Beitragspflicht zur gesetzlichen Krankenversicherung; Kapitalzahlungen aus einer Pensionszusage
Gründe:
I.
Der Antragsteller begehrt die Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen die Beitragserhebung auf die kapitalisierte
Auszahlung von Versicherungsleistungen und einer Pension.
Der am ... 1945 geborene Antragsteller ist seit dem 1. Dezember 2008 als Rentner bei der Antragsgegnerin krankenversichert
und bei der Pflegekasse, die bei der Antragsgegnerin eingerichtet wurde, pflegeversichert.
Mit Schreiben vom 10. Dezember 2009 teilte die P. Lebensversicherungs-AG der Antragsgegnerin die Auszahlung einer Versicherungsleistung
in Höhe von 34.166,61 EUR zum 1. Januar 2010 an den Antragsteller mit. Darauf erhob die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 28.
Dezember 2009 einen monatlichen Beitrag ab 1. Januar 2010 in Höhe von 48,68 EUR (42,42 EUR für die Krankenversicherung und
6,26 EUR für die Pflegeversicherung), da die Kapitalleistung als Versorgungsbezug gelte und damit beitragspflichtig sei. Der
Beitragsberechnung liege ein monatlicher Ausgangswert von 1/120 des Gesamtbetrages für die Dauer von zehn Jahren zu Grunde.
Der Bescheid ergehe in Bezug auf den Beitrag zur Pflegeversicherung im Namen der bei der Antragsgegnerin eingerichteten Pflegekasse.
Mit Schreiben vom 11. März 2010 teilte der ehemalige Arbeitgeber des Antragstellers, die W. D. S. GmbH, der Antragsgegnerin
mit, dass dem Antragsteller mit der Gehaltsrechnung für Februar 2010 eine betriebliche Pension in Höhe von 137.333,00 EUR
als Kapitalabfindung ausgezahlt werde und fügte eine entsprechende Berechnung der GBG-C. für betriebliche Altersversorgung
GmbH bei.
Mit Bescheid vom 15. April 2010 setzte die Antragsgegnerin hieraus einen ab 1. März 2010 zu zahlenden Beitrag in Höhe von
192,84 EUR (170,52 EUR für die Krankenversicherung und 22,32 EUR im Namen der Pflegekasse für die Pflegeversicherung) fest.
Dagegen legte der Antragsteller am 21. April 2004 Widerspruch ein und beantragte die Herstellung der aufschiebenden Wirkung.
Ohne Klärung der Hauptsache stelle die Beitragspflicht für ihn eine unzumutbare Härte und Unbilligkeit dar, denn seit Februar
2010 zahle er bereits einen monatlichen Beitrag von 48,68 EUR und könne nicht mehrfach in Anspruch genommen werden. Es handele
sich nicht um eine Direktversicherung, sondern um eine Rückdeckungsversicherung für eine Pensionszusage.
Mit Bescheid vom 12. Juli 2010 wies die Antragsgegnerin den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung zurück, da Widerspruch und
Klage bei Entscheidungen über Versicherung und Beitragspflichten keine aufschiebende Wirkung hätten. Voraussetzung für die
Aussetzung der Vollziehung seien ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Bescheides oder dass die Vollziehung
für den Beitragspflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides beständen nicht und eine unbillige Härte sei nicht geltend gemacht.
Mit Widerspruchsbescheid vom 1. September 2010 wies der Widerspruchsausschuss der Antragsgegnerin den Widerspruch des Antragstellers
gegen den Bescheid vom 15. April 2010 zurück, da dieser als Rentner der Krankenversicherungspflicht unterliege und neben der
Rente auch einer Rente vergleichbare Einnahmen (Versorgungsbezüge) der Beitragspflicht unterlägen. Nach der Rechtsprechung
des Bundessozialgerichts sei der gesamte Zahlbetrag der Kapitalleistung für die Beitragserhebung maßgebend. Es sei nicht danach
zu unterscheiden, ob die Anteile während eines Beschäftigungsverhältnisses oder nach dem Ausscheiden eingezahlt worden seien
und wer sie finanziert habe. Die Erhebung von Beiträgen aus Kapitalleistungen einer betrieblichen Direktversicherung sei nach
der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Es handele sich um eine Direktversicherung,
die der betrieblichen Altersversorgung zuzuordnen sei. Da keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Entscheidung
bestünden, könne dem Antrag auf aufschiebende Wirkung nicht entsprochen werden. Der Widerspruchsbescheid ergehe auch im Namen
der bei der Antragsgegnerin geführten Pflegekasse, soweit er Beiträge zur Pflegeversicherung betreffe.
