Anspruch auf Witwenbeihilfe im sozialen Entschädigungsrecht; Kausalität zwischen Schädigung und Hinderung an Erwerbstätigkeit
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte der Klägerin Witwenbeihilfe nach § 48 Bundesversorgungsgesetz (BVG) zu gewähren hat.
Die 1933 geborene Klägerin ist Witwe des am 5. Juni 1936 geborenen H.. Der verstorbene Ehemann der Klägerin verletzte sich
kurz vor Vollendung seines 9. Lebensjahres im Mai 1945 beim Spielen, als eine Handgranate explodierte.
Mit Bescheid vom 10. Dezember 1951 erkannte das beklagte Land folgende Gesundheitsstörungen als Folge schädigender Einwirkungen
im Sinne des § 1 BVG an:
1. Verlust des linken Beines im Oberschenkel
2. Starbildung am rechten Auge
Die daraus folgende Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE; seit 21. Dezember 2007: Grad der Schädigungsfolgen - GdS) bewertete
das beklagte Land ab dem 1. Oktober 1950 mit 80 und gewährte ihm Grundrente. Mit Bescheid vom 21. Juli 1954 bewilligte das
Land dem Beschädigten außerdem Ausgleichsrente nach § 32 BVG.
Der Beschädigte schloss nach der Schädigung die Schule ab, erlernte jedoch keinen Beruf und übte Zeit seines Lebens keine
Erwerbstätigkeit aus. Seinen Lebensunterhalt bestritt er aus den Versorgungsbezügen sowie aus Einnahmen aus der Verpachtung
des Großteils der Flächen der elterlichen Landwirtschaft, die eine Größe von etwa 13 ha hatte. Einen kleinen Teil der Fläche
von etwa 1 ha bewirtschaftete der Beschädigte gemeinsam mit seiner Mutter, indem er etwas Kleinvieh hielt und Kartoffeln sowie
Gemüse für den eigenen Bedarf anbaute. Eine im Jahr 1952 begonnene Lehre zum Kraftfahrzeughandwerker beendete er nach Ablauf
eines Monats. Im Jahr 1956 besuchte er die Handelsschule, brach den Schulbesuch jedoch nach drei Monaten ab. Eine ihm ebenfalls
im Jahr 1956 angebotene Lehrstelle bei der S. Volksbank lehnte er ab und meldete sich danach auch nicht arbeitsuchend. Das
Arbeitsamt Neumünster teilte dem Beklagten dazu mit Schreiben vom 8. August 1958 mit, der Beschädigte habe erklärt, dass er
am liebsten zu Hause bei seiner Mutter auf dem Hof bleiben und ihr helfen wolle.
Am 15. Januar 1965 beantragte der Beschädigte bei dem Beklagten die Gewährung von Berufsschadensausgleich und führte aus,
dass er eventuelle Umschulungsmaßnahmen aufgrund seiner Kriegsbeschädigung nicht mehr für durchführbar halte. Außerdem habe
er am 11. Dezember 1964 geheiratet. Seine Ehefrau habe ein Kind mit in die Ehe gebracht. Daraufhin teilte das beklagte Land
dem Beschädigten mit Schreiben vom 24. Januar 1966 mit, dass Berufsschadensausgleich nach § 30 Abs. 6 BVG nur dann gewährt werden könne, wenn mögliche und zumutbare berufsfördernde Maßnahmen aus vom Beschädigten nicht zu vertretenden
Gründen erfolglos geblieben seien und ein Ausgleich des Berufsschadens nicht erzielt werden könne. Ferner holte das beklagte
Land eine Stellungnahme des Arbeitsamtes Neumünster vom 24. Juni 1966 ein, aus der hervorging, dass sich der Beschädigte aufgrund
seiner körperlichen Verfassung arbeits- und berufsfördernde Maßnahmen nicht mehr zutraue, dass jedoch nach dem Inhalt eines
eingeholten arbeitsamtsärztlichen Gutachtens berufsfördernde Maßnahmen empfohlen würden, da der Beschädigte für eine Beschäftigung
in der Landwirtschaft nicht mehr ausreichend geeignet sei. Für die Zukunft käme ein Beruf in Frage, bei dem er dauernd oder
überwiegend sitzen könne. Die Gebrauchsfähigkeit der oberen Gliedmaße sei praktisch nicht eingeschränkt. Da der Beschädigte
nur einseitig sehen könne, komme er für Arbeiten, bei denen räumliches Sehen verlangt werde, nicht in Frage. Zu einer eingeleiteten
fachpsychologischen Begutachtung sei der Beschädigte nicht erschienen. Dazu verwies das Arbeitsamt auf ein Schreiben des Beschädigten
vom 7. Juni 1966, in dem dieser mitteilte, dass er auf die ihm angebotene Eignungsuntersuchung verzichte, da es ihm aufgrund
seiner Beschädigung nicht möglich sei, fünf bis sechs Stunden zu sitzen. Außerdem wolle er keine berufsfördernden Maßnahmen
eingehen, da er zu 80% erwerbsunfähig sei und ihm dies bei seinem Leiden wohl nicht zuzumuten sei. Daraufhin lehnte das beklagte
Land den Antrag des Beschädigten auf Berufsschadensausgleich mit Bescheid vom 18. Juli 1966 ab und bezog sich zur Begründung
im Wesentlichen auf § 30 Abs. 6 BVG in der damals geltenden Fassung, nach dem Berufsschadensausgleich nur in Betracht komme, wenn arbeits- oder berufsfördernde
Maßnahmen aus vom Beschädigten zu vertretenden Gründen erfolglos geblieben seien. Da der Beschädigte dem Arbeitsamt mit Schreiben
vom 7. Juni 1966 mitgeteilt habe, dass er keine berufsfördernden Maßnahmen eingehen wolle, seien die Voraussetzungen für die
Gewährung von Berufsschadensausgleich nicht erfüllt.
Am 27. März 1979 beantragte der Beschädigte die Überprüfung des Bescheides vom 18. Juli 1966, mit dem sein Antrag auf Berufsschadensausgleich
abgelehnt worden war und machte geltend, dass er ohne die Schädigungsfolgen als einziger Sohn nach dem Tode seines Vaters
den landwirtschaftlichen Betrieb übernommen und fortgeführt hätte. Aufgrund seiner Schädigungsfolgen habe er den Hof jedoch
nicht selbst bewirtschaften können, sodass er verpachtet worden sei. Mit Bescheid vom 23. Mai 1979 lehnte das beklagte Land
auch diesen Antrag des Beschädigten im Wesentlichen mit der Begründung ab, dass der ablehnende Bescheid vom 18. Juli 1966
rechtmäßig sei. Gleichzeitig lehnte das beklagte Land die Erhöhung der MdE wegen besonderer beruflicher Betroffenheit nach
§ 30 Abs. 2 BVG ab und führte zur Begründung aus: Voraussetzung sowohl einer Erhöhung der MdE nach § 30 Abs. 2 BVG als auch für die Bewilligung von Berufsschadensausgleich sei, dass der berufliche Schaden im Wesentlichen durch die anerkannten
Schädigungsfolgen im Sinne des § 1 BVG mitverursacht sein müsse. Das sei nicht der Fall. Die eingeleiteten arbeits- und berufsfördernden Maßnahmen seien aus Gründen
erfolglos geblieben, die der Beschädigte selbst zu vertreten habe.
