Anspruch auf Arbeitslosengeld II; Leistungen für Unterkunft und Heizung; Übernahme unangemessen hoher Heizkosten
Gründe:
I.
Die Antragstellerin/Beschwerdeführerin begehrt im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes von dem Antragsgegner/Beschwerdegegner
die Übernahme des Saldos aus der Jahresverbrauchsabrechnung Strom für das Jahr 2012.
Die 1962 geborene Antragstellerin ist erwerbslos und ohne eigenes Einkommen. Sie bezieht bereits seit geraumer Zeit von dem
Antragsgegner Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II). Sie bewohnt allein ein in ihrem Eigentum stehendes Grundstück mit einem Bungalow, welcher eine Wohnfläche von ca. 50 m²
hat und ausschließlich mit Strom beheizt wird. Das Grundstück ist Bestandteil einer ehemaligen Kleingartenanlage. Im Zeitraum
1. Januar bis 31. Dezember 2012 bewilligte der Antragsgegner ihr u.a. Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von insgesamt
1.666,32 EUR (Hauslasten in Höhe von insgesamt 586,32 EUR und Heizkosten in Höhe von insgesamt 1.080,00 EUR). Der von der
Antragstellerin im Jahre 2012 im zweimonatigen Abstand zu zahlende Stromabschlag (Heizstrom und Haushaltsenergie) betrug 208,00
EUR. Am 19. Januar 2012 ließ die Antragstellerin einen Stromzwischenzähler für die Elektroheizung einbauen. Danach betrug
der Verbrauch an Heizstrom im Zeitraum vom 19. Januar bis 31. Dezember 2012 7.569 kWh.
Der Antragsgegner bewilligte der Antragstellerin auf ihren Antrag vom 18. Dezember 2012 mit Bescheid vom 9. Januar 2013 für
den Zeitraum Februar bis Juli 2013 monatliche Leistungen in Höhe von 535,22 EUR und berücksichtigte hierbei neben dem Regelbedarf
in Höhe von 382,00 EUR Hauslasten in Höhe von 54,43 EUR und Heizkosten in Höhe von 90,00 EUR. Für den Zeitraum August 2013
bis Januar 2014 bewilligte der Antragsgegner zuletzt mit Bescheid vom 3. Juli 2013 monatliche Leistungen in Höhe von 533,56
EUR unter Berücksichtigung von Heizkosten in Höhe von 90,00 EUR.
Am 29. Januar 2013 beantragte die Antragstellerin beim Antragsgegner u.a. die Übernahme des Saldos aus der Jahresverbrauchsabrechnung
Strom der Stadtwerke B. vom 16. Januar 2013 für die Zeit vom 1. Januar bis 31. Dezember 2012. Danach betrug der Gesamtverbrauch
im Jahr 2012 10.520 kWh (2011: 4.921 kWh) bei einem Arbeitspreis von 21,02 Ct/kWh netto. Der Gesamtbetrag für 2012 betrug
2.631,45 EUR brutto. Abzüglich der gezahlten Abschläge in Höhe von 1.248,00 EUR ergab sich ein Rechnungsbetrag von 1.383,45
EUR, zahlbar bis zum 31. Januar 2013. Zudem wurde der neue Abschlag für das Jahr 2013 auf 494,00 EUR (zu zahlen alle zwei
Monate ab Februar 2013) festgesetzt.
Am 12. Februar 2013 sprach die Antragstellerin wegen der Jahresverbrauchsabrechnung vom 16. Januar 2013 vor und teilte mit,
dass der Energieversorger wegen des noch offenen Rechnungsbetrages die Einstellung der Versorgung angedroht habe. Der Antragsgegner
veranlasste daraufhin eine Überprüfung des Stromzählers der Antragstellerin durch den Stromversorger. Diese Überprüfung ergab,
dass die Antragstellerin im Zeitraum von Januar 2013 bis 20. März 2013 Strom in einem Umfang von 4.428 kWh verbraucht habe,
der Stromzähler jedoch in Ordnung sei.
