Mark), vom 5. März 1981 (in Höhe von 1.025,00 Mark), vom 20. Februar 1985 (in Höhe von 1.300,00
Mark), vom 25. Februar 1986 (in Höhe von 1.220,00 Mark), vom 19. Februar 1987 (in Höhe von 1.215,00 Mark), vom 1. März 1988
(in Höhe von 1.225,00 Mark), vom 1. März 1989 (in Höhe von 1.220,00 Mark) und vom 28. Februar 1990 (in Höhe von 1.250,00 Mark)
vor. Die Beklagte stellte daraufhin mit Bescheid vom 15. Juli 2010 (abermals) die Anwendbarkeit von § 1 AAÜG, die Beschäftigungszeiten der Klägerin vom 20. Mai 1974 bis 30. Juni 1990 als "nachgewiesene Zeiten" der Zusatzversorgung
im Zusatzversorgungssystem der technischen Intelligenz sowie die in diesen Zeiträumen erzielten Arbeitsentgelte, unter Berücksichtigung
höherer Entgelte für die Jahre 1980, 1981 und 1985 bis 1990 wegen der nachgewiesenen Jahresendprämien, fest.
Mit Schreiben vom 29. Oktober 2015 beantragte die Klägerin beim zuständigen Rentenversicherungsträger die Neufeststellung
ihrer Altersrente. Nach einem Termin bei ihrem Rentenberater bat dieser die Beklagte mit Schreiben vom 25. Februar 2016 um
Übersendung einer Zweitschrift des Feststellungsbescheides sowie der zugrundeliegenden Verdienstbescheinigungen. Aufgrund
dieser (mit Schreiben der Beklagten vom 11. April 2016 erfüllten) Übersendungsbitte leitete die Beklagte, nachdem die dortige
Verwaltungsakte aus dem Archiv auf den Tisch des zuständigen Sachbearbeiters gelangte, ein Überprüfungsverfahren von Amts
wegen ein und prüfte die Rechtmäßigkeit des bestandskräftigen Feststellungsbescheides vom 18. Februar 2004 in der Fassung
des Feststellungsbescheides vom 15. Juli 2010.
Im Ergebnis des von Amts wegen eingeleiteten Überprüfungsverfahrens stellte die Beklagte mit Bescheid vom 29. April 2016 fest,
dass - § 1 AAÜG nicht anwendbar ist, - der Feststellungsbescheid vom 18. Februar 2004 in der Fassung des Feststellungsbescheides vom 15.
Juli 2010, mit dem die Zeiten vom 20. Mai 1974 bis zum 30. Juni 1990 als Pflichtbeitragszeiten nach dem AAÜG festgestellt wurden, rechtswidrig ist, aber nicht zurückgenommen werden kann und - (obwohl dies weder beantragt noch Prüfungsgegenstand
war) kein Anspruch auf Feststellung von höheren Entgelten nach dem AAÜG besteht. Zur Begründung führte sie aus: Die Voraussetzung von § 1 AAÜG würden nicht vorliegen, weil für die Klägerin weder eine tatsächliche noch eine fingierte Zusatzversorgungsanwartschaft bestanden
habe. Die betriebliche Voraussetzung für eine fingierte Zusatzversorgungsanwartschaft habe nicht vorgelegen, weil die Klägerin
am 30. Juni 1990 in der Kombinatsleitung des VEB Kombinat NAGEMA A ... und damit nicht in einem volkseigenen Produktionsbetrieb
oder gleichgestellten Betrieb beschäftigt gewesen sei. Aufgabenstellung des Kombinats (Kombinatsleitung) sei die Durchführung
von zentralen Aufgaben der Leitung und Koordinierung für die angeschlossenen Betriebe des Kombinats, nicht jedoch die serienmäßige
Produktion gewesen. Der Feststellungsbescheid vom 18. Februar 2004 in der Fassung des Feststellungsbescheides vom 15. Juli
2010 sei daher fehlerhaft begünstigend und damit rechtswidrig, könne aber (mangels Verschuldens der Klägerin und infolge Fristablaufs)
nicht zurückgenommen werden, sodass es bei den rechtswidrig festgestellten Pflichtbeitragszeiten verbliebe. Weitere Rechte
seien aus dem Bescheid allerdings nicht ableitbar.
Hiergegen legte die Klägerin mit Schreiben vom 2. Juni 2016 Widerspruch ein und führte aus: Entsprechend ihres Arbeitsvertrages
sei sie am 30. Juni 1990 nicht in der Kombinatsleitung sondern im VEB Kombinat NAGEMA A ... beschäftigt gewesen. Sie legte
ihre arbeitsvertraglichen Unterlagen vor.
Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 9. Januar 2017 (mit gleichlautender Begründung wie im Rechtswidrigkeitsfeststellungsbescheid
vom 29. April 2016 und ohne auf die Widerspruchsbegründung einzugehen) als unbegründet zurück.
Hiergegen erhob die Klägerin am 30. Januar 2017 Klage. Das Sozialgericht Dresden hat die Klage mit Urteil vom 11. Juli 2018
abgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Die Klägerin sei nicht tatsächlich in das Zusatzversorgungssystem der technischen
Intelligenz einbezogen worden, sodass die Voraussetzungen von § 1 AAÜG nicht vorlägen. Der Rechtsprechung des BSG zur fingierten Versorgungsanwartschaft sei nicht zu folgen, weil diese dem Wortlaut sowie dem Sinn und Zweck des Rentenangleichungsgesetzes
der DDR vom 28. Juni 1990, des Einigungsvertrages und des AAÜG widersprächen.
