Tatbestand
Die Beteiligten streiten im Zugunstenverfahren nach § 44 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) über die Beitragseinstufung und die Erstattung von Beiträgen zur freiwilligen Krankenversicherung und sozialen Pflegeversicherung
für die Zeit vom 1. Januar 2006 bis 30. September 2008.
Der 1956 geborene Kläger war bei der Beklagten in der Zeit vom 1. Juni 2001 bis zum 2. Juni 2011 als Selbstständiger freiwillig
versichert. Ab dem 1. Januar 2002 wurden die Beiträge nach den im Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2002 ausgewiesenen
monatlichen Einnahmen in Höhe der gesetzlich festgelegten Mindesteinnahme für hauptberuflich Selbstständige (1.758,75 EUR
monatlich im Jahr 2002) bemessen. In den darauf folgenden Einnahmeerklärungen gab der Kläger an, dass er einen neuen Einkommensteuerbescheid
einreichen werde, sobald dieser ihm vorliege. Nachdem die Beklagte im Rahmen der weiteren Einkommensbefragung keinerlei Auskünfte
vom Kläger erhalten hatte, wurden seine Beiträge mit Bescheid vom 18. Mai 2009 rückwirkend vom 1. Oktober 2008 an auf der
Grundlage beitragspflichtiger Einnahmen in Höhe der Beitragsbemessungsgrenze (3.600,00 EUR monatlich im Jahr 2008) festgesetzt.
Dies geschah mit dem Hinweis, dass die Beitragseinstufung rückwirkend korrigiert werde, wenn binnen eines Monats die erforderlichen
Einkommensnachweise erbracht würden.
Im März 2010 legte der Kläger der Beklagten die Bestätigung des Finanzamtes S vom 22. März 2010 vor, nach der er in den Jahren
2006 bis 2008 keine Einnahmen/Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit erzielt habe. Für die Zeit ab 1. Oktober 2008 korrigierte
die Beklagte daraufhin die Beitragseinstufung zugunsten des Klägers und legte die gesetzlich festgelegte Mindesteinnahme für
hauptberuflich Selbstständige (1.863,75 EUR monatlich) fest. Die Beklagte teilte dem Kläger einen Beitragsrückstand in Höhe
von 1.382,88 EUR mit und fügte einen Kontoauszug hinsichtlich der Buchungen von Oktober 2008 bis April 2010 bei. Den Beitragsrückstand
glich der Kläger in der Folgezeit teilweise aus, so dass im Juni 2010 nur noch ein Betrag von 494,33 EUR für die Zeit vom
1. März bis 31. Mai 2010 verblieb. Ab August 2010 wurden die Versicherungsbeiträge vom Kläger nur teilweise oder gar nicht
entrichtet, so dass die Beklage bezüglich rückständiger Beiträge in Höhe von 5.701,87 EUR die Zwangsvollstreckung einleitete.
Mit Schreiben vom 2. April 2012 bat der Kläger um Überprüfung der den Beitragsrückständen zu Grunde liegenden Bescheide. Er
legte einen Bericht des Finanzamtes S über die Umsatzsteuer-Sonderprüfung bei ihm vor, nach der er in den Jahren 2006 bis
2008 kein Unternehmen betrieben habe. Die Beklagte stufte den Kläger daraufhin mit Bescheid vom 13. Juli 2012 für den Zeitraum
vom 1. Oktober 2008 bis zum 2. Juni 2011 als nebenberuflich selbstständig Tätigen ein, setzte die Beiträge nach der beitragspflichtigen
Mindesteinnahme für freiwillige Mitglieder fest und verrechnete das dadurch entstandene Guthaben mit dem Beitragsrückstand
für die Zeit vom 1. August 2010 bis zum 31. Mai 2012 in Höhe von 1.233,50 EUR, so dass sich kein zu erstattendes weiteres
Guthaben nach ihrer Berechnung ergab.
