Ausbildungs- und Studienförderungsrecht: Ausbildung; Ausbildungsförderung; Ausland; Auslandsausbildung; Auslandsstudium; Studiengebühren
Tatbestand:
Der Kläger begehrt vom Beklagten eine höhere Ausbildungsförderung für sein Studium an der Universität R. (Vereinigte Staaten
von Amerika) im Bewilligungszeitraum Juli 1996 bis Juni 1997.
Der Kläger schloss sein Studium der Luft- und Raumfahrttechnik in S. mit dem Erwerb des Diploms im Dezember 1995 ab. Im Januar
1996 nahm er an der Universität R. ein Studium im Fach "Business Administration" auf. Dieses Studium beendete er im Juni 1997
mit dem Abschluss "Master of Business Administration (MBA)". Der Kläger war darüber hinaus vom 1. April 1996 bis zum 31. März
1999 an der Technischen Universität Ch. im Studiengang Wirtschaftsingenieurwesen immatrikuliert.
Im Juli 1996 beantragte der Kläger Ausbildungsförderung für seinen Studienaufenthalt in den Vereinigten Staaten. Mit Bescheid
vom 30. September 1996 lehnte der Beklagte den Antrag ab. Nach erfolglosem Widerspruch erklärte der Beklagte im Klageverfahren
vor dem Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße (Az.: 9 K 574/97.NW), dass dem Kläger ein grundsätzlicher Förderungsanspruch zugebilligt werde, woraufhin die Beteiligten den Rechtsstreit
übereinstimmend für erledigt erklärten.
In der Folgezeit lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 26. Februar 1998 erneut die Bewilligung von Ausbildungsförderung ab
und begründete dies mit mangelnder Mitwirkung des Klägers. Im hierüber vor dem Verwaltungsgericht Köln geführten Rechtsstreit
(Az.: 22 K 10574/98) legte der Kläger Unterlagen zum Nachweis des Besuchs berücksichtigungsfähiger Kurse in R. vor, woraufhin der Beklagte den
Anspruch auf Förderleistungen für die Monate September 1996 bis Juni 1997 anerkannte. Insoweit erklärten die Beteiligten den
Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt. Das Verwaltungsgericht Köln wies die Klage im verbleibenden Umfange mit Urteil
vom 16. April 2002 ab. Auf die Berufung des Klägers hin änderte das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen
die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Köln mit Urteil vom 30. November 2005 (Az.: 4 A 4139/02) ab und verpflichtete den Beklagten, dem Kläger für die Monate Juli und August 1996 Ausbildungsförderung für den Besuch der
Universität R. zu bewilligen.
Mit Bescheid vom 28. Juni 2006 setzte der Beklagte die Ausbildungsförderung für die Zeit von Juli 1996 bis Juni 1997 neu fest.
Für diese Zeit errechnete er einen Leistungsanspruch des Klägers von insgesamt 10.086,00 €. Ein Anteil von 4601,64 € entfiel
hierbei auf Studiengebühren.
Nach erfolglosem Widerspruchsverfahren hat der Kläger Klage erhoben. Zur Begründung hat er im Wesentlichen vorgetragen: Der
Beklagte habe zu Unrecht lediglich 4601,64 € als Studiengebühren anerkannt. Er habe tatsächlich viel höhere Gebühren entrichten
müssen, sodass ihm ein weiterer Zuschuss in Höhe von 17.280,83 € zustehe. Es seien subjektive Umstände bei der Entscheidung
über die Höhe der Förderungsleistungen für die Studiengebühren zu berücksichtigen. Ein Studienbeginn im Januar 1996 sei nur
in R. oder C. möglich gewesen. Für eine Annahme an letzterer Universität habe er jedoch nicht die geforderten Vorleistungen
erfüllt. Er habe sich zudem aufgrund der hohen Bewerbungskosten nur an wenigen Hochschulen bewerben können. Schließlich habe
er einen Anspruch auf eine angemessene Verzinsung des von dem Beklagten nicht gezahlten Betrags.
Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Die Höhe der grundsätzlich erstattungsfähigen Studiengebühren sei durch die
BAföG-Auslandszuschlagsverordnung begrenzt. Die Ausnahmetatbestände seien durch den Kläger nicht nachgewiesen. Insbesondere habe der Kläger den Studiengang
auch an anderen Hochschulen durchführen können.