Gegen das am 13. September 2018 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 12. Oktober 2018 Berufung eingelegt, mit der sie ihr
Begehren weiterverfolgt. Zur Begründung führt sie aus: Das Sozialgericht weiche in rechtswidriger Weise von der ständigen
Rechtsprechung des BSG ab. Die betriebliche Voraussetzung einer fingierten Zusatzversorgungsanwartschaft habe am 30. Juni 1990 vorgelegen, weil
die Klägerin im VEB Verpackungsmaschinenbau A ... als Stammbetrieb des Kombinats beschäftigt gewesen sei.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 11. Juli 2018 sowie den Rechtswidrigkeitsfeststellungsbescheid der Beklagten vom
29. April 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. Januar 2017 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung im Ergebnis, nicht allerdings in der Begründung, für zutreffend. Sie folge zwar der
Rechtsprechung des BSG zur fingierten Zusatzversorgungsanwartschaft. Eine andere Entscheidung könne sie jedoch nicht treffen.
Dem Gericht haben die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Gerichtsakten beider Rechtszüge vorgelegen. Zur Ergänzung des
Sach- und Streitstandes wird hierauf insgesamt Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung der Klägerin ist begründet, weil das Sozialgericht Dresden die Klage zu Unrecht mit dem angefochtenen
Urteil vom 11. Juli 2018 abgewiesen hat. Denn der Rechtswidrigkeitsfeststellungsbescheid der Beklagten vom 29. April 2016
in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. Januar 2017 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§
54 Abs.
2 Satz 1 des
Sozialgerichtsgesetzes [SGG]), weil mit dem - zu Unrecht als rechtswidrig deklarierten - bestandskräftig gewordenem Feststellungsbescheid vom 18.
Februar 2004 in der Fassung des Feststellungsbescheides vom 15. Juli 2010 das Recht nicht unrichtig angewandt worden ist (§
48 Abs. 3 Satz 1 des Zehntes Buches Sozialgesetzbuch [SGB X]). Die zu Gunsten der Klägerin ursprünglich (bestandskräftig)
getroffenen Feststellungen sind vielmehr zu Recht erfolgt, weil die Vor-aussetzungen von § 1 AAÜG vorliegen.
Nach § 48 Abs. 3 Satz 1 SGB X, der nach § 8 Abs. 3 Satz 2 AAÜG anwendbar ist, kann die Verwaltung von Amts wegen einen konstitutiven feststellenden Verwaltungsakt - zur Vorbereitung eines
"Abschmelzungsverfahrens" - erlassen, wenn ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nach § 45 SGB X nicht zurückgenommen werden kann (vgl. dazu grundlegend: BSG, Urteil vom 22. Juni 1988 - 9/9a RV 46/86 - JURIS-Dokument, RdNr. 20; Steinwedel in: Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, § 48 SGB X, RdNr. 67 [Stand: August 2012]; Schütze in: von Wulffen/Schütze, SGB X - Kommentar, 8. Aufl. 2014, § 48, RdNr. 31). § 48 Abs. 3 SGB X erlaubt eine gegenüber der Rücknahme nach § 45 SGB X weniger weitgehende, aber doch einschneidende Beseitigung der Bestandskraft. In diesem Umfang ist die Feststellung der Rechtswidrigkeit
nach § 48 Abs. 3 SGB X ebenso rechtsgestaltend wie die Rücknahme nach § 45 SGB X. Der konstitutive feststellende Verwaltungsakt kann selbständig - ohne zugleich mit dem eine Erhöhung ablehnenden bzw. einschränkenden
Bescheid verbunden zu sein - ergehen.
Die Voraussetzungen zum Erlass eines Rechtswidrigkeitsfeststellungsbescheides nach § 48 Abs. 3 Satz 1 SGB X liegen jedoch im konkreten Fall nicht vor, denn der Feststellungsbescheid vom 18. Februar 2004 in der Fassung des Feststellungsbescheides
vom 15. Juli 2010 ist nicht rechtswidrig, sondern rechtmäßig.
In dem Verfahren nach § 8 AAÜG, das einem Vormerkungsverfahren nach §
149 Abs.
5 des
Sechsten Buches des Sozialgesetzbuches (
SGB VI) ähnlich und außerhalb des Rentenverfahrens durchzuführen ist (vgl. dazu stellvertretend: BSG, Urteil vom 18. Juli 1996 - 4 RA 7/95 - SozR 3-8570 § 8 Nr. 2), war die Beklagte zu den zu Gunsten der Klägerin ergangenen Feststellungen verpflichtet, wenn diese
dem persönlichen Anwendungsbereich des Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetzes nach § 1 Abs. 1 AAÜG unterfällt.
Gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG gilt das Gesetz für Ansprüche und Anwartschaften (= Versorgungsberechtigungen), die auf Grund der Zugehörigkeit zu Versorgungssystemen
im Beitrittsgebiet erworben worden sind. Soweit die Regelungen der Versorgungssysteme einen Verlust der Anwartschaft bei Ausscheiden
aus dem Versorgungssystem vor dem Leistungsfall vorsahen, gilt dieser Verlust als nicht eingetreten (§ 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG).
