Anspruch auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben zur Förderung einer konkreten Ausbildung nach dem SGB VI
Ermessen des Rentenversicherungsträgers
Tatbestand
Streitig waren zunächst Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben. Die Klägerin begehrt nunmehr nur noch die Feststellung, dass
die Ablehnung dieser Leistungen durch die Beklagte rechtswidrig war.
Die 1968 geborene Klägerin übte in der Vergangenheit Tätigkeiten als Service- und Saisonkraft im Hotel- und Gaststättengewerbe
sowie in kulturellen Einrichtungen aus. Außerdem war sie als Verkaufshilfe tätig.
Vom 17. August bis zum 18. September 2010 nahm die Klägerin an einer Maßnahme zur medizinischen Rehabilitation in der MediClin
Schlüsselbad Klinik in Bad P teil. Dort wurden im Abschlussbericht vom 22. September 2010 die Diagnosen gestellt: Cervical-Syndrom
bei cervicalen Bandscheibenvorfällen, psychovegetatives Erschöpfungs-Syndrom, Borderline-Typ. Hinsichtlich der Beurteilung
des Leistungsvermögens wurde ausgeführt, dass die Klägerin eine Tätigkeit im kaufmännischen Bereich ausüben könne. Zu berücksichtigen
sei, dass die Klägerin hinsichtlich beidhändigen Arbeitens, grober Kraft oder Handgeschick erfordernden Arbeiten, häufigen
Fingerbewegungen, häufigen Überkopfarbeiten, Heben und Tragen von Lasten über 15 kg eingeschränkt sei. Einschränkungen in
der psychischen Belastbarkeit wurden nicht genannt. Während des Klinikaufenthalts habe ein deutlicher physischer und psychischer
Erholungseffekt erzielt werden können. Eine Tätigkeit als Verkäuferin könne die Klägerin nicht mehr ausüben.
Die Klägerin wurde anschließend vom 18. Oktober 2010 bis zum 5. Februar 2011 durch den Integrationsfachdienst betreut. Dabei
wurde u. a. auch eine Ausbildung zur Reiseverkehrskauffrau thematisiert. Während dieser Zeit leistete die Klägerin ein Praktikum
in dem Reisebüro R in K vom 31. Januar 2011 bis 11. Februar 2011 ab. Deren Inhaberin teilte nachfolgend mit, dass der Klägerin
gerne die Möglichkeit gegeben werde, eine Ausbildung zur Reiseverkehrskauffrau zu beginnen. Bei einem erfolgreichen Abschluss
sähe man sich in der Lage, die Klägerin bei stimmigen wirtschaftlichen Verhältnissen zu übernehmen.
Die Klägerin beantragte daraufhin bei der Beklagten am 17. März 2011 Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben in Form eines
Ausbildungszuschusses für eine Ausbildung zur Reiseverkehrskauffrau in dem Reisebüro R. Diesen Antrag lehnte die Beklagte
mit Bescheid vom 1. August 2011 ab. Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 29.
November 2011 zurück. Die Frage der Notwendigkeit von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben dem Grunde nach sei nicht strittig.
Strittig sei vielmehr, ob die Beklagte eine konkrete Ausbildung zur Reiseverkehrskauffrau gewähren müsse. Die Klägerin habe
keine abgeschlossene Berufsausbildung und nur ungelernte Tätigkeiten ausgeübt. Man habe Leistungen in Form der Förderung der
Arbeitsaufnahme in Aussicht gestellt. Die Beklagte müsse nach §
13 SGB VI im Rahmen ihres Auswahlermessens auch die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit beachten, wobei grundsätzlich
die kostengünstigere Leistung zu gewähren sei, mit der auch eine Eingliederung bzw. Wiedereingliederung in das Erwerbsleben
auf Dauer erreicht werden könne. Unter Beachtung der Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit in Ausübung ihres Ermessens
erscheine es sinnvoller, die Klägerin durch einen Eingliederungshilfezuschuss in das Erwerbsleben wieder einzugliedern. Der
berufliche Werdegang sowie die beruflichen Fähigkeiten und die bisherigen Berufserfahrungen böten keine Grundlage für eine
qualifizierte Ausbildung. Es sei wahrscheinlicher, dass die Klägerin durch einen Eingliederungszuschuss dauerhaft einen Arbeitsplatz
erhalte. Selbst wenn sie durch eine qualifizierte Umschulung einen entsprechenden Beruf erlernen würde, so erscheine es fraglich,
ob die Klägerin dann ohne entsprechende berufliche Erfahrung einen entsprechenden Arbeitsplatz finden würde. Außerdem sei
noch nicht abschließend geklärt, ob die Klägerin die nervlichen Anforderungen des gewünschten Berufs unter wettbewerbsfähigen
Bedingungen leisten könne.