Mit Bescheid vom 21. März 2013 lehnte der Antragsgegner den "Antrag vom 26.02.2013 auf darlehensweise Übernahme der Stromschulden"
ab. Hiergegen erhob die Antragstellerin Widerspruch, über den noch nicht entschieden worden ist. Mit Schreiben vom 21. März
2013 (eingegangen beim Antragsgegner am 27. März 2013) beantragte die Antragstellerin durch ihren Prozessbevollmächtigten,
die Versorgungskosten aus der Jahresverbrauchsabrechnung der Stadtwerke B. in Höhe von 1.383,45 EUR zu übernehmen, ggf. hilfsweise
vorläufig als Darlehen.
Nachdem der Energieversorger die Stromversorgung des Grundstücks der Antragstellerin bereits am 27. März 2013 eingestellt
hatte, hat sie am 2. April 2013 beim Sozialgericht Magdeburg (SG) einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz gestellt und die darlehensweise Übernahme von Stromschulden in Höhe von 1.399,45
EUR nebst Sperrkosten in Höhe von 105,00 EUR begehrt. Sie hat vorgetragen, nicht über die wirtschaftlichen Mittel zu verfügen,
um die Jahresrechnung zu begleichen. Sie habe zugleich beim Amtsgericht W. (AG) den Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen
den Stromversorger auf Wiederherstellung der Stromversorgung beantragt.
Am 9. April 2013 hat die Antragstellerin mit dem Energieversorger beim AG einen Vergleich geschlossen, mit dem sie sich verpflichtet
hat, eine Betrag aus der Jahresverbrauchsrechnung in Höhe von 1.386,45 EUR (1.383,45 EUR + 3,00 EUR Mahnkosten) an den Energieversorger
zu zahlen. Dabei wurde ihr nachgelassen, diesen Betrag ab Mai 2013 in jeweils zum 15. des Monats fälligen Raten in Höhe von
50 EUR zurückführen. Dem Energieversorger wurde das Recht eingeräumt, die Stromzufuhr zum Grundstück der Antragstellerin sofort
zu unterbrechen, sollte sie mit einer Rate mehr als einen Monat lang in Verzug geraten. Für diesen Fall sollte auch die gesamte
noch offene Forderung sofort fällig werden. Im Gegenzug hat sich der Energieversorger verpflichtet, die Stromversorgung des
Grundstückes der Antragstellerin wiederherzustellen.
Die Antragstellerin hat an ihrem Eilantrag vor dem SG gleichwohl festgehalten und vorgetragen, dass die Angelegenheit trotz der eingegangenen Ratenzahlungsvereinbarung nach wie
vor existenzbedrohend und eilbedürftig sei. Da sie zusätzlich noch alle zwei Monate den Abschlag in Höhe von 494,00 EUR zahlen
müsse, ergäbe sich eine Gesamtbelastung an Stromkosten in Höhe von 300,00 EUR monatlich. Der Antragsgegner übernehme nur Heizkosten
in Höhe von 90,00 EUR monatlich. Bei dessen Verpflichtung zur Übernahme der Rückstände sei zumindest die vereinbarte Ratenzahlung
obsolet.
Am 11. April 2013 hat die Antragstellerin einen Betrag in Höhe von 1.383,45 EUR auf das Konto des Energieversorgers eingezahlt.
Anschließend hat sie bei diesem vorgesprochen und um Wiederauszahlung des Betrages gebeten, da sie die vereinbarte Ratenzahlung
weiter bedienen wolle. Im Ergebnis ist der Betrag auf ihren Wunsch mit den noch offenen Abschlägen verrechnet worden.
Mit Beschluss vom 21. Mai 2013 hat das SG die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes abgelehnt. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Im Rahmen diverser
Vorrechtsstreite sei es zu dem Ergebnis gekommen, dass die Heizkosten der Antragstellerin unangemessen hoch seien. Diese seien
in Höhe des höchsten Brennwertes des Bundesweiten Heizkostenspiegels zu übernehmen, was der Antragsgegner auch getan habe.
Ein darüber hinausgehender Anspruch bestehe nicht. Zudem gehe es davon aus, dass die Antragstellerin auch in der Lage sei,
den vor dem AG geschlossenen Vergleich bezüglich der vereinbarten Ratenzahlung einzuhalten, da ein solcher Vergleich ansonsten
nicht hätte abgeschlossen werden dürfen.
