kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage; Kinderhospiz; Eingliederungshilfe; Hilfe zur Pflege; medizinische Rehabilitationsleistungen;
Leistungserbringungsrecht der gesetzlichen Krankenkassen
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Kostenübernahme des Eigenanteils, der ihm durch mehrere Aufenthalte in Kinderhospizen entstanden ist.
Der 1992 geborene Kläger leidet an einer metachromatischen Leukodystrophie. Er hielt sich in der Zeit vom 11.10.2003 bis 19.10.2003,
vom 27.12.2003 bis 04.01.2004, vom 10.07.2004 bis 17.07.2004 und vom 09.10.2004 bis 23.10.2004 im Kinderhospiz Löwenherz in
Syke sowie in der Zeit vom 27.03.2004 bis zum 07.04.2004 im Kinderhospiz Balthasar in Olpe auf.
Mit mehreren Schreiben beantragte der Kläger die Kostenübernahme des Eigenanteils in Höhe zwischen 54,- € und 101,64 € pro
Tag "als Hilfe zur Pflege".
Daraufhin forderte das Amt für Soziale Dienste der Beklagten die Eltern des Klägers mit Schreiben vom 11.06.2004 und 11.10.2004
auf, unter Hinweis darauf, dass es sich bei der Unterbringung im Hospiz um Hilfe zur Pflege handele, ihre Einkommens- und
Vermögensverhältnisse bis zum 02.07.2004 bzw. 25.10.2004 offen zu legen. Die Eltern des Klägers wurden darauf hingewiesen,
dass sie damit rechnen müssten, dass ihre Anträge gemäß §
66 Abs.
3 SGB I abgelehnt würden, sollten sie ihrer Mitwirkungspflicht nicht nachkommen.
Die Eltern des Klägers legten ihre Einkommens- und Vermögensverhältnisse nicht dar. Mit Bescheiden vom 06.07.2004 und vom
01.11.2004 lehnte das Amt für Soziale Dienste die Anträge des Klägers wegen fehlender Mitwirkung ab.
Dagegen legte der Kläger am 20.07.2004 und am 06.12.2004 Widerspruch ein. Er und seine Eltern seien zur Darlegung ihrer Einkommens-
und Vermögensverhältnisse nicht verpflichtet. Gemäß § 43 Abs. 2 Satz 1 BSHG sei ihm die Aufbringung der Mittel nur in Höhe der für den häuslichen Lebensunterhalt ersparten Aufwendungen zuzumuten. Die
Auskunftspflicht sei auf die für die Bestimmung der für den häuslichen Lebensunterhalt ersparten Aufwendungen notwendigen
Informationen begrenzt. Der Aufenthalt im Kinderhospiz stelle einen Fall der Eingliederungshilfe dar. Es handele sich um eine
Leistung zur medizinischen Rehabilitation i. S. des § 40 Abs. 1 Satz 1 Ziff. 1 i. V. m. § 43 Abs. 2 Satz 1 Ziff. 5 BSHG. Die Inhalte dieser Hilfeform bestimmten sich nach §
26 SGB IX. Die Leistungen im Hospiz seien darauf ausgerichtet, seine Behinderungen sowie seine Pflegebedürftigkeit zu mindern und deren
Verschlimmerung zu verhüten. Sein Aufenthalt im Kinderhospiz sei auf die Stabilisierung seiner psychischen, physischen und
seelischen Verfassung als auch der seiner Eltern ausgerichtet. Vorrangiges Ziel sei die Stabilisierung der familiären Situation
zur Vermeidung eines dauerhaften Heimaufenthalts gewesen. Hierzu seien seine Eltern beraten, psychisch und emotional gestützt
und umfassend über die Behinderung und Krankheit informiert worden. Hinzu seien die Kontakte zu örtlichen Selbsthilfe- und
Beratungsmöglichkeiten i. S. d. §
26 Abs.
3 Nr.
4 SGB IX getreten. Durch seine körperliche und pädagogische Stimulation werde ein Abgleiten in einen apathischen Zustand und die Verschlimmerung
der Behinderung verhütet.
