Anerkennung einer Meniskusverletzung als weitere Folge eines Arbeitsunfalls
Einholung eines schmerztherapeutischen Gutachtens
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob eine Meniskusverletzung des rechten Kniegelenks als weitere Folge eines Arbeitsunfalls
vom 2. September 2013 anzuerkennen ist und die Klägerin deshalb weitere Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung
beanspruchen kann.
Die 1964 geborene Klägerin war zum Zeitpunkt des Unfallereignisses als Maschinenbedienerin beschäftigt. Ausweislich eines
Durchgangsarztberichtes vom 3. September 2013 rutschte sie am 2. September 2013 auf einer Wasserlache im Maschinenbereich
aus und fiel dabei mit dem rechten Knie auf eine Bodenmattenkante. Sie setzte ihre stehende bzw. gehende Tätigkeit bis zum
Schichtende um 22:00 Uhr fort. Eine Vorstellung beim Durchgangsarzt erfolgte am 3. September 2013. Dieser diagnostizierte
eine Distorsion des rechten Kniegelenks und einen Verdacht auf Kniebinnenschaden. Vom 3. bis 5. September 2013 befand sich
die Klägerin im Krankenhaus W-F in stationärer Behandlung. Dort wurde ein Innenmeniskushorizontalriss und eine Zerrung bzw.
Teilruptur des medialen Seitenbandes des rechten Knies diagnostiziert. Anschließend erfolgte eine Weiterbehandlung im H Kreiskrankenhaus
G. Ein weiterer stationärer Aufenthalt dort schloss sich vom 1. bis 4. Oktober 2013 an. Anlässlich einer Arthroskopie des
rechten Kniegelenks erfolgte eine partielle arthroskopische Meniskusresektion. Diagnostiziert wurde ein degenerativ geprägter
Lappenriss im Bereich des Hinterhorns des Innenmeniskus. Der Beratungsarzt der Beklagten B bejahte in einer Stellungnahme
vom 9. Oktober 2013 einen Zusammenhang zwischen der Meniskusverletzung und dem Unfallereignis. Mit Schreiben vom 10. Oktober
2013 teilte die Beklagte den behandelnden Ärzten mit, dass die Weiterbehandlung zu ihren Lasten erfolgen könne. Vorbehaltlich
einer Entscheidung des Rentenausschusses sei zunächst von einer unfallbedingten Erkrankung auszugehen. Daraufhin erfolgten
weitere Vorstellungen der Klägerin beim Durchgangsarzt Sch in G. Im Zeitraum 16. Januar - 15. Februar 2014 wurde eine berufsgenossenschaftliche
stationäre Weiterbehandlung (BGSW) in der Fachklinik B L durchgeführt.
Mit Bescheid vom 29. Juli 2014 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass die Kosten für die medizinische Behandlung ihres
rechten Knies ab dem 17. März 2014 nicht mehr übernommen werden. Zwischen der jetzigen Erkrankung und dem Unfallereignis bestehe
kein ursächlicher Zusammenhang. Hiergegen legte die Klägerin am 16. September 2014 Widerspruch ein. Daraufhin holte die Beklagte
eine Stellungnahme ihres Beratungsarztes B vom 11. November 2014 ein. In dieser Stellungnahme verneinte der Beratungsarzt
einen Zusammenhang zwischen den Meniskusschäden bei der Klägerin im rechten Kniegelenk und dem Unfallereignis. Die gefundenen
Veränderungen seien als vorbestehend degenerativ einzustufen. Behandlungsbedürftigkeit habe maximal bis zum 30. September
2013 bestanden.
Daraufhin wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin durch Widerspruchsbescheid vom 11. Dezember 2015 zurück. Ein Anspruch
auf weitere Heilbehandlung bestehe nicht mehr. Mit Schreiben vom 29. Januar 2016 hörte die Beklagte die Klägerin hinsichtlich
einer beabsichtigten Rücknahme der in dem Bescheid vom 29. Juli 2014 zum Ausdruck kommenden Feststellung der Anerkennung eines
Arbeitsunfalls an. Mit Bescheid vom 4. März 2016 wurde die in dem Verwaltungsakt vom 29. Juli 2014 zum Ausdruck gebrachte
Feststellung, es liege ein Arbeitsunfall vor, nach § 45 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) mit Wirkung für die Zukunft zurückgenommen und ein Anspruch auf Erbringung von Leistungen aufgrund des Ereignisses vom 2.