Hiergegen hat die Antragstellerin am 21. Juni 2013 Beschwerde beim SG eingelegt und trägt vor, sie habe sich am 10. April 2013 von einem Bekannten einen Betrag von 1.400 EUR geliehen. Hiervon
habe sie zweimal Abschläge in Höhe von 494,00 EUR bezahlt sowie die Ratenzahlungsvereinbarung bedient. Es treffe zwar zu,
dass sie zunächst die Jahresverbrauchsabrechnung beglichen habe. Nach Rücksprache mit ihrem Anwalt habe sie jedoch die Tilgungsbestimmung
geändert, da sie sonst die laufenden Abschläge nicht hätte weiter bezahlen können. Der Bundesweite Heizkostenspiegel enthalte
keine Werte für Heizstrom, sodass er nicht herangezogen werden könne. Es treffe auch nicht zu, dass es keine weiteren Ermittlungsmöglichkeiten
für die Frage der durchschnittlichen Heizkosten bei Heizstrom gäbe. Ein unwirtschaftliches Heizverhalten könne ihr nicht vorgeworfen
werden. Sie heize ihr Bungalow nicht komplett, sondern nur einen Teil der Räume und trage im Winter ständig dicke Kleidung.
Sie habe nach Unterbrechung der Stromversorgung alles in ihrer Kraft Stehende versucht, um wieder Strom geliefert zu bekommen.
Nur aus diesem Grund habe sie das Angebot des Energieversorgers - Ratenzahlung und Wiederherstellung der Stromversorgung -
angenommen. Der Verpflichtung zur Zahlung der Abschläge und der Raten habe sie zunächst nur aufgrund des Darlehens nachkommen
können. Die weiteren Stromkosten habe sie aus ihrer Regelleistung aufbringen müssen, da ihr immer wieder Sperrandrohungen
des Energieversorgers zugegangen seien. Sie habe sich in ihrem im Jahre 2000 erstandenen Bungalow eine Stromheizung einbauen
lassen, weil es sich damals um die kostengünstigste Alternative gehandelt habe. Bis zum Jahre 2008 habe es auch keine Probleme
mit den Heizkosten gegeben, da aufgrund einer Fehlinstallation ihre Stromkosten auf die gesamte Gartenanlage umgelegt worden
seien. Nach Beseitigung dieses Fehlers habe sie erst im Jahr 2008 festgestellt, wie hoch der Stromverbrauch tatsächlich ist.
Sie habe dann kaum noch geheizt und sich in den Wintermonaten tagsüber nur noch bei Freunden und Verwandten aufgehalten. Anfang
des Jahres 2012 habe sie sich dann den Zwischenstromzähler einbauen lassen, um die tatsächlichen Heizkosten nachweisen zu
können. Ab diesem Zeitpunkt habe sie den Bungalow auch wieder beheizt, mit dem Ergebnis, dass die Stromkosten deutlich gestiegen
seien.
Die Antragstellerin beantragt sinngemäß nach ihrem schriftlichen Vorbringen,
den Beschluss des Sozialgerichts Magdeburg vom 21. Mai 2013 aufzuheben und den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung
zu verpflichten, ihre Stromschulden in Höhe von 1.383,45 EUR zu übernehmen.
Der Antragsgegner beantragt schriftlich,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Er trägt vor, dass weder ein Anordnungsgrund noch ein Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht seien. Die Antragstellerin habe
zunächst den Saldo aus der Jahresverbrauchsabrechnung beglichen und dann eigenmächtig den bereits bezahlten Betrag auf die
Abschläge verrechnen lassen. Sie habe sich darüber hinaus eigenverantwortlich für das teuerste Heizmedium entschieden. Er
sei nicht verpflichtet, die extrem unangemessenen Heizkosten der Antragstellerin zu übernehmen. Insbesondere die Entwicklung
des Stromverbrauches zeige die Beeinflussbarkeit der Kosten. Die Jahresabrechnung für 2008 habe einen Verbrauch von 7.334
kWh, für 2009 von 6.392 kWh, für 2010 von 4.950 kWh, für 2011 von 4.921 kWh und für 2012 von 10.520 kWh ausgewiesen. Eine
konkrete Kostensenkungsaufforderung bezüglich der Heizkosten könne nicht vorgelegt werden. Eine solche sei jedoch auch nicht
erforderlich, weil bereits im Urteil des SG vom 7. Dezember 2011 im Verfahren S 4 AS 850/08 klargestellt worden sei, dass die geltend gemachten Stromkosten von 330,00 EUR unangemessen hoch seien und im Zeitraum von
Februar bis Juli 2008 maximal in Höhe des Höchstbetrages des Bundesweiten Heizkostenspiegels zu übernehmen seien. Damit sei
die Antragstellerin hinreichend gewarnt und aufgeklärt worden.