Vor der Entscheidung der Beklagten über den Widerspruch hatte die Klägerin bereits am 1. September 2011 eine von der Beklagten
geförderte Integrationsmaßnahme (C ) angetreten, die am 30. Juni 2012 erfolgreich beendet wurde.
Am 1. Januar 2012 hat die Klägerin Klage bei dem Sozialgericht Schleswig erhoben und zur Begründung geltend gemacht, dass
sie vom 31. Januar 2011 bis zum 11. Februar 2011 ein Praktikum in dem Reisebüro R abgeleistet und die Inhaberin ihr einen
Ausbildungsplatz zur Reiseverkehrskauffrau angeboten und die anschließende Übernahme in ein Beschäftigungsverhältnis in Aussicht
gestellt habe. Die Beklagte unterstelle größere Aussichten auf eine Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt, wenn sie sich
nicht in ein neues Berufsfeld begebe und verkenne dabei, dass sie aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr in der Lage sei,
ihre bisherigen Berufe auszuüben. Die weitere Unterstellung einer fehlenden ausreichenden nervlichen Belastbarkeit sei nicht
durch entsprechende Feststellungen belegt, da sie allein aufgrund ihres Rückenleidens in ihrer Erwerbsfähigkeit eingeschränkt
sei.
Die Klägerin hat zunächst schriftsätzlich beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Ablehnungsbescheides vom 1. August 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.
November 2011 zu verpflichten, ihren Antrag auf Gewährung eines Ausbildungszuschusses für eine Ausbildung zur Reiseverkehrskauffrau
unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.
Mit Schriftsatz vom 9. Januar 2013 hat die Klägerin mitgeteilt, dass die Firma R weiterhin bereit sei, sie auszubilden. Diese
Bereitschaft bestehe jedoch nicht mehr lange. Sie habe deshalb ein gesteigertes Interesse an einer zügigen Entscheidung des
Rechtsstreits. In einem weiteren Schriftsatz vom 10. August 2014 hat die Klägerin ausgeführt, dass sich das Klageverfahren
erledigt habe, da das Reisebüro R sein Angebot, sie in ein Ausbildungsverhältnis aufzunehmen, nicht mehr aufrechterhalte.
Die Klägerin hat dann schriftsätzlich beantragt,
festzustellen, dass der Ablehnungsbescheid vom 1. August 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. November 2012
ermessensfehlerhaft war.
Es bestehe ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse unter dem Gesichtspunkt der Wiederholungsgefahr. Zudem wolle die Klägerin
die Beklagte unter dem Gesichtspunkt der Amtshaftung vor dem Landgericht auf Ersatz der ihr durch die Fehlentscheidung entstandenen
Schäden in Anspruch nehmen, zu denen jedenfalls die Kosten der Beauftragung des Prozessbevollmächtigten zählten.
Die Beklagte hat schriftsätzlich beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung hat die Beklagte ausgeführt, dass die von der Klägerin angefochtenen Bescheide rechtmäßig seien.
Das Sozialgericht hat die Beteiligten mit Verfügung vom 13. November 2014 bzw. 18. Dezember 2014 zur beabsichtigten Entscheidung
durch Gerichtsbescheid angehört.