September 2013 abgelehnt. Ausweislich der Rechtsbehelfsbelehrung ging die Beklagte davon aus, dass dieser Bescheid Gegenstand
des laufenden Gerichtsverfahrens werde. Zur Begründung führte sie aus, dass die am 3. September 2013 erhobenen Befunde ausschließlich
einem degenerativen Innenmeniskusschaden zuzuordnen seien. Zeichen einer frischen Verletzung seien nicht gesichert worden.
Hiergegen hat die Klägerin vor dem Sozialgericht Gotha Klage erhoben. Das Sozialgericht hat den Chefarzt der Klinik für Orthopädie
und Unfallchirurgie T mit der Erstellung eines Sachverständigengutachtens beauftragt. Dieser führt in seinem Gutachten vom
21. November 2016 aus, dass keine der am rechten Kniegelenk der Klägerin nachweisbaren Gesundheitsbeeinträchtigungen Folge
des Ereignisses vom 2. September 2013 seien. Das Wegrutschen des Fußes ohne gleichzeitiges Verdrehen des Gelenkes unter Fixierung
des Ober- bzw. Unterschenkels sei nicht geeignet, einen Innenmeniskusriss herbeizuführen. Zeichen einer direkten Läsion im
Bereich des Innenmeniskus seien im Durchgangsarztbericht vom 3. September 2013 nicht beschrieben. Am 2. September 2013 sei
es nur zu einer Kniedistorsion mit Innenbandzerrung gekommen. Der Innenmeniskusriss sei nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit
auf das Ereignis zurückzuführen. Das MRT des rechten Kniegelenks vom 4. September 2013 beschreibe erhebliche degenerative
Veränderungen. Auch der OP-Bericht vom 2. Oktober 2013 bezeichne den Riss am Innenmeniskus als degenerativ. In der mündlichen
Verhandlung vor dem Sozialgericht Gotha am 8. November 2018 hat die Beklagte ein Teilanerkenntnis abgegeben und anerkannt,
dass am 2. September 2013 ein Arbeitsunfall stattgefunden hat und eine Distorsion/Kontusion des rechten Kniegelenks als Gesundheits(erst)schaden
anerkannt. Im Übrigen hat das Sozialgericht Gotha durch Urteil vom 8. November 2018 die Klage abgewiesen. Eine hinreichende
Wahrscheinlichkeit dafür, dass das Unfallereignis vom 2. September 2013 Ursache für den über eine Distorsion des rechten Kniegelenks
hinausgehenden Kniebinnenschaden sei, bestehe nicht. Im rechten Kniegelenk hätten zum Zeitpunkt des Unfallereignisses bereits
erhebliche degenerative Veränderungen vorgelegen. Eine den Innenmeniskus gefährdende Handlung sei nicht festzustellen.
Mit der Berufung verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Durch das Teilanerkenntnis der Beklagten sei das Unfallereignis
vom 2. September 2013 inzwischen wieder anerkannt. Das erstinstanzlich eingeholte Sachverständigengutachten berücksichtige
nicht die am 2. Oktober 2013 durchgeführte Arthroskopie. Damals seien Bilder angefertigt worden, die ihr nach wie vor vorenthalten
würden. Ohne Auswertung dieses Bildmaterials könne eine Entscheidung nicht getroffen werden.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Gotha vom 8. November 2018 aufzuheben und unter Abänderung des Bescheides der Beklagten vom
29. Juli 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Dezember 2015 festzustellen, dass eine Meniskusverletzung
des rechten Kniegelenks Folge des Arbeitsunfalls vom 2. September 2013 ist, und die Beklagte zu verpflichten, ihr weitere
Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Begründung bezieht sie sich auf die Ausführungen in dem angegriffenen Urteil.