Am 20. Dezember 1985 beantragte der Beschädigte bei dem beklagten Land die Neufeststellung seines Versorgungsanspruchs unter
Zugrundelegung einer höheren MdE. Er leide an Stumpfbeschwerden, Tränen des rechten Auges, Splittern im rechten Knie und Schmerzen
im Rücken. Daraufhin holte das beklagte Land das augenärztliche Gutachten des Dr. M. vom 29. August 1986 sowie das Gutachten
des Arztes für Chirurgie Dr. G. vom 18. September 1986 ein. Mit Bescheid vom 20. Oktober 1986 wurden die Schädigungsfolgen
wie folgt neu bezeichnet:
1. Verlust des linken Beines im Oberschenkel mit Bewegungseinschränkung im Hüftgelenk
2. Narben im linken Unterbauch, an der linken Schulter, linken Oberarm, rechten Bein und Stumpf mit Stecksplitter
3. Cataracta traumatica rechts mit Erblindung
Die MdE stellte das beklagte Land nun mit 90 v. H. fest. Die Anerkennung von Rückenbeschwerden und Stoffwechselstörungen als
Schädigungsfolgen lehnte es mit der Begründung ab, dass diese nicht in einem ursächlichen Zusammenhang mit der Schädigung
ständen.
Am 13. April 1989 beantragte der Beschädigte erneut die Neufeststellung seines Anspruchs auf Versorgung nach dem BVG und machte geltend, dass insbesondere wegen der Zunahme von Schmerzen im Stumpf eine Verschlimmerung eingetreten sei. Daraufhin
holte das beklagte Land das Gutachten des Arztes für Chirurgie Dr. B. vom 28. August 1989 sowie das augenärztliche Gutachten
des Prof. Dr. P. vom 2. November 1989 ein. Mit Bescheid vom 20. November 1989 lehnte das beklagte Land diesen Antrag mit der
Begründung ab, dass eine wesentliche Änderung im Bereich des Stumpfes nicht eingetreten sei. Die bisher schon festgestellte
Bewegungsbehinderung im Hüftgelenk bestehe unverändert fort. Die rechtsseitig geltend gemachten Hüft- und Kniebeschwerden
beruhten auf arthrotischen Veränderungen, die nicht den Schädigungsfolgen angelastet werden könnten. Vielmehr liege ein erhebliches
Übergewicht vor, das zumindest die Arthroseentstehung gefördert habe. Die im Kniebereich festgestellten Splitter seien nicht
gelenknah, sodass sie nicht für die Arthroseentstehung verantwortlich zu machen seien. Unter weiterer Berücksichtigung der
Erblindung des rechten Auges sei die MdE weiterhin mit 90 richtig bewertet.
Den Grad der Behinderung (GdB) des Ehemanns der Klägerin nach dem Schwerbehindertengesetz stellte das beklagte Land mit Bescheid vom 16. Januar 1990 mit 100 fest und berücksichtigte dabei neben den anerkannten Schädigungsfolgen
auch eine Verschleißerkrankung der Wirbelsäule, Hüft- und Kniearthrose rechts sowie eine Herzleistungsschwäche.
Am 11. Oktober 1990 beantragte der Beschädigte erneut die Neufeststellung seines Versorgungsanspruchs und machte geltend,
an Phantomschmerzen im linken Stumpf zu leiden. Daraufhin holte das beklagte Land das Gutachten des Arztes für Neurologie
und Psychiatrie Dr. Sa. vom 10. Dezember 1990 ein, lehnte den Antrag des Beschädigten mit Bescheid vom 18. Januar 1991 ab
und führte zur Begründung im Wesentlichen aus, dass nach dem Ergebnis der durchgeführten nervenärztlichen Untersuchung keine
Phantomschmerzen wahrscheinlich gemacht worden seien. Es handele sich vielmehr um Kausalgien im Stumpfbereich, die zwar über
das normale Maß hinausgingen, jedoch nicht zu einer Erhöhung der Gesamt-MdE von 90 führten. Die Schädigungsfolgen wurden nunmehr
wie folgt bezeichnet:
1. Verlust des linken Beines im Oberschenkel mit Bewegungseinschränkung im Hüftgelenk, kausalgieforme Schmerzzustände im Oberschenkelstumpf
links
2. Narben im linken Unterbauch, an der linken Schulter, linken Oberarm, rechten Bein und Stumpf mit Stecksplitter
3. Cataracta traumatica rechts mit Erblindung.
Einen am 9. September 1992 gestellten Antrag auf Neufeststellung des Versorgungsanspruchs lehnte das beklagte Land mit Bescheid
vom 12. November 1992 ab.
Nachdem der Beschädigte am 4. März 2006 verstorben war, beantragte die Klägerin am 10. April 2006 bei dem Beklagten die Gewährung
von Hinterbliebenenversorgung nach dem Bundesversorgungsgesetz und machte geltend, dass ihr verstorbener Ehemann an schweren Schädigungsfolgen gelitten habe. Seine Landwirtschaft habe
er aufgrund der Verletzungen nicht ausüben können und die landwirtschaftlichen Flächen verpachtet. Sein Zustand habe sich
im Laufe der Jahre verschlechtert, ihr verstorbener Mann sei aufgrund seiner Verletzungen nicht in der Lage gewesen, sich
allein zu behelfen. Tägliche Dinge wie Anziehen, Baden, Duschen oder zum Arzt gehen seien ohne fremde Hilfe nicht möglich
gewesen.
Mit Bescheid vom 5. Juli 2006 lehnte das beklagte Land die Gewährung von Hinterbliebenenrente nach § 38 BVG mit der Begründung ab, dass der Ehemann der Klägerin nicht an den Folgen seiner Schädigung, sondern an Rechtsherzversagen
verstorben sei. Den dagegen eingelegten Widerspruch nahm die Klägerin zurück.
Mit Bescheid vom 6. Juli 2006 lehnte das beklagte Land auch die Gewährung von Witwenbeihilfe nach § 48 BVG ab und führte zur Begründung aus, dass der verstorbene Ehemann im Zeitpunkt seines Todes weder Anspruch auf die Beschädigtenrente
eines Erwerbsunfähigen noch Anspruch auf eine Pflegezulage nach dem BVG wegen nicht nur vorübergehender Hilflosigkeit gehabt habe. Die Voraussetzungen für die Gewährung eines Berufsschadensausgleichs
für mindestens fünf Jahre seien ebenfalls nicht erfüllt gewesen. Der verstorbene Ehemann sei durch die Folgen der Schädigung
auch nicht daran gehindert gewesen, einer entsprechenden Erwerbstätigkeit nachzugehen. Dies sei bereits zu Lebzeiten des Ehemannes
im Rahmen zweier Antragsverfahren zur Gewährung von Berufsschadensausgleich festgestellt worden. Die Ablehnungsgründe würden
unverändert weiter gelten. Zwar sei der Ehemann der Klägerin nach seinem Schulabschluss beruflich nicht integriert worden.
Dies sei jedoch von ihm allein zu vertreten, weil er mehrere berufsfördernde Maßnahmen, die ihm aus arbeitsamtsärztlicher
Sicht zumutbar und möglich gewesen wären, abgelehnt habe. Die Schädigungsfolgen hätten ihn nicht an einer Berufstätigkeit
gehindert.