Mit zwei Widerspruchsbescheiden vom 16.02.2006, zugestellt am 08.03.2006, wies der Senator für Arbeit, Frauen, Gesundheit,
Jugend und Soziales die Widersprüche als unbegründet zurück. Aufgabe der Eingliederungshilfe sei, eine drohende Behinderung
zu verhüten oder eine vorhandene Behinderung oder deren Folgen zu beseitigen oder zu mildern und den Behinderten in die Gesellschaft
einzugliedern. Hierzu gehöre vor allem, den Behinderten die Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen oder zu
erleichtern oder ihn, soweit wie möglich, unabhängig von Pflege zu machen. Es bedürfe vorliegend einer Abgrenzung zur Hilfe
zur Pflege, die Personen gewährt werde, die infolge Krankheit und Behinderung so hilflos seien, dass sie nicht ohne Wartung
und Pflege bleiben könnten. Die Hilfe zur Pflege habe, ohne grundsätzlich auf eine Veränderung gerichtet zu sein, die Aufgabe,
dem Pflegebedürftigen die nötige Wartung und Pflege zukommen zu lassen. Hingegen gehörten zur Eingliederungshilfe diejenigen
Maßnahmen, die die Pflegebedürftigkeit wesentlich verminderten. Ausschlaggebend sei, ob der Gesichtspunkt der Eingliederungshilfe
oder derjenige der Pflege überwiege. Die im Kinderhospiz geleistete Hilfestellung habe einen pflegerischen Charakter. Daher
seien seine Eltern zu den Kosten heranzuziehen gewesen. Ihrer Mitwirkungsverpflichtung seien sie insoweit nicht nachgekommen.
Dagegen hat der Kläger am 04.04.2006 jeweils Klage erhoben. Das Verwaltungsgericht hat die Verfahren durch Beschluss vom 17.07.2007
verbunden. Der Kläger hat ergänzend vorgetragen, die Leistungen des Hospizes seien insbesondere darauf ausgerichtet, seine
Behinderung zu mindern, sowie seine Pflegebedürftigkeit abzumildern und eine Verschlimmerung zu verhüten. Der Leistungskatalog
in §
26 Abs.
2 und
3 SGB IX sei nicht abschließend. Die Maßnahme sei erforderlich und geeignet, um ihn in seiner Eigenverantwortlichkeit und Selbstbestimmung
zu stärken und ihm die Bewältigung der psychosozialen Problemlage zu ermöglichen oder zu erleichtern. Die Eingliederungshilfe
solle heilpädagogische Eingliederungsmaßnahmen im frühen Kindesalter sowie in den Fällen ermöglichen, in denen von vorneherein
ein späterer Schulbesuch oder eine spätere berufliche Ausbildung als ausgeschlossen angesehen werden müsse. Die Aufnahme in
das Hospiz diene den Zielen des §
1 Satz 1
SGB IX. Pflegeleistungen würden medizinische Rehabilitationsleistungen nicht ausschließen. Hilfe zur Pflege komme als alleinige
Hilfe auch nicht in Betracht, weil Hilfe bei Krankheit und zur medizinischen Rehabilitation vorliege. Der Gesetzgeber habe
durch §
26 Abs.
2 Nr.
1 SGB IX die Gesundheitserziehung als ausdrückliche Aufgabe und Bestandteil der medizinischen Rehabilitation hervorgehoben. Zudem
stelle §
26 Abs.
3 SGB IX klar, dass Leistungen nach Absatz
1 auch die medizinischen, psychologischen und pädagogischen Hilfen im Sinne der nachfolgenden, konkretisierenden, nicht abschließenden
Aufzählung seien, wenn diese zur Erreichung oder Sicherung der in Absatz 1 genannten Ziele erforderlich seien. Auf die Mitwirkungspflicht
sei nur bei Gelegenheit hingewiesen worden. Sanktionen wegen mangelnder Mitwirkung dürften aber nur unter Einhaltung strenger
Formvorschriften ausgeübt werden. Die entsprechenden Schreiben enthielten auch nur einen Hinweis auf die möglichen Folgen
der Nichtmitwirkung, ohne dass seine Eltern danach nochmals angehört worden seien.