Dagegen hat der Antragsteller am 24. September 2010 Klage beim Sozialgericht Halle erhoben und hierzu vorgetragen, es handele
sich um eine Rückdeckungsversicherung im Zusammenhang mit einer Pensionszusage, die auf einer separaten Absprache zwischen
dem Arbeitgeber und dem Antragsteller basiere und nicht in direktem Bezug zum Arbeitsverhältnis stehe. Dies resultiere aus
der besonderen Stellung des Antragstellers als Prokurist und Gesellschafter der Firma. Er hat die Versicherungsverträge vorgelegt.
Mit Schreiben vom 22. November 2010 meldete die G. L. AG eine Zahlung in Höhe von 12.744,28 EUR im Dezember 2010 an den Antragsteller.
69,79 % der Versicherungsleistung sei durch die Beitragszahlung des Arbeitgebers entstanden, so dass der beitragspflichtige
Teil der Versicherungsleistung 8.894,23 EUR betrage. Darauf erhob die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 9. Februar 2011 ab
1. Januar 2011 einen monatlichen Beitrag in Höhe von 13,13 EUR (11,50 EUR für die Krankenversicherung und 1,63 EUR im Namen
der Pflegekasse für die Pflegeversicherung). Dagegen legte der Antragsteller am 2. März 2011 Widerspruch ein.
Mit Schreiben vom 19. Mai 2011 erstattete die P. L. -AG der Antragsgegnerin eine Ersatzmeldung, die ihre Meldung vom 10. Dezember
2009 ersetze und teilte darin mit, dass dem Antragsteller zum 1. Januar 2010 eine Versicherungsleistung in Höhe von 27.827,02
EUR ausgezahlt worden sei. Die Antragsgegnerin änderte daraufhin ihren Bescheid vom 28. Dezember 2009 und setzte einen monatlichen
Beitrag in Höhe von 39,65 EUR ab 1. Januar 2010 fest.
In der Folge ergingen mehrere Bescheide über Beitragsrückstände einschließlich Säumniszuschlägen, gegen die der Antragsteller
jeweils Widerspruch einlegte und Aussetzung der Vollziehung bzw. Herstellung der aufschiebenden Wirkung beantragte.
Mit Schreiben vom 24. Januar 2012 teilte die Antragsgegnerin dem Antragsteller mit, die Zahlungsaufforderungen beträfen rückständige
Beiträge
- aus dem bestandskräftigen Bescheid vom 28. Dezember 2009,
- aus dem Bescheid vom 15. April 2010 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 1. September 2010, gegen den ein Klageverfahren
anhängig sei sowie
- aus dem Bescheid vom 9. Februar 2011, gegen den der Antragsteller Widerspruch eingelegt habe.
Soweit sich die Schreiben des Antragstellers gegen die Zahlungsaufforderungen richteten, die auf dem bestandskräftigen Beitragsbescheid
beruhten, würden die Schreiben als Überprüfungsantrag gewertet. Soweit sie sich gegen die Zahlungsaufforderungen richteten,
denen der Beitragsbescheid zu Grunde liege, der Gegenstand des Klageverfahrens ist, würden sie zum Inhalt des laufenden Klageverfahrens.
Da der erneute Widerspruch des Antragstellers die gleiche Sach- und Rechtslage betreffe, werde gebeten mitzuteilen, ob auch
der Bescheid vom 9. Februar 2011 Inhalt des anhängigen Klageverfahrens werden solle. Dem Antrag auf Aussetzung der Vollziehung
könne nicht stattgegeben werden.
Auch dagegen legte der Antragsteller Widerspruch ein und beantragte die Aussetzung der Vollziehung bzw. die Herstellung der
aufschiebenden Wirkung.