Zur Begründung des dagegen eingelegten Widerspruchs machte die Klägerin im Wesentlichen geltend, dass ihr verstorbener Ehemann
aufgrund der Schädigungsfolgen beruflich nicht habe integriert werden können. Er habe in den letzten 30 Jahren vor seinem
Tod regelmäßig Schmerztabletten genommen und teilweise auch Morphiumpräparate. Einen Bürojob habe er aufgrund der Erblindung
des rechten Auges nicht ausüben können. Auch handwerkliche Tätigkeiten seien ihm aufgrund seiner Beinverletzung nicht möglich
gewesen. Außerdem sei der Beschädigte zum Zeitpunkt seines Todes zu 100% erwerbsgemindert gewesen. Zu.U.nrecht habe das beklagte
Land bei der Bemessung der MdE Rückenbeschwerden unberücksichtigt gelassen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 12. März 2007 wies das beklagte Land den Widerspruch der Klägerin im Wesentlichen aus den Gründen
des angefochtenen Bescheides zurück. Aus einem Schreiben des Arbeitsamts Neumünster vom 24. Juni 1966 gehe hervor, dass der
verstorbene Ehemann damals für die Beschäftigung in der Landwirtschaft zwar nicht mehr ausreichend geeignet gewesen sei, dass
ihm jedoch die Ausübung eines Berufs möglich gewesen wäre, bei dem er dauernd oder überwiegend hätte sitzen können. Die Gebrauchsfähigkeit
der oberen Gliedmaße sei nicht eingeschränkt gewesen. Aufgrund des einseitigen Sehens wären Arbeiten, die ein räumliches Sehen
verlangt hätten, nicht in Betracht gekommen. Es sei daher ein Bürojob als berufsfördernde Maßnahmen ausgesucht worden. Im
Einvernehmen mit dem Arbeitsamtsarzt sei damals bereits die fachpsychologische Begutachtung eingeleitet worden. Allerdings
habe der Ehemann der Klägerin dazu mitgeteilt, dass er auf eine Eignungsuntersuchung verzichte und ihm berufsfördernde Maßnahmen
aufgrund seines Leidens seiner Meinung nach nicht zumutbar seien. Daraufhin sei die rechtsverbindliche Ablehnung des Berufsschadensausgleichs
erfolgt. Zugleich sei im Rahmen eines Antragsverfahrens überprüft worden, ob eine besondere berufliche Betroffenheit im Sinne
des § 30 Abs. 2 BVG vorliege. Dazu sei festgestellt worden, dass der Ehemann der Klägerin 9 Jahre alt gewesen sei, als er seine Schädigungsfolgen
erlitten habe. Er habe damals noch die Schule besucht. Nach Abschluss der ärztlichen Behandlung und prothetischen Versorgung
hätten von ärztlicher Seite keine Bedenken gegen die Wiederaufnahme des Schulbesuchs oder gegen eine berufliche Ausbildung
bestanden. Ein entstandener beruflicher Schaden sei somit nicht wesentlich durch die anerkannten Schädigungsfolgen verursacht
worden, sondern aus von dem verstorbenen Ehemann zu vertretenden Gründen. Angebotene Lehrstellen und berufsfördernde Maßnahmen
habe er entweder abgebrochen oder erst gar nicht angenommen. Die MdE des verstorbenen Ehemanns sei auch zutreffend mit 90
v. H. festgestellt worden. Nach dem Ergebnis des ärztlichen Gutachtens vom 18. September 1986 seien die Rückenbeschwerden
nicht mit genügender Wahrscheinlichkeit auf die anerkannten Schädigungsfolgen zurückzuführen. Selbst wenn die Rückenbeschwerden
als Schädigungsfolge anerkannt worden wären, hätten diese nur mit einer MdE von 20 bewertet werden können, sodass die Gesamt-MdE
nicht auf mehr als 90 v. H. erhöht worden wäre.
Gegen den am 12. März 2007 abgesandten Widerspruchsbescheid hat sich die Klägerin mit der am 13. April 2007 beim Sozialgericht
Lübeck eingegangenen Klage gewandt, zu deren Begründung sie ihr Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren wiederholt und vertieft
hat. Ihr verstorbener Ehemann sei aufgrund der Schädigungsfolgen an der Ausübung einer Erwerbstätigkeit gehindert gewesen.
Der beantragte Berufsschadensausgleich sei aus heutiger Sicht zu.U.nrecht abgelehnt worden. Trotz der eigentlich bevorzugten
Tätigkeit in der Landwirtschaft habe der Beschädigte eine Ausbildung an der Handelsschule begonnen, diese jedoch nach kurzer
Zeit wieder abbrechen müssen, weil es ihm aufgrund seiner Beeinträchtigungen nicht möglich gewesen sei, dem Stoff zu folgen.
Er sei aufgrund der halbseitigen Erblindung in seiner Sehfähigkeit stark eingeschränkt gewesen. Auch sei es ihm aufgrund seiner
Behinderungen schwer möglich gewesen, die Handelsschule zu erreichen. Ein Bürojob wäre bei den bestehenden Behinderungen nicht
in Betracht gekommen. Bezeichnenderweise sei im Widerspruchsbescheid aus dem Jahr 1979 davon abgesehen worden, ihrem Ehemann
eine Rehabilitationsmaßnahme anzubieten, da diese keine Erfolgsaussichten mehr versprochen habe. Im Ergebnis komme es jedoch
nicht darauf an, ob ihr Ehemann Anspruch auf Berufsschadensausgleich gehabt hätte. Jedenfalls habe ihm zum Zeitpunkt seines
Todes Beschädigtenrente nach einer MdE von 100 zugestanden. Angesichts der ständig fortgeschrittenen Verschlimmerung der Schädigungsfolgen
sei es unmöglich, dass sich die MdE seit dem Jahre 1986 nicht erhöht habe. Dass er es versäumt habe, einen entsprechenden
Antrag zu stellen, stehe einem Anspruch auf Witwenbeihilfe nicht entgegen. Die Sehschärfe auf dem linken Auge habe zuletzt
nur noch 0,6 betragen, bei Blindheit auf dem rechten Auge. Erhebliche degenerative Veränderungen des Skelettsystems und insbesondere
der Lendenwirbelsäule seien schädigungsbedingt. Der Beschädigte sei beim Aus- und Ankleiden sowie beim An- und Ablegen der
Oberschenkelprothese auf fremde Hilfe angewiesen gewesen. Bereits kurzes Stehen sei aufgrund von Standschwierigkeiten mit
der Prothese nicht möglich gewesen. Aufgrund des fehlenden Beines habe er sich nicht bücken können. Es stehe fest, dass der
Beschädigte ohne die Folgen seiner Schädigung nicht sein Leben lang arbeitslos geblieben wäre. Denn ohne die Schädigungsfolgen
hätte er weder eine Grundrente noch eine Ausgleichsrente bezogen. Er wäre daher auf eine ordentliche Arbeit angewiesen gewesen,
um den Lebensstandard zu finanzieren. Ergänzend hat die Klägerin auf eine augenärztliche Bescheinigung des Dr. K. vom 25.
April 2007 sowie ein Attest des Arztes für innere Medizin und Anästhesie Dr. A. vom 11. April 2007 Bezug genommen.
Die Klägerin hat sinngemäß beantragt,
den Bescheid des beklagten Landes vom 6. Juli 2006 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 12. März 2007 aufzuheben
und das beklagte Land zu verurteilen, ihr Witwenbeihilfe zu gewähren.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat zur Begründung vorgetragen, dass 1965, als der verstorbene Ehemann den Antrag auf Berufsschadensausgleich gestellt
habe, berufsfördernde Maßnahmen einen großen Stellenwert gehabt hätten. Es habe das Ziel bestanden, gerade Kriegsbeschädigte
beruflich einzugliedern. Der entstandene berufliche Schaden des verstorbenen Ehemannes, der heute Einfluss auf die finanzielle
Situation der Klägerin nehme, sei allein auf Gründe zurückzuführen, die der verstorbene Ehemann zu vertreten gehabt habe.
Dazu werde auf die Begründung des angefochtenen Widerspruchsbescheides verwiesen. In den vom Sozialgericht ergänzend beigezogenen
Akten der orthopädischen Versorgungsstelle Neumünster seien keine Hinweise auf eine Veränderung des Gesundheitszustandes des
Beschädigten zu entnehmen, die zu einem GdS von 100 hätten führen müssen.