Unter Vorlage eigener Berechnungen sowie Kopien der Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2006 bis 2008 forderte der Kläger
die Erstattung von Beiträgen für den Zeitraum vom 1. Januar 2006 bis zum 30. September 2008. Mit Bescheid vom 17. September
2012 erließ die Beklagte dem Kläger die Säumniszuschläge und Mahngebühren in Höhe von 938,98 EUR, die sie ihm auch erstattete.
Eine weitergehende Erstattung von Beiträgen für die Zeit vom 1. Januar 2006 bis 30. September 2008 lehnte sie ab. Mit dem
hiergegen gerichteten Widerspruch machte der Kläger geltend, er habe Beitragszahlungen in Höhe von monatlich 340,00 EUR geleistet,
obwohl von ihm nur 140,00 EUR monatlich zu zahlen gewesen wären. Darüber hinaus gab er an, in dem Zeitraum vom 1. Januar 2006
bis zum 30. September 2008 keine selbstständige Tätigkeit ausgeübt und keinerlei Einnahmen erzielt zu haben. Mit Bescheid
vom 21. November 2012 half die Beklagte dem Widerspruch des Klägers insoweit ab, als sie ihn auch für die Zeit vom 1. Januar
2006 bis zum 30. September 2008 als nebenberuflich Selbstständigen einstufte und die Beiträge für diese Zeit nach der beitragspflichtigen
Mindesteinnahme für freiwillige Mitglieder neu festsetzte. Das Beitragsguthaben für die Zeit vom 1. Dezember 2007 bis 30.
September 2008 in Höhe von 1.596,98 EUR verrechnete sie mit einem Beitragsrückstand in Höhe von 520,96 EUR für die Zeit vom
16. August 2012 bis 30. November 2012. Das Restguthaben in Höhe von 1.076,02 EUR zahlte sie aus. Eine Erstattung von Beiträgen
für die Zeit vom 1. Januar 2006 bis 30. November 2007 lehnte die Beklagte ab. Zur Begründung führte sie aus, die Beiträge
seien bereits verjährt, so dass kein Guthaben erstattet werden könne. Ansprüche auf Beiträge würden nach §
25 Abs.
1 Satz 1 des
Vierten Buches Sozialgesetzbuch (
SGB IV) in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres verjähren, in dem sie fällig geworden seien.
Den vom Kläger aufrecht erhaltenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 23. Mai 2013 zurück. Zur Begründung
führte sie aus, die Einstufung vom 1. Januar 2006 bis zum 30. September 2008 sei zu Recht erfolgt. Nach §
240 Abs.
1 des
Fünften Buches Sozialgesetzbuch (
SGB V) in der bis zum 31. Dezember 2008 gültigen Fassung werde die Beitragsbemessung für freiwillige Mitglieder durch die Satzung
der Krankenkasse geregelt. Ab dem 1. Januar 2009 werde für freiwillige Mitglieder die Beitragsbemessung einheitlich durch
den Spitzenverband Bund der Krankenkassen geregelt. Dabei sei sicherzustellen, dass die Beitragsbelastung die gesamte wirtschaftliche
Leistungsfähigkeit des Mitgliedes berücksichtige. Dieser Vorgabe folgend würden als beitragspflichtige Einnahmen freiwilliger
Mitglieder alle Einnahmen und Geldmittel gelten, die zum Lebensunterhalt verbraucht würden oder verbraucht werden könnten,
ohne Rücksicht auf ihre steuerliche Behandlung (§ 12 Abs. 2 Satzung der Beklagten in der bis zum 31. Dezember 2008 gültigen
Fassung, § 3 der Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler vom 27. Oktober 2008 in der ab dem 1. Januar 2009 gültigen Fassung).