Mit Widerspruchsbescheid vom 13. Juni 2012 wies die Widerspruchsstelle der Antragsgegnerin die Widersprüche des Antragstellers
sowohl gegen den Bescheid vom 9. Februar 2011 als auch gegen die Zahlungsaufforderungen zurück. Der Antragsteller habe die
von seinem ehemaligen Arbeitgeber abgeschlossenen Lebensversicherungsverträge bei der G. L. AG und bei der P. Lebensversicherungs-AG
als Privatversicherung fortgesetzt, deren Anteil 10.189,64 EUR betrage. Hierauf würden keine Beiträge erhoben. In Bezug zu
seiner früheren Erwerbstätigkeit ständen Anteile der Kapitalzahlungen in Höhe von 27.827,02 EUR bzw. 8.894,23 EUR. Diese seien
der Beitragspflicht unterworfen, da es sich um der betrieblichen Altersversorgung zuzuordnende Direktversicherungen handele.
Der festgesetzte Beginn der Beitragspflicht sei auf den 1. Februar 2010 zu korrigieren.
Dagegen hat der Antragsteller am 28. Juni 2012 beim Sozialgericht Halle Klage erhoben und die Anordnung der aufschiebenden
Wirkung seiner Klage beantragt. Er hat ausgeführt: Die Frage der Pensionszusage sei bisher nicht Gegenstand der Rechtsprechung
des Bundesverfassungsgerichts oder des Bundessozialgerichts gewesen. Pensionszusagen würde regelmäßig aus steuerlichen Erwägungen
für Geschäftsführer, Gesellschafter oder Prokuristen gewährt, um Pensionsrückstellungen in der Bilanz bilden zu können. Es
handele sich nicht um eine aus dem Arbeitsverhältnis resultierende typische Altersvorsorge des Arbeitgebers zu Gunsten eines
Arbeitnehmers, sondern um eine auf der Position eines Gesellschafters und Firmeninhabers beruhende Zusage. Die Rückdeckungsversicherung
sei in diesem Zusammenhang irrtümlich abgeschlossen worden und diene aufgrund einer entsprechenden gesetzlichen Vorgabe lediglich
der Absicherung des Anspruchs im Falle einer Insolvenz des Unternehmens. Zudem werde der Antragsteller bereits aus seinen
Ansprüchen aus dem Arbeitsverhältnis, der ausgekehrten Direktversicherung, die im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis stehe
und Bestandteil seines Lohnes gewesen sei, und einer weiteren Zusatzversicherung in Anspruch genommen. Insoweit zahle er die
Beiträge regelmäßig. Eine weitere Inanspruchnahme sei unverhältnismäßig. Die sofortige Vollziehung der Beitragsbescheide sei
unbillig und stelle für den Antragsteller eine unzumutbare Härte dar, da ihm die monatlichen Beträge für sein tägliches Leben
fehlten. Eine Entscheidung im Hauptsacheverfahren würde sich über Jahre hinziehen. Er könne nicht durch die von ihm gewählte
Rentenvorsorge benachteiligt werden. Er hat beantragt, sowohl die aufschiebende Wirkung seiner Klage gegen die Beitragsbescheide
vom 9. Februar 2011, 15. Juni 2011, 26. Oktober 2011 und 22. November 2011 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 13.
Juni 2012 (Az.: S 20 KR 180/12), als auch die aufschiebende Wirkung seiner Klage gegen den Beitragsbescheid vom 15. April 2010 in der Fassung des Widerspruchsbescheides
vom 1. September 2010 (Az.: S 20 KR 275/10) anzuordnen.
Die Antragsgegnerin hat ausgeführt: Die angefochtenen Bescheide seien rechtmäßig, so dass deren Vollziehung im überwiegenden
öffentlichen Interesse liege. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sei eine Kapitalleistung aus einer Direktversicherung
eine Rente der betrieblichen Altersversorgung, wenn der Vertrag vom Arbeitgeber abgeschlossen und solange der Arbeitgeber
Versicherungsnehmer sei, auch wenn die Beiträge ganz oder teilweise vom Arbeitnehmer getragen worden seien. Erst mit dem Einrücken
des Arbeitnehmers in die Stellung des Versicherungsnehmers werde der institutionelle Rahmen des Betriebsrentenrechts verlassen
und damit eine private Altersversorgung begründet, die nicht unter §
229 Abs.
1 Satz 1 Nr.
5 SGB V falle. Gegenüber einer Pensionskasse habe der Arbeitnehmer per Gesetz einen eigenen Leistungsanspruch (§ 118 A Nr. 4 Versicherungsaufsichtsgesetz [VAG]) und daher bereits während des Arbeitsverhältnisses regelmäßig neben dem Arbeitgeber die Stellung eines Versicherungsnehmers.