Am 16. Oktober 2013 haben die Stadtwerke B. auf Nachfrage des Gerichts telefonisch mitgeteilt, dass die Antragstellerin sowohl
die Ratenzahlungsvereinbarung als auch die fälligen Abschläge bis einschließlich Oktober 2013 bedient hat. Die Restschuld
aus der Jahresverbrauchsabrechnung für das Jahr 2012 betrug zu diesem Zeitpunkt noch 1.092,00 EUR.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten
und der beigezogenen Verwaltungsakten des Antragsgegners verwiesen.
II.
Die Beschwerde ist gemäß §
172 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) statthaft, form- und fristgerecht eingelegt (§
173 SGG) und auch im Übrigen zulässig. Der Beschwerdewert von 750,00 EUR gemäß §§
172 Abs.
3 Nr.
1 i.V.m. 144 Abs.
1 Nr.
1 SGG ist überschritten.
Die Beschwerde ist auch überwiegend begründet. Der Antragsgegner ist vorläufig zu verpflichten, der Antragstellerin auf den
Saldo der Jahresverbrauchsabrechnung vom 16. Januar 2013 weitere Heizkosten in Höhe von 1.020,66 EUR für Januar 2013 gewähren.
Dabei ist der Streitgegenstand nicht auf die vorläufige Gewährung eines Darlehens begrenzt. Die Antragstellerin hat zwar zunächst
beim SG die Übernahme des Rechnungsbetrages als Darlehen beantragt. Nach Abschluss des Vergleiches beim AG hat sie den Eilantrag
beim SG jedoch aufrechterhalten, weil ihr eine Ratenzahlung neben den monatlich geschuldeten Stromabschlägen nicht möglich sei. Dabei
hat sie klargestellt, sie begehre die Verpflichtung des Antragsgegners zur vorläufigen Übernahme des gesamten Rechnungsbetrages.
Dies hat sie in dem im Beschwerdeverfahren am 18. Oktober 2013 durchgeführten Erörterungstermin auch nochmals zu Protokoll
gegeben. Mit einer Verpflichtung zur darlehensweise Übernahme wäre der Antragstellerin - ihr Vorbringen zu Grunde gelegt -
auch nicht geholfen, da dieses Darlehen nach § 42a Abs. 2 SGB II ab dem Monat, der auf die Auszahlung folgt, durch monatliche Aufrechnung in Höhe von 10 Prozent der maßgebenden Regelleistung
zu tilgen wäre. Das Begehren der Antragstellerin im Verwaltungsverfahren war nicht auf die Gewährung eines Darlehens beschränkt,
auch wenn der Antragsgegner mit Bescheid vom 21. März 2013 ausdrücklich nur einen Darlehensantrag abgelehnt hat. Dies ergibt
sich insbesondere aus dem Schreiben des Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin vom 21. März 2013, der ausdrücklich die
Übernahme des Saldos der Jahresverbrauchsrechnung und nur hilfsweise die vorläufige Übernahme als Darlehen beantragt hat.
Ermächtigungsgrundlage für den Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung ist §
86b Abs.
2 Satz 2
Sozialgerichtsgesetz (
SGG). Danach kann das Gericht zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis eine einstweilige
Anordnung treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Eine Regelungsanordnung
setzt einen Anordnungsanspruch, also einen materiell-rechtlichen Anspruch auf die Leistung, zu der der Antragsgegner im Wege
des einstweiligen Rechtsschutzes verpflichtet werden soll, sowie einen Anordnungsgrund, nämlich einen Sachverhalt, der die
Eilbedürftigkeit der Anordnung begründet, voraus. Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund sind glaubhaft zu machen (§
86a Abs.
2 Satz 4
SGG i.V.m. §
920 Abs.
2 Zivilprozessordnung).
Die Antragstellerin hat in Höhe von 1.020,66 EUR einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Dieser ergibt sich vorliegend
aus § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II. Danach werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen
sind. Bei dem Saldo aus der Jahresverbrauchsrechnung vom 16. Januar 2013 handelt es sich teilweise um Heizkosten, da die Antragstellerin
mit Strom heizt und eine getrennte Abrechnung durch den Energieversorger nach Haushaltsenergie und Heizstrom nicht erfolgt.