Die Klägerin war bei In-Kraft-Treten des AAÜG am 1. August 1991 zwar nicht Inhaberin einer erworbenen Versorgungsberechtigung im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG. Einen "Anspruch" auf Versorgung (= Vollrecht) besaß sie zu diesem Zeitpunkt nicht, weil schon kein "Versorgungsfall" (Alter,
Invalidität) eingetreten war.
Sie war zu diesem Zeitpunkt zwar auch nicht Inhaberin einer bestehenden Versorgungsanwartschaft im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG. Dies hätte vorausgesetzt, dass sie in das Versorgungssystem einbezogen gewesen wäre. Eine solche Einbeziehung in das Zusatzversorgungssystem
der technischen Intelligenz konnte durch eine Versorgungszusage in Form eines nach Art. 19 Satz 1 des Vertrages zwischen der
Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik über die Herstellung der Einheit Deutschlands (Einigungsvertrag) vom 31. August 1990 (BGBl. II S. 889, ber. S. 1239) bindend gebliebenen Verwaltungsaktes, durch eine Rehabilitierungsentscheidung auf der Grundlage von Art. 17 des Einigungsvertrages oder durch eine Einzelentscheidung, zum Beispiel auf Grund eines Einzelvertrages (vgl. § 1 Abs. 3 der Zweiten Durchführungsbestimmung zur Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz
in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben vom 24. Mai 1951 [DDR-GBl. Nr. 62 S. 487]), erfolgen. Keine dieser
Voraussetzungen ist vorliegend erfüllt.
Auch der Tatbestand des § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG ist zwar nicht erfüllt. Die Klägerin war zu keinem Zeitpunkt vor dem 30. Juni 1990 in ein Versorgungssystem einbezogen und
vor Eintritt des Leistungsfalls ausgeschieden (Fall einer gesetzlich fingierten Versorgungsanwartschaft). Der Tatbestand des
§ 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG kann - mangels tatsächlich erfolgter Einbeziehung in das Zusatzversorgungssystem - insbesondere auch nicht dadurch erfüllt
werden, dass die Klägerin vor ihrer am Stichtag 30. Juni 1990 beim VEB Kombinat NAGEMA, ausgeübten Beschäftigung möglicherweise
in volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben beschäftigt war und aus dieser Beschäftigung später "ausgeschieden" ist.
Die Klägerin war am 1. August 1991 aber - wie mit dem Feststellungsbescheid vom 18. Februar 2004 in der Fassung des Feststellungsbescheides
vom 15. Juli 2010 von der Beklagten zu Recht festgestellt worden war - Inhaberin einer fingierten Versorgungsanwartschaft
im Sinne der vom BSG in ständiger Rechtsprechung vorgenommenen erweiternden verfassungskonformen Auslegung des § 1 Abs. 1 AAÜG (vgl. dazu: BSG, Urteil vom 9. April 2002 - B 4 RA 31/01 R - SozR 3-8570 § 1 AAÜG Nr. 2 S. 14; BSG, Urteil vom 10. April 2002 - B 4 RA 34/01 R - SozR 3-8570 § 1 AAÜG Nr. 3 S. 20; BSG, Urteil vom 10. April 2002 - B 4 RA 10/02 R - SozR 3-8570 § 1 AAÜG Nr. 5 S. 33; BSG, Urteil vom 9. April 2002 - B 4 RA 41/01 R - SozR 3-8570 § 1 AAÜG Nr. 6 S. 40; BSG, Urteil vom 9. April 2002 - B 4 RA 3/02 R - SozR 3-8570 § 1 AAÜG Nr. 7 S. 60; BSG, Urteil vom 10. April 2002 - B 4 RA 18/01 R - SozR 3-8570 § 1 AAÜG Nr. 8 S. 74; BSG, Urteil vom 15. Juni 2010 - B 5 RS 6/09 R - JURIS-Dokument, RdNr. 22-36; BSG, Urteil vom 15. Juni 2010 - B 5 RS 9/09 R - JURIS-Dokument, RdNr. 15-31; BSG, Urteil vom 15. Juni 2010 - B 5 RS 10/09 R - JURIS-Dokument, RdNr. 15-31; BSG, Urteil vom 15. Juni 2010 - B 5 RS 17/09 R - JURIS-Dokument, RdNr. 15-31), weil sie am 30. Juni 1990 einen Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage gehabt hätte.
Danach ist bei Personen, die am 30. Juni 1990 in ein Versorgungssystem nicht einbezogen waren und die nachfolgend auch nicht
auf Grund originären Bundesrechts einbezogen wurden, zu prüfen, ob sie aus der Sicht des am 1. August 1991 gültigen Bundesrechts
nach den am 30. Juni 1990 gegebenen Umständen einen Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage gehabt hätten. Ein solcher
fiktiver Anspruch hängt im Bereich der Zusatzversorgung der technischen Intelligenz gemäß § 1 der Verordnung über die zusätzliche
Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben (nachfolgend: VO-AVItech)
vom 17. August 1950 (DDR-GBl. I Nr. 93 S. 844) und der Zweiten Durchführungsbestimmung (nachfolgend: 2. DB) vom 24. Mai 1951
(DDR-GBl. I Nr. 62 S. 487) von drei Voraussetzungen ab, nämlich von (1) der Berechtigung, eine bestimmte Berufsbezeichnung
zu führen (persönliche Voraussetzung), und (2) der Ausübung einer entsprechenden Tätigkeit (sachliche Voraussetzung), und
zwar (3) in einem volkseigenen Produktionsbetrieb im Bereich der Industrie oder des Bauwesens im Sinne von § 1 Abs. 1 der
2. DB oder in einem durch § 1 Abs. 2 der 2. DB gleichgestellten Betrieb (betriebliche Voraussetzung). Maßgeblich ist hierbei
das Sprachverständnis der DDR am 2. Oktober 1990 (BSG, Urteil vom 9. April 2002 - B 4 RA 31/01 R - SozR 3-8570 § 1 Nr. 2 S. 13).