Der Senat hat im Berufungsverfahren weitere bildgebende Befunde hinsichtlich des rechten Kniegelenks der Klägerin und Bildmaterial
von der Arthroskopie vom 2. Oktober 2013 beigezogen. Des Weiteren hat er eine Stellungnahme des Chefarztes der Klinik für
Unfallchirurgie G E vom 21. April 2020 zu der Frage, inwieweit bildgebendes Material von der Arthroskopie existiert, eingeholt.
In dieser Stellungnahme vom 21. April 2020 hat E ausgeführt, dass bei der Arthroskopie am 2. Oktober 2013 alle relevanten
Befunde in Übereinstimmung mit dem MRT-Befund fotodokumentiert worden seien. Normbefunde ohne Krankheitswert seien, wie üblich,
nicht gespeichert worden. Eine vollständige Videodokumentation sei 2013 und auch heute nicht üblich. Vorgaben zur Anfertigung
von Filmmaterial hätten seines Wissens nicht existiert. Auch heute sei es gängige Praxis, bei einer Arthroskopie Standbilder
zur Dokumentation anzufertigen.
Des Weiteren hat der Senat den Radiologen B1 mit der Erstellung eines radiologischen Zusatzgutachtens und den Unfallchirurgen
N mit der Erstellung eines Zusammenhangsgutachtens beauftragt. Der Radiologe B1 führt in seinem Gutachten vom 22. Juli 2020
aus, dass sich dem MRT-Befund des rechten Kniegelenks vom 4. September 2013 zwei Tage nach dem Unfallereignis der Nachweis
einer Kellgren II Gonarthrose lateral und eines degenerativ bedingten Meniskusrisses entnehmen lasse. Eine minimale traumabedingte
Einblutung am medialen Tibiaplateau sei ebenfalls nachzuweisen. Dieser Befund und der spätere vom 4. November 2013 seien qualitativ
geeignet, um eine Zusammenhangsbeurteilung vorzunehmen und das Schadensbild in degenerative und traumabedingte Schadensanteile
zu differenzieren. Die im MRT vom 4. September 2013 traumabedingten Kniebinnenschäden seien im Verlauf rückläufig oder durch
die Meniskusteilresektion transformiert. Traumatisch bedingte Kniebinnenschäden seien nur in minimaler Ausprägung dokumentiert.
N führt in seinem Gutachten vom 11. August 2020 aus, dass hinsichtlich des Erstschadensbildes klinisch keine objektiven Verletzungszeichen
zu sichern waren, das unmittelbar zeitnah durchgeführte MRT jedoch den Befund eines Knochenödems am inneren Schienbeinkopfplateau
erbracht habe und eine geringgradige Verletzung am Kapselbereich am Innenmeniskus und Zeichen einer Prellung in der Kniescheibenregion.
Eine Bandverletzung sowohl der Kreuz- als auch der Seitenbänder habe nicht vorgelegen. Sowohl im Bereich des Außen- als auch
des Innenmeniskus sei eine degenerative Veränderung zu sichern. Bei der Arthroskopie am 2. Oktober 2013 sei am Innenmeniskushinterhorn
ein degenerativ geprägter Lappenriss festgestellt worden. Die Operationsbilder bestätigten die Einschätzung des Operateurs,
wonach eindeutig ein degenerativer Meniskusschaden im Sinne einer Meniskopathie vorliege. Als objektives Verletzungszeichen
sei daher nur eine minimale Einblutung im Kreuzbandbereich ohne jegliche Instabilität zu sichern. Verletzungen sowohl der
Kreuz- als auch der Seitenbänder seien ausgeschlossen worden. Der histologische Befund allein könne nicht für eine traumatische
Genese herangezogen werden. Die Teilinnenmeniskusentfernung könne daher nicht auf das angeschuldigte Unfallereignis zurückgeführt
werden. Die minimalen traumatischen Veränderungen hätten keinen Behandlungsbedarf ergeben. Der Lappenriss am Innenmeniskushinterhorn
sei ebenfalls nicht auf das Unfallgeschehen zurückzuführen. Aufgrund der fehlenden Beeinträchtigung der Kapsel-Band-Strukturen
sei eine isolierte Meniskusverletzung zu diskutieren. Die einzige Ursache hierfür sei der sogenannte Drehsturz. Ein solcher
Unfallmechanismus sei beim Ausrutschen auf einer Wasserlache auszuschließen. In dieser Situation sei eine Fixation des Fußes
gar nicht möglich. Es liege daher ein rein degenerativ geprägtes Innenmeniskusleiden vor. Vorliegende Fotodokumentationen
der Arthroskopie vom 2. Oktober 2013 seien nachvollziehbar und bestätigten die degenerative Genese der Innenmeniskusschädigung.