Das Verwaltungsgericht hat sich dieser Auffassung des Beklagten angeschlossen und die Klage mit Urteil vom 11. Oktober 2007
abgewiesen.
Der Kläger hat die vom Senat zugelassene Berufung in der mündlichen Verhandlung mit Einverständnis des Beklagten insoweit
zurückgenommen, als er zunächst Zinsen für bereits geleistete Ausbildungsförderung in Höhe von 9.264,00 € ab drei Monaten
ab Antragstellung bis zum 26. Februar 2003 beansprucht hatte. Zur Begründung der Berufung im Übrigen ergänzt und vertieft
er sein bisheriges Vorbringen: Er räume ein, dass er den Studiengang "Business Administration" nicht nur in R., sondern auch
an anderen Universitäten in den Vereinigten Staaten hätte durchführen können. An anderen Universitäten hätte er jedoch erst
im September 1996 beginnen können. Durch einen Hochschulwechsel im Juli 1996 hätte sich sein Studium um ein Jahr verzögert,
was ganz erhebliche Mehrkosten nach sich gezogen hätte. Die Universität R. habe als einzige Hochschule weltweit die Kurse
"International Strategic Management of Technology" und "Competitive and Organisational Strategy" angeboten. Im Übrigen habe
ihn der Beklagte nicht ausreichend über die Voraussetzungen der Leistung höherer Studiengebühren informiert.
Der Kläger beantragt,
unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Neustadt an der Weinstraße vom 11. Oktober 2007
1. den Bescheid des Beklagten vom 28. Juni 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheids des Beklagten vom 15. Juni 2007 teilweise
abzuändern und den Beklagten zu verpflichten, Ausbildungsförderung unter Berücksichtigung weiterer Studiengebühren in Höhe
von 17.280,83 € zu bewilligen,
2. den Beklagten zu verurteilen, dem Kläger hinsichtlich der geltend gemachten Studiengebühren Zinsen nach §
44 SGB I ab drei Monaten ab Antragstellung zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
und vertieft hierzu ebenfalls seine Ausführungen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die von den Beteiligten gewechselten Schriftsätze, auf
die beigezogene Verwaltungsakte sowie die Gerichtsakte des Verfahrens 2 K 238/06.NW Bezug genommen, die sämtlich Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist unbegründet.
Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Bewilligung weiterer Ausbildungsförderung
in Höhe von 17.280,83 € (vgl. §
113 Abs.
5 Satz 1
VwGO). Folglich stehen ihm auch keine Zinsen hieraus zu.
Ein Anspruch auf weitere Ausbildungsförderung über 17.280,83 € für Studiengebühren könnte sich allein aus §
3 Abs.
2 der Verordnung über die Zuschläge zu dem Bedarf nach dem
Bundesausbildungsförderungsgesetz bei einer Ausbildung im Ausland (
BAföG-AuslandszuschlagsV) ergeben. Nach §
3 Abs.
1 BAföG-AuslandszuschlagsV in der Fassung vor dem Inkrafttreten der Verordnung vom 2. Juli 2002 (vgl. dort Art. 2; BGBl. I S. 2525)
werden nachweisbar notwendige Studiengebühren bis zur Höhe von 9.000,00 DM je Studienjahr geleistet. Weitere Ansprüche richten
sich nach §
3 Abs.
2 BAföG-AuslandszuschlagsV. Nach dessen zum 1. Juli 1996 in Kraft getretenen Fassung (Art. 2 der Verordnung vom 26. Juni 1996; BGBl. I S. 919) können über den in §
3 Abs.
1 BAföG-AuslandszuschlagsV genannten Betrag hinaus Studiengebühren nur geleistet werden, wenn die Ausbildung nur an der gewählten
Hochschule durchgeführt werden kann (Nr. 1) oder im Einzelfall ein besonderes Studienvorhaben des Auszubildenden nur an der
gewählten Hochschule durchgeführt werden kann und dies im Hinblick auf die Leistungen des Auszubildenden besonders förderungswürdig
ist (Nr. 2). Hierüber sind gutachtliche Stellungnahmen von zwei im Inland tätigen Hochschullehrern vorzulegen. Das Amt für
Ausbildungsförderung kann in Zweifelsfällen weitere gutachtliche Stellungnahmen einholen.