Diese behalte er nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses bei. Der Arbeitnehmer bediene sich bei einer Pensionskasse nach dem
Ende des Arbeitsverhältnisses weiterhin einer Institution der betrieblichen Altersversorgung, so dass der institutionelle
Rahmen des Betriebsrentenrechts nicht verlassen werde.
Mit Beschluss vom 4. September 2012 hat das Sozialgericht Halle die Anordnung der aufschiebenden Wirkung abgelehnt und zur
Begründung ausgeführt, da keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide und erfolgten Beitragserhebung
bestünden, könne das Interesse des Antragstellers an der Aussetzung der Vollziehung das öffentliche Vollziehungsinteresse
nicht überwiegen. Insbesondere unterliege auch die Leistung aus der Pensionszusage der Beitragspflicht, da es sich hierbei
um einen Versorgungsbezug im Sinne von §
229 Abs.
1 Nr.
5 SGB V handele. Die ehemalige Arbeitgeberin habe dem Antragsteller mit der Pensionszusage einen direkten Anspruch auf Auszahlung
einer Altersrente verschafft. Ein betrieblicher Zusammenhang liege damit vor. Die Rückdeckungsversicherung sei für die Qualifizierung
der Pensionszusage nicht maßgebend, da diese lediglich abgeschlossen werde, um die Pensionszusage des Arbeitgebers abzusichern.
Gegen den dem Antragsteller am 11. September 2012 zugestellten Beschluss hat er am 11. Oktober 2012 Beschwerde eingelegt.
Die Pensionszusage habe nichts mit der Pensionskasse zu tun und resultiere nicht aus dem Arbeitsverhältnis, sondern beruhe
auf der Gesellschafter- und Inhaberstellung des Antragstellers. Die für die Pensionszusage erforderlichen Zahlungen habe der
Antragsteller aus eigener Tasche gezahlt, so dass es sich um eine private Vorsorge unabhängig vom Arbeitsverhältnis handele.
Der Antragsteller beantragt nach seinem schriftlichen Vorbringen sinngemäß,
den Beschluss des Sozialgerichts Halle vom 4. September 2012 aufzuheben und die aufschiebende Wirkung bezüglich
1. seiner Klage gegen die Beitragsbescheide vom 9. Februar 2011, 15. Juni 2011, 26. Oktober 2011 und 22. November 2011 in
der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 13. Juni 2012 (S 20 KR 180/12) und
2. seiner Klage gegen den Beitragsbescheid vom 15. April 2010 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 1. September 2010
(S 20 KR 275/10)
anzuordnen.
Die Antragsgegnerin beantragt nach ihrem schriftlichen Vorbringen,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie hat auf eine Entscheidung des Hessischen Landessozialgerichts (Urt. v. 31.05.2012 - L 8 KR 293/10) verwiesen, nach der eine Pensionszusage eine rentenvergleichbare Einnahme sei, die der Beitragspflicht unterliege.
Die Verwaltungsakte der Antragsgegnerin sowie die Akten aus dem Hauptsacheverfahren zu den Aktenzeichen S 20 KR 275/10 und S 20 KR 180/12 einschließlich der dazu beigezogenen Verwaltungsakten der Antragsgegnerin haben vorgelegen und sind Gegenstand der Entscheidungsfindung
gewesen. Wegen des weiteren Sachverhalts und des Sachvortrags der Beteiligten wird auf den Inhalt dieser Akten ergänzend verwiesen.
II.