Die vorliegenden Aufnahmen der Arthroskopie seien in einer guten Qualität und ließen den Zustand des Gelenkinneren zweifelsfrei
erkennen.
Die Beklagte sieht sich durch die Ausführungen des Sachverständigen in ihrer Entscheidung bestätigt.
Die Klägerin macht geltend, dass ihr behandelnder Arzt davon ausgehe, dass die Einholung eines schmerztherapeutischen Gutachtens
aufgrund der Chronifizierung der Beschwerden erforderlich sei. Beigefügt war die Stellungnahme des Durchgangsarztes Sch vom
1. Oktober 2020. Darin legt dieser dar, dass im Oktober 2013 die Beklagte noch mitgeteilt habe, dass die Behandlung zu ihren
Lasten durchgeführt werden könne. Nach der Durchsicht der damaligen Unterlagen hätten frische Veränderungen des Menikusbandapparates
vorgelegen. Die durchgeführte Behandlung zu Lasten der Berufsgenossenschaft habe in dieser Zeit zur Entwicklung eines Schmerzsyndroms
geführt. Daher sollte ein schmerztherapeutisches Gutachten insbesondere hinsichtlich der Ursachen des Schmerzsyndroms angefertigt
werden. Sie beantragt mit Schriftsatz vom 8./9. Dezember 2020 den Neurologen M nach §
109 des
Sozialgerichtsgesetzes (
SGG) zu hören.
Entscheidungsgründe:
Die nach §§
143,
144 SGG zulässige Berufung der Klägerin ist unbegründet. Der Bescheid der Beklagten vom 29. Juli 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 11. Dezember 2015 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§
54 SGG).
Verfahrensmäßig ist zu beachten, dass das in der mündlichen Verhandlung am 8. November 2018 erklärte Teilanerkenntnis der
Beklagten (Anerkennung eines Arbeitsunfalls am 2. September 2013 mit der Folge einer Distorsion/Kontusion des rechten Kniegelenks)
als Rücknahme des Rücknahmebescheides vom 4. März 2016 auszulegen ist. Mit diesem Bescheid hatte die Beklagte ihre Feststellung,
es liege ein Arbeitsunfall vor, gemäß 45 SGB X zurückgenommen. Zwar wird in dem Teilanerkenntnis vom 8. November 2018 das Wort Rücknahme nicht verwandt. Die Auslegung der
Erklärung nach den §§
133,157
BGB ergibt jedoch auch unter Berücksichtigung der an die Auslegung einer Prozesserklärung zu stellenden Anforderungen, dass die
Beklagte unmissverständlich und unzweifelhaft das Ereignis vom 2. September 2013 als Arbeitsunfall mit der Folge einer Distorsion/Kontusion
des rechten Kniegelenkes anerkennen wollte. Damit ist der Rücknahmebescheid vom 4. März 2016 hinfällig. Denn in diesem hat
die Beklagte zum Ausdruck gebracht, dass die Anerkennung dieses Ereignisses als Arbeitsunfall nach § 45 SGB X mit Wirkung für die Zukunft zurückgenommen werden solle, mit der Begründung, dass der für die Anerkennung eines Arbeitsunfalles
erforderliche Gesundheitsschaden nicht vorliegt (ausschließlich degenerative Gesundheitsschäden). Daher braucht der Senat
nicht zu entscheiden, ob die von der Beklagten vertretene Auffassung, dass dieser Bescheid gemäß §
96 SGG Gegenstand des anhängigen Gerichtsverfahrens geworden ist, zutreffend ist. Gegenstand dieses Gerichtsverfahrens ist nunmehr
der Bescheid vom 29. Juli 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Dezember 2015. Die Klägerin begehrt insoweit
die Abänderung dieses Bescheides und die Anerkennung einer weiteren Unfallfolge und die Gewährung von weiteren Leistungen.