Diese Heizkosten sind - soweit nicht bereits bei der Leistungsbewilligung im maßgeblichen Zeitraum (hier: 2012) berücksichtigt
- grundsätzlich durch den Antragsgegner zu übernehmen. § 22 Abs. 1 SGB II erfasst nicht nur laufende, sondern auch einmalige Kosten für Unterkunft und Heizung. Soweit eine Nachforderung in einer
Summe fällig wird, ist sie als tatsächlicher, aktueller Bedarf im Zeitpunkt ihrer Fälligkeit zu berücksichtigen (BSG Urteil vom 15.4.2008 - B 14/7b AS 58/06 R - zitiert nach juris). Nachzahlungen gehören demzufolge zum aktuellen Bedarf im Fälligkeitsmonat, vorliegend im Januar
2013. Für das Jahr 2012 liegt insgesamt ein Stromverbrauch in Höhe von 10.520 kWh vor. Hiervon entfallen im Zeitraum vom 19.
Januar bis 31. Dezember 2012 auf den Heizstrom 7.569 kWh. Da der Verbrauch von Heizstrom im Zeitraum vom 1. bis 18. Januar
2013 in Ermangelung eines Zwischenzählers nicht anderweitig festgestellt werden kann, geht der Senat vorläufig von einem Verbrauch
von Heizstrom für diesen Zeitraum unter Hochrechnung nach Gradtagszahlen (vgl. hierzu den Gradtagszahlenrechner unter: www.onlinefiliale.minol-liverserver.de/gradtagszahlenrechner/index/)
von 829 kWh aus, so dass ein Gesamtjahresverbrauch von 8.398 kWh zugrunde zu legen ist. Dies ergibt für das Jahr 2012 Heizkosten
in Höhe von 2.100,66 EUR ((8.398 kWh x 21,02 Ct) +19% MwSt.). Hiervon hat der Antragsgegner bereits im Zeitraum Januar bis
Dezember 2012 1.080,00 EUR (12 Monate x 90,00 EUR) übernommen, so dass sich ein aus der Jahresabrechnung vom 16. Januar 2013
zu übernehmender weiterer Betrag in Höhe von 1.020,66 EUR (2.100,66 EUR - 1.080,00 EUR) ergibt.
Der Übernahme dieses Betrages steht nicht entgegen, dass die Heizkosten ggf. unangemessen sind. Zwar sind grundsätzlich vom
Grundsicherungsträger nur angemessene Kosten der Unterkunft und Heizung zu übernehmen, wobei die Prüfung der Angemessenheit
der Heizkosten getrennt von der der Unterkunftskosten zu erfolgen hat. Für eine Unangemessenheit der Heizkosten könnte vorliegend
sprechen, dass die in Ermangelung eines örtlichen Mietspiegels im Regelfall heranzuziehenden Grenzwerte der Spalte "zu hoch"
des Bundesweiten Heizkostenspiegels - hier des Bundesweiten Heizkostenspiegels für das Jahr 2012 - für alle dort aufgeführten
Energieträger (Öl, Erdgas und Fernwärme) überschritten sind. Im Ergebnis kommt es hierauf - gerade auch im Hinblick darauf,
dass der Bundesweite Heizkostenspiegel keine Aussage über die Beheizung mit Strom trifft - jedoch nicht an. Denn nach § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II sind Aufwendungen für die Unterkunft, soweit sie den der Besonderheit des Einzelfalls angemessenen Umfang übersteigen, als
Bedarf des Hilfebedürftigen solange zu berücksichtigen, wie es ihm nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel,
durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate. Vorliegend
käme nur ein Wohnungswechsel als Maßnahme der Kostensenkung in Betracht. In diesem zu entscheidenden Fall kann grundsätzlich
dahinstehen, ob eine Kostensenkung durch Energieeinsparung von der Antragstellerin nicht ernsthaft gewollt ist oder aber in
der Wohnung aufgrund gebäudespezifischer Faktoren objektiv nicht zu erreichen ist oder Investitionen notwendig macht, zu denen