A. Die Beschwerde ist zulässig. Sie ist form- und fristgerecht eingelegt (§
173 Sozialgerichtsgesetz -
SGG) und statthaft im Sinne vom §
172 Abs.
3 Nr.
1 i.V.m. §
144 Abs.
1 Satz Nr.
1 SGG. Danach ist die Beschwerde ausgeschlossen in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes, wenn in der Hauptsache die Berufung
nicht zulässig wäre. Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluss
des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung
oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750,00 EUR nicht übersteigt. Das gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende
oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft. "Leistungen" in diesem Sinne sind auch Leistungen, deren Empfänger
der Staat oder ein Versicherungsträger ist, z.B. Beiträge (vgl. BSG, Beschl. v. 28.01.1999 - B 12 KR 51/98 B; LSG Niedersachsen-Bremen 05.09.2008, L 1 KR 13/08 NZB, jeweils zitiert nach juris). Der Antragsteller wendet sich gegen die Beitragserhebung durch die Antragsgegnerin. Die
zugrundeliegenden Beitragsbescheide betreffen Zeiträume von 10 Jahren.
B. Die Beschwerde ist unbegründet.
Nach §
86b Abs.
1 Satz 1 Nr.
2 SGG kann das Gericht auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben,
die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Zwar haben Widerspruch und Anfechtungsklage gemäß §
86a Abs.
1 S. 1
SGG grundsätzlich aufschiebende Wirkung. Gemäß Abs. 2 Nr. 1 der genannten Vorschrift entfällt die aufschiebende Wirkung jedoch
bei der Entscheidung über Versicherungs-, Beitrags- und Umlagepflichten sowie der Anforderung von Beiträgen, Umlagen und sonstigen
Abgaben einschließlich der darauf entfallenden Nebenkosten.
Die Entscheidung, ob die aufschiebende Wirkung von Widerspruch und Klage durch das Gericht angeordnet wird, erfolgt nach pflichtgemäßem
Ermessen auf der Grundlage einer umfassenden Abwägung des privaten Aufschubinteresses des Antragstellers einerseits und des
öffentlichen Interesses an der Vollziehung des Verwaltungsaktes andererseits. Das Gesetz bringt zum Ausdruck, dass in den
Fällen des §
86a Abs.
2 und
4 SGG das Vollzugsinteresse in der Regel vorrangig ist. Die Aussetzung der Vollziehung soll in den Fällen des §
86a Abs.
2 Nr.
1 SGG in der Regel unter den Voraussetzungen des §
86a Abs.
3 Satz 2
SGG erfolgen (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
SGG, 10. Aufl., §
86b Rn. 12b). Daher ist im Rahmen der Interessenabwägung zu berücksichtigen, in welchem Ausmaß Zweifel an der Rechtmäßigkeit
des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen oder ob die Vollziehung für den Antragsteller eine unbillige, nicht durch überwiegende
öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Der Senat hat weder Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen
Verwaltungsakte (dazu unter 1.) noch hat der Antragsteller Anhaltspunkte dafür dargelegt bzw. glaubhaft gemacht, dass die
Vollziehung der Beitragsbescheide eine unbillige Härte bedeuten könnte (dazu unter 2.).
1. §
86a Abs.
3 Satz 2 1. Alt.
SGG setzt ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes voraus. Abweichend von §
86a Abs.
2 Nr.
1 SGG soll das öffentliche Interesse an der Vollziehung des Verwaltungsaktes nur bei solchen Zweifeln an dessen Rechtmäßigkeit
hinter das private Aufschubinteresse des Antragstellers zurücktreten, die einen Erfolg des Rechtsbehelfs (Widerspruch oder
Klage) überwiegend wahrscheinlich erscheinen lassen. Hierfür reicht es nicht schon aus, dass im Rechtsbehelfsverfahren möglicherweise
noch ergänzende Tatsachenfeststellungen erforderlich sind. Maßgebend ist vielmehr, ob nach der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt
der Entscheidung im Eilverfahren mehr für als gegen die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides spricht (h. M., vgl.
Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
SGG, 10. Aufl., §
86a Rn. 27a; LSG NRW, 24.06.2009 - L 8 B 4/09 R ER; LSG Sachsen-Anhalt, 27.01.2003 - L 3 B 31/02 RJ ER, jeweils zitiert nach juris).
Nach diesen Grundsätzen bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der vom Antragsteller angefochtenen Bescheide.