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Feststellung der am Innen- und Außenmeniskus bestehenden Beeinträchtigungen des rechten
Kniegelenkes als Folge des Arbeitsunfalls vom 2. September 2013. Zur Klarstellung weist der Senat darauf hin, dass sich eine
die Beklagte bindende Entscheidung hinsichtlich von Unfallfolgen am Innenmeniskus nicht ihrem Schreiben vom 10. Oktober 2013
entnehmen lässt, mit dem sie den behandelnden Durchgangsärzten mitteilte, dass die Schädigung am Innenmeniskus, vorbehaltlich
der Entscheidung des Rentenausschusses, als unfallbedingte Erkrankung anerkannt wird und die Kostenübernahme des Heilverfahrens
weiterhin zu ihren Lasten erfolgen soll. Die Auslegung dieses Schreibens entsprechend der Grundsätze der §§
133,157
BGB, ergibt insoweit, dass die Beklagte nur die weitere Behandlung der Klägerin sicherstellen wollte. Abzustellen ist auf den
Empfängerhorizont eines verständigen Beteiligten, der in Kenntnis der tatsächlichen Zusammenhänge den wirklichen Willen der
Behörde erkennen kann. Allein die Übernahme der Heilbehandlung kann nicht als Anerkennung des Arbeitsunfalles oder bestimmter
Unfallfolgen verstanden werden. Denn die Übernahme der Heilbehandlung erfolgt im Sinne des §
34 SGB VII durch den Unfallversicherungsträger ohne rechtliche Prüfung aus vorsorglichen Gründen der Sicherung einer medizinischen Behandlung
für den Fall, dass tatsächlich ein Arbeitsunfall oder eine Unfallfolge vorliegt. Ziel ist es die Behandlung des Versicherten
sicherzustellen (KassKomm/Ricke, 111. EL September 2020,
SGB VII §
113 Rn. 6, 7; KassKomm/Feddern, 111. EL September 2020,
SGB VII §
34 Rn. 33/34). Folgerichtig hat die Beklagte die Schreiben auch nicht an die Klägerin adressiert und durch den aufgenommenen
Vorbehalt klargestellt, dass eine bindende Entscheidung bezüglich bestimmter Unfallfolgen nicht getroffen werden sollte.
Richtige Klageart für die Feststellung weiterer Unfallfolgen ist die kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage nach
§
54 Abs.
1 SGG und §
55 Abs.
1,
3 SGG.
Im Recht der gesetzlichen Unfallversicherung gibt es unterschiedliche Beweisanforderungen. Für die äußerlich fassbaren und
feststellbaren Voraussetzungen "versicherte Tätigkeit", "Verrichtung zur Zeit des Unfallereignisses", "Unfallereignis" und
"Gesundheitsschaden" wird eine an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit gefordert, die vorliegt, wenn kein vernünftiger
die Lebensverhältnisse klar überschauender Mensch noch zweifelt (Vollbeweis). Vermutungen, Annahmen, Hypothesen und sonstige
Unterstellungen reichen daher ebenso wenig aus wie eine (möglicherweise hohe) Wahrscheinlichkeit. Dafür ist zwar keine absolute
Gewissheit erforderlich; verbliebene Restzweifel sind bei einem Vollbeweis jedoch nur solange unschädlich, wie sie sich nicht
zu gewichtigen Zweifeln verdichten. Der Nachweis im Sinne eines Vollbeweises ist regelmäßig erst dann geführt, wenn für das
Vorliegen der behaupteten rechtserheblichen Tatsachen ein derart hoher, an Gewissheit grenzender Grad von Wahrscheinlichkeit
spricht, dass sämtliche begründeten Zweifel demgegenüber aus der Sicht eines vernünftigen, die Lebensverhältnisse klar überschauenden
Menschen vollständig zu schweigen haben. Es darf also kein vernünftiger, in den Umständen des Einzelfalles begründeter Zweifel
mehr bestehen. Hinreichende Wahrscheinlichkeit wird von der ständigen Rechtsprechung für die Beurteilung des ursächlichen
Zusammenhangs zwischen Unfallereignis und Gesundheitserstschaden (haftungsbegründende Kausalität) sowie dem Gesundheitserstschaden
und der Unfallfolge im Sinne eines länger andauernden Gesundheitsschadens (haftungsausfüllende Kausalität) für ausreichend
erachtet (vgl. BSG, Urteil vom 20. März 2007 - B 2 U 27/06 R -). Hinreichende Wahrscheinlichkeit liegt vor, wenn bei vernünftiger Abwägung aller Umstände diejenigen so stark überwiegen,
die für den Ursachenzusammenhang sprechen, dass darauf eine richterliche Überzeugung gegründet werden kann (vgl. BSG, Urteil vom 31. Januar 2012 - B 2 U 2/11 R -; BSG, Urteil vom 9. Mai 2006 - B 2 U 1/05 R -).