Des Weiteren sei die Krankenkasse nach dem Willen des Gesetzgebers verpflichtet, Beiträge nach einer Mindestbemessungsgrundlage
in Höhe von ein Drittel der Bezugsgröße zu erheben (§
240 Abs.
4 S. 1
SGB V). Die Bezugsgröße sei ein vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales im Verordnungswege jährlich festgesetzter Wert, der
den durchschnittlichen monatlichen Einnahmen der gesetzlich Rentenversicherten im vorvergangenen Kalenderjahr entspreche (§
17 Abs.
2 des
Vierten Buches Sozialgesetzbuch (
SGB IV) in Verbindung mit §
18 SGB IV). Für die Jahre 2006 und 2007 sei die Bezugsgröße auf monatlich 2.450,00 EUR (im Jahr 2008 monatlich 2.485,00 EUR) festgelegt
worden. Hieraus ergebe sich für freiwillig Versicherte eine monatliche Mindestbemessungsgrundlage in Höhe von 816,67 EUR (im
Jahr 2008 monatlich 828,33 EUR). Die Beiträge seien nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung selbst dann nach der Mindesteinnahme
zu bemessen, wenn tatsächlich geringere oder überhaupt keine Einkünfte erzielt würden. Eine Härtefallregelung habe der Gesetzgeber
weder vorgesehen, noch den Satzungsregelungen der Krankenkassen überlassen. Für den Personenkreis der hauptberuflich selbstständig
Erwerbstätigen sehe der Gesetzgeber außerdem vor, dass der Beitragsbemessung grundsätzlich monatliche beitragspflichtige Einnahmen
in Höhe der monatlichen Beitragsbemessungsgrenze (3.562,50 EUR monatlich im Jahr 2006 und 2007, 3.600,00 EUR monatlich im
Jahre 2008) zugrunde zu legen seien (§
240 Abs.
4 SGB V). Bei Nachweis niedrigerer Einnahmen würden diese, mindestens jedoch ein Betrag in Höhe von drei Viertel der monatlichen
Bezugsgröße (1.837,50 EUR monatlich im Jahr 2006 und 2007, 1.863,75 EUR monatlich im Jahr 2008), zu Grunde gelegt. Bei der
Bezugsgröße handele es sich um einen von der Bundesregierung jährlich festgesetzten Wert, der dem monatlichen Durchschnittsentgelt
der gesetzlich Rentenversicherten im vorvergangenen Kalenderjahr entspreche. Die einnahmenorientierte Einstufung werde ausschließlich
mit Wirkung für die Zukunft, mit Beginn des auf die Vorlage des Nachweises folgenden Monats, wirksam. Dies gelte analog auch
für die Beitragsbemessung in der sozialen Pflegeversicherung (§
57 Abs.
4 S. 1 des
Elften Buches Sozialgesetzbuch -
SGB XI - in Verbindung mit §
11 Abs.
2 der Satzung der Beklagten Pflegeversicherung in der bis zum 31. Dezember 2008 gültigen Fassung bzw. ab dem 1. Januar 2009
in Verbindung mit § 1 Abs. 2 der Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler vom 27. Oktober 2008). Das Bundessozialgericht (BSG) habe mit Urteil vom 2. September 2009 \226 B 12 KR 21/08 R \226 entschieden, dass der Nachweis eines geänderten Einkommens unterhalb der Beitragsbemessungsgrenze nur durch Vorlage
des Einkommensteuerbescheides geführt werden könne. Es stünden den Krankenkassen für die Ermittlung des Arbeitseinkommens
als beitragspflichtige Einnahme keine anderen aussagekräftigen Unterlagen neben den Einkommensteuerbescheiden zur Verfügung.
Andere Unterlagen seien von den Krankenkassen nicht mit zumutbarem Arbeitsaufwand überprüfbar. Sie ermöglichten den Krankenkassen
somit nur die vorläufige Beitragsfestsetzung. Die Beitragsbemessung habe aber grundsätzlich endgültig zu erfolgen, wobei für
die Beitragsbemessung an das bisherige Arbeitseinkommen, so wie es nachgewiesen sei, anzuknüpfen sei. Der Erstattungsanspruch
verjähre in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Beiträge entrichtet worden seien (§
27 Abs.
2 SGB IV). Entsprechend diesen Grundsätzen habe der Kläger in dem Zeitraum vom 1. Januar 2006 bis zum 30. September 2008 als freiwilliges
Mitglied Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge auf der Basis der monatlichen Mindestbemessungsgrundlage in Höhe von 816,67
EUR in den Jahren 2006 und 2007, im Jahr 2008 monatlich 828,33 EUR, zu entrichten. Eine beitragsgünstigere Versicherung sei
leider nicht möglich. Somit komme eine weitergehende Korrektur und Erstattung von Beiträgen über die mit Bescheid vom 21.
