Leistungsausschluss für Studierende; Besonderer Härtefall
Gründe:
I.
Die Antragsteller begehren nach dem SGB II höhere Unterkunftskosten für die Antragstellerin zu 1) und anteilige Unterkunftskosten
für den Antragsteller zu 2).
Die Antragsteller sind zum 01.08.2008 nach Bremen verzogen. Der Antragsteller zu 2) studiert seit dem Sommersemester 2008
(7. Fachsemester) Mathematik an der Universität Bremen im Diplomstudiengang. Mit Bescheid vom 14.07.2008 lehnte das Studentenwerk
Bremen einen Antrag des Antragstellers zu 2) auf Ausbildungsförderung nach dem
BAföG mit der Begründung ab, dass der Antragsteller zu 2) bereits über ein abgeschlossenes, in Deutschland voll anerkanntes Studium
der Mathematik an der Universität Bagdad mit dem Abschlussdiplom "Bachelor" verfüge.
Am 12.08.2008 beantragten die Antragsteller bei der Antragsgegnerin Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem
SGB II.
Am 08.09.2008 haben die Antragsteller beim Verwaltungsgericht beantragt, die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung
zu verpflichten, der Antragstellerin zu 1) unverzüglich laufende Leistungen nach dem SGB II und dem Antragsteller zu 2) anteilige
Unterkunftskosten zu gewähren.
Mit Bescheid vom 11.09.2008 bewilligte die BAgIS der Antragstellerin zu 1) Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach
dem SGB II und erkannte als Unterkunftskosten die Hälfte der Mietkosten abzüglich einer Warmwasserpauschale in Höhe von 6,24
€ an.
Mit Beschluss vom 14.10.2008 lehnte das Verwaltungsgericht Bremen - 1. Kammer für Sozialgerichtssachen - den Antrag auf Erlass
einer einstweiligen Anordnung, soweit die Antragsteller ihn hinsichtlich der Gewährung anteiliger Unterkunftskosten für den
Antragsteller zu 2) und höherer Unterkunftskosten für die Antragstellerin zu 1) aufrechterhalten haben, ab. Der Antragsteller
zu 2) habe nach § 7 Abs. 5 SGB II keinen Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II, da sein Studium dem Grunde nach förderungsfähig
sei. Ein besonderer Härtefall nach § 7 Abs. 5 Satz 2 SGB II liege nicht vor. Die Voraussetzungen für die Gewährung eines Zuschusses
zu den Unterkunftskosten nach § 22 Abs. 7 SGB II lägen ebenfalls nicht vor, weil der Antragsteller zu 2) tatsächlich keine
Leistungen nach dem
BAföG erhalte.
Dagegen richtet sich die Beschwerde der Antragsteller. Mit ihr machen die Antragsteller geltend, dass dem Antragsteller zu
2) nach einer entsprechenden Auskunft der ARGE Hamburg ein Rechtsanspruch auf Leistungen nach dem SGB II zustehe. Der Abzug
der Warmwasserpauschale sei rechtswidrig, weil die Wassererwärmung durch einen Durchlauferhitzer erfolge.
II.
Die zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg.
Nach §
86 b Abs.
2 S. 2
SGG sind einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig,
wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Dazu ist erforderlich, dass mit dem Antrag
sowohl ein Anspruch auf die begehrte Leistung (Anordnungsanspruch) als auch ein Grund für eine vorläufige Regelung durch das
Gericht (Anordnungsgrund) i. S. des §
920 Abs.
2 ZPO glaubhaft gemacht werden.
Der Antragsteller zu 2) hat einen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II nicht glaubhaft
gemacht.
Der Antragsteller unterliegt dem Leistungsausschluss nach §
7 Abs.
5 Satz 1 SGB II. Danach haben Auszubildende, deren Ausbildung im Rahmen des
BAföG oder der §§
60 bis
62 SGB III dem Grunde nach förderungsfähig ist, keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Bei dem von dem Antragsteller
zu 2) seit dem Sommersemester 2008 betriebenen Diplomstudium der Mathematik an der Universität Bremen handelt es sich um eine
dem Grunde nach förderungsfähige Ausbildung im Sinne des §
2 Abs.
1 Nr.
6 BAföG. Allein die Förderungsfähigkeit der Ausbildung dem Grunde nach führt zu dem Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB
II. Insoweit kommt es lediglich auf die abstrakte Förderungsfähigkeit der Ausbildung an. Individuelle in der Person des Auszubildenden
liegende Gründe, die ihn im Verhältnis zum Träger der Förderungsleistung von den Förderleistungen nach den
BAföG ausschließen, bleiben außer Betracht (BSG, Urteile vom 06.09.2007 - B 14/7b AS 36/06 R - SozR 4-4200 § 7 Nr. 6 und FEVS 59, 289-298 und B 14/7b AS 28/06 R -SozR 4-4200 § 7 Nr. 8).
Die Voraussetzungen für die Ausnahme von dem Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 6 SGB II liegen hier nicht vor. Der Antragsteller
zu 2) ist nicht auf Grund der in §
7 Abs.
6 SGB II genannten Vorschriften des
BAföG von Leistungen ausgeschlossen, sondern weil er die Anforderungen des §
7 Abs.
2 BAföG nicht erfüllt.
...
Der Antragsteller zu 2) hat auch keinen Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II als Darlehen gemäß § 7 Abs. 5 Satz 2 SGB II.
Nach § 7 Abs. 5 Satz 2 SGB II können in besonderen Härtefällen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts als Darlehen
geleistet werden. Bei dem Begriff des besonderen Härtefalls handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der in vollem
Umfang der gerichtlichen Überprüfung unterliegt. Ein besonderer Härtefall liegt vor, wenn Umstände gegeben sind, die einen
Ausschluss von der Ausbildungsförderung durch Hilfe zum Lebensunterhalt auch mit Rücksicht auf den Gesetzeszweck, die Sozialhilfe
von den finanziellen Lasten einer Ausbildungsförderung freizuhalten, als übermäßig hart, d. h. als unzumutbar oder in hohem
Maße unbillig erscheinen lassen (BSG, Urteile vom 06.09.2007 - B 14/7b AS 36/06 R - SozR 4-4200 § 7 Nr. 6 und FEVS 59, 289-298 298 und B 14/7b AS 28/06 R - SozR 4-4200 § 7 Nr. 8 in Anschluss an BVerwGE 94, 224). Ein besonderer Härtefall im Sinne des § 7 Abs. 5 Satz 2 SGB II ist aber auch dann anzunehmen, wenn wegen einer Ausbildungssituation
ein Bedarf an Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhalts entstanden ist, der nicht durch
BAföG oder Ausbildungsbeihilfe gedeckt werden kann und deswegen begründeter Anlass für die Annahme besteht, die vor dem Abschluss
stehende Ausbildung werde nicht beendet und damit drohe das Risiko zukünftiger Erwerbslosigkeit, verbunden mit weiter bestehender
Hilfebedürftigkeit.
Danach liegen die Voraussetzungen für einen Härtefall nicht vor. Das Studium des Antragstellers zu 2) ist von vorneherein
nicht nach dem
BAföG förderungsfähig, weil er über eine abgeschlossene Ausbildung verfügt, die ihm den Zugang zum Arbeitsmarkt eröffnet und einem
deutschen Studiumsabschluss vergleichbar ist. Es ist dem Antragsteller daher zuzumuten, seinen Lebensunterhalt durch Erwerbstätigkeit
ausschließlich oder neben dem Studium zu sichern.
Der Antragsteller zu 2) hat auf Grund des fehlenden Bezugs von Leistungen nach dem
BAföG auch keinen Anspruch auf einen Zuschuss zu seinen ungedeckten Kosten für Unterkunft und Heizung nach § 22 Abs. 7 SGB II.
§
22 Abs.
7 SGB II setzt den tatsächlichen Bezug von Leistungen nach dem
BAföG voraus. Betreibt ein Student ein Studium, ohne dass er die Anspruchsvoraussetzungen für die Gewährung von Ausbildungsförderung
erfüllt, hat dies nicht zur Konsequenz, dass ihm während dieses Studiums Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem
SGB II zu gewähren wäre, ohne dass er dem Gesamtsystem des SGB II unterliegt (vgl. BSG, Urteil vom 06.09.2007 - B 14/7b AS 36/06 R - SozR 4-4200 § 7 Nr. 6 und FEVS 59, 289-298).
Die Antragsteller haben schließlich nicht glaubhaft gemacht, dass es zur Abwendung wesentlicher Nachteile für sie nötig erscheint,
über den Abzug der Warmwasserpauschale im Eilverfahren zu entscheiden. Der Abzug beträgt 6,24 € und damit rund 1,3 % der der
Antragstellerin zu 1) bewilligten Regelleistungen in Höhe von 489,82 €. Bei dieser Differenz fehlt es an einem für die Gewährung
einstweiligen Rechtsschutzes erforderlichen Anordnungsgrund. Den Antragstellern ist zuzumuten, das Widerspruchsverfahren abzuwarten
(vgl. Beschlüsse des Senats vom 22.12.2006 - S2 B 402/06; S2 S 403/06 und vom 03.07.2008 - S2 B 105/08; S2 B 167/08).
Die Kostenentscheidung folgt aus §
193 SGG.