Ausgehend hiervon steht zur Überzeugung des Senats fest, dass über die durch das Teilanerkenntnis vom 8. November 2018 anerkannte
Unfallfolge einer Distorsion/Kontusion des rechten Kniegelenks hinaus keine weiteren Unfallfolgen aus dem Ereignis vom 2.
September 2013 festzustellen sind. Dies gilt insbesondere für das im Fall der Klägerin vollbeweislich gesichert vorliegende
degenerative Innen- und Außenmeniskusleiden in Form einer Meniskopathie des rechten Kniegelenks und weitere gelenkumformender
Veränderungen an der Innenseite des rechten Kniegelenks. Diese können nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit auf das Ereignis
vom 2. September 2013 zurückgeführt werden. Es gibt erhebliche, gegen einen Ursachenzusammenhang sprechende Gesichtspunkte,
sodass es dem Senat nicht möglich ist, die erforderliche richterliche Überzeugung eines Zusammenhangs zu gewinnen. Insoweit
hat N in seinem Sachverständigengutachten vom 11. August 2020, anknüpfend an das radiologische Zusatzgutachten von B1 vom
22. Juli 2020, überzeugend dargelegt, dass nach dem MRT-Befund des rechten Kniegelenks vom 4. September 2013 ein traumatisch
bedingtes Knochenödem am inneren Schienbeinkopfplateau, eine geringgradige Verletzung am Kapselbereich am Innenmeniskus und
Zeichen einer Prellung in der Kniescheibenregion zu sichern sind. Bandverletzungen sowohl der Kreuz- als auch der Seitenbänder
sind nicht gesichert. Ausweislich des Arthroskopiebefundes vom 2. Oktober 2013 fanden sich im Bereich des vorderen Kreuzbandes
vereinzelte Unterblutungen, wobei sich das Band jedoch völlig intakt darstellte. Der Außenmeniskus selbst war ebenfalls intakt.
Am Innenmeniskushinterhorn wurde ein degenerativ geprägter Lappenriss diagnostiziert, der reseziert wurde. N hat insoweit
die inzwischen vorliegenden Operationsbilder nochmals ausgewertet und die Einschätzung des Operateurs aus dem Operationsbericht
vom 2. Oktober 2013 bestätigt, wonach ein degenerativer Meniskusschaden im Sinne einer Meniskopathie vorliegt. Traumatisch
bedingt ist daher nur eine minimale Einblutung im Kreuzbandbereich ohne jegliche Instabilität. Das festgestellte degenerative
Innenmeniskusleiden ist bereits mit Knorpelschäden an der Oberschenkelrolle verbunden. Dem entspricht auch die Auswertung
des MRT-Befundes vom 4. September 2013 durch den Radiologen B1 in seinem Gutachten vom 22. Juli 2020, der insoweit bereits
eine Gonarthrose nach Kellgren II diagnostizierte. Die in der Arthroskopie am 2. Oktober 2013 erfolgte Teilinnenmeniskusentfernung
kann daher nicht auf das angeschuldigte Unfallereignis zurückgeführt werden. Auch der Lappenriss am Innenmeniskushinterhorn
ist nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit auf das Unfallereignis zurückzuführen. Da eine Verletzung des Kapsel-Band-Apparates
nicht vorliegt, ist ein indirekter Mechanismus zur Verletzung des Meniskus nach den Ausführungen von N ausgeschlossen. Daher
kommt nur eine isolierte Meniskusverletzung ohne Begleitverletzung der Kapsel-Band-Strukturen in Betracht. N verweist insoweit
im Einklang mit der Literatur (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 9. Aufl. 2017, S. 521)
zu Recht darauf hin, dass als einzige Ursache hierfür ein sogenannter Drehsturz anzusehen ist. Beim Ausrutschen auf einer
Wasserlache ist ein solcher Drehsturz mangels Fixation des Fußes ausgeschlossen. Unfallbedingt zu sichern sind daher nur ein
minimales Knochenödem am inneren Schienbeinkopf, geringe Dissonancen zwischen Innenmeniskus und der Kapsel, eine Einblutung
am vorderen Kreuzband und Flüssigkeit an den Weichteilen vor der Kniescheibe. N legt insoweit nachvollziehbar dar, dass diese
harmlosen Verletzungen folgenlos ausgeheilt sind.