Ausgehend hiervon war die Klägerin Inhaberin einer fingierten Versorgungsanwartschaft, weil sie am 30. Juni 1990 einen Anspruch
auf Erteilung einer Versorgungszusage gehabt hätte. Zu diesem Zeitpunkt war sie nämlich (1) berechtigt, den Titel eines Ingenieurökonomen
zu führen, (2) als Ingenieur für Investitionsvorbereitung und Investitionsrealisierung ihrer Ausbildung entsprechend tätig
und (3) in einem volkseigenen Produktionsbetrieb der Industrie beschäftigt.
Entgegen der Ansicht der Beklagten ist auch die - allein streitige - betriebliche Voraussetzung eines fingierten Anspruchs
im Bereich der Zusatzversorgung der technischen Intelligenz erfüllt.
Beschäftigungsbetrieb der Klägerin am maßgeblichen Stichtag (30. Juni 1990), und damit Arbeitgeber der Klägerin im rechtlichen
Sinn - worauf es nach der ständigen Rechtsprechung des BSG allein ankommt (vgl. dazu: BSG, Urteil vom 18. Dezember 2003 - B 4 RA 20/03 R - SozR 4-8570 § 1 AAÜG Nr. 2 S. 6, S. 13; BSG, Urteil vom 6. Mai 2004 - B 4 RA 49/03 R - JURIS-Dokument, RdNr. 21; BSG, Urteil vom 16. März 2006 - B 4 RA 30/05 R - JURIS-Dokument, RdNr. 28; BSG, Urteil vom 7. September 2006 - B 4 RA 39/05 R - JURIS-Dokument, RdNr. 15; BSG, Urteil vom 7. September 2006 - B 4 RA 41/05 R - JURIS-Dokument, RdNr. 15; BSG, Urteil vom 15. Juni 2010 - B 5 RS 6/09 R - JURIS-Dokument, RdNr. 37; BSG, Urteil vom 15. Juni 2010 - B 5 RS 9/09 R - JURIS-Dokument, RdNr. 32; BSG, Urteil vom 15. Juni 2010 - B 5 RS 10/09 R - JURIS-Dokument, RdNr. 32; BSG, Urteil vom 15. Juni 2010 - B 5 RS 17/09 R - JURIS-Dokument, RdNr. 32; BSG, Urteil vom 20. März 2013 - B 5 RS 27/12 R - JURIS-Dokument, RdNr. 17; BSG, Urteil vom 7. Dezember 2017 - B 5 RS 1/16 R - JURIS-Dokument, RdNr. 13) - war, ausweislich der vorliegenden Arbeits- und Änderungsverträge vom 13. Juni 1979, vom ohne
Datum (mit Wirkung zum 1. Januar 1990) sowie vom 27. April 1990 ausschließlich der VEB Kombinat NAGEMA A ... Der VEB Kombinat
NAGEMA A ... war ausweislich § 2 Abs. 1 des Kombinatsstatuts vom 12. Dezember 1983 (gültig ab 1. Januar 1984) eine selbständige
Wirtschaftseinheit, rechtsfähig und juristische Person. Er konnte damit Arbeitgeberfunktionen im rechtlichen Sinn ausüben.
Die Stempel "VEB Verpackungsmaschinenbau A ..." im Ausweis der Klägerin für Arbeit und Sozialversicherung am 30. Juni 1990
vermögen keine Änderung des Arbeitsrechtsverhältnisses zu bewirken. Ein Betrieb "Kombinatsleitung" - wie die Beklagte wiederholt
behauptet - war am 30. Juni 1990 aber gleichfalls weder rechtlich existent noch in irgendeiner Weise juristisch selbständig.