Nach Durchführung eines Erörterungstermins am 30. Juli 2009 hat das Sozialgericht die Klage mit Gerichtsbescheid vom 12. September
2011 abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Der Beklagte habe die Gewährung einer Witwenbeihilfe nach §
48 BVG zu Recht abgelehnt. Die Voraussetzungen der Rechtsvermutung des § 48 Abs. 1 Satz 6 BVG seien nicht gegeben, weil der verstorbene Ehemann weder Berufsschadensausgleich bezogen habe, noch offenkundig sei, dass
er einen entsprechenden Anspruch gehabt hätte. Aus dem Inhalt der vorliegenden Verwaltungsakten gehe hervor, dass der verstorbene
Ehemann der Klägerin nur deshalb nicht beruflich habe eingegliedert werden können, weil er angebotene Lehrstellen sowie arbeits-
und berufsfördernde Maßnahmen abgelehnt habe, obwohl ihm diese aus medizinischer Sicht zumutbar gewesen wären. Dies werde
dadurch bestätigt, dass der Ehemann der Klägerin die vom Arbeitsamt vorgesehene fachpsychologische Begutachtung abgelehnt
habe. Die Angaben des verstorbenen Ehemannes der Klägerin im Widerspruchsverfahren zum Antrag auf Berufsschadensausgleich
halte das Gericht für unglaubwürdig. Die Voraussetzungen der in § 48 Abs. 1 Satz 5 BVG normierten Rechtsvermutung in Gestalt eines Anspruchs auf Grundrente nach einem GdS von 100 oder eines Anspruchs auf Pflegezulage
lägen ebenfalls nicht vor. Es fehle bereits an dem erforderlichen Antrag des Beschädigten. Selbst wenn die zu der Rechtsvermutung
nach § 48 Abs. 1 Satz 6 BVG entwickelte Rechtsprechung des Bundessozialgerichts auf die Rechtsvermutung des § 48 Abs. 1 Satz 5 BVG übertragbar wäre, wären die Voraussetzungen nicht erfüllt. Ein Anspruch des verstorbenen Ehemannes auf Grundrente nach einem
GdS von 100 oder auf Pflegezulage sei nach dem Inhalt der Versorgungsakten gerade nicht auf den ersten Blick für jeden Kundigen
klar erkennbar. Entgegen der Auffassung der Klägerin sei die Verschleißerkrankung der Wirbelsäule bzw. die Hüft- und Kniearthrose
rechts nicht als weitere Schädigungsfolge bei der festzulegenden MdE zu berücksichtigen. Nach den vorliegenden ärztlichen
Gutachten, die auf der Grundlage ambulanter Untersuchungen erstellt worden seien, hätten Rückenbeschwerden gerade nicht mit
der erforderlichen Wahrscheinlichkeit auf die anerkannten Schädigungsfolgen zurückgeführt werden können. Auch die Voraussetzungen
nach § 48 Abs. 1 Satz 1 BVG seien nicht erfüllt, da die Gesamtversorgung der Klägerin nicht schädigungsbedingt gemindert sei. Unter Berücksichtigung
der vorliegenden Unterlagen beruhe die fehlende Witwenversorgung der Klägerin auf der Entscheidung des Beschädigten, keine
ihm zumutbaren berufsfördernden Maßnahmen in Anspruch zu nehmen bzw. zu beenden und nicht auf den Folgen seiner Schädigung.
Insoweit habe er aus eigener Willensentscheidung bevorzugt, auf dem elterlichen Hof zu bleiben und dort von den Pachteinnahmen,
der minimalen Eigenbewirtschaftung der nicht verpachteten Fläche für den Eigenverbrauch sowie der Rentenleistung des beklagten
Landes zu leben.
Gegen den ihr am 15. September 2011 zugestellten Gerichtsbescheid wendet sich die Klägerin mit der am 14. Oktober 2011 beim
Schleswig-Holsteinischen Landessozialgericht eingegangenen Berufung, zu deren Begründung sie ihr Vorbringen aus dem Verwaltungsverfahren
und aus dem erstinstanzlichen Verfahren wiederholt und vertieft. Das Urteil des Sozialgerichts sei fehlerhaft. Die Voraussetzungen
eines Anspruchs auf Hinterbliebenenversorgung nach § 48 BVG würden bereits als erfüllt gelten, weil der Beschädigte im Zeitpunkt seines Todes Anspruch auf die Grundrente eines Beschädigten
mit einer MdE von 100 gehabt habe. Bereits der Verlust eines Beines im Oberschenkel müsse mit einer MdE von 80 bewertet werden.
Hinzu komme die Erblindung des rechten Auges, die mit einer MdE von 30 zu bewerten sei. Auch ohne Berücksichtigung der Stumpfschmerzen,
die als Schädigungsfolge anerkannt gewesen seien, und der Wirbelsäulenbeschwerden, die zwar nicht anerkannt gewesen seien,
die aber mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit als Folge des Verlustes des linken Beines entstanden oder jedenfalls
verschlimmert worden seien, habe im Zeitpunkt des Todes eine MdE von 100 vorgelegen. Auf die Frage, ob der Beschädigte einen
entsprechenden Antrag gestellt habe, komme es entgegen der Auffassung des Sozialgerichts nicht an. Darüber hinaus habe das
Sozialgericht übersehen, dass sehr wohl ein Erhöhungsantrag auf Gewährung einer Grundrente nach einem GdS von 100 gestellt
worden sei, und zwar zuletzt am 9. September 1992. Bereits seinerzeit hätte der GdS von 100 anerkannt werden müssen. Dass
der Antrag auf Erhöhung des GdS abgelehnt worden sei, stehe einem Rechtsschein nach § 48 Abs. 1 Satz 5 BVG nicht entgegen. Wenn sich nun herausstelle, dass der Ablehnungsbescheid rechtswidrig sei, sei er gemäß § 44 SGB X zurückzunehmen. Darüber hinaus würden die Voraussetzungen des § 48 Abs. 1 Satz 1 BVG auch als erfüllt gelten, wenn der Beschädigte mindestens fünf Jahre Anspruch auf Berufsschadensausgleich wegen eines Einkommensverlustes
im Sinne des § 30 Abs. 4 BVG oder nach § 30 Abs. 6 BVG habe. Ein solcher Anspruch auf Berufsschadensausgleich sei auch ohne eine Gewährung dieser Leistung als gegeben anzusehen,
wenn beim Beschädigten die gesetzlichen Voraussetzungen nach dem Inhalt der über ihn geführten Verwaltungsakten auf den ersten
Blick für jeden Kundigen erkennbar während wenigstens fünf Jahren vorgelegen hätten und wenn sich dies der Verwaltung habe
aufdrängen müssen. Auch diese Voraussetzung sei hier gegeben. Aus dem Inhalt der Versorgungsakten sei eindeutig erkennbar,
dass der Beschädigte aufgrund der vor Abschluss der Schulausbildung erlittenen Schädigung in seinem beruflichen Werdegang
behindert worden sei. Wenn dies der Fall sei, sei ein Berufsschadensausgleich nach § 7 Berufsschadensausgleichsverordnung (a.F.) auf der Grundlage des Durchschnittseinkommens nach der Besoldungsgruppe des Bundesbesoldungsgesetzes zu ermitteln. Nach der hier maßgebenden Veranlagung, den Fähigkeiten und dem sozialen Umfeld des verstorbenen Ehemanns wäre
dieser als Landwirt tätig geworden. Die Eltern des Beschädigten hätten einen landwirtschaftlichen Betrieb geführt. Dieser
werde regelmäßig an den Sohn übergeben, zumal wenn es sich - wie hier - um den einzigen Sohn handele. Der Hof sei auch übergeben
worden, habe jedoch aufgrund der erlittenen Gesundheitsschädigung nicht selbst betrieben bzw. ausgebaut werden können. Der
Beschädigte habe mehrfach zum Ausdruck gebracht, dass er Landwirt habe werden wollen und er habe den Hof nach seinen verbliebenen
Möglichkeiten bewirtschaftet. In den Akten finde sich ein amtsärztliches Gutachten, in welchem berufsfördernde Maßnahmen mit
der Begründung empfohlen worden seien, dass der Beschädigte für eine Beschäftigung in der Landwirtschaft nicht mehr ausreichend
geeignet sei. Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts sei der erlittene Einkommensverlust auch kausal auf die Schädigung
zurückzuführen. Das Sozialgericht habe übersehen, dass nach der Rechtsprechung weitgehende Beweiserleichterungen gelten würden.