die Antragstellerin als Hauseigentümerin nicht in der Lage ist. Ersteres könnte bereits vom Träger der Grundsicherung nicht
ohne weiteres kontrolliert und durchgesetzt werden (vgl. BSG, Urteil vom 12. Juni 2013, B 14 AS 60/12, Rnr. 29 - zitiert nach juris). Im vorliegenden Fall liegt zudem nahe, dass die hohen Heizkosten der Antragstellerin zumindest
auch auf gebäudespezifische Faktoren zurückzuführen sind. Offensichtlich handelt es sich bei dem Bungalow um ein zunächst
zu Erholungszwecken erstelltes Gebäude, welches über eine nur unzureichende Dämmung verfügen dürfte, zudem freistehend und
ebenerdig ist. Auch die Grundstückslage in B. im Harz kann grundsätzliche höhere Heizkosten bedingen. Darüber hinaus hat die
Antragstellerin im Hinblick auf die gegenüber den Vorjahren deutlich angestiegenen Stromverbrauch angegeben, sie habe ab 2008
in den Wintermonaten aus Angst vor zu hohen Stromkosten kaum noch geheizt und sich während der Heizperiode fast nur noch bei
Freunden und Verwandten aufgehalten. Erst im hier streitigen Abrechnungszeitraum habe sie sich aufgrund des eingebauten Zwischenzählers
und der damit verbundenen Möglichkeit des Nachweises der Heizkosten wieder getraut, ihren Bungalow zu beheizen. Dies als wahr
unterstellt, stellt sich das Verhalten der Antragstellerin - nämlich das Nichtbeheizen des Hauses mit der Folge der faktischen
Unbenutzbarkeit während der Heizperiode - nicht als zumutbare Maßnahme der Kostensenkung dar. Dass die Antragstellerin über
die finanziellen Mittel verfügt, um den energetischen Standard ihres Bungalows zu erhöhen oder eine kostengünstigere Heizung
einzubauen, ist ebenfalls nicht erkennbar, zumal sie sich nach ihrem Vorbringen wegen des Einbaus einer Gasheizung an den
Antragsgegner gewandt hat, der die Kostenübernahme abgelehnt habe.
Bleibt im vorliegenden Fall nur der Wohnungswechsel als Maßnahme zur Senkung der Heizkosten, gilt nach aktueller Rechtsprechung
des Bundessozialgerichtes vom 12. Juni 2013 (aaO.) folgendes:
Ein Wohnungswechsel als Kostensenkungsmaßnahme wegen überhöhter Heizkosten ist nur zumutbar, wenn in einer alternativ zu beziehenden
Wohnung insgesamt keine höheren Kosten als bisher anfallen. Ein Wohnungswechsel, der zwar zu niedrigeren Heizkosten, nicht
aber zu niedrigeren Gesamtkosten führt, wäre seinerseits unwirtschaftlich und deshalb nicht zumutbar. Es ist daher zu prüfen,
welche Vergleichskosten für Unterkunft und Heizung sich auf dem maßgeblichen Wohnungsmarkt ergeben, die der Antragsgegner
nach einem Wohnungswechsel als angemessen zu zahlen hätte. Neben dem (gerichtlich voll zu überprüfenden) Wert, der sich für
die Kosten der Unterkunft einer alleinstehenden Person als abstrakt angemessen ergibt, kann wegen der Kosten der Heizung im
Ausgangspunkt auf die vom Grundsicherungsträger in seiner Verwaltungspraxis als angemessen angesehenen (durchschnittlichen)
Heizkosten zurückgegriffen werden. Ergibt sich, dass die tatsächlichen Gesamtaufwendungen des Leistungsberechtigten diese
Vergleichskosten nicht übersteigen, sind ihm Kostensenkungsmaßnahmen i.S. d. § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II nicht zumutbar. Die tatsächlich anfallenden Aufwendungen für Unterkunft und Heizung sind dann weiterhin zu übernehmen.