Dem Geltungsbereich der VO-AVItech und der 2. DB unterfallen nur die Produktionsbetriebe der Industrie und des Bauwesens,
deren Hauptzweck (bzw. Schwerpunkt) auf die industrielle (serienmäßig wiederkehrende) Fertigung, Herstellung, Anfertigung,
Fabrikation bzw. Produktion von Sachgütern oder die massenhafte Errichtung von baulichen Anlagen ausgerichtet war (vgl. exemplarisch:
BSG, Urteil vom 18. Dezember 2003 - B 4 RA 14/03 R - JURIS-Dokument, RdNr. 28; BSG, Urteil vom 6. Mai 2004 - B 4 RA 44/03 R - JURIS-Dokument, RdNr. 17; BSG, Urteil vom 27. Juli 2004 - B 4 RA 8/04 R - JURIS-Dokument, RdNr. 20; BSG, Urteil vom 27. Juli 2004 - B 4 RA 11/04 R - JURIS-Dokument, RdNr. 18; BSG, Urteil vom 23. August 2007 - B 4 RS 3/06 R - JURIS-Dokument, RdNr. 23; BSG, Urteil vom 19. Juli 2011 - B 5 RS 1/11 R - JURIS-Dokument, RdNr. 23; BSG, Urteil vom 19. Juli 2011 - B 5 RS 7/10 R - JURIS-Dokument, RdNr. 27). Der versorgungsrechtlich maßgebliche Betriebstyp ist neben den Merkmalen "Betrieb" und "volkseigen"
maßgeblich durch das weitere Merkmal "Produktion (Industrie/Bauwesen)" gekennzeichnet. Zwar sprechen die Überschrift der Versorgungsordnung,
ihr Vorspann ("Präambel") und ihr § 1 und ebenso § 1 Abs. 1 der 2. DB nur vom "volkseigenen Betrieb". Nach diesem Teil des
Wortlauts wären alle Betriebe, die auf der Basis von Volkseigentum arbeiteten, erfasst worden. Der in § 1 Abs. 2 der 2. DB
verwendete Ausdruck "Produktionsbetrieb" macht jedoch deutlich, dass die Zusatzversorgung der technischen Intelligenz nicht
in jedem volkseigenen Betrieb galt. Weil dort Betriebe und Einrichtungen aufgelistet wurden, die einem "Produktionsbetrieb"
gleichgestellt wurden, wird klar, dass die Versorgungsordnung und auch § 1 Abs. 1 der 2. DB nur (volkseigene) Produktionsbetriebe
erfasste. Dies wird durch § 1 der 1. DB vom 26. September 1950 (DDR-GBl. I Nr. 111 S. 1043) bestätigt, nach dem nur bestimmte
Berufsgruppen der technischen Intelligenz, die gerade in einem "Produktionsbetrieb" verantwortlich tätig waren, generell in
den Kreis der Versorgungsberechtigten einbezogen werden sollten (BSG, Urteil vom 9. April 2002 - B 4 RA 41/01 R - SozR 3-8570 § 1 AAÜG Nr. 6, S. 43 f.). Dass es dabei auf Produktionsbetriebe nur der "Industrie" und des "Bauwesens" ankommt, ergibt sich mit
Blick auf die Produktionsbetriebe der Industrie u.a. schon aus der Einbeziehung des Ministeriums für Industrie in § 5 VO-AVItech
und für die Produktionsbetriebe des Bauwesens aus der sprachlichen und sachlichen Gegenüberstellung von "Produktionsbetrieben
der Industrie und des Bauwesens" einerseits und allen anderen "volkseigenen Betrieben" andererseits, welche die DDR spätestens
ab den 60er-Jahren und jedenfalls am 30. Juni 1990 in ihren einschlägigen Gesetzestexten vorgenommen hat. Hierauf weisen §
2 der Verordnung über die Aufgaben, Rechte und Pflichten der volkseigenen Betriebe, Kombinate und VVB vom 28. März 1973 (DDR-GBl. I Nr. 15 S. 129) sowie § 41 Abs. 1 1. Spiegelstrich in Verbindung mit § 41 Abs. 2 der Verordnung über die volkseigenen Kombinate, Kombinatsbetriebe und volkseigenen Betriebe (nachfolgend: KombinatsVO 1979) vom 8. November 1979 (DDR-GBl. I Nr. 38 S. 355) hin, welche die Kombinate, Kombinatsbetriebe und die übrigen volkseigenen
Betriebe in der Industrie und im Bauwesen denen aus anderen Bereichen der Volkswirtschaft (z.B. im Handel, auf dem Gebiet
der Dienstleistungen, in der Landwirtschaft) gegenüberstellen.
Ein volkseigener Produktionsbetrieb der Industrie liegt daher vor, wenn der von ihm verfolgte Hauptzweck auf die industrielle,
massenhafte Fertigung, Fabrikation, Herstellung beziehungsweise Produktion (fordistisches Produktionsmodell) von Sachgütern
ausgerichtet war (BSG, Urteil vom 9. April 2002 - B 4 RA 41/01 R - SozR 3-8570 § 1 AAÜG Nr. 6 S. 35, S. 46 und S. 47; BSG, Urteil vom 23. August 2007 - B 4 RS 3/06 R - JURIS-Dokument, RdNr. 23). Es muss sich um einen "Produktionsdurchführungsbetrieb" gehandelt haben, der sein maßgebliches
Gepräge durch die unmittelbare industrielle Massenproduktion von Sachgütern erhalten hat (vgl. dazu explizit: BSG, Urteil vom 19. Juli 2011 - B 5 RS 1/11 R - JURIS-Dokument, RdNr. 20; BSG, Urteil vom 19. Juli 2011 - B 5 RS 7/10 R - JURIS-Dokument, RdNr. 24; BSG, Urteil vom 19. Juli 2011 - B 5 RS 4/10 R - JURIS-Dokument, RdNr. 25; BSG, Urteil vom 28. September 2011 - B 5 RS 8/10 R - JURIS-Dokument, RdNr. 19; BSG, Urteil vom 9. Mai 2012 - B 5 RS 8/11 R - JURIS-Dokument, RdNr. 21; BSG, Urteil vom 9. Oktober 2012 - B 5 RS 5/11 R - JURIS-Dokument, RdNr. 21; BSG, Urteil vom 9. Oktober 2012 - B 5 RS 5/12 R - JURIS-Dokument, RdNr. 23; BSG, Urteil vom 20. März 2013 - B 5 RS 3/12 R - JURIS-Dokument, RdNr. 24).