Bei einer Berufsaufgabe genüge die entsprechende Behauptung des Beschädigten, wenn sie im Hinblick auf die Schädigungsfolgen
plausibel sei. Eine zusätzliche Kausalitätsprüfung dahin, ob nicht andere Umstände wie die Persönlichkeit des Beschädigten
den Minderverdienst verursacht hätten, sei abweichend von der Auffassung des Sozialgerichts nicht vorzunehmen. Selbst wenn
die Vermutungstatbestände der §§ 48 Abs. 1 Sätze 5 und 6 BVG nicht vorlägen, wären die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Witwenbeihilfe erfüllt. Der Beschädigte sei durch die Folgen
der Schädigung daran gehindert gewesen, eine entsprechende Erwerbstätigkeit auszuüben und dadurch sei die aus der Ehe hergeleitete
Witwenversorgung mindestens um die in § 48 Abs. 1 Satz 1 BVG genannten Mindestsätze gemindert. Das Sozialgericht habe eine entsprechende Prüfung der Minderung der Versorgung nicht vorgenommen
und lediglich behauptet, dass die fehlende Witwenversorgung nicht auf Schädigungsfolgen des verstorbenen Ehemannes zurückzuführen
sei. Diese Behauptung überzeuge schon deshalb nicht, da der verstorbene Ehemann seit 1954 eine Ausgleichsrente nach § 32 BVG bezogen habe. Damit stehe fest, dass er eine ihm ansonsten zumutbare Erwerbstätigkeit überhaupt nicht oder nur in beschränktem
Umfang oder nur mit überdurchschnittlichem Kräfteaufwand habe ausüben können. Die Kausalitätsprüfung des Sozialgerichts sei
fehlerhaft. Der Beschädigte habe berufsfördernde Maßnahmen abgelehnt, da er aufgrund der Verletzungsfolgen der Auffassung
gewesen sei, dass ihm entsprechende Maßnahmen nicht weiterhelfen würden. Er habe sich selbst infolge der erheblichen Verletzungen
nicht als hinreichend arbeitsfähig angesehen. Dies sei angesichts eines GdS von 90 auch plausibel.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Lübeck vom 12. September 2011 sowie den Bescheid des beklagten Landes vom 6. Juli
2006 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 12. März 2007 aufzuheben und das beklagte Land zu verurteilen, ihr Witwenbeihilfe
zu gewähren.
Das beklagte Land beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die fristgerecht eingelegte (§
151 Abs.
1 Sozialgerichtsgesetz -
SGG -) und auch im Übrigen zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen,
weil die Klägerin keinen Anspruch auf Witwenbeihilfe nach § 48 BVG hat.
Nach § 48 Abs. 1 BVG ist u.a. der Witwe eines rentenberechtigten Beschädigten, der nicht an den Folgen der Schädigung gestorben ist, eine Witwenbeihilfe
zu zahlen, wenn der Beschädigte durch die Folgen der Schädigung gehindert war, eine entsprechende Erwerbstätigkeit auszuüben
und dadurch die aus der Ehe mit dem Beschädigten hergeleitete Witwenversorgung insgesamt - mindestens um näher bezeichnete
Vomhundertsätze - gemindert ist. Nach § 48 Abs. 1 Satz 5 BVG gelten diese Voraussetzungen als erfüllt, wenn der Beschädigte im Zeitpunkt seines Todes Anspruch auf die Grundrente eines
Beschädigten mit einer MdE (seit 21. Dezember 2007: Grad der Schädigungsfolgen - GdS) von 100 oder wegen nicht nur vorübergehender
Hilflosigkeit Anspruch auf Pflegezulage hatte. Nach § 48 Abs. 1 Satz 6 BVG gelten die Voraussetzungen außerdem als erfüllt, wenn der Beschädigte mindestens fünf Jahre Anspruch auf Berufsschadensausgleich
wegen eines Einkommensverlustes im Sinne des § 30 Abs. 4 oder nach § 30 Abs. 6 BVG hatte. Die genannten Voraussetzungen sind nicht erfüllt, weil keiner der Vermutungstatbestände eingreift (nachfolgend 1.)
und weil der verstorbene Ehemann auch nicht durch die Folgen der Schädigung gehindert war, eine entsprechende Erwerbstätigkeit
auszuüben, sodass die Voraussetzungen nach § 48 Abs. 1 Satz 1 BVG nicht erfüllt sind (nachfolgend 2.).
1. Der verstorbene Ehemann der Klägerin hat keine der in den Vermutungstatbeständen nach § 48 Abs. 1 Satz 5 und 6 BVG genannten Leistungen (Grundrente nach einer MdE von 100, Pflegezulage, Berufsschadensausgleich) bezogen. Daraus folgt noch
nicht, dass keiner der genannten Vermutungstatbestände eingreift. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts gelten
die Voraussetzungen des § 48 Abs. 1 Satz 1 BVG auch ohne eine Gewährung dieser Leistungen dann als erfüllt, wenn beim Beschädigten die gesetzlichen Voraussetzungen nach
dem Inhalt der über ihn geführten Versorgungsakten auf den ersten Blick für jeden Kundigen klar erkennbar vorgelegen haben
und wenn sich dies der Verwaltung aufdrängen musste (ständige Rechtsprechung, vgl. BSG, Urteil vom 11. Dezember 2008 - B 9 V 3/07 R, BSG, Urteil vom 15. Dezember 1999 - B 9 V 11/99 R; BSG, Urteil vom 23. Juni 1993 - 9/9a RV 26/91 = SozR 3-3100 § 48 Nr. 7; BSG, Urteil vom 10. Februar 1993 - 9/9a RV 31/91 = SozR 3-3100 § 48 Nr. 6; BSG, Urteil vom 10. Februar 1993 - 9/9a RV 4/92; BSG, Urteil vom 15. Juli 1992 - 9a RV 40/91 = BSGE 71, 68; BSG, Urteil vom 29. Januar 1992 - 9a RV 5/90 = Breith 1993, 303; BSG, Urteil vom 26. November 1991 - 9a RV 19/90 = SozR 3-3100 § 48 Nr. 2; BSG, Urteil vom 27. Januar 1987 - 9a RV 38/85 = SozR 3100 § 48 Nr. 15; BSG, Urteil vom 27. Januar 1987 - 9a RV 6/86 = SozR 3100 § 48 Nr. 16; BSG, Urteil vom 1. April 1981 - 9 RV 49/80 = SozR 3100 § 48 Nr. 7; anders jedoch zu der ähnlichen Regelung des § 602
RVO - heute: § 71 Abs. 4 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch: BSG, Urteil vom 30. April 1991 - 2 RU 56/90). Voraussetzung ist dann jedoch, dass sich der Anspruch auf die genannten Leistungen (Grundrente nach einer MdE bzw. nach
einem GdS von 100 oder Pflegezulage zum Zeitpunkt des Todes oder Berufsschadensausgleich für mindestens fünf Jahre) ohne weitere
Ermittlungen feststellen lässt (BSG, Urteil vom 10. Februar 1993 - 9/9a RV 4/92). Wenn solche Ermittlungen nötig sind, weil sich ein Anspruch auf die genannten Leistungen nicht aufdrängt, werden die Vermutungsvoraussetzungen
nicht nachträglich offenkundig. Gleiches gilt für medizinische Ermittlungen, die zum Nachweis eines Anspruchs auf Witwenversorgung
durchgeführt werden (BSG, Urteil vom 10. Februar 1993 - 9/9a RV 31/91 = SozR 3-3100 § 48 Nr. 6). Dies gilt gleichermaßen für sämtliche Vermutungstatbestände des § 48 BVG. Es kommt deshalb - entgegen der Auffassung des Sozialgerichts - auch für die Frage, ob im Zeitpunkt des Todes Anspruch auf
Grundrente nach einer MdE von 100 bestanden hat, nicht darauf an, ob entsprechende Leistungen bezogen oder zumindest beantragt
worden sind. Entscheidend ist, ob die gesetzlichen Voraussetzungen der jeweiligen Vermutungstatbestände nach dem Inhalt der
für den Beschädigten geführten Versorgungsakten auf den ersten Blick für jeden Kundigen klar erkennbar bestanden haben und
dass sich dieses Ergebnis der Verwaltung aufdrängen musste (BSG, Urteil vom 10. Februar 1993 - 9/9a RV 31/91, a.a.O.; BSG, Urteil vom 23. Juni 1993 - 9/9a RV 26/91 = SozR 3-3100 § 48 Nr. 7).