November 2012 bereits erfolgte Abhilfe hinaus nicht in Betracht.
Der Kläger hat am 20. Juni 2013 Klage beim Sozialgericht Lübeck erhoben. Er hat seine Klage trotz mehrfacher Aufforderung
durch das Gericht nicht begründet. Er hat schriftsätzlich wörtlich beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 17. September 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Mai 2013 aufzuheben und
festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihm überzahlte Beiträge zu erstatten und für die Zeit vom 1. Januar 2006
bis 30. September 2008 eine richtige Beitragseinstufung vorzunehmen.
Die Beklagte hat schriftsätzlich beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat sich auf die Begründung des Widerspruchsbescheides bezogen.
Das Sozialgericht hat nach vorheriger Anhörung der Beteiligten mit Gerichtsbescheid vom 18. Dezember 2015 die Klage abgewiesen
Zur Begründung hat das Sozialgericht ausgeführt:
"Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Bescheid vom 17. September 2012 in Form des Änderungsbescheides vom 21. November
2012 in Gestalt des Widerspruchbescheides vom 23. Mai 2013 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.
Dieser hat weder Anspruch auf eine für ihn günstigere Beitragseinstufung noch auf Erstattung weitergehender Beiträge.
Rechtsgrundlage für die Beitragserhebung ist in krankenversicherungsrechtlicher Hinsicht §
240 des
Fünften Buches des Sozialgesetzbuches (
SGB V) in Verbindung mit der Satzung der Beklagten. Hiernach ist der Kläger als freiwilliges Mitglied der Beklagten zur Zahlung
von Beiträgen verpflichtet, deren Höhe im Hinblick darauf, dass er im streitgegenständlichen Zeitraum über Einnahmen aus Selbständigkeit
nicht verfügt und kein Unternehmen in der Zeit geführt hat, nach der in §
240 Abs.
4 Satz 1
SGB V geregelten Mindestbemessungsgrundlage zu bestimmen ist.
Denn als beitragspflichtige Einnahmen in diesem Sinne gilt bei freiwilligen Mitgliedern nach §
240 Abs.
4 Satz 1
SGB V für den Kalendertag mindestens der neunzigste Teil der monatlichen Bezugsgröße. Diese gesetzliche Fiktionsregelung greift
entgegen der Auffassung des Klägers auch dann ein, wenn Einnahmen aus Selbständigkeit nicht erzielt werden. Denn alle Gruppen
von freiwillig Versicherten, die \226 wenn sie über Einnahmen nicht oder nicht in dieser Höhe verfügen \226 haben Beiträge
stets in der sich nach §
240 Abs.
4 Satz 1
SGB V ergebenden Mindesthöhe zu entrichten. Diese gesetzliche Vorschrift ist zwingend.
Auch ist diese gesetzliche Regelung verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (z.B. BSG, Urteil vom 07.11.1991 \226 12 RK 37/90 -; BSG, Urteil vom 06.11.1997 \226 12 RK 61/96 -; BVerfG vom 19.12.1994 \226 1 BvR 1688/94 \226). Eine Gleichbehandlung mit den in der gesetzlichen Krankenversicherung pflichtversicherten Mitgliedern, die Beiträge
nur dann zahlen müssen, wenn sie tatsächlich beitragspflichtige Einnahmen erzielen, kann der Kläger schon deshalb nicht beanspruchen,
weil die hier in Rede stehende unterschiedliche Behandlung der freiwillig Versicherten und der Pflichtversicherten nicht gegen
den in Art.