Der Beklagte hat an den Kläger bereits Studiengebühren in Höhe von 4.601,64 € (9.000,00 DM) geleistet. Leistungen für darüber
hinaus gehende Studiengebühren kann der Kläger nach §
3 Abs.
2 BAföG-AuslandszuschlagsV vom Beklagten nicht beanspruchen.
Der Kläger konnte die Ausbildung "Business Administration" nicht im Sinne des §
3 Abs.
2 Nr.
1 BAföG-AuslandszuschlagsV nur an der Universität R. durchführen.
Der Kläger hätte den Studiengang auch an anderen Universitäten absolvieren können. Das ist zwischen den Beteiligten unstreitig.
Es kommt nicht darauf an, dass er allein in R. bestimmte, von ihm näher bezeichnete Kurse besuchen konnte. Maßgeblich ist
nach dem Wortlaut der Vorschrift die Ausbildung und nicht deren Inhalt im Einzelnen. Ausbildung in diesem Sinne ist vorliegend
der Studiengang "Business Administration". Hierfür spricht auch systematisch §
3 Abs.
2 Nr.
2 BAföG-AuslandszuschlagsV, der im Gegensatz zu §
3 Abs.
2 Nr.
1 BAföG-AuslandszuschlagsV ausdrücklich auf den Studieninhalt abstellt.
Ob die Ausbildung nur an der gewählten Hochschule durchgeführt werden kann, bestimmt sich nach objektiven Kriterien. Der Wortlaut
und der Vergleich mit §
3 Abs.
2 Nr.
2 BAföG-AuslandszuschlagsV sprechen dagegen, auf individuelle Belange des Auszubildenden abzustellen. Diese - aus Sicht der Förderungsempfänger
restriktive - Tatbestandsauslegung wird durch die Entstehungsgeschichte bestätigt.
Die Verordnung über die Zuschläge zu dem Bedarf bei einer Ausbildung außerhalb des Geltungsbereichs des Bundesausbildungsförderungsgesetzes
- so die ursprüngliche Überschrift bis zu ihrer Änderung durch die Verordnung vom 16. Mai 1994 (vgl. dort Art. 1 Nr. 1; BGBl.
I S. 1074) - wurde am 25. Juni 1986 erlassen. Sie war durch das Zehnte Gesetz zur Änderung des Bundesausbildungsförderungsgesetzes
vom 16. Juni 1986 (10. BAföGÄndG; BGBl. I S. 897) veranlasst. Ziel dieses Gesetzes war die verstärkte Förderung der Ausbildung
im außereuropäischen Ausland (BT-Drs. 10/5025 S. 9). Zuvor war bei der Förderung zwischen Ausbildungen innerhalb und außerhalb
Europas unterschieden worden. Bestimmte mit einer Auslandsausbildung regelmäßig verbundene Mehrkosten wie für Studiengebühren
waren bei außereuropäischen Ausbildungen nur dann übernommen worden, wenn der Besuch der dortigen Ausbildungsstätte für die
Ausbildung erforderlich war. Diese Differenzierung wurde als nicht mehr zeitgemäß angesehen (vgl. Ramsauer, NVwZ 1986, 815 [816]) und aufgegeben (BT-Drs. 10/5025 S. 11). An ihre Stelle trat eine Gleichbehandlung von Studien im inner- und außereuropäischen
Ausland. Dabei war bereits im Gesetzgebungsverfahren von Bundesrat und Bundesregierung gesehen worden, dass ein Studium an
privaten Universitäten mit sehr hohen Hochschulgebühren verbunden sein kann, weshalb eine Begrenzung für erforderlich gehalten
wurde (BT-Drs. 10/5025 S. 9, 17 f.). Entsprechend diesen Zielvorstellungen wollte der Verordnungsgeber in der
BAföG-Auslandszuschlagsverordnung ein Regulativ in Form einer Obergrenze für die erstattungsfähigen Studiengebühren einführen. Er nahm dabei an, dass bei dieser
Obergrenze in allen Studienfächern qualitativ hochstehende Studienangebote in allen Ländern erreichbar sind, wenn der Auszubildende
eine entsprechend preisgünstige Hochschule wählt (BR-Drs. 177/86 S. 7 f.). Die Obergrenze sollte dem Auszubildenden bei der
Wahl der ausländischen Hochschule eine klare Orientierung geben. Ausnahmen sollten für besonders gelagerte Einzelfälle im
Wege einer eng gebundenen Ermessensentscheidung zugelassen werden. Der Anwendungsbereich wurde als zahlenmäßig gering eingeschätzt