Soweit die Klägerin gestützt auf eine Stellungnahme des sie behandelnden Durchgangsarztes Sch vom 1. Oktober 2020 die Einholung
eines schmerztherapeutischen Gutachtens für erforderlich hält, ist dem nicht zu folgen. Sch weist darauf hin, dass sich nach
seiner Auffassung dieses Schmerzsyndrom bereits während der Behandlung zu Lasten der Berufsgenossenschaft im Oktober 2013
entwickelt hat. Daher sei es erforderlich, die Ursachen des Schmerzsyndroms sowie die Lokalisation und den Zusammenhang mit
dem Unfallereignis zu würdigen. Dies ist bereits deshalb nicht erforderlich, weil sich keine Anhaltspunkte dafür ergeben,
dass sich nach den festgestellten geringen Unfallfolgen ein Schmerzsyndrom entwickeln konnte. N hat in seinem Gutachten vielmehr
überzeugend ausgeführt, dass diese geringen Verletzungen folgenlos verheilt sind und Grund für die durchgeführte Arthroskopie
am 2. Oktober 2013 die degenerative Meniskopathie am rechten Kniegelenk der Klägerin war. Unfallbedingte Behandlungsbedürftigkeit
hat er nur bis zur Arthroskopie am 2. Oktober 2013 bejaht. N hat festgestellt, dass die jetzt bei der Klägerin bestehende
gesundheitliche Problematik Folge des unfallunabhängigen degenerativ bedingten Meniskusleidens ist. Inwieweit sich bedingt
durch das Meniskusleiden eine Schmerzsymptomatik entwickelt hat, ist daher für den Ausgang dieses Verfahrens irrelevant.
Der Antrag auf Einholung eines Gutachtens nach §
109 SGG durch den Neurologen M, war verspätet gestellt und deshalb abzulehnen.
Nach §
109 Abs.
2 SGG kann das Gericht einen Antrag ablehnen, wenn durch die Zulassung die Erledigung des Rechtsstreits verzögert werden würde
und der Antrag nach der freien Überzeugung des Gerichts, in der Absicht das Verfahren zu verschleppen, oder aus grober Nachlässigkeit
nicht früher vorgebracht worden ist. Der Senat hat am 5. November 2020 (zugestellt an die Klägerbevollmächtigte am 11. November
2020) zum Termin am 10. Dezember 2020 geladen. Der Antrag nach §
109 SGG ging erst am 8. bzw. 10. Dezember 2020 bei Gericht ein. Damit wurde jede zur sorgfältigen Prozessführung erforderliche Sorgfalt
außer Acht gelassen, da nicht getan wurde, was jedem einleuchten muss, nämlich den Antrag spätestens dann zu stellen, wenn
die Ladung zugegangen ist (vgl. Keller, in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, 13. Auflage 2020, § 109 Rn. 11). Mit dem
Erhalt des Ladungsschreibens ist für einen Beteiligten erkennbar, dass das Gericht nicht beabsichtigt, weitere Ermittlungen
von Amts wegen durchzuführen
Bei dieser Sachlage ergibt sich kein Anspruch der Klägerin auf Gewährung weiterer Leistungen - insbesondere Gewährung von
Heilbehandlung - von der Beklagten.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§
183,193
SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des §
160 Abs.
2 SGG nicht vorliegen.