Die von der Antragsgegnerin vorgenommene Beitragserhebung auf die vom Antragsteller bezogenen kapitalisierten Versorgungsbezüge
unterliegen weder dem Grunde noch der Höhe nach rechtlichen Bedenken. Die inzwischen umfangreiche Rechtsprechung des Bundessozial-
und des Bundesverfassungsgerichts (vgl. BVerfG, Beschl. v. 6.9.2010 - 1 BvR 739/08; BVerfG, Beschl. v. 28.09.2010 - 1 BvR 1660/08; BVerfG, Beschl. v. 14.04.2011 - 1 BvR 2123/08; BSG, Urt. v. 13.09.2006 - B 12 KR 1/06 R; Urt. v. 25.04.2007 - B 12 KR 25/05 R; BSG, Urt. v. 30.03.2011 - B 12 KR 16/10 R; BSG, Urt. v. 25.04.2012 - B 12 KR 26/10 R - jeweils zitiert nach juris) lässt keine Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Beitragserhebung auf kapitalisierte Versorgungsbezüge
zu, jedenfalls soweit es den von der Antragsgegnerin geforderten Umfang betrifft. Den zunächst in Bezug auf die Auszahlung
der P. Lebensversicherungs-AG geforderten Beitrag korrigierte die Antragsgegnerin mit ihrem Bescheid vom 28. Dezember 2009
der Höhe nach entsprechend der geänderten Rechtsprechung. Bezüglich der Rechtmäßigkeit der (korrigierten) Beitragsbescheide
wird auf die umfassenden Ausführungen im Beschluss des Sozialgerichts Bezug genommen. Von einer erneuten Darstellung der Entscheidungsgründe
wird insoweit zur Vermeidung von Wiederholungen abgesehen.
Der Antragsteller hat seine Beschwerde lediglich mit Einwendungen gegen die Beitragserhebung auf die Zahlungen aus der Pensionszusage
begründet. Diese Einwendungen greifen nicht durch.
Nach §
229 Abs.
1 Satz 1 Nr.
5 SGB V gehören zu den Versorgungsbezügen insbesondere Renten der betrieblichen Altersversorgung. Um alle aus früherer Berufstätigkeit
herrührenden Versorgungseinnahmen beitragsrechtlich gleich zu behandeln, kommt es nicht auf das Vorliegen der Voraussetzungen
des Betriebsrentenrechts nach dem
Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung (
BetrAVG) an. Nach dem Willen des Gesetzgebers sollen beitragsrechtlich lediglich Einnahmen unberücksichtigt bleiben, die nicht (unmittelbar)
auf ein früheres Beschäftigungsverhältnis oder auf eine frühere Erwerbstätigkeit zurückzuführen sind, z. B. Einnahmen aufgrund
betriebsfremder privater Eigenvorsorge oder Einnahmen aus ererbtem Vermögen. Daher handelt es sich um einen beitragspflichtigen
Versorgungsbezug, wenn ein Zusammenhang zwischen dem Erwerb dieser Rente und der früheren Beschäftigung sowie ihre Einkommens-
(Lohn- bzw. Entgelt-)Ersatzfunktion als - weiteres - Merkmal der Vergleichbarkeit mit der gesetzlichen Rente vorliegt (vgl.
BSG, Urt. v. 25.05.2011 - B 12 P 1/09 R, zitiert nach juris; BSG, Urt. v. 06.02.1992 - 12 RK 37/91 = SozR 3-2500 § 229 Nr. 1; BSG, Urt. v. 15.12.1994 - 12 RK 57/92 = SozR 3-2500 § 229 Nr. 4). In welcher organisatorischen Form der Arbeitgeber die Versorgung sicherstellt, ist unerheblich
(vgl. BSG, Urt. v. 25.05.2011 - B 12 P 1/09 R - juris). Erfasst werden alle auf einer einseitigen Versorgungszusage des Arbeitgebers beruhenden und damit im Zusammenhang
mit dem Arbeitsverhältnis stehenden Leistungen der "klassischen betrieblichen Altersversorgung", die nach Ausscheiden des
Versicherten aus dem Erwerbsleben gezahlt werden (so Rolfs, NZS 2006, 617, 619 sowie Peters in juris-PK,