Entgegen der Behauptung der Beklagten ergibt sich aus den vorliegenden Betriebsunterlagen in keiner Weise, dass betriebliche
Hauptaufgabe des VEB Kombinat NAGEMA A ... "ausschließlich die Durchführung von zentralen Aufgaben der Leitung und Koordinierung
für die angeschlossenen Betriebe des Kombinates" gewesen sei. Vielmehr lassen die Betriebsunterlagen den - ursprünglich auch
von der Beklagten selbst gezogenen - Schluss darauf zu, dass dem VEB Kombinat NAGEMA A ... die industrielle massenhafte Produktionsdurchführung
das maßgebliche Gepräge verliehen hat.
Denn die wirtschaftliche Tätigkeit des Kombinates bestand ausweislich § 3 Abs. 1 Satz 1 des Kombinatsstatuts vom 12. Dezember
1983 (gültig ab 1. Januar 1984) in der Forschung, Entwicklung, Produktion und dem Verkauf von - Verpackungsmaschinen, - Schokoladenmaschinen,
- Maschinen und Ausrüstungen für die Getränkeabfüllung, - Maschinen und Ausrüstungen für die Speisenproduktion, - Maschinen
und Ausrüstungen für die Fleischwirtschaft, - Maschinen und Ausrüstungen für die Wägetechnik, - Maschinen und Ausrüstungen
für die Gastrotechnik, - Maschinen und Ausrüstungen für die milchverarbeitende Industrie, - Maschinen und Ausrüstungen für
die Mühlen- und Mischfutterindustrie, - Maschinen und Ausrüstungen für die Back- und Teigwarenindustrie sowie - von kompletten
Anlagen und Linien dieser Maschinen und von Zentrifugen, Wärmeaustauschern und Verdampfern für die Lebensmittelindustrie und
von Drahtgewebe, Sieben und sonstigen Drahtgeflechten.
Etwas Anderes oder Eingeschränkteres könnte sich lediglich aus Kombinatsanweisungen ergeben, die aber weder dem Gericht vorliegen,
noch auf Anforderung (gerichtliches Schreiben vom 1. August 2019) von der Beklagten vorgelegt worden sind. Denn gemäß § 3
Abs. 3 Satz 1 des Kombinatsstatuts regelte das Kombinat in Kombinatsanweisungen, welche Funktionen und Aufgaben im Kombinat
zentralisiert wahrgenommen wurden und welche Aufgaben und Funktionen an die Leitbetriebe übertragen wurden.
Zudem war Gegenstand der mit Satzung vom 21. Juni 1990 gegründeten und am 18. September 1990 ins Handelsregister (des Kreisgerichts
A ... unter der Registernummer:.) eingetragenen NAGEMA AG A ... - also einem der unmittelbaren Rechtsnachfolgebetriebe - ausweislich
des Handelsregistereintrags die Entwicklung, Herstellung und der Vertrieb von Maschinen, Ausrüstungen und kompletten Anlagen,
vorwiegend auf den Gebieten des Nahrungsgüter- und Verpackungsmaschinenbaus sowie der Wägetechnik.
Darüber hinaus war der mit der Betriebsnummer: 06181003 im Register der volkseigenen Wirtschaft (VEB-Registernummer: 110-12-771)
erfasste VEB Kombinat NAGEMA A ... - ausweislich der Unterlagen der Beklagten - nach der Systematik der Volkswirtschaftszweige
der DDR in die Wirtschaftsgruppe 15462 (Bau von Verpackungsmaschinen) eingeordnet. Neben den aus den Betriebsunterlagen hervorgehenden
Aufgaben des VEB Kombinat NAGEMA A ... ist auch die Anknüpfung an die Zuordnung des Betriebes in der Systematik der Volkswirtschaftszweige
der DDR ein geeignetes abstrakt-generelles Kriterium der Bewertung der Haupttätigkeit des Beschäftigungsbetriebes der Klägerin
(vgl. dazu auch: BSG, Beschluss vom 13. Februar 2008 - B 4 RS 133/07 B - JURIS-Dokument, RdNr. 11, wonach der Zuordnung in die Systematik der Volkswirtschaftszweige der DDR die Bedeutung einer
Hilfstatsache zukommen kann, welche bei der Beweiswürdigung für die Geprägefeststellung erheblich werden kann). Dies ergibt
sich vor allem aus dem Vorwort zur Systematik der Volkswirtschaftszweige der DDR für das Jahr 1985, die im Bundesarchiv zugänglich
ist und die belegt, dass bereits die DDR im Rahmen ihrer ökonomischen Planung und statistischen Abrechnung eine Einteilung
der Betriebe nach ihren Hauptaufgaben (ihrer Haupttätigkeit) im System der erweiterten Reproduktion (und damit nach ökonomischen
Gesichtspunkten) vorgenommen hat. Danach erfolgte die Zuordnung der selbstständigen wirtschaftlichen Einheiten - Betriebe,
Einrichtungen, Organisationen u.a. - unabhängig von der Unterstellung unter ein Staats- oder wirtschaftsleitendes Organ und
der sozialökonomischen Struktur. Die Systematik der Volkswirtschaftszweige war damit frei von möglichen Veränderungen, die
durch verwaltungsmäßige Unterstellungen der Betriebe und Einrichtungen hervorgerufen werden konnten. In der Systematik der
Volkswirtschaftszweige wurde die Volkswirtschaft der DDR in neun Wirtschaftsbereiche gegliedert: 1. Industrie, 2. Bauwirtschaft,
3. Land- und Forstwirtschaft, 4. Verkehr, Post und Fernmeldewesen, 5. Handel, 6. sonstige Zweige des produzierenden Bereichs,
7. Wohnungs- und Kommunalwirtschaft, Vermittlungs-, Werbe-, Beratungs-, u.a. Büros, Geld- und Kreditwesen, 8. Wissenschaft,
Bildung, Kultur, Gesundheits- und Sozialwesen und 9. staatliche Verwaltung, gesellschaftliche Organisationen. Die Zuordnung
der selbstständigen wirtschaftlichen Einheiten zu den Gruppierungen erfolgte entsprechend dem Schwerpunkt der Produktion bzw.