3 Abs.
1 des
Grundgesetzes (
GG) postulierten Gleichheitssatz verstößt. Diese Entscheidung liegt vielmehr grundsätzlich in der Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers,
der sich jedoch mit der hier anzuwendenden Regelung, die freiwillig Versicherten anders als die Pflichtversicherten im Interesse
der Funktionsfähigkeit der Krankenversicherung mit Beiträgen in einer gewissen Mindesthöhe zu belasten, innerhalb des ihm
durch die Verfassung eröffneten Spielraums bewegt (vgl. hierzu insgesamt Urteil des Bundessozialgerichts vom 26. Mai 2004
\226 B 12 P 6/03 R \226; Urteil des Landessozialgerichts Berlin vom 27. Oktober 2004 \226 L 15 KR 48/02 \226 beide zitiert nach Juris).
Nicht nur dem Grunde, sondern auch der Höhe nach bestehen gegen die angefochtenen Bescheide der Beklagten in krankenversicherungsrechtlicher
Hinsicht keine Bedenken. Denn die Beklagte hat die von dem Kläger in der Zeit vom 1. Januar 2006 bis zum 30. September 2008
zu entrichtenden Beiträge zutreffend auf der Grundlage der in §
240 Abs.
4 Satz 1
SGB V geregelten Mindestbemessungsgrundlage festgesetzt, die im streitigen Zeitraum 816,67 bzw. 828,33 Euro monatlich betrug.
Hinsichtlich der Beiträge zur sozialen Pflegeversicherung gelten die obigen Ausführungen entsprechend, weil diese Beiträge
\226 abgesehen von dem für sie nach §
55 des
Elften Buches des Sozialgesetzbuchs (
SGB XI) geltenden Beitragssatz - nach §§
20 Abs.
3,
55 Abs.
1 und
3,
57 Abs.
4 SGB XI in Verbindung mit der Satzung der beigeladenen Pflegekasse für freiwillige Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung
nach denselben Kriterien festzusetzen sind wie die Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung.
Die Beklagte kann vorliegend auch nicht auf die Beitragsforderung verzichten, denn Gründe für einen Erlass der Beitragsforderung
nach §
76 Abs.
2 Nr.
3 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (
SGB IV) sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Der Versicherungsträger darf Ansprüche nur erlassen, wenn deren Einziehung nach
Lage des einzelnen Falls unbillig wäre; unter den gleichen Voraussetzungen können bereits entrichtete Beiträge erstattet oder
angerechnet werden. Für die Billigkeitsentscheidung sind die gesamten Umstände eines Falles, d. h. insbesondere die persönlichen
und wirtschaftlichen Verhältnisse sowie Art und Höhe des Anspruchs, zu berücksichtigen. Dabei schreibt §
76 Abs.
1 SGB IV als Grundsatz fest, dass Einnahmen rechtzeitig und vollständig zu erheben sind. Nur ausnahmsweise soll unter den (engen)
Voraussetzungen des Abs. 2 hiervon abgesehen werden können im Sinne einer Stundung, Niederschlagung oder eines Erlasses der
Beitragsforderung. Hierbei ist zu beachten, dass zu Lasten der Versichertengemeinschaft und der Beitragspflichtigen der Erlass
einer Beitragsforderung Einzelne begünstigt. Dies führt mithin zu einem Abwägungsprozess zwischen den Interessen der Versichertengemeinschaft
und der diesen dienenden Verpflichtung aus §
76 Abs.
1 SGB IV zur Beitragszahlung einerseits und den Individualinteressen des Zahlungspflichtigen andererseits. Aus dem Grundsatz der Beitragspflichtigkeit
folgt somit, dass Zahlungspflichten zunächst selbst dann nicht unbillig sind, wenn sie den Zahlungspflichtigen erheblich wirtschaftlich
belasten. Nur soweit sich ausnahmsweise im Einzelfall die Unbilligkeit einer Beitragserhebung ergibt, kann von der Pflicht
zur Beitragszahlung dem Kläger jedoch nichts vorgetragen worden oder sonst für die Kammer ersichtlich.