Dem schließt sich der erkennende Senat in vollem Umfang an. Für den vorliegenden Fall ergibt sich aus den vorgenannten Grundsätzen,
dass die Heizkosten für das Jahr 2012, denen materiell auch die Stromkostennachforderung, soweit sie auf der Beheizung der
Wohnung beruht, ihrer Entstehung im tatsächlichen Sinne zuzuordnen ist (vgl. BSG, Urteil vom 6. April 2011, B 4 AS 12/10 R - zitiert nach juris), vom Antragsgegner in vollem Umfang zu übernehmen sind. Insgesamt betrugen die Gesamtkosten durchschnittlich
223,92 EUR monatlich (Hauslasten in Höhe von 586,32 EUR + Heizkosten in Höhe von 2.100,66 EUR): 12). Nach der hier vorläufig
zugrunde zu legenden, ab dem 1. August 2012 geltenden Richtlinie des Antragsgegners sind angemessen eine Brutto-Kaltmiete
in Höhe von 258,50 EUR (eine Person, Wohnfläche bis 50 m², Wohnungsmarkttyp I) und Heizkosten in Höhe von 70,00 EUR, also
insgesamt Aufwendungen in Höhe von 328,50 EUR monatlich. Damit übersteigen die Gesamtaufwendungen der Antragstellerin für
ihre Unterkunft im Jahre 2012 die maßgeblichen, vorläufig zugrunde zu legenden Vergleichskosten nach der Richtlinie des Antragsgegners
nicht. Es sind daher die tatsächlichen Kosten für Unterkunft und Heizung von ihm zu übernehmen und damit auch der Anteil aus
der Verbrauchsabrechnung vom 16. Januar 2013 für das Jahr 2012, der auf den Heizstrom entfällt, abzüglich der bereits im Jahr
2012 für die Heizkosten gewährten Leistungen in Höhe von insgesamt 1.080,00 EUR. Dies bedeutet, dass die Antragstellerin Anspruch
auf Übernahme des Saldos aus der Stromjahresabrechnung vom 16. Januar 2013 in Höhe von 1020,66 EUR hat.
Die Antragstellerin hat auch insoweit einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht. Ein solcher ist nicht schon aus dem Grund entfallen,
dass sie nach dem beim AG geschlossenen Vergleich berechtigt ist, die Forderung in Raten zu zahlen. Denn die Vereinbarung
über die Ratenzahlung ist nicht geeignet, die im vorliegenden Fall bestehende Notlage abzuwenden. Die Antragstellerin hat
derzeit noch zusätzlich laufende Abschläge für die Stromversorgung in Höhe von 494 EUR alle zwei Monate zu zahlen, von denen
der Antragsgegner lediglich 90 EUR monatlich übernimmt. Für den Fall der Nichtzahlung der Raten droht ihr ohne weitere Ankündigung
die erneute Einstellung der Stromversorgung mit der Folge, dass ihr Bungalow insbesondere in den Wintermonaten faktisch unbewohnbar
wäre. Dies bedeutet, dass die Antragstellerin monatlich 207,00 EUR aus ihrer Regelleistung aufbringen muss. Das wäre anhand
der Tatsache, dass sie glaubhaft gemacht hat, nicht über weitere Einkünfte als die der Deckung des soziokulturellen Existenzminimums
dienenden Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes zu verfügen, nicht zumutbar. Nach dem beim AG geschlossenen Vergleich
ist die Antragstellerin auch berechtigt, die (Rest-)Forderung aus der Jahresverbrauchsabrechnung jederzeit in einem Betrag
zu tilgen. Der Senat sieht daher davon ab, den Antragsgegner nur zur Übernahme der monatlichen Raten in Höhe von 50,00 EUR
zu verpflichten, zumal in der Hauptsache die Forderung aus der Jahresverbrauchsabrechnung - soweit sie als Heizkosten zu behandeln
ist - als Bedarf im Fälligkeitsmonat - hier im Januar 2013 - zu berücksichtigen wäre. Auch der Umstand, dass die Antragstellerin
zunächst - wie sie glaubhaft gemacht hat - mit dem Darlehen eines Bekannten das Saldo aus der Jahresverbrauchsrechnung am
11. April 2013 beglichen und einen Betrag in Höhe von 1.383,45 EUR an den Energieversorger gezahlt hat, hat den Anordnungsgrund
nicht entfallen lassen. Denn es erfolgte eine Verrechnung mit den geschuldeten laufenden Abschlägen, mit denen die Antragstellerin
offensichtlich erneut in Verzug geraten war. Auch wenn die Antragstellerin nach ihren Angaben selbst um eine solche Verrechnung
gebeten hat, lässt dies das Eilbedürfnis nicht entfallen. Bei der Beurteilung, ob eine Dringlichkeit für den Erlass einer
einstweiligen Anordnung vorliegt, kommt es grundsätzlich nicht darauf an, ob die bestehende Notlage selbst verschuldet oder
herbeigeführt worden ist. Darüber hinaus blieb der Antragstellerin auch nichts anderes übrig, als einer solchen Verrechnung
zuzustimmen, da sie offensichtlich nicht in der Lage war (und wohl ist), die laufenden Abschläge zu zahlen. Das beruht wohl
auch darauf, dass der Antragsgegner die laufenden Heizkosten nur in unzureichender Höhe berücksichtigt hat.
