Sozialhilferecht: Einkommensberechnung bei mehreren einmaligen Leistungen
Tatbestand:
Mit drei Anträgen vom 02.08.1993 beantragten die Kläger die Gewährung von Brennstoffbeihilfe, Bekleidungsbeihilfe und Weihnachtsbeihilfe.
Diese Anträge lehnte das Landratsamt mit Bescheid vom 10.09.1993 ab mit der Begründung, das Einkommen der Kläger überschreite
den für die Gewährung von einmaligen Beihilfen maßgebenden Bedarfssatz. Den Widerspruch der Kläger, mit dem diese geltend
machten, der Beklagte sei von einer unzutreffenden Einkommenshöhe ausgegangen, wies der Beklagte mit Bescheid vom 02.12.1993
zurück. Zur Begründung war ausgeführt, Heizungshilfen würden vom Landkreis pauschal abgegolten, im Fall der Kläger für die
Heizungsperiode 1993/94 mit 600,-- DM. Die Ergänzungspauschale für Bekleidung betrage halbjährlich bei Männern 275,-- DM und
bei Frauen (unter 18 Jahren) 385,-- DM, die Weihnachtsbeihilfe für den Haushaltsvorstand 120,-- DM und für Haushaltsangehörige
60,-- DM. Bei der Heizungshilfe müsse das übersteigende Einkommen mit 4, bei der Bekleidungsbeihilfe mit 3 vervielfacht werden,
bei der Weihnachtsbeihilfe werde das übersteigende Einkommen nur einmal angerechnet. Maßgebend seien die Einkommensverhältnisse
im Zeitpunkt der Antragstellung, bei der Weihnachtsbeihilfe auch diejenige späterer Monate. Dementsprechend ergebe sich eine
Einkommensüberschreitung von 492,23 bzw. 318,68 DM.
Dagegen haben die Kläger am 15.12.1993 beim Verwaltungsgericht Stuttgart Klage erhoben mit dem Antrag, die ergangenen Bescheide
aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, ihnen Bekleidungsbeihilfe. Heizungsbeihilfe und Weihnachtsbeihilfe nach den
gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren. Der Kläger hat geltend gemacht, in seiner Erwerbsunfähigkeitsrente in Höhe von monatlich
1 414,30 DM seien zwei Kinderzuschüsse von je 152,90 DM für die Kinder R. und T., die Klägerin, enthalten. R. lebe bei seiner
leiblichen Mutter. Der Zuschuß sei deshalb weitergeleitet worden, außerdem leiste er, der Kläger, monatlichen Unterhalt für
seine Tochter J. in Höhe von 196,-- DM bzw. ab November 1993 von 318,-- DM.
Der Beklagte hat Klagabweisung beantragt und geltend gemacht, die Bedarfsgemeinschaft habe über gleichbleibendes Einkommen
in Form der Erwerbsunfähigkeitsrente des Klägers, des Wohngelds und der Ausbildungsvergütung der Klägerin verfügt. Änderungen
seien nicht eingetreten. Die geltend gemachten Unterhaltsleistungen könnten nicht berücksichtigt werden.
Mit Urteil vom 30.03.1995 hat das Verwaltungsgericht der Klage teilweise stattgegeben und zur Begründung ausgeführt, nach
§ 21 Abs. 2 BSHG könne das Einkommen in den sechs Monaten nach Ablauf des Monats, in dem über die Hilfe entschieden worden sei, berücksichtigt
werden. Die danach notwendige Ermessensentscheidung sei im Ausgangsbescheid nicht und im Widerspruchsbescheid insoweit fehlerhaft
getroffen worden, als davon ausgegangen worden sei, das Einkommen der Kläger sei im maßgeblichen Zeitraum gleichgeblieben.
Sei das Einkommen wie im Fall der Kläger schwankend oder ungewiß, so sei zunächst die Hilfe zu gewähren und ein sich ergebender
Kostenbeitrag später festzusetzen. Da durch die Sozialhilferichtlinien das Ermessen aber auf null reduziert sei, könne das
Gericht die Höhe der begehrten Leistungen selbst berechnen. Für den Monat September 1993, in welchem der Beklagte über die
Anträge der Kläger entschieden habe, ergebe sich ein Gesamtbedarf von 1 760,45 DM, dem ein Einkommen von 2 510,33 DM gegenüberstehe,
von dem aber die Unterhaltsleistung des Klägers an seine Tochter J. und gemäß § 76 BSHG weitere 381,93 DM abzuziehen seien. Für September und Oktober 1993 ergebe sich danach ein Überschuß von 171,95 bzw. 21,30
DM, für November und Dezember 1993 jedoch eine Unterdeckung von 100,70 und für die Monate Januar bis März 1994 eine solche
von 140,93 DM. Von der beantragten Heizungsbeihilfe in Höhe von 600,-- DM seien deshalb 406,75 DM (600,-- ./. 171,95 + 21,30)
und die beantragte Bekleidungsbeihilfe und Weihnachtsbeihilfe in voller Höhe von 660,-- bzw. 180,-- DM zu gewähren.