Auch die Erstattung weiterer als mit Änderung vom 21. November 2012 festgestellter Beiträge kommt nicht in Betracht. Die Beklagte
hat sich hierbei zu Recht auf Verjährung berufen. Die anzuwendende Rechtsgrundlage ist jedoch nicht wie im Bescheid vom 21.
November 2012 noch angegeben §
25 Abs.
1 Satz 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB IV), sondern wie im Widerspruchsbescheid benannt §
27 Abs. Satz 2
SGB IV. Danach verjährt ein Erstattungsanspruch in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, indem die Beiträge entrichtet worden
sind. Gründe seitens des Klägers, welche die Beklagte vorliegend verpflichten würden, von der Erhebung der Einrede der Verjährung
abzusehen, sind für das Gericht nicht ersichtlich."
Gegen den ihm am 24. Dezember 2015 zugestellten Gerichtsbescheid wendet sich der Kläger mit seiner Berufung, die am 24. Januar
2016 beim Schleswig-Holsteinischen Landessozialgericht eingegangen ist. Trotz mehrfacher Aufforderung des Senats, die Berufung
zu begründen, bringt der Kläger keine inhaltlichen Einwände gegen die angefochtenen Bescheide der Beklagten und den Gerichtsbescheid
des Sozialgerichts vor.
Nachdem der Senat den Termin zur mündlichen Verhandlung am 7. September 2017, 13:00 Uhr, aufgrund der Mitteilung des Klägers,
dass er den Termin aus beruflichen Gründen nicht wahrnehmen könne, aufgehoben hatte, teilte der Senat dem Kläger mit Schreiben
vom 11. September 2017 mit, dass beabsichtigt sei, Termin zur mündlichen Verhandlung nunmehr auf den 14. Dezember 2017 anzuberaumen.
Er habe somit ausreichend Zeit, diesen Termin einzuplanen. Eine nochmalige Verlegung aus beruflichen oder privaten Gründen
könne daher zukünftig nur bei unvorhergesehenen Ereignissen wie zum Beispiel einer plötzlichen oder dauerhaften Erkrankung
in Betracht kommen, die zur Verhandlungsunfähigkeit führe. Mit Schreiben vom 13. Dezember 2017 (eingegangen am selben Tag
beim Schleswig-Holsteinischen Landessozialgericht) beantragte der Kläger die Verlegung des auf den 14. Dezember 2017 anberaumten
Termins zur mündlichen Verhandlung und führte zur Begründung aus, dass er erst heute die Ladung plötzlich gefunden habe. Für
ihn sei es unmöglich den anberaumten Termin wahrzunehmen. Er habe kein Geld und keine Zeit. Er habe von gestern bis heute
17.30 Uhr gearbeitet und müsse am Verhandlungstag ab 14.00 Uhr bis zum darauffolgenden Tag um 9.00 Uhr arbeiten.
In der Sache selbst beantragt der Kläger nach seinem schriftlichen Vorbringen sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Lübeck vom 18. Dezember 2015 aufzuheben und den Bescheid der Beklagten vom 17. September
2012 in der Fassung des Teilabhilfebescheides vom 21. November 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Mai 2013
abzuändern sowie festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, für die Zeit vom 1. Januar 2006 bis zum 30. September
2008 eine richtige Beitragseinstufung vorzunehmen und ihm überzahlte Beiträge zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten und die Gerichtsakten
verwiesen. Diese haben dem Senat vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung gewesen.
Die form- und fristgemäß eingelegte Berufung ist zulässig und im tenorierten Umfang auch begründet.
Die Berufung des Klägers ist insoweit begründet, als die Beklagte verpflichtet ist, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung
des Gerichts neu zu bescheiden. Denn die Beklagte war zur Ablehnung der Beitragserstattung in den angefochtenen Bescheiden
unter dem Gesichtspunkt bereits eingetretener Verjährung nicht berechtigt, weil sie die Einrede der Verjährung \226 die hier
unstreitig vorgelegen hat -rechtsfehlerhaft erhoben hat.