Im Übrigen ist die Beschwerde unbegründet und daher zurückzuweisen. Soweit die Antragstellerin über den Betrag von 1.020,66
EUR hinausgehend in Höhe eines weiteren Betrages von 362,79 EUR die vorläufige Übernahme des Saldos aus der Jahresverbrauchsabrechnung
vom 16. Januar 2013 begehrt, hat sie keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Soweit die Stromnachforderung nicht auf
der Beheizung der Wohnung beruht, sondern Kosten für Haushaltsenergie darstellt, ist sie nicht nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II zu übernehmen. Die Haushaltsenergie ist nicht Bestandteil der Leistungen für Unterkunft und Heizung, sondern von den Leistungsempfängern
aus dem Regelbedarf des § 20 SGB II aufzubringen. In Betracht kommt daher für die Übernahme der Nachzahlung bezüglich der Haushaltsenergie lediglich ein Anordnungsanspruch
nach § 22 Abs. 8 SGB II. Nach Satz 1 dieser Vorschrift können, sofern Arbeitslosengeld II für den Bedarf für Unterkunft und Heizung bezogen wird,
auch Schulden übernommen werden, soweit dies zur Sicherung der Unterkunft gerechtfertigt ist. Sie sollen nach Satz 2 übernommen
werden, wenn dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht. Dabei sollen Geldleistungen
nach Satz 4 als Darlehen erbracht werden (Satz 4). Dies zugrunde gelegt hätte die Antragstellerin lediglich Anspruch auf eine
darlehensweise Übernahme der die Haushaltsenergie betreffenden Stromschulden mit der Rechtsfolge einer Rückzahlungsverpflichtung
(vgl. § 42 a Abs. 2 SGB II - s.o.). Ein solches Darlehen hat die Antragstellerin jedoch ausdrücklich nicht (mehr) begehrt und wäre auch im Hinblick
auf die beim AG geschlossene Ratenzahlungsvereinbarung nicht gerechtfertigt. Darüber hinaus besteht jedoch schon aus dem Grund
keine Notwendigkeit mehr für die Ausreichung eines Darlehens durch den Antragsgegner, da die Antragstellerin durch die Ratenzahlung
die Forderung aus dem Vergleich beim AG bereits seit Mai 2013 um zwischenzeitlich mindestens 350,00 EUR zurückgeführt hat.
Anspruch auf die Ausreichung eines Darlehens wegen der Haushaltsenergieschulden besteht bei dieser Sachlage nicht.
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung von §
193 Abs.
1 Satz 1
SGG und entspricht dem Ausgang des Beschwerdeverfahrens.
III.
Der Antragstellerin ist schließlich ab dem Tag der diesbezüglichen Antragstellung (1. November 2013) Prozesskostenhilfe zu
bewilligen. Nach §
73 a Abs.
1 SGG i.V.m. §§
114 f.
ZPO ist auf Antrag Prozesskostenhilfe zu bewilligen, soweit der Antragsteller nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen
die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung
oder -verteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Diese Voraussetzungen sind hier
erfüllt. Aus den oben genannten Gründen hat das Beschwerdeverfahren überwiegend Erfolg. Auch die wirtschaftlichen Voraussetzungen
sind gegeben. Als glaubhaft gemachte alleinige Einkünfte stehen der Antragstellerin die SGB II-Leistungen zur Verfügung. Bereits nach Abzug des Freibetrages nach §
115 Abs.
1 Nr.
2a ZPO sowie der Kosten der Unterkunft und Heizung verbleibt kein einzusetzendes Einkommen. Die Antragstellerin hat auch glaubhaft
gemacht, über kein einer Bewilligung von Prozesskostenhilfe entgegenstehendes Vermögen zu verfügen.
Dieser Beschluss ist mit der Beschwerde nicht anfechtbar (§
177 SGG).