Mit Gerichtsbescheid vom 21. Januar 2015 hat das Sozialgericht festgestellt, dass der Ablehnungsbescheid vom 1. August 2011
in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. November 2011 rechtswidrig gewesen ist. Zur Begründung hat das Sozialgericht
ausgeführt, dass die Klage als Fortsetzungsfeststellungsklage zulässig sei. Mit der anderweitigen Besetzung der Ausbildungsstelle,
für die die Klägerin den konkreten Ausbildungszuschuss begehrt habe, sei eine Erledigung des ursprünglichen Klagebegehrens
eingetreten. Die Klägerin könne auch das insoweit erforderliche Fortsetzungsfeststellungsinteresse geltend machen. Zwar liege
die von der Klägerin geltend gemachte Wiederholungsgefahr nicht vor. Die Klägerin habe aber ein Feststellungsinteresse wegen
etwaiger Folgeansprüche auf Schadensersatz. Die von ihr beabsichtigte Amtshaftungsklage sei nicht offensichtlich aussichtslos.
Die von der Klägerin angefochtenen Bescheide der Beklagten seien ermessensfehlerhaft und die Ablehnung somit rechtswidrig.
Hier liege ein Ermessensfehlgebrauch vor, da die Beklagte von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen sei. Die Beklagte
habe im Widerspruchsbescheid ausgeführt, dass noch nicht abschließend geklärt sei, ob die Klägerin eine Tätigkeit als Reiseverkehrskauffrau
aufgrund der hierbei anfallenden nervlichen Belastungen wettbewerbsfähig verrichten könne. Sie sei daher "mehr oder weniger
deutlich" davon ausgegangen, dass die Klägerin über die ausreichende nervliche Belastbarkeit nicht verfüge oder diese zumindest
in Frage stehe. Konkrete Anhalte für eine solche Annahme lägen aber nicht vor. Die Beklagte sei somit von einem falschen Sachverhalt
ausgegangen. Darüber hinaus liege ein Ermessensfehlgebrauch in der Auswahl der Maßnahme, indem die von der Beklagten favorisierte
Hilfe bei der Erlangung einer Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt in Form eines Eingliederungszuschusses zu Lasten
der begehrten Förderung einer Umschulung gegangen sei. Die Beklagte habe nicht entsprechend dem Zweck der gesetzlichen Regelung,
den Versicherten möglichst dauerhaft in den Arbeitsmarkt zu integrieren, entschieden. Denn bei den konkreten Maßnahmen eines
Eingliederungshilfezuschusses an einen potenziellen Arbeitgeber werde nur ein bestimmtes Arbeitsverhältnis gefördert, der
Versicherte erlange jedoch keine über das Arbeitsverhältnis hinausgehende Fertigkeiten und Qualifikationen. Bei einer Umschulung,
wie von der Klägerin begehrt, würden jedoch weitreichendere Fähigkeiten vermittelt, die den Betroffenen in die Lage versetzten,
jenseits eines konkreten Arbeitsplatzes, der auch wieder verlustig gehen könne, auf dem Arbeitsmarkt Fuß zu fassen.
Gegen diesen der Beklagten am 23. Januar 2015 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich ihre Berufung, die am 6. Februar
2015 bei dem Schleswig-Holsteinischen Landessozialgericht eingegangen ist. Zur Begründung führt die Beklagte aus, dass das
Sozialgericht unzutreffend davon ausgegangen sei, dass sie eine ermessensfehlerhafte Entscheidung getroffen habe. Der Rentenversicherungsträger
habe im Rahmen seines Ermessens zu prüfen, welche von mehreren in Frage kommenden Rehabilitationsleistungen bei angemessenem
Mittelaufwand am wirksamsten und damit auch zeitnah ein Rehabilitationserfolg erwarten lasse. Die Klägerin habe keine Berufsausbildung
absolviert und verschiedene Tätigkeiten, insbesondere als Servicekraft und als Verkaufshilfe, ausgeübt. Da die bisherige Tätigkeit
zu berücksichtigen sei, müsse der neue Beruf den bisherigen Tätigkeiten nach Bedeutung und sozialer Wertschätzung entsprechen.
Daher sei dem Antrag auf Kostenübernahme für eine Umschulung/Weiterbildung zur Reiseverkehrskauffrau nicht entsprochen worden.
Grundsätzlich seien aber weiterhin Leistungen zur Wiedereingliederung in das Erwerbsleben zugesagt und der Klägerin entsprechendes
Informationsmaterial zugesandt worden. Die Klägerin habe daraufhin Kontakt mit der Firma C aufgenommen und dann eine Integrationsmaßnahme
zum 1. September 2011 beantragt. Diese ( ) sei seitens der Beklagten bewilligt und von der Klägerin vom 1. September 2011
bis zum 30. Juni 2012 absolviert worden. Die gewährte Integrationsmaßnahme werde als ausreichend erachtet, um die Klägerin
in das Erwerbsleben wieder einzugliedern. Sinn und Zweck einer Integrationsmaßnahme sei es, für die Versicherten einen konkreten
und dauerhaften Arbeitsplatz zu erschließen. Der Vorteil einer solchen Integrationsmaßnahme sei es, dass ein speziell auf
das Leistungsvermögen abgestimmtes Konzept erarbeitet werde. Die durchgeführten Praktika sollten zum einen dazu dienen, die
Eignung für bestimmte Berufe zu testen und zum zweiten einem eventuell potenziellen Arbeitgeber die Chance bieten, sich ein
"Bild" von den Praktikanten zu machen und zu testen, inwieweit eine Übernahme in ein festes Arbeitsverhältnis in Frage komme.
Unter Berücksichtigung des bisherigen Berufslebens sowie des Gesundheitszustandes der Klägerin halte die Beklagte bei Gewährung
entsprechender Eingliederungshilfe die Aufnahme und Vermittlung einer Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt für möglich.
Daher habe die Beklagte bei der Auswahl der Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben das Ermessen pflichtgemäß ausgeübt.
Die Erklärung im Widerspruchsbescheid, dass nicht abschließend geklärt sei, ob die Klägerin aufgrund der hierbei anfallenden
nervlichen Belastungen eine Tätigkeit als Reiseverkehrskauffrau wettbewerbsfähig verrichten könne, nehme die Beklagte allerdings
zurück.
Die Beklagte beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Schleswig vom 21. Januar 2015 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend. Die Klägerin ist der Auffassung, dass sie keine Verpflichtungsklage
erhoben, sondern ein Bescheidungsurteil beantragt habe. Die Klägerin macht weiterhin ein Feststellungsinteresse geltend. Ihr
sei trotz Bewilligung von Prozesskostenhilfe ein Schaden entstanden. Denn die Prozesskostenhilfe stehe unter dem Vorbehalt
der Rückforderung und umfasse nicht die außergerichtlichen Kosten der Klägerin im Vorverfahren. Neben den im Kostenfestsetzungsverfahren
festsetzungsfähigen Kosten seien ihr außerdem weitere Kosten entstanden, insbesondere Fahr-, Schreib- und Portokosten.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird Bezug genommen auf den Inhalt der
Gerichtsakten und der Verwaltungsakten der Beklagten. Diese haben dem Senat vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen
Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe
Die insbesondere form- und fristgerecht eingelegte statthafte Berufung der Beklagten ist zulässig; sie ist auch begründet.
Das Sozialgericht hat zu Unrecht festgestellt, dass die von der Klägerin angefochtenen Bescheide der Beklagten rechtswidrig
waren.
Zutreffend ist das Sozialgericht davon ausgegangen, dass es sich hier um eine Fortsetzungsfeststellungsklage gemäß §
131 Abs.
1 Satz 3
SGG handelt. Diese ist darauf gerichtet, dass das Gericht in den Fällen, in denen sich der Verwaltungsakt vor der gerichtlichen
Entscheidung erledigt hat, auf Antrag ausspricht, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig ist, wenn der Kläger ein berechtigtes
Interesse an dieser Feststellung hat. Obwohl sich §
131 Abs.
1 Satz 3
SGG seinem Wortlaut nach nur auf Anfechtungsklagen bezieht, kann auch eine kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage auf
eine Fortsetzungsfeststellungsklage umgestellt werden (Meyer-Ladewig/Keller,
SGG, §
131 Rn. 7c).
Eine solche kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage gemäß §
54 Abs.
4 SGG hatte die Klägerin zunächst erhoben. Diese Klageart setzt voraus, dass der in Anspruch genommene Leistungsträger die Leistung
durch Verwaltungsakt abgelehnt hat. Dieser negative Akt soll durch das Gestaltungsurteil beseitigt und der Leistungsträger
unmittelbar zur Leistung verurteilt werden. Hierauf war das Begehren der Klägerin gerichtet, obwohl sie schriftsätzlich beantragt
hatte, die Beklagte zu verpflichten, ihren Antrag unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.
Gemäß §
123 SGG entscheidet das Gericht aber über die von der Klägerin erhobenen Ansprüche, ohne an die Fassung der Anträge gebunden zu sein.
Entscheidend ist mithin das Klagebegehren und nicht die Fassung der Anträge. Erforderlichenfalls muss der Antrag dementsprechend
ausgelegt werden. Dabei ist davon auszugehen, was die Klägerin mit der Klage erreichen möchte. Bei der Auslegung sind das
gesamte Vorbringen und alle bekannten Umstände zu berücksichtigen (Meyer-Ladewig/Keller, a.a.O., § 123 Rn. 3 m.w.N.).
Das Klagebegehren war hier ursprünglich darauf gerichtet, dass eine konkrete Ausbildung gefördert werden sollte (Reiseverkehrskauffrau
im Reisebüro R ). Zuvor hatte die Klägerin schon im Widerspruchsverfahren beantragt, ihren Antrag auf "Gewährung eines Ausbildungszuschusses
bezüglich einer Ausbildung zur Reiseverkehrskauffrau an das Reisebüro R " positiv zu bescheiden. Das wurde im weiteren Schriftsatz
vom 9. Januar 2013 bekräftigt, in dem auf die Eilbedürftigkeit hingewiesen wurde. Die Erledigungserklärung aus dem Schriftsatz
vom 10. August 2014 bestätigt, dass es nur um die Ausbildung zur Reiseverkehrskauffrau in diesem konkreten Reisebüro ging,
weil die Erledigungserklärung sonst keinen Sinn gehabt hätte. Die Bescheide der Beklagten sind also nur dann rechtswidrig,
wenn die Klägerin auf diese eine Maßnahme einen Anspruch in dem Sinne gehabt hätte, dass das der Beklagten gemäß §
13 Abs.
1 SGB VI eingeräumte Ermessen hierauf reduziert wäre (sog. Ermessensreduzierung auf Null). Nur bei der Rechtswidrigkeit der Ablehnung
dieser begehrten Ausbildung (Verpflichtungsklage) kann die hierauf gerichtete Feststellung durch das Gericht erfolgen. Insoweit
teilt der Senat nicht die Rechtsauffassung des Sozialgerichts. Es ist für den Senat in keiner Weise ersichtlich, dass sich
der allgemeine Anspruch der Klägerin auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben auf Förderung einer konkreten Ausbildung
zur Reiseverkehrskauffrau in einem konkreten Reisebüro derart verdichtet hatte, dass nur die Bewilligung dieser einen Maßnahme
rechtmäßig ist und alle anderen Entscheidungen rechtswidrig.
Nach §
13 Abs.
1 SGB VI bestimmt der Rentenversicherungsträger im Einzelfall unter Beachtung der Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit
Art, Dauer und Umfang der Leistung nach pflichtgemäßem Ermessen. In §
33 Abs.
4 SGB IX werden die Kriterien festgelegt, nach denen sich der Versicherungsträger bei der Auswahl der Leistungen richten soll. Er
hat danach Eignung, Neigung, bisherige Tätigkeit sowie Lage und Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt angemessen zu berücksichtigen.
Eine Ermessensreduzierung auf Null bezogen auf eine konkrete Ausbildung in einem konkreten Betrieb ist danach überhaupt nur
als äußerst seltener Ausnahmefall bei Vorliegen von gravierenden konkret hierfür sprechenden Gesichtspunkten denkbar. Ein
12 tägiges Praktikum und die Ausbildungsbereitschaft des Betriebes genügen insoweit bei Weitem schon deshalb nicht, weil für
die Klägerin unter Berücksichtigung ihres bisherigen Berufslebens mit ausschließlich ungelernten Tätigkeiten auch andere Integrationsmaßnahmen
in Betracht kommen. Das liegt auf der Hand. Die im Widerspruchsbescheid als ungeklärt betrachtete nervliche Belastbarkeit
der Klägerin für diese Tätigkeit brauchte vor diesem Hintergrund nicht aufgeklärt zu werden. Dieser Gesichtspunkt war für
die ablehnende Entscheidung der Beklagten erkennbar nicht tragend. So war die der Klägerin stattdessen gewährte Integrationsmaßnahme
ab 1. September 2011 (C ) als Entscheidung der Beklagten im Rahmen ihres Auswahlermessens nicht zu beanstanden. Sie wurde
im Übrigen von der Klägerin am 31. Mai 2012 erfolgreich abgeschlossen. Hierüber hatte der Senat jedoch nicht zu befinden,
weil dies nicht Streitgegenstand des Verfahrens ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 Abs.
1 und 4
SGG.
Gründe, die Revision nach §
160 Abs.
2 Nr.
1 oder 2
SGG zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtsmittelbelehrung und Erläuterungen zur Prozesskostenhilfe
I. Rechtsmittelbelehrung Eingang des Rechtsmittels bei Gericht bis zum 31. Dezember 2017
Diese Entscheidung kann nur dann mit der Revision angefochten werden, wenn sie nachträglich vom Bundessozialgericht zugelassen
wird. Zu diesem Zweck kann die Nichtzulassung der Revision durch das Landessozialgericht mit der Beschwerde angefochten werden.
Die Beschwerde ist von einem bei dem Bundessozialgericht zugelassenen Prozessbevollmächtigten innerhalb eines Monats nach
Zustellung der Entscheidung schriftlich oder in elektronischer Form beim Bundessozialgericht einzulegen. Sie muss bis zum
Ablauf der Monatsfrist beim Bundessozialgericht eingegangen sein und die angefochtene Entscheidung bezeichnen.
Postanschriften des Bundessozialgerichts: bei Brief und Postkarte 34114 Kassel
bei Eilbrief, Telegramm, Paket und Päckchen Graf-Bernadotte-Platz 5 34119 Kassel
Die elektronische Form wird durch eine qualifiziert signierte Datei gewahrt, die nach den Maßgaben der Verordnung über den
elektronischen Rechtsverkehr beim Bundessozialgericht (ERVVOBSG) in der Fassung der Änderungsverordnung vom Dezember 2015
(BGBl I) an die elektronische Gerichtspoststelle zu übermitteln ist. Weitere Informationen hierzu können über das Internetportal
des Bundessozialgerichts (www.bsg.bund.de) abgerufen werden.
Als Prozessbevollmächtigte sind nur zugelassen
1. Rechtsanwälte,
2. Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines
anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, die die Befähigung zum Richteramt
besitzen,
3. selbstständige Vereinigungen von Arbeitnehmern mit sozial- oder berufspolitischer Zwecksetzung für ihre Mitglieder,
4. berufsständische Vereinigungen der Landwirtschaft für ihre Mitglieder,
5. Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für
andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,
6. Vereinigungen, deren satzungsgemäße Aufgaben die gemeinschaftliche Interessenvertretung, die Beratung und Vertretung der
Leistungsempfänger nach dem sozialen Entschädigungsrecht oder der behinderten Menschen wesentlich umfassen und die unter Berücksichtigung
von Art und Umfang ihrer Tätigkeit sowie ihres Mitgliederkreises die Gewähr für eine sachkundige Prozessvertretung bieten,
für ihre Mitglieder,
7. juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in den Nrn. 3 bis 6 bezeichneten Organisationen
stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer
Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren
Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
Die Organisationen zu den Nrn. 3 bis 7 müssen durch Personen mit Befähigung zum Richteramt handeln.
Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben
gebildeten Zusammenschlüsse sowie private Pflegeversicherungsunternehmen können sich durch eigene Beschäftigte mit Befähigung
zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen
Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen.
Ein Beteiligter, der nach Maßgabe der Nrn. 1 bis 7 zur Vertretung berechtigt ist, kann sich selbst vertreten.
Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung der Entscheidung von einem zugelassenen Prozessbevollmächtigten
schriftlich oder in elektronischer Form zu begründen.
In der Begründung muss dargelegt werden, dass
- die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
- die Entscheidung von einer zu bezeichnenden Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe
des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
- ein zu bezeichnender Verfahrensmangel vorliegt, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann.
Als Verfahrensmangel kann eine Verletzung der §§
109 und
128 Abs.
1 Satz 1 des
Sozialgerichtsgesetzes (
SGG) nicht und eine Verletzung des §
103 SGG nur gerügt werden, soweit das Landessozialgericht einem Beweisantrag ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.
II. Erläuterungen zur Prozesskostenhilfe
Für das Beschwerdeverfahren gegen die Nichtzulassung der Revision kann ein Beteiligter Prozesskostenhilfe zum Zwecke der Beiordnung
eines Rechtsanwalts beantragen.
Der Antrag kann von dem Beteiligten persönlich gestellt werden; er ist beim Bundessozialgericht schriftlich oder in elektronischer
Form einzureichen oder mündlich vor dessen Geschäftsstelle zu Protokoll zu erklären.
Dem Antrag sind eine Erklärung des Beteiligten über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse (Familienverhältnisse,
Beruf, Vermögen, Einkommen und Lasten) sowie entsprechende Belege beizufügen; hierzu ist der für die Abgabe der Erklärung
vorgeschriebene Vordruck zu benutzen. Der Vordruck ist kostenfrei bei allen Gerichten erhältlich. Er kann auch über das Internetportal
des Bundessozialgerichts (www.bsg.bund.de) heruntergeladen und ausgedruckt werden.
Im Rahmen des elektronischen Rechtsverkehrs ist der Vordruck in Papierform auszufüllen, zu unterzeichnen, einzuscannen, qualifiziert
zu signieren und dann in das elektronische Gerichtspostfach des Bundessozialgerichts zu übermitteln.
Falls die Beschwerde nicht schon durch einen zugelassenen Prozessbevollmächtigten eingelegt ist, müssen der Antrag auf Bewilligung
von Prozesskostenhilfe und die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nebst den Belegen innerhalb
der Frist für die Einlegung der Beschwerde beim Bundessozialgericht eingegangen sein.
Ist dem Beteiligten Prozesskostenhilfe bewilligt worden und macht er von seinem Recht, einen Rechtsanwalt zu wählen, keinen
Gebrauch, wird auf seinen Antrag der beizuordnende Rechtsanwalt vom Bundessozialgericht ausgewählt.
III. Ergänzende Hinweise
Der Beschwerdeschrift und allen folgenden Schriftsätzen sollen Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden. Das
Bundessozialgericht bittet darüber hinaus um zwei weitere Abschriften. Dies gilt nicht im Rahmen des elektronischen Rechtsverkehrs.