SGB V, 2. Aufl., §
229 Rn.34 ff.).
Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG, Beschl. v. 28.09.2010 - 1 BvR 1660/08, zitiert nach juris) dürfen lediglich Einzahlungen des Arbeitnehmers auf Kapitallebensversicherungsverträge nicht der Beitragspflicht
unterworfen werden, die sich in keiner Weise von Einzahlungen auf private Kapitallebensversicherungsverträge unterscheiden,
da sie nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses und nach Einrücken des Arbeitnehmers in die Stellung des Versicherungsnehmers
allein von diesem gezahlt werden. Bleibt hingegen der Arbeitgeber Versicherungsnehmer und der Arbeitnehmer nur Bezugsberechtigter,
dann wird der Zusammenhang mit der früheren Berufstätigkeit auch dann weiter gewahrt, wenn die Beitragszahlung durch den Arbeitnehmer
erfolgt (BSG, Urt. v. 30.03.2011 - B 12 KR 24/09 R; BSG, Urt. v. 30.03.2011 - B 12 KR 16/10 R, jeweils zitiert nach juris). Aus diesen Gründen haben bereits verschiedene Landessozialgerichte entschieden, dass Pensionen,
die als betriebliche Altersversorgung gezahlt werden, der Beitragspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung unterliegen
(vgl. Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht, Urt. v. 29.04.2009 - L 5 KR 14/08; Landessozialgericht Niedersachsen- Bremen, Urt. v. 26.01.2011 - L 1 KR 350/09, jeweils zitiert nach juris sowie das von der Beklagen vorgelegte Urt. d. Hessischen Landessozialgerichts, v. 31.05.2012
- L 8 KR 293/10).
Die an den Antragsteller erbrachten Kapitalzahlungen aus den Versicherungen und der Pensionszusage erfüllen jeweils die dargestellten
Anforderungen. Insbesondere weist auch die Zahlung aus der Pensionszusage einen betrieblichen Bezug auf und hat eine rentenvergleichbare
Einkommensersatzfunktion.
Die Pensionszusage vom 29. März 1993 ist eine Zusage des Arbeitgebers an den Antragsteller. Aus diesem Grund ist der betriebliche
Bezug sogar besonders deutlich. Nach dem Wortlaut der Pensionszusage wird ausdrücklich ein Bezug zum Anstellungsvertrag hergestellt.
Die daraus resultierenden Ansprüche werden als "betriebliche Versorgung", "Ruhegeld", "Rente" bzw. "Hinterbliebenenrente"
bezeichnet. Der Zahlungsanspruch ist an das Ausscheiden des Antragstellers aus den aktiven Diensten nach Vollendung des 65.
Lebensjahres bzw. an seine Dienstunfähigkeit gebunden, die Hinterbliebenenrente an den Ehegatten wird nach Ableben des Antragstellers
gezahlt. Die einer Rente vergleichbare Einkommensersatzfunktion ist daher offensichtlich. Lediglich zur Rückdeckung der Versorgungsverpflichtungen
war der Arbeitgeber berechtigt, einen Versicherungsvertrag mit der G. Lebensversicherung abzuschließen.
Da der vom Antragsteller hierzu vorgelegte Versicherungsschein bereits einen Versicherungsbeginn vom 1. Januar 1992 mit einem
Vierteljahresbeitrag ab April 1992 ausweist, kann nicht davon ausgegangen werden, dass es sich hierbei um den der Pensionszusage
vom 29. März 1993 zu Grunde liegenden Lebensversicherungsvertrag handelt. Auf das Zusagedatum des 29. März 1993 nimmt vielmehr
die "Berechnung der vertraglich unverfallbaren Anwartschaft" der GBG-C. für betriebliche Altersversorgung GmbH Bezug, die
vom Arbeitgeber mit Schreiben vom 11. März 2010 zur Anzeige der Auszahlung der Pension in Höhe von 137.333,00 EUR als Kapitalabfindung/Barwert
an den Antragsteller vorgelegt wurde. Danach sollte die Rente - wie in der Pensionszusage zugesagt - mit dem Eintritt in das
Pensionsalter gezahlt werden und die Anwartschaft auf die betriebliche Altersversorgung war bis zum Dienstaustritt vertraglich
unverfallbar. Die fällige Zahlung aus der betrieblichen Altersversorgung leistete die GBG-C. für betriebliche Altersversorgung
GmbH an den Arbeitgeber des Antragstellers, der dann eine entsprechende Zahlung an den Antragsteller vornahm.