Der Kläger hat beantragt,
1. die Bescheide der Beklagten vom 06.07.2004 sowie vom 01.11.2004 und die Widerspruchsbescheide vom 16.02.2006 aufzuheben
und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger die beantragte Eingliederungshilfe auf Übernahme des Eigenanteils anlässlich der
Unterbringung in der Zeit vom 11.10.2003 bis 19.10.2003, vom 27.12.2003 bis 04.01.2004 und vom 10. bis 17.07.2004 im Kinderhospiz
Löwenherz in Syke und in der Zeit vom 27.03. bis 07.04.2004 im Kinderhospiz Balthasar in Olpe, sowie noch einmal in der Zeit
vom 09. bis 23.10.2004 im Kinderhospiz Löwenherz zu erteilen,
2. hilfsweise die Beklagte zu verurteilen, den Kläger über die beantragte Eingliederungshilfe auf Übernahme des Eigenanteils
anlässlich der Unterbringungen in der Zeit vom 11.10.2003 bis 19.10.2003, vom 27.12.2003 bis 04.01.2004 und vom 10. bis 17.07.2004
im Kinderhospiz Löwenherz in Syke und in der Zeit vom 27.03. bis 07.04.2004 im Kinderhospiz Balthasar in Olpe, sowie noch
einmal in der Zeit vom 09. bis 23.10.2004 im Kinderhospiz Löwenherz unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Bei den Hospizen handele es sich ausschließlich um Einrichtungen zur Pflege und nicht um Einrichtungen zur Eingliederung oder
zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft. Ein Kinderhospiz erbringe sach- und fachkundige umfassende Pflege. Gegenstand des
Versorgungsvertrages des Kinderhospizes Löwenherz sei die Versorgung für Kinder und Jugendliche im Sinne des §
39a SGB V und die Erbringung von Leistungen der stationären bzw. teilstationären Pflege für Pflegebedürftige im Sinne des
SGB XI. Kinderhospize seien daher anerkannte Pflegeeinrichtungen nach §
72 Abs.
4 SGB XI. In §
6 Abs.
1 Nr.
1 SGB IX sei ausdrücklich geregelt, dass die Krankenkassen für Leistungen der medizinischen Rehabilitation zuständig seien.
Das Verwaltungsgericht Bremen - 5. Kammer für Sozialgerichtssachen - hat die Klage mit Urteil vom 29.08.2007 abgewiesen. Die
Leistungsversagung sei zu Recht nach §
66 Abs.
3 SGB I wegen fehlender Mitwirkung erfolgt. Die Versorgung im Kinderhospiz erfülle keine Aufgabe der Eingliederungshilfe. Der sachliche
Umfang der Eingliederungshilfe könne nur aus der Aufgabe der Eingliederungshilfe erläutert werden. Es komme auf die Geeignetheit
und Zweckbestimmung der jeweiligen Maßnahme im Rahmen des § 39 Abs. 3 Satz 1 BSHG an. Soweit ein Behinderter zugleich pflegebedürftig sei, komme es unter Berücksichtigung der konkreten tatsächlichen Verhältnisse
darauf an, ob die Hilfsmaßnahme nach ihrem Charakter in einer vorrangigen Beziehung zu dem Zweck stehe, der mit der einen
oder anderen Hilfeart verfolgt werde. Die Unterbringung in einem Hospiz und der mit der Eingliederungshilfe verfolgte Zweck
der Teilhabe in der Gesellschaft würden sich gegenseitig ausschließen. Die Hospizversorgung diene der würdevollen Unterbringung
und Begleitung sterbender und sterbenskranker Menschen und ihrer Angehörigen. Nach dem Versorgungsvertrag sei Voraussetzung
für eine Aufnahme im Kinderhospiz das Leiden an einer Erkrankung, die progredient verlaufe, bei der eine Heilung ausgeschlossen
und eine palliativ-medizinische Behandlung notwendig und erwünscht sei und bei der lediglich eine begrenzte Lebenserwartung
bestehe. Ziel des Hospizes sei gerade nicht, den pflegebedürftigen Menschen wieder so weit zu kurieren, dass er sich in die
Gesellschaft eingliedern könne. Soweit der Kläger sich auf den Aspekt der Stabilisierung der familiären Situation zur Vermeidung
eines dauerhaften Heimaufenthalts berufe, sei ihm entgegen zu halten, dass eine Entlastung der Pflegepersonen nicht den Zielen
der Eingliederungshilfe diene, sondern eine klassische Maßnahme der Verhinderungs- oder Kurzzeitpflege sei. Würde man die
Hospizunterbringung als Leistung zur medizinischen Rehabilitation ansehen, ergebe sich kein Leistungsanspruch gegenüber der
Beklagten, weil vorrangig leistungsverpflichtet die Krankenkasse des Klägers sei. Zudem sei für die Erbringung medizinischer
Rehabilitationsleistungen des Sozialhilfeträgers das Leistungserbringungsrecht der gesetzlichen Krankenversicherung entsprechend
anzuwenden, so dass medizinische Rehabilitationsleistungen nur von solchen Leistungserbringern erbracht werden dürften, die
auch von den gesetzlichen Krankenkassen zur Erbringung von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation zugelassen seien. Die
Kinderhospize seien nach den Versorgungsverträgen aber nur zur stationären Hospizversorgung sowie als Pflegeeinrichtung nach
§
72 Abs.
4 SGB XI zugelassen. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse seien für die Leistungsbewilligung erheblich, da Hilfe zur Pflege nur
gewährt werde, soweit die Aufbringung der erforderlichen Mittel nach den in § 79 BSHG genannten allgemeinen Einkommensgrenzen nicht zuzumuten sei.
Gegen das ihm am 11.09.2007 zugestellte Urteil hat der Kläger am 28.09.2007 Berufung eingelegt.
Das Verwaltungsgericht habe den Sachverhalt unvollständig aufgeklärt. Die vom Verwaltungsgericht herangezogene Rahmenvereinbarung
zwischen den Spitzenverbänden der Krankenkassen und den Interessenvertretungen der Hospize sei für die Leistungen der Kinderhospize
im Bereich der Eingliederungshilfe nicht einschlägig. Die Rahmenvereinbarung sei ausschließlich im Hinblick auf die Leistungen
der Erwachsenenhospize verhandelt worden. Es gebe grundlegende Unterschiede in den Leistungsinhalten von Kinder- und Erwachsenenhospizen.
Die Leistungsinhalte würden in der von der Trägerin des Kinderhospizes u. a. mit dem Niedersächsischen Landesamt für Zentrale
Soziale Aufgaben abgeschlossenen Leistungs- und Qualitätsvereinbarung festgelegt. Nach deren § 6 Ziff. 3 sollten die Leistungen
der sozialen Betreuung für die betroffenen Kinder einen Lebensraum gestalten, der ihnen die Führung eines möglichst selbstständigen
und selbstbestimmten Lebens ermögliche sowie zur Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft innerhalb und außerhalb der Einrichtung
beitrage. Der der Eingliederungshilfe zuzuordnende "Besondere Bedarf an sozialer Betreuung" stehe gleichwertig neben den Bedarfen
in der medizinischen Behandlungspflege und der Grundpflege. Die als Eigenanteil verbleibenden Kosten seien mindestens in dem
Verhältnis zu übernehmen, das dem Verhältnis der Kosten der Eingliederungshilfeleistungen an den Kosten der Gesamtleistungen
des Hospizes entspreche. Das Urteil lasse zudem eine Anwendung des Eingliederungshilfebegriffs auf den konkreten Einzelfall
vermissen. Bei schwerst mehrfach behinderten Menschen erfolge die Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft auch und gerade in
Einrichtungen wie dem Kinderhospiz durch die Gemeinschaft mit anderen betroffenen Kindern, deren Geschwistern und Eltern.
Die sozialpädagogischen Hilfestellungen des Hospizes erfolgten nach einem regelmäßigen, pädagogischen Konzept, das mindestens
zwei entsprechende längere Hilfsangebote am Tag plane, anbiete und evaluiere. Die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass
die Entlastung und Erholung der Eltern keine Aufgabe der Eingliederungshilfe sei, verkenne die häusliche Situation schwerst
mehrfach behinderter Kinder. Bei behinderten Kindern falle die Aufgabe der Eingliederungshilfe regelmäßig den Eltern zu, denn
die Führung sozialer Kontakte sei ohne die Eltern schwer denkbar. Für die Beurteilung der Entlastung bedeute dies, dass eine
Überlastung der Eltern primär zu einer drastischen Einschränkung der Teilhabe behinderter Kinder und Jugendlicher am Leben
in der Gemeinschaft führe.
Der Kläger beantragt,
unter Abänderung des angefochtenen Urteils den Klageanträgen in erster Instanz stattzugeben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie wiederholt ihren bisherigen Vortrag und verweist auf die Begründung des erstinstanzlichen Urteils, die sie für zutreffend
hält.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zu den Gerichtsakten gereichten Schriftsätze der
Beteiligten sowie die Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, soweit ihr
Inhalt in diesem Urteil verwertet worden ist.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist unbegründet.
Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Kostenübernahme des ihm verbliebenen
Eigenanteils der Kosten für seine Unterbringung im Kinderhospiz.
Zutreffend ist das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, dass die Klage als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage nach
§
54 Abs.
4 SGG statthaft ist. Zwar ist grundsätzlich gegen die Versagung einer Sozialleistung wegen fehlender Mitwirkung nur die reine Anfechtungsklage
gegeben (BVerwG, Urt. vom 17.1.1985 - 5 C 133/81 = BVerwGE 71, 8; BSG, Urt. vom 17.02.2004 - B 1 KR 4/02 R -, juris), da bei mangelnder Mitwirkung des Betroffenen regelmäßig die Leistungsvoraussetzungen nicht nachgewiesen sein werden.
Wird jedoch das Vorliegen aller Leistungsvoraussetzungen behauptet, ist es aus prozessökonomischen Gründen nicht sinnvoll
und aus Rechtsschutzgründen nicht vertretbar, lediglich die Versagung wegen mangelnder Mitwirkung aufzuheben und den Betroffenen
auf ein neu in Gang zu setzendes Verfahren zu verweisen (BSG, Urt. vom 24.11.1987 - 3 RK 11/87 - juris). Dies gilt auch dann, wenn die Beteiligten über die richtige Anspruchsgrundlage streiten, die Beklagte aber das
Vorliegen der Leistungsvoraussetzungen für den Fall anerkennt, dass die von dem Kläger in Anspruch genommene Anspruchsgrundlage
zur Anwendung kommt.
Die Beteiligten streiten darum, ob es sich bei der Versorgung des Klägers im Kinderhospiz um Hilfe zur Pflege, die einkommensabhängig
gewährt wird, oder um eine Maßnahme der Eingliederungshilfe nach § 43 Abs. 2 BSHG in der bis zum 31.12.2004 geltenden und vorliegend maßgeblichen Fassung handelt, bei der dem Kläger gemäß § 43 Abs. 2 Satz 2 BSHG die Aufbringung der Mittel nur für die Kosten des Lebensunterhalts in Höhe der für den häuslichen Lebensunterhalt ersparten
Aufwendungen zuzumuten ist. Zwar ist Ausgangspunkt für die häusliche Ersparnis auch das Einkommen der Eltern des Klägers,
weil der Aufwand für den Lebensunterhalt eines Familienmitgliedes - dementsprechend die Ersparnis an Aufwendungen für den
Lebensunterhalt bei Abwesenheit dieses Familienmitgliedes aus dem Haushalt - größer oder geringer sein wird, je nachdem, ob
das Einkommen mehr oder weniger unter der Einkommensgrenze liegt (vgl. BVerwG, Urt. v. 24.08.1972 - V C 49.72 - Buchholz 436.0 § 43 Nr. 2 und Urt. v. 08.02.1977 - V C 4.76 - BVerwGE 52, 51-56). Zwar bestreitet die Beklagte Leistungsverpflichtung für den Fall, dass es sich bei der Hospizunterbringung des Klägers
um einen Fall der erweiterten Hilfe nach § 43 Abs. 2 BSHG handelt, nicht. Dies findet seinen Grund aber offensichtlich darin, dass die Beklagte die Kosten der häuslichen Ersparnis
nach oben begrenzt hat.
Rechtsgrundlage für die angefochtenen Bescheide ist §
66 Abs.
1 Satz 1
SGB I. Danach kann der Sozialleistungsträger, soweit die Voraussetzungen einer beantragten Sozialleistung nicht nachgewiesen sind,
die Leistung ganz oder teilweise versagen, wenn der Antragsteller seinen Mitwirkungspflichten nach den §§
60 bis
62,
65 SGB I nicht nachkommt und hierdurch die Aufklärung des Sachverhalts erheblich erschwert wird. Das Verwaltungsgericht hat im Einzelnen
zutreffend ausgeführt, dass die formalen Voraussetzungen für die Versagung der Leistung wegen mangelnder Mitwirkung vorgelegen
haben. Darauf wird Bezug genommen (§
153 Abs.
1 i. V. m. §
136 Abs.
3 SGG).
Ob der Kläger eine Mitwirkungspflicht nach §
60 Abs.
1 Nr.
1 SGB I verletzt hat, wonach der Antragsteller alle Tatsachen anzugeben hat, die für die Leistung erheblich sind, beurteilt sich
danach, ob es sich bei der Unterbringung des Klägers im Kinderhospiz um Hilfe zur Pflege oder um Eingliederungshilfe nach
§ 43 Abs. 2 BSHG handelt, denn nach der gewährten Hilfeart entscheidet sich, ob und in welchem Umfang dem Hilfesuchenden zuzumuten ist, vorhandenes
Einkommen zur Deckung seines sozialhilferechtlichen Bedarfs einzusetzen.
Wird Hilfe zur Pflege gewährt, ist das Einkommen und Vermögen einer Person leistungserheblich, weil dem minderjährigen und
unverheirateten Hilfesuchenden und seinen Eltern die Aufbringung der Mittel innerhalb der in den §§ 79 ff. BSHG genannten Einkommensgrenzen zugemutet wird. Dies gilt auch für Hilfe bei Krankheit nach § 37 BSHG und für die Eingliederungshilfe, soweit nicht ein Fall der erweiterten Hilfe nach § 43 Abs. 2 BSHG vorliegt. Dem Kläger ging und geht es ersichtlich nicht darum, eine vorläufige Kostenübernahme der Beklagten im Rahmen einer
nach § 43 Abs. 1 Satz 1 BSHG denkbaren Vorleistungspflicht zu erreichen (vgl. dazu: BVerwG, Urt. v. 25.11.1982 - 5 C 13/82 - Buchholz 436.0 § 85 BSHG Nr. 7; andererseits nach BVerwG, Urt. v. 05.06.1975 - V C 5.74 -Buchholz 436.0 § 40 BSHG Nr. 7, keine Vorleistungspflicht, wenn den in § 28 BSHG genannten Angehörigen die volle Aufbringung der aufzuwendenden Kosten zuzumuten ist). Das hat der Prozessbevollmächtigte
des Klägers in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ausdrücklich bestätigt.
Nach § 43 Abs. 2 BSHG ist dem Hilfesuchenden die Aufbringung der Mittel nur für die Kosten des Lebensunterhalts und, wenn die Hilfe in einer Einrichtung
gewährt wird, in den Fällen der Nummern 1 bis 6 des § 43 Abs. 2 BSHG nur in Höhe der für den häuslichen Lebensunterhalt ersparten Aufwendungen zuzumuten. Eine Beteiligung an anderen Kosten wird
nicht gefordert. Die Vergünstigung setzt voraus, dass eine der in den Nummern 1 bis 8 aufgeführten Maßnahmen der Eingliederungshilfe
vorliegt.
Eingliederungshilfe für behinderte Menschen erhalten nach § 39 Abs. 1 Satz 1 BSHG Personen, die durch eine Behinderung im Sinne von §
2 Abs.
1 Satz 1
SGB IX wesentlich in ihrer Fähigkeit, an der Gesellschaft teilzuhaben, eingeschränkt oder von einer solchen wesentlichen Behinderung
bedroht sind, wenn und solange nach der Besonderheit des Einzelfalles, insbesondere nach Art oder Schwere der Behinderung,
Aussicht besteht, dass die Aufgabe der Eingliederungshilfe erfüllt werden kann. Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass
der Kläger eingliederungsfähig ist. Keiner der Beteiligten schließt aus, dass die Aufgabe der Eingliederungshilfe erfüllt
werden kann.
Bei der Versorgung des Klägers im Kinderhospiz handelt es sich aber nicht um eine Maßnahme der Eingliederungshilfe nach §
40 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i. V. mit § 43 Abs. 2 BSHG. In Betracht kommen allein Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nach § 43 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 BSHG. Die anderen Ziffern sind ersichtlich nicht einschlägig. Das gilt auch für § 43 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BSHG, der erfasst Hilfe, die dem behinderten noch nicht eingeschulten Menschen die für ihn erreichbare Teilnahme am Leben in der
Gemeinschaft ermöglichen soll. Die Vorschrift erfasst vor allem schulpflichtige Kinder und Jugendliche, die nicht beschult
werden können, weil ihre Behinderung eine Schulbildung voraussichtlich nicht zulassen wird oder nicht zulässt (Grube/Wahrendorf,
SGB XII, § 92 Rz. 12; BT-Drs. 14/5800 S. 34). Sie ermöglicht diesen Kindern und Jugendlichen, bei denen die Teilnahme am Leben
in der Gemeinschaft nicht bereits durch den Schulbesuch erfolgt, die Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft durch andere Hilfeleistungen.
Im Hinblick auf das grundsätzlich geltende uneingeschränkte schulische Bildungsrecht ist die Hilfeart allerdings durch das
SGB IX vom 19.06.2001 (BGBl. I S. 1046) in die Hilfeart umbenannt worden, die hinsichtlich des Personenkreises noch nicht eingeschulte behinderte Menschen umfasst
(BT-Drs. 14/5800 S. 34). Der Kläger hat verschiedene Schulen besucht und gehört daher nicht zu dem Personenkreis des § 43 Abs. 2 Nr. 3 BSHG.
Nach § 40 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 43 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 BSHG i. V. mit §
26 Abs.
1 SGB IX werden zur medizinischen Rehabilitation behinderter und von Behinderung bedrohter Menschen die erforderlichen Leistungen
erbracht, um 1. Behinderungen einschließlich chronischer Krankheiten abzuwenden, zu beseitigen, zu mindern, auszugleichen,
eine Verschlimmerung zu verhüten oder 2. Einschränkungen der Erwerbsfähigkeit und Pflegebedürftigkeit zu vermeiden, zu überwinden,
zu mindern, eine Verschlimmerung zu verhüten sowie den vorzeitigen Bezug von laufenden Sozialleistungen zu vermeiden oder
laufende Sozialleistungen zu mindern. Die Absätze 2 und 3 des §
26 SGB IX umschreiben die Leistungen zur medizinischen Rehabilitation und ihre Bestandteile.
Nach § 40 Abs. 1 Satz 2 BSHG entsprechen die Leistungen zur medizinischen Rehabilitation und zur Teilhabe am Arbeitsleben nach dem BSHG jeweils den Rehabilitationsleistungen der gesetzlichen Krankenversicherung oder der Bundesagentur für Arbeit. Damit gilt
für medizinische Rehabilitationsleistungen nach § 40 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BSHG eine absolute Anbindung an das Leistungserbringungsrecht des
SGB V (Schellhorn/Schellhorn, Kommentar zum BSHG, 16. Aufl., 2002, § 40 Rz. 11; vgl. auch: VGH Baden-Württemberg, Beschl. vom 24.05.2005 - 7 S 189/05 -; Bay. VGH, Beschl. vom 25.11.2004 - 12 CE 04.2263 -; OVG Rheinland-Pfalz, Beschl. vom 01.09.2004 - 12 A 10886/04 -; sämtlich juris). Dadurch soll gewährleistet werden, dass die Träger der Sozialhilfe wegen der bedürftigkeitsunabhängigen
Gewährung von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation über die medizinischen Rehabilitationsleistungen der Krankenversicherungen
hinaus keine Leistungen erbringen müssen (vgl. BT-Drucks. 14/5074 S. 124).
Des Weiteren sind nach § 38 Abs. 5 (bis 31.12.2003: Abs. 6) i. V. mit § 38 Abs. 3 BSHG bei der Erbringung von Leistungen nach § 40 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BSHG die für die gesetzlichen Krankenkassen nach dem Vierten Kapitel des
SGB V geltenden Regelungen mit Ausnahme des Zweiten Abschnitts des Dritten Teils anzuwenden. Das Vierte Kapitel des
SGB V regelt die Beziehungen der Krankenkassen zu den Leistungserbringern. Anzuwenden sind danach die §§
69 bis
140h SGB V in der in den Jahren 2003/2004 geltenden Fassung des
SGB V mit Ausnahme der §§
82 bis
87a SGB V.
Nach §
111 Abs.
1 SGB V dürfen die Krankenkassen Leistungen zur medizinischen Rehabilitation, die eine stationäre Behandlung erfordern, nur in Vorsorge-
und Rehabilitationseinrichtungen erbringen lassen, mit denen ein Versorgungsvertrag nach Absatz 2 besteht. Der Abschluss eines
Versorgungsvertrages nach Absatz
2 i. V. mit §
107 Abs.
2 SGB V ist mithin Voraussetzung für die Erbringung medizinischer Rehabilitationsleistungen der gesetzlichen Krankenkassen. Für die
stationäre Behandlung in anderen als vertraglichen Rehabilitationseinrichtungen dürfen die Krankenkassen keine Leistungen
gewähren (vgl. Hauck/Noftz,
SGB V, §
111 Rz. 10 u. 34). Für Eingliederungshilfeleistungen nach §
40 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i. V. mit § 43 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 BSHG, die eine stationäre Unterbringung erfordern, bedeutet dies, dass sie vom Sozialhilfeträger nur dann zu gewähren sind, wenn
sie von Leistungserbringern erbracht werden, die von den gesetzlichen Krankenkassen nach §
111 Abs.
2 i. V. mit §
107 Abs.
2 SGB V zur Leistungserbringung zugelassen sind (Bieritz-Harder in LPK-SGB XII, 8. Aufl. 2008, § 54 Rz. 13). Weder das Kinderhospiz
Syke noch das Kinderhospiz Olpe sind als Rehabilitationseinrichtungen nach §
111 Abs.
2 i. V. mit §
107 Abs.
2 SGB V zugelassen. Mit ihnen bestehen Versorgungsverträge nach §
39a SGB V und nach §
72 Abs.
4 SGB XI, mit denen sie zur stationären Hospizversorgung und gleichzeitig als Pflegeeinrichtung zur pflegerischen Versorgung der erkrankten
Kinder und Jugendlichen zugelassen sind (§ 1 Abs. 3 des Versorgungsvertrages zwischen dem Träger des Kinderhospizes Löwenherz
und den Landesverbänden der Pflegekassen).
Da die Kostenheranziehung des Klägers nicht nach § 43 Abs. 2 Satz 2 BSHG auf die für den häuslichen Lebensunterhalt ersparten Aufwendungen begrenzt ist, war die Beklagte berechtigt, die Offenlegung
der Einkommens- und Vermögensverhältnisse zu verlangen, um zu überprüfen, in welchem Umfang der Kläger und seine Eltern zu
den Kosten heranzuziehen waren.
Liegen die Voraussetzungen des §
66 SGB I vor, liegt die Entscheidung über die Versagung der Leistung im Ermessen des Leistungsträgers. Ermessensfehler liegen nicht
vor. Insoweit wird auf die zutreffenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts verwiesen.
Der Hilfsantrag ist aus den genannten Gründen ebenfalls unbegründet.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 Abs.1 Satz 1
SGG.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§
160 Abs.
2 SGG) liegen nicht vor.