Gegen das ihm am 24.05.1995 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 08.06.1995 Berufung eingelegt, zu deren Begründung er vorträgt,
die Klägerin habe keinen Anspruch auf Weihnachtsbeihilfe, da ihr von ihrem Arbeitgeber eine Zuwendung von netto 136,67 DM
gewährt worden sei. Weiterhin könnten sowohl Unterhaltsverpflichtungen als auch freiwillige Unterhaltszahlungen eines Hilfesuchenden
vom einzusetzenden Einkommen nicht nach § 76 BSHG abgesetzt werden. Der Kläger sei nicht verpflichtet, der Tochter J. einen Unterhalt von monatlich 318,-- DM zu zahlen. Deren
Unterhaltsanspruch betrage allenfalls circa 20,-- DM. Bei dieser Sachlage bestünden die geltend gemachten Hilfeansprüche nicht.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 30.03.1995 zu ändern und die Klage in vollem Umfang abzuweisen.
Die Kläger beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie sind der Ansicht, das Einkommen sei um die Unterhaltsverpflichtungen zu kürzen. Der Unterhaltsanspruch der Klägerin gegen
den Kläger belaufe sich auf rund 175,-- DM.
Dem Senat liegen außer den Akten des Verwaltungsgerichts die zur Sache gehörenden Akten des Beklagten vor.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist größtenteils begründet. Zu Unrecht hat das Verwaltungsgericht den Beklagten verpflichtet, den Klägern
von dem im Streit befindlichen Gesamtbetrag der geforderten Heizungsbeihilfe, Bekleidungsbeihilfe und Weihnachtsbeihilfe in
Höhe von 1 440,-- DM 1 246,75 DM zu gewähren. Die Kläger haben nur Anspruch auf den im Tenor genannten, erheblich geringeren
Betrag, denn sie können im übrigen die zum Lebensunterhalt gehörenden einmaligen Leistungen aus eigenen Mitteln beschaffen
(§ 11 Abs. 1, § 21 Abs. 1 und Abs. 2 BSHG).
Bei einmaligen Leistungen kann gemäß § 21 Abs. 2 Satz 2 BSHG das Einkommen in den sechs Monaten berücksichtigt werden, die auf den Monat folgen, in dem über die Hilfe entschieden worden
ist. Zutreffend ist das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, daß diese Vorschrift eine Ermessensentscheidung voraussetzt,
daß der Ausgangsbescheid des Beklagten eine solche Entscheidung nicht enthält, daß die Ermessensentscheidung im Widerspruchsbescheid
deshalb fehlerhaft ist, weil ein unzutreffender Sachverhalt zugrundegelegt worden war, daß aber infolge der vom Beklagten
angewendeten Regelungen der Sozialhilferichtlinien das Ermessen so weit gebunden ist, daß nur eine richtige Entscheidung denkbar
erscheint. Deshalb war das Verwaltungsgericht und ist auch der Senat nicht auf einen bloßen Bescheidungsausspruch beschränkt
(§§
113 Abs.
5,
114 VwGO); vielmehr war in der Sache selbst zu entscheiden.
Da der Beklagte über die drei von den Klägern am 02.08.1993 gestellten Anträge mit Bescheid vom 10.09.1993 entschieden hat,
ist nach § 21 Abs. 2 Satz 2 BSHG das Einkommen der Monate September bis Dezember 1993 und Januar bis März 1994, also faktisch das Einkommen von insgesamt
sieben Monaten, maßgebend (vgl. Beschluß des Senats v. 26.07.1988 - 6 S 1482/88 -, seitdem st. Rspr., vgl. etwa Beschluß v. 14.04.1992 - 6 S 369/92 -). Diese Monate hat das Verwaltungsgericht auch zutreffend zugrundegelegt, indes ergibt der Vergleich von Bedarf und Einkommen
der Kläger entgegen der Berechnung des Verwaltungsgerichts keine Unterdeckung, sondern in jedem der maßgebenden Monate jeweils
einen Überschuß.
Nach übereinstimmenden Berechnungen des Beklagten (AS 360) und des Verwaltungsgerichts, denen die Kläger nicht widersprochen
haben, betrug der Bedarf der Kläger im September 1993 1 760,45 DM, im Zeitraum Oktober bis Dezember 1993 1 781,10 DM und ab
Januar 1994 1 792,-- DM.