der Leistung oder dem Hauptzweck der Einrichtung, wobei jede Einheit nur einer Gruppierung zugeordnet werden konnte, mithin
der Hauptzweck des Betriebes dazu ermittelt werden musste. Sie wurde von den Dienststellen der Staatlichen Zentralverwaltung
für Statistik in Zusammenarbeit mit den Fachorganen festgelegt. Eine Änderung der Zuordnung bedurfte der Zustimmung der für
den Wirtschaftszweig verantwortlichen Fachabteilung der Staatlichen Zentralverwaltung für Statistik und sollte nur dann erfolgen,
wenn die Hauptproduktion des Betriebs grundsätzlich umgestellt worden war. Gerade diese Zuordnung der einzelnen Beschäftigungsbetriebe
im Rahmen der Systematik der Volkswirtschaftszweige bildet ein wesentliches, von subjektiven Elementen freies, aus dem Wirtschaftssystem
der DDR selbst stammendes Kriterium zur Beurteilung des Hauptzwecks eines Betriebes um festzustellen, ob für einen fiktiven
Einbeziehungsanspruch in die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz die nach der vom BSG herausgearbeiteten verfassungskonformen Auslegung erforderliche betriebliche Voraussetzung erfüllt ist. Soweit danach eine
Zuordnung des Beschäftigungsbetriebes der Klägerin, des VEB Kombinat NAGEMA A ..., zur Wirtschaftsgruppe 15462 (Bau von Verpackungsmaschinen)
vorgenommen wurde, ist diese Wirtschaftsgruppe dem produzierenden Bereich der Industrie zugeordnet. Die in der Wirtschaftsgruppe
15462 (Bau von Verpackungsmaschinen) erfassten Betriebe führten im Schwerpunkt folgende Aufgaben durch: "Herstellung von Einschlagmaschinen,
Form-Füll-Verschließmaschinen, Füll-Verschließmaschinen, Füllmaschinen, Verschließmaschinen, Palettiermaschinen, Stapelmaschinen
und Beladeeinrichtungen für Verpackungslinien, Vorbereitungsmaschinen für Verpackungsmittel und Verpackungsgüter, Zusatz-
und Hilfseinrichtungen für Verpackungsmaschinen, Baugruppen, Zubehör, Einzel- und Ersatzteile für Verpackungsmaschinen".
Dem VEB Kombinat NAGEMA A ... oblagen damit maßgeblich Aufgaben der Produktionsdurchführung im Bereich der massenhaften Herstellung
von Verpackungsmaschinen für die Nahrungsmittel- und Gastronomietechnik.
Soweit die Beklagte auf § 4 des Kombinatsstatuts vom 12. Dezember 1983 (gültig ab 1. Januar 1984) hinweist, wonach das Kombinat
(auch) - in Verbindung mit der Leitung des Reproduktionsprozesses staatliche Funktionen der Wirtschaftsleitung ausübte, -
verantwortlich für die Wahrnehmung der ihm auf Grundlage der gesetzlichen Bestimmungen übertragenen Bilanzfunktionen war,
- die Preisarbeit leitete, plante und koordinierte und im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen eigenverantwortlich die Preise
für die Erzeugnisse und Leistungen, für die das Kombinat verantwortlich war, bildete, - für seien Aufgabenbereiche die Aufgaben
auf dem Gebiet der wissenschaftlich-technischen und wirtschaftlich internationalen Zusammenarbeit im Rahmen der gesetzlichen
Bestimmungen und der Verfügungen des Ministers wahrnahm, - die Rechten und Pflichten ausübte, die ihm auf Grund der gesetzlichen
Bestimmungen über die Standardisierung, Schutzrechtsarbeit und auf dem Gebiet des Gesundheits-, Arbeits- und Brandschutzes
zugewiesen waren, - Aufgaben der Erzeugnisgruppenarbeit erfüllte und gemäß den gesetzlichen Bestimmungen die entsprechenden
Rechte und Pflichten ausübte sowie - die Rechte und Pflichten wahrnahm, die ihm für die Durchführung von Rahmenkollektivverträgen
übertragen worden waren, ergibt sich im vorliegenden Zusammenhang keine andere Bewertung der Sach- und Rechtslage. Denn zum
einen handelte es sich hierbei um zwangsläufig mit der Hauptaufgabe der Produktionsdurchführung verbundene, typischer- und
üblicherweise von einem Kombinat verrichtete Nebenzwecke, die den Charakter des Hauptzwecks (nämlich der Produktion) nicht
beeinflussen. Der Hauptzweck wird nach der Rechtsprechung des BSG nicht durch die Art der Hilfsgeschäfte und Hilfstätigkeiten geändert oder beeinflusst, die zu seiner Verwirklichung zwangsläufig
mit ausgeführt werden müssen oder daneben verrichtet werden (vgl. BSG, Urteil vom 18. Dezember 2003 - B 4 RA 14/03 R - JURIS-Dokument, RdNr. 28). Und zum anderen ist im vorliegenden konkreten Fall deutlich darauf hinzuweisen, dass verbleibende