(BR-Drs. 177/86 S. 10). Demnach ist für eine weite Auslegung des §
3 Abs.
2 Nr.
1 BAföG-AuslandszuschlagsV kein Raum.
Sollten gleichwohl individuelle Umstände des Auszubildenden zur Vermeidung unzumutbarer Härten bei der Gesetzesanwendung zu
berücksichtigen sein, müssten diese ein einem objektiven Hindernis vergleichbares Gewicht erreichen. Dazu reichen Zweckmäßigkeitserwägungen
nicht aus. Die vom Kläger genannten derartigen Umstände, die ihn zur Studienaufnahme in R. veranlasst haben, führen nicht
dazu, dass seine Ausbildung als allein dort durchführbar angesehen werden kann.
So war es zweifelsohne aus Sicht des Klägers und seiner Ausbildungsplanung zweckmäßig, unmittelbar nach dem Abschluss seines
Studiums der Luft- und Raumfahrttechnik die Auslandsausbildung im Januar 1996 zu beginnen. Dieses für den Kläger auch wirtschaftlich
vorteilhafte Vorgehen rechtfertigt es jedoch nicht, den Ausnahmetatbestand des §
3 Abs.
2 Nr.
1 BAföG-AuslandszuschlagsV als erfüllt zu erachten. Es wäre ihm zumutbar gewesen, den Studiengang "Business Administration" erst
im September 1996 aufzunehmen, zumal sein - die Auslandsförderung erst ermöglichendes (vgl. §
5 Abs.
2 Satz 1 Nr.
1 BAföG) - Studium an der Technischen Universität Ch. im April 1996 begann. Der Kläger kann sich deshalb auch nicht mit Erfolg darauf
berufen, die einzige Alternative im Januar 1996, nämlich ein Studium an der Universität C., habe er nicht ergreifen könne,
da er dort die Leistungsanforderungen nicht erfüllt habe. Die vom Kläger angeführten hohen Bewerbungskosten haben seine Wahlmöglichkeiten
ebenfalls nicht in einem Maße beschränkt, dass eine Ausbildung an einer anderen Hochschule als ausgeschlossen erscheinen musste.
Schließlich ist es für den Tatbestand des §
3 Abs.
2 Nr.
1 BAföG-AuslandszuschlagsV ohne Bedeutung, dass ein Hochschulwechsel im Sommer 1996 zu einem Verlust von in den vorherigen drei Monaten
erworbenen Leistungsnachweisen geführt hätte.
Die Voraussetzungen des §
3 Abs.
2 Nr.
2 BAföG-AuslandszuschlagsV sind ebenfalls nicht erfüllt. Die danach erforderlichen Gutachten zweier im Inland tätiger Hochschullehrer
hat der Kläger nicht vorgelegt. Die von ihm eingereichten Stellungnahmen äußern sich weder dazu, ob er ein besonderes Studienvorhaben
in R. durchführen wollte, noch dazu, ob dies im Hinblick auf seine Leistungen besonders förderungswürdig war. Dies hat der
Kläger in der mündlichen Verhandlung auch zugestanden. Entgegen seiner Auffassung musste der Beklagte ihn nicht besonders
auf §
3 Abs.
2 Nr.
2 BAföG-AuslandszuschlagsV hinweisen oder gar entsprechende Formulare zur Verfügung stellen. Hierum hätte sich der Kläger selbst
bemühen müssen.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§
154 Abs.
2,
155 Abs.
2 VwGO; Gerichtskosten werden gemäß §
188 Satz 2
VwGO nicht erhoben. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten beruht auf §
167 VwGO i.V.m. §
708 Nr. 10
ZPO.
Die Revision wird nicht zugelassen, da Gründe der in §
132 Abs.
2 VwGO bezeichneten Art nicht vorliegen.