Das Einkommen für September 1993 setzt sich nach den im August 1993 gemachten Angaben des Klägers (AS 315, 316, 319) aus 1
567,20 DM (Rente des Klägers), 825,70 DM (Einkommen der Klägerin) und 243,-- DM (Wohngeld) zusammen. Entgegen der Ansicht
des Verwaltungsgerichts erhöht sich das Einkommen der Kläger nicht noch um 27,33 DM anteiliger Weihnachtszuwendung. Vielmehr
bleibt nach RdNr. 76.37 der Sozialhilferichtlinien (SHR) in der 1993 maßgebenden Fassung bei der Berechnung des Einkommens
25% der Weihnachtszuwendung außer Betracht, mindestens aber ein Betrag, wie er sich als Weihnachtsbeihilfe für die Bedarfsgemeinschaft
ergeben würde. Die Weihnachtszuwendung der Klägerin betrug 1993 136,67 DM (AS 341), der Weihnachtsbeihilfeanspruch der aus
dem Kläger und der Klägerin bestehenden Bedarfsgemeinschaft nach den von den Klägern nicht angegriffenen Feststellungen im
Widerspruchsbescheid 180,-- DM. Die Weihnachtszuwendung bleibt also für die Höhe des Einkommens außer Ansatz.
Die Angabe des Klägers in seinem Widerspruchsschreiben ohne Datum (eingegangen am 06.10.1993, AS 323), seine derzeitige Rente
betrage 1 414,30 DM, steht dem Betrag von 1 567,20 DM nicht entgegen; seine Darlegung in der Klageschrift vom 11.12.1993,
er habe noch nie 1 567,20 DM Rente erhalten, widerspricht seinen eigenen Angaben in den Anträgen vom 02.08.1993.
Für September 1993 ergibt sich somit ein Einkommen von 2 635,90 DM. Davon sind nach den übereinstimmenden Berechnungen des
Beklagten und des Verwaltungsgerichts, denen die Kläger ebenfalls nicht widersprochen haben, 45,93 DM für Versicherungen,
10,-- DM für Arbeitsmittel und pauschal 94,-- DM an Fahrtkosten, insgesamt also 149,93 DM abzusetzen. Ferner sind gemäß §
76 Abs. 2a Nr. 1 BSHG, RdNr. 70.30 SHR weitere 233,29 DM abzusetzen (25% des Regelsatzes eines Haushaltsvorstands in Höhe von 515,-- DM = 128,75
DM sowie 15% der Differenz zwischen Arbeitseinkommen der Klägerin von 825,70 und 128,75 = 696,95 x 15 = 104,54, mithin 128,75
+ 104,54 = 233,29 DM).
Weitere Absetzungen sind nicht möglich. Entgegen der Behauptung des Klägers (AS 323) sind in seiner Rente nicht zwei Kinderzuschüsse
enthalten, sondern nur einer, nämlich der für die Klägerin. Der Kinderzuschuß für den Sohn R. des Klägers ist schon am 30.06.1993
weggefallen (AS 356, 343). Nicht nach § 76 BSHG absetzbar sind auch diejenigen Beträge, die der Kläger für den Unterhalt seines Sohnes R. und seiner Tochter J. an seine
geschiedene Ehefrau zahlt, bei der beide Kinder leben. Dafür gibt es keine gesetzliche Grundlage (vgl. BVerwG, Beschluß v.
02.07.1993, ZfF 1996, 86).
Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts ist es im vorliegenden Falle auch nicht möglich, bei der Gegenüberstellung von
Bedarf und einzusetzendem Einkommen die Unterhaltszahlungen des Klägers an diese beiden Kinder einkommensmindernd zu berücksichtigen.
Denn grundsätzlich ist es nicht Aufgabe der Sozialhilfe, dem Hilfebedürftigen Unterhaltsverpflichtungen abzunehmen. Etwas
anderes kann dann angenommen werden, wenn Einkommen zur Erfüllung eines Unterhaltsanspruchs gepfändet worden ist. Denn in
einem solchen Fall steht das errechnete anrechenbare Einkommen tatsächlich zur Bestreitung des notwendigen Lebensunterhalts
nicht zur Verfügung; es fehlt an bereiten Mitteln (vgl. BVerwG, Urt. v. 15.12.1977, BVerwGE 55, 148 = FEVS 26, 99 und Urt. des Senats v. 21.03.1996 - 6 S 1342/93 -). Dieser Fall ist offensichtlich hier aber nicht gegeben. Der Fall des Klägers ist mit dem vom Bundesverwaltungsgericht