Restzweifel dahingehend, ob die Produktionstätigkeit des VEB Kombinat NAGEMA A ... dem Betrieb das Gepräge gegeben hat, also
überwiegend und vorherrschend gewesen war (BSG, Urteil vom 10. April 2002 - B 4 RA 10/02 R - SozR 3-8570 § 1 AAÜG Nr. 5, S. 29, S. 35; BSG, Urteil vom 18. Dezember 2003 - B 4 RA 14/03 R - JURIS-Dokument, RdNr. 28; BSG, Urteil vom 6. Mai 2004 - B 4 RA 44/03 R - JURIS-Dokument, RdNr. 17; BSG, Urteil vom 27. Juli 2004 - B 4 RA 8/04 R - JURIS-Dokument, RdNr. 20; BSG, Urteil vom 27. Juli 2004 - B 4 RA 11/04 R - JURIS-Dokument, RdNr. 18), zu Lasten der Beklagten gehen. Denn Gegenstand des konkreten Verfahrens ist der Rechtswidrigkeitsfeststellungsbescheid
vom 29. April 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. Januar 2017, mit dem die Beklagte die Rechtswidrigkeit
des Feststellungsbescheides vom 18. Februar 2004 in der Fassung des Feststellungsbescheides vom 15. Juli 2010 sowie die Nichtanwendbarkeit
des § 1 AAÜG festgestellt hat. Da sich die Beklagte auf die Rechtswidrigkeit der zuvor bestandskräftig festgestellten Feststellungen (konkret
auf das Nichtvorliegen der betrieblichen Voraussetzung einer fingierten Zusatzversorgungsanwartschaft nach dem Zusatzversorgungssystem
der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben) beruft, obliegt im konkreten Verfahren
ausschließlich ihr die objektive Beweis- und Feststellungslast (vgl. dazu beispielsweise in Bezug auf die Rechtswidrigkeit
nach §§ 45 und 48 SGB X: BSG, Urteil vom 24. Mai 2006 - B 11a AL 49/05 R - JURIS-Dokument, RdNr. 27; konkret zu § 48 Abs. 3 SGB X: Schütze in: von Wulffen/Schütze, SGB X - Kommentar, 8. Aufl. 2014, § 48, RdNr. 31) dafür, dass die Anwendbarkeit von § 1 AAÜG nicht eröffnet sein soll, also konkret dafür, dass die betriebliche Voraussetzung einer fingierten Zusatzversorgungsanwartschaft
nach dem Zusatzversorgungssystem der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben nicht
vorliegen soll.
Soweit die Beklagte schließlich meint, mit §§ 2 und 4 des Kombinatsstatuts vom 12. Dezember 1983 (gültig ab 1. Januar 1984)
sei lediglich § 26 Abs. 1 der KombinatsVO 1979 umgesetzt worden, wonach (zwingend) eine selbständige Kombinatsleitung zu bilden gewesen sei, trifft dies zum einen
rechtlich nicht zu und führt zum anderen im konkreten Fall zu keiner anderen tatsächlichen Bewertung. § 26 Abs. 1 der KombinatsVO 1979 sah lediglich vor, dass - das Leitungssystem des Kombinats entsprechend den Erfordernissen der einheitlichen Leitung
der Volkswirtschaft und den spezifischen Reproduktionsbedingungen einfach, überschaubar und mit niedrigem Leitungsaufwand
zu gestalten war (§ 26 Abs. 1 Satz 1 KombinatsVO 1979), - das Leitungssystem des Kombinats in der Regel mit der Leitung eines Kombinatsbetriebes - Leitung über einen Stammbetrieb
- zu verbinden war (§ 26 Abs. 1 Satz 2 KombinatsVO 1979), - eine selbständige Kombinatsleitung (nur) zu bilden war, sofern es die spezifischen Reproduktionsbedingungen im Kombinat
erforderten (§ 26 Abs. 1 Satz 3 KombinatsVO 1979), - die Entscheidung über die im Kombinat anzuwendende Leitungsform der Minister traf (§ 26 Abs. 1 Satz 4 KombinatsVO). Daraus ergibt sich, dass die Behauptung der Beklagten, in Kombinaten sei stets eine selbständige Kombinatsleitung zu bilden
gewesen, rechtlich unzutreffend ist. Im Übrigen würde selbst der Umstand, dass im VEB Kombinat NAGEMA A ... eine selbständige
Kombinatsleitung bestanden habe, zu keinem anderen Ergebnis führen. Denn die Klägerin hatte ihren Arbeitsvertrag nicht mit
einer - wie auch immer rechtlich kaum eigenständig rechtsfähigen - Kombinatsleitung, sondern mit dem Kombinat selbst geschlossen.
Arbeitgeber der Klägerin war ausschließlich der VEB Kombinat NAGEMA A ... und gerade keine Kombinatsleitung, wie die Beklagte
auf abenteuerliche Weise herbei zu argumentieren versucht.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§
183,
193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision nach §
160 Abs.
2 SGG liegen nicht vor.