Vor diesem Hintergrund kann selbst dann nicht von einer grundsätzlich beitragsfreien privaten Altersversorgung ausgegangen
werden, wenn der Antragsteller - wie er vorträgt - die Zahlungen für diese Altersversorgung selbst geleistet haben sollte.
Dabei kommt es nicht darauf an, dass der Antragsteller die eigene Prämienzahlung nicht in der für ein einstweiliges Rechtsschutzverfahren
erforderlichen Weise glaubhaft gemacht hat. Denn selbst wenn diese Aussage des Antragstellers für wahr unterstellt wird, steht
dies der Beitragserhebung nicht entgegen. Gegenüber der GBG-Conultung für betriebliche Altersversorgung GmbH hatte nicht der
Antragsteller selbst, sondern nur sein Arbeitgeber einen unmittelbaren Zahlungsanspruch. Daher ist die Zahlung auch nur an
den Arbeitgeber geflossen. Schon deshalb hatte der Antragsteller keine dem Versicherungsnehmer einer privaten Lebensversicherung
vergleichbare Stellung. Vielmehr bleibt der enge Zusammenhang zum Arbeitsverhältnis durch die Wahl einer betrieblichen Altersversorgung
auch bei Zahlungen durch den Antragsteller bestehen.
Soweit sich der Antragsteller und sein Arbeitgeber für eine betriebliche Altersversorgung entschieden haben, müssen sie sich
beitragsrechtlich auch dann daran festhalten lassen, wenn diese Entscheidung nicht auf dem Arbeitsverhältnis des Antragstellers,
sondern auf seiner Gesellschafter- und Inhaberstellung beruht haben sollte. Denn die Motive für die Pensionszusage sind unerheblich.
Die Antragsgegnerin ist verpflichtet, die an den Antragsteller geflossenen Kapitalzahlungen insgesamt zur Beitragszahlung
heranzuziehen, soweit sie - ggf. unter Berücksichtigung weiterer beitragspflichtiger Einnahmen - die Beitragsbemessungsgrenze
nicht überschreiten. Für eine darüber hinausgehende Beitragserhebung liegen keine Anhaltspunkte vor. Insgesamt hat die Antragsgegnerin
Kapitalzahlungen an den Antragsteller in Höhe von 174.054,25 EUR verteilt auf 10 Jahre zur Beitragszahlung herangezogen. Damit
liegt der Beitragszahlung ein monatlicher Wert von 1.450,45 EUR (174.054,25 EUR: 120) zu Grunde. Da beitragspflichtige Einnahmen
nach §
223 Abs.
3 SGB V bis zur Beitragsbemessungsgrenze zu berücksichtigen sind und lediglich außer Ansatz bleiben, soweit sie diesen Betrag übersteigen,
ist die Heranziehung dieses Wertes als beitragspflichtige monatliche Einnahme nicht unverhältnismäßig, selbst dann nicht,
wenn der Antragsteller daneben noch aus einer Rentenzahlung beitragspflichtig ist. Denn die monatliche Beitragsbemessungsgrenze
im Sinne dieser Vorschrift lag im Jahr 2010 bei 3.750 EUR.
2. Eine unbillige Härte i. S. v. §
86a Abs.
3 Satz 2
SGG liegt vor, wenn dem Betroffenen durch die Vollziehung Nachteile entstehen, die über die eigentliche Zahlung hinaus gehen
und nur schwer wieder gut gemacht werden können (Keller aaO., § 86a Rn. 27b m.w.N.). Dabei sind die beiden Kriterien des §
86a Abs.
3 Satz 2
SGG (Erfolgsausichten in der Hauptsache und Härte) nicht völlig getrennt zu bewerten. Sind die Erfolgsaussichten - wie hier -
eher gering, sind an das Vorliegen einer unbilligen Härte besondere Anforderungen zu stellen.
Der Antragsteller hat keine Anhaltspunkte dafür dargelegt, dass die Vollziehung der Beitragsbescheide für ihn eine unbillige
Härte bedeuten könnte. Angesichts der erheblichen Kapitalabfindungsbeträge, die er erhalten hat, ist davon auch nicht auszugehen.
Im Hinblick auf die dargestellten fehlenden Erfolgsaussichten in der Hauptsache kommt eine Anordnung der aufschiebenden Wirkung
nicht in Betracht.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§
177 SGG).