Vorliegend ist nach dem Inhalt der den Beschädigten betreffenden Verwaltungsakten keiner der in § 48 Abs. 1 Satz 5 und 6 BVG genannten Vermutungstatbestände "offenkundig" erfüllt.
a) Der Vermutungstatbestand nach § 48 Abs. 1 Satz 6 BVG ist nicht erfüllt, weil der Beschädigte nicht mindestens fünf Jahre Berufsschadensausgleich wegen eines Einkommensverlustes
im Sinne des § 30 Abs. 4 oder Abs. 6 BVG bezogen hat und jedenfalls nicht auf den ersten Blick für jeden Kundigen klar erkennbar ist, dass ein solcher Anspruch wenigstens
während fünf Jahren bestanden hat. Gegen einen Anspruch des Beschädigten auf Berufsschadensausgleich spricht zunächst, dass
der Berufsschadensausgleich einen schädigungsbedingten Einkommensverlust voraussetzt, der durch die Schädigung als wesentlich
mitwirkender Bedingung verursacht wurde (vgl. BSG, Urteil vom 20. Juli 2005 - B 9a V 1/05 R -; BSG, Urteil vom 15. Dezember 1970 - 10 RV 780/69, m.w.N.). Wesentliche Ursache des fehlenden Erwerbseinkommens des verstorbenen Ehemannes der Klägerin war jedoch nicht dessen
Schädigung, sondern dessen Entscheidung, keiner Erwerbstätigkeit nachzugehen und seinen Lebensunterhalt von den Versorgungsbezügen
und Pachteinnahmen zu bestreiten. Der Beschädigte hätte trotz der Schädigungsfolgen beruflich eingegliedert werden können.
Er hat sich jedoch dafür entschieden, anstelle der Teilnahme an Maßnahmen zur Ausbildung oder zur beruflichen Rehabilitation
und damit einer beruflichen Eingliederung bei seiner Mutter auf dem Hof zu bleiben. Der Beschädigte hat die Schädigung bereits
in jungen Jahren noch vor Vollendung seines 9. Lebensjahres erlitten. Er war später wieder in der Lage, die Volksschule zu
besuchen. Vor diesem Hintergrund können die in den Akten enthaltenen Angaben des Beschädigten ebenso wie die Angaben der Klägerin
im vorliegenden Verfahren, nach denen der Beschädigte gesundheitlich nicht in der Lage gewesen sein soll, eine Banklehre zu
absolvieren, die Handelsschule zu besuchen oder an einer anderen Maßnahme zur beruflichen Rehabilitation teilzunehmen, nicht
nachvollzogen werden. Dass einer erfolgreichen beruflichen Eingliederung im Wesentlichen die fehlende Mitwirkung des Beschädigten
entgegengestanden hat, wird auch durch das Schreiben des Arbeitsamtes Neumünster vom 24. Juni 1966 belegt, in dem unter Hinweis
auf das Ergebnis einer durchgeführten arbeitsamtsärztlichen Begutachtung mitgeteilt wird, dass dem Beschädigten berufsfördernde
Maßnahmen empfohlen werden und dass ein Beruf in Frage käme, bei dem dieser dauernd oder überwiegend sitzen könne. Die Gebrauchsfähigkeit
der oberen Gliedmaßen sei praktisch nicht eingeschränkt. Dass der Eingliederung des Beschädigten in das Erwerbsleben keine
gesundheitlichen Gründe entgegengestanden haben, sondern dessen Entscheidung seinen Lebensunterhalt aus den Versorgungsbezügen
und den Pachteinnahmen zu gewährleisten, ergibt sich nach Auffassung des Senats besonders deutlich aus einem Schreiben des
Beschädigten vom 7. Juni 1966 an das Arbeitsamt Neumünster, in dem dieser mitteilt, dass er auf die vorgesehene Eignungsuntersuchung
zur Durchführung berufsfördernder Maßnahmen zur Rehabilitation verzichten möchte. Bereits im Zusammenhang mit dem Antrag auf
Berufsschadensausgleich hatte er mitgeteilt, dass er eventuelle Umschulungsmaßnahmen aufgrund seiner Kriegsbeschädigungen
nicht für durchführbar halte. Medizinische Befunde, die diese Selbsteinschätzung des Beschädigten bestätigen könnten, finden
sich in den vorliegenden Akten jedoch nicht. Nach dem Inhalt der vorliegenden Verwaltungsakte ist der Senat davon überzeugt,
dass die Versuche des Arbeitsamtes, den Beschädigten in ein Ausbildungsverhältnis zu vermitteln oder ihn zur Teilnahme an
berufsfördernden Leistungen zur Rehabilitation zu motivieren, wesentlich an dessen fehlendem Willen zur Mitwirkung gescheitert
sind.
Soweit die Klägerin geltend macht, dass der Beschädigte auch Ausgleichsrente bezogen habe und dass danach von einem schädigungsbedingten
Einkommensverlust auszugehen sei, trifft dies insofern zu, als der Beschädigte Ausgleichsrente bezogen hat und dass der Anspruch
auf diese Leistung nach § 32 Abs. 1 BVG u.a. voraussetzt, dass der Schwerbeschädigte infolge seines Gesundheitszustandes oder hohen Alters oder aus einem von ihm
nicht zu vertretenden sonstigen Grund eine zumutbare Erwerbstätigkeit nicht oder nur in beschränktem Umfang oder nur mit überdurchschnittlichem
Kräfteaufwand ausüben kann. Allerdings ist dem Beschädigten Ausgleichsrente bereits mit Bescheid vom 21. Juli 1954 und damit
zu einem Zeitpunkt bewilligt worden, zu dem seine Entscheidung, eine Erwerbstätigkeit nicht ausüben zu wollen, noch nicht
erkennbar war. Die Ausgleichsrente war ihm mit der Begründung bewilligt worden, dass nach Vollendung des 18. Lebensjahres
die Waisenrente und auch die Invalidenversicherung sowie die Kriegswaisenrente weggefallen sei. Nach dem Inhalt der vorliegenden
Verwaltungsakte ist der Beschädigte zwar durch das Arbeitsamt Neumünster darauf hingewiesen worden, dass die Versorgungsverwaltung
die Möglichkeit habe, seine Ausgleichsrente für eine Zeit einzubehalten, wenn er "weiter so interessenlos einer Arbeitsvermittlung
bzw. Berufsförderung gegenüberstehe". Eine Prüfung der Frage, ob die Ausgleichsrente zu entziehen ist, weil der Einkommensverlust
nicht schädigungsbedingt ist, ist nach dem Inhalt der vorliegenden Akten jedoch in der Folge nicht durchgeführt worden. Vielmehr
hat sich die Prüfung allein auf die Frage beschränkt, ob der Beschädigte durch die Schädigungsfolgen daran gehindert ist,
den Hof, auf dem er mit seiner Mutter gelebt hat, zu bewirtschaften. Im Ergebnis kann dahingestellt bleiben, ob die Voraussetzungen
für den Entzug der Ausgleichsrente vorgelegen haben. Jedenfalls lässt der Bezug der Ausgleichsrente vorliegend nicht den Schluss
zu, dass der Beschädigte einen schädigungsbedingten Einkommensverlust erlitten haben muss. Dem Bezug von Ausgleichsrente kommt
für die Entscheidung über einen Anspruch auf Berufsschadensausgleich auch keine Tatbestandswirkung in der Weise zu, dass nicht
zu vertretende Gründe der Ausübung einer Erwerbstätigkeit entgegengestanden hätten.
Darüber hinaus stand § 30 Abs. 6 BVG in der Fassung des Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Kriegsopferrechts vom 27. Juni 1960 (BGBl. I, 453) und der nachfolgend
geltende § 29 BVG in der Fassung des 8. Gesetzes über die Anpassung der Leistungen des BVG vom 14. Juni 1976 (BGBl. I, 1481) einem Anspruch des Beschädigten auf Berufsschadensausgleich entgegen. Nach diesen Vorschriften
entsteht ein Anspruch auf Berufsschadensausgleich in Fällen, in denen arbeits- und berufsfördernde Maßnahmen möglich und zumutbar
sind, nur dann, wenn diese Maßnahmen aus vom Beschädigten nicht zu vertretenden Gründen erfolglos geblieben sind oder nicht
zum Ausgleich des beruflichen Schadens geführt haben. Wie dargelegt wären berufsfördernde Maßnahmen bei dem verstorbenen Ehemann
der Klägerin erfolgversprechend und zumutbar gewesen. Über die leistungsrechtliche Bedeutung arbeits- und berufsfördernder
Maßnahmen zur Rehabilitation und die Folgen fehlender Mitwirkung hat der Beklagte den Beschädigten mit Schreiben vom 24. Januar
1966 belehrt. Ob darüber hinaus zu fordern ist, dass die Verwaltung dem Beschädigten ein konkretes Angebot unterbreitet hat
(ausdrücklich offengelassen: BSG, Urteil vom 17. Juli 2008 - B 9/9a VS 1/06 R = SozR 4-3100 § 29 Nr. 1) kann dahingestellt bleiben. Zum einen dürfte auch
diese Voraussetzung erfüllt sein, weil die Beklagte dem Ehemann der Klägerin über das Arbeitsamt mehrere Rehabilitationsangebote
unterbreitet hat und zum anderen hat der Ehemann der Klägerin die Unterbreitung weiterer konkret auf ihn zugeschnittener Rehabilitationsangebote
durch die Ablehnung zur Teilnahme an einer Eignungsuntersuchung und die generelle Ablehnung zur Teilnahme an berufsfördernden
Maßnahmen verhindert. Unter diesen Umständen spricht zumindest viel dafür, dass einem Anspruch des Beschädigten auf Berufsschadensausgleich
auch § 30 Abs. 6 BVG a.F. bzw. § 29 BVG entgegengestanden hat. Ein Anspruch des Beschädigten auf Berufsschadensausgleich hat danach jedenfalls nicht für jeden Kundigen
klar erkennbar vorgelegen.
b) Auch ist nicht erkennbar, dass der Beschädigte zum Zeitpunkt seines Todes wegen nicht nur vorübergehender Hilflosigkeit
Anspruch auf eine Pflegezulage hatte. Er hat zum Zeitpunkt seines Todes keine Pflegezulage nach § 35 BVG bezogen und nach dem Inhalt der vorliegenden Verwaltungsakte ist zumindest nicht offenkundig, dass ein solcher Anspruch zum
Zeitpunkt des Todes vorgelegen hat. Ein Anspruch auf Pflegezulage setzt voraus, dass der Beschädigte für eine Reihe von häufig
und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen zur Sicherung seiner persönlichen Existenz im Ablauf eines jeden Tages fremder
Hilfe dauernd bedarf. Anhaltspunkte für das Vorliegen eines entsprechenden Hilfebedarfs des Beschädigten ergeben sich weder
aus den oben genannten medizinischen Gutachten noch aus dem übrigen Inhalt der vorliegenden Akten. Im Erörterungstermin vor
dem Sozialgericht hat die Klägerin auf Nachfrage angegeben, dass ihr Ehemann einen Antrag bei der Pflegekasse zu Lebzeiten
nie gestellt habe. Auch die beigezogenen Akten der Orthopädischen Versorgungsstelle geben keine Hinweise auf eine Pflegebedürftigkeit.
Im Zusammenhang mit der Anpassung eines neuen Kunstbeines ist das Gangbild des Beschädigten ohne Stock noch im Juli 2003 als
"leicht schonend" beschrieben worden. Nach dem Inhalt der vorliegenden Verwaltungsakten war dem Beschädigten das Merkzeichen
"H" nicht zuerkannt worden. Medizinische Befunde aus den letzten Jahren vor dem Tod des Beschädigten liegen nicht vor.
c) Nach dem Inhalt der vorliegenden Verwaltungsakten gibt es ferner keine Anhaltspunkte dafür, dass dem Beschädigten zum Zeitpunkt
seines Todes Grundrente nach einer MdE von 100 anstelle einer MdE von 90 hätte gewährt werden müssen. Vielmehr ist die Bewertung
der MdE mit 90 unter Berücksichtigung der zahlreichen in den Verwaltungsakten enthaltenen medizinischen Gutachten in jeder
Hinsicht nachvollziehbar. So gelangt der Arzt für Chirurgie Dr. G. in seinem Gutachten vom 18. September 1986 zu der Einschätzung,
dass der Verlust des linken Beines im Oberschenkel im Hinblick auf eine eingetretene Verschlimmerung in Gestalt einer Beugebehinderung
im linken Hüftgelenk mit einer MdE von 80 zu bewerten sei. Diese Bewertung steht im Einklang mit den damals maßgebenden Anhaltspunkten
für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertengesetz (AHP) mit Stand vom November 1983, die für den Verlust eines Beines im Oberschenkel eine MdE von 70 vorsahen und sich zu
Lebzeiten des Beschädigten insoweit nicht geändert haben. Erst der Verlust eines Beines im Hüftgelenk oder mit sehr kurzem
Oberschenkelstumpf wird mit einer MdE von 80 bewertet. Diese Voraussetzungen lagen bei dem Beschädigten nicht vor, da der
Stumpf 15 cm unterhalb des kleinen Rollhügels (Trochanter minor) abgesetzt war. Bei der Untersuchung durch Dr. G. konnte das
Hüftgelenk noch bis 90 Grad gebeugt werden. Unter Berücksichtigung der Beugebehinderung ist die MdE für den Verlust eines
Beines in den Gutachten des Dr. G. und des Dr. B. sowie - unter weiterer Berücksichtigung kausalgieformer Schmerzzustände
im Oberschenkelstumpf - auch durch Dr. Sa. nachvollziehbar mit 80 bewertet worden. Die MdE aufgrund der Erblindung des rechten
Auges wurde in den Gutachten des Dr. M. vom 29. August 1986 und des Prof. Dr. P. vom 2. November 1989 ebenfalls in Übereinstimmung
mit den Maßstäben aus den AHP mit 30 bewertet. Bei der Bemessung der Gesamt-MdE ist von der MdE von 80 für den Verlust des
linken Beines einschließlich der Beugebehinderung im linken Hüftgelenk und kausalgieformer Schmerzzustände auszugehen. Dass
der Beklagte diesen Wert im Hinblick auf die MdE von 30 für die rechtsseitige Erblindung um 10 auf insgesamt 90 angehoben
hat, entspricht ebenfalls den Maßstäben aus Nr. 19 der AHP. Wesentliche Änderungen der Schädigungsfolgen, die eine noch höhere
Bewertung der MdE mit 100 rechtfertigen könnten, sind dem Inhalt der vorliegenden Verwaltungsakten nicht zu entnehmen. Soweit
die Klägerin im erstinstanzlichen Verfahren geltend gemacht hat, dass auch das Sehvermögen auf dem linken Auge beeinträchtigt
sei und dazu auf die augenärztliche Bescheinigung des Dr. K. vom 25. April 2007 Bezug nimmt, ist darauf hinzuweisen, dass
sich der dort genannte Wert von 0,6 auf den Zustand ohne Korrektur (s.c.) bezieht und dass das nach den AHP maßgebende Sehvermögen
des Beschädigten auf dem linken Auge mit Korrektur nach dem Inhalt aller vorliegenden Befunde und Gutachten unbeeinträchtigt
(1,0) gewesen ist. Nach Nr. 26.4 der AHP ist der GdB für eine Sehbehinderung in erster Linie mit Korrektur zu beurteilen.
Die Frage, ob weitere Gesundheitsstörungen als Schädigungsfolgen anzuerkennen sind, ist Gegenstand mehrerer Gutachten gewesen,
die jeweils nachvollziehbar zu der Auffassung gelangt sind, dass eine Verschlimmerung, die eine Höherbewertung der MdE zur
Folge hat, nicht eingetreten ist. Soweit die Klägerin geltend macht, dass Rückenbeschwerden, an denen der Beschädigte gelitten
hat, als Schädigungsfolgen anzuerkennen gewesen seien, ist auch diese Frage Gegenstand nachvollziehbarer Darlegungen in dem
Gutachten des Dr. G. vom 18. September 1986, der ausführt, dass die Rückenbeschwerden nicht mit genügender Wahrscheinlichkeit
auf die anerkannten Schädigungsfolgen zurückgeführt werden können, weil diese in allen Abschnitten erkennbar seien. Auch diese
Beurteilung steht im Einklang mit den Maßgaben aus den AHP. Danach ist bei der Beurteilung von degenerativen Veränderungen
der Wirbelsäule bei Amputierten zu berücksichtigen, dass solche Veränderungen als Verschleißerscheinungen auch bei Nichtamputierten
häufig festzustellen sind. Einem Gliedmaßenverlust kann nur dann eine wesentliche Bedeutung für degenerative Wirbelsäulenveränderungen
beigemessen werden, wenn infolge des Gliedmaßenverlustes eine nicht ausgleichbare Biegung der Wirbelsäule vorliegt und soweit
sich die degenerativen Veränderungen allein oder bevorzugt in diesem Bereich (konkavseitig) befinden. Ein entsprechendes Schädigungsbild
konnte auch in dem später erstellten Gutachten des Arztes für Chirurgie Dr. B. vom 28. August 1989 nicht festgestellt werden.
Die vom Beschädigten geklagten Beschwerden im rechten Hüftgelenk und im rechten Kniegelenk sind von dem Sachverständigen Dr.
B. in dem genannten Gutachten nachvollziehbar auf eine Überlastung infolge einer ganz erheblichen Adipositas (115 kg bei einer
Körpergröße von 172) und nicht auf Schädigungsfolgen zurückgeführt worden.
Nach dem Inhalt der vorliegenden Verwaltungsakten ist auch nicht offenkundig, dass die MdE des Beschädigten wegen besonderer
beruflicher Betroffenheit nach § 30 Abs. 2 BVG auf 100 hätte erhöht werden müssen. Zwar spricht einiges dafür, dass der Beschädigte ohne die Schädigung den Hof seiner Mutter
übernommen hätte und Landwirt geworden wäre. Der Beschädigte hätte jedoch nach Eintritt der Schädigung nach Abschluss einer
Banklehre, einer Handelsschulausbildung oder nach Inanspruchnahme einer anderen geeigneten berufsfördernden Maßnahme einen
sozial gleichwertigen Beruf ausüben können und damit zumindest das gleiche Einkommen erzielen können, wie mit der Fortführung
des etwa 13 ha großen landwirtschaftlichen Betriebes. Da wesentliche Ursache für die fehlende berufliche Eingliederung aus
den oben genannten Gründen nicht die Schädigung sondern die Entscheidung des Beschädigten gewesen ist, keiner Berufstätigkeit
nachzugehen, ist eine wesentlich auf die Schädigung zurückzuführende besondere berufliche Betroffenheit aus Sicht des Senats
nicht zu erkennen. Im Übrigen sind Höherbewertungen nach § 30 Abs. 2 gemäß § 30 Abs. 6 BVG in der Fassung des Gesetzes vom 27. Juni 1960 (BGBl. I, 453) bzw. die insoweit entsprechende Regelung des § 29 BVG in der Fassung des 8. Gesetzes über die Anpassung der Leistungen des BVG vom 14. Juni 1976 (BGBl. I, 1481) nur dann zu gewähren, wenn diese Maßnahmen aus vom Beschäftigten nicht zu vertretenden
Gründen erfolglos geblieben sind oder nicht zum Ausgleich des beruflichen Schadens geführt haben. Insofern gilt also für die
besondere berufliche Betroffenheit des Beschädigten nichts anderes als für dessen Anspruch auf Berufsschadensausgleich.
2. Auch die Voraussetzungen des § 48 Abs. 1 Satz 1 BVG sind nicht erfüllt. Die Regelung setzt voraus, dass der rentenberechtigte Beschädigte "durch die Folgen der Schädigung gehindert
war", eine entsprechende Erwerbstätigkeit auszuüben. Der Senat geht mit der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 18. Dezember 1985 - 9a RV 18/84 = SozR 3100 § 48 Nr. 12; BSG, Urteil vom 20. April 1983 - 9a RV 8/82) davon aus, dass auch diese Regelung eine Kausalität zwischen der Schädigung und
der fehlenden Möglichkeit zur Ausübung einer "entsprechenden Erwerbstätigkeit" voraussetzt. Die finanzielle Lage des Hinterbliebenen
muss durch das schädigungsbedingt verminderte Erwerbseinkommen nachteilig beeinflusst worden sein. Daran fehlt es, wenn der
Beschädigte seine Arbeitskraft ohne verständigen Grund nicht in einem zumutbaren Umfang einsetzt und deswegen eine entsprechende
Tätigkeit nicht ausübt (BSG, a.a.O.). Denn entscheidend für einen schädigungsbedingten Minderverdienst i.S.d. § 48 Abs. 1 Satz 1 BVG ist nicht die Gegenüberstellung des Vergleichseinkommens mit dem tatsächlichen Einkommen, sondern mit dem Einkommen, das
der Beschädigte trotz seiner Beschädigung noch zumutbar erzielen konnte. Ausschlaggebend ist also, welche Witwenversorgung
der Beschädigte trotz seiner Beschädigung zumutbar hätte aufbauen können (BSG, Urteil vom 11. Dezember 2008 - B 9 V 3/07; BSG, Urteil vom 16. Mai 1995 - 9 RV 13/93 = SozR 3-3100 § 48 Nr. 8). Der nach § 48 Abs. 1 Satz 1 BVG entschädigungspflichtige Schaden ist deshalb davon abhängig, dass der Beschädigte eine ihm zumutbare Erwerbstätigkeit ausübt.
Wenn der Beschädigte dies - wie der Ehemann der Klägerin - unterlässt, an möglichen und zumutbaren Maßnahmen zur Rehabilitation
nicht teilnimmt, ihm angebotene zumutbare Ausbildungsplätze ablehnt, sich nicht arbeitslos gemeldet, dadurch seine berufliche
Eingliederung verhindert hat und deshalb - mit den entsprechenden Folgen für die Versorgung der Witwe - auch kein Erwerbseinkommen
erzielt hat, bleibt der dadurch eingetretene Schaden unberücksichtigt. Die Klägerin muss es sich unter diesen Umständen zurechnen
lassen, dass wesentlich nicht schädigungsbedingte, allein in der Person des Beschädigten liegende Gründe zu einer Minderversorgung
geführt haben. Denn nach § 48 BVG sind nur gesundheitliche und wirtschaftliche Folgen der Schädigung auszugleichen, nicht aber davon unabhängig eingetretene
Nachteile (BSG, Urteil vom 11. Dezember 2008, a.a.O.).
Die Kostenentscheidung folgt aus §
193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision im Sinne des §
160 SGG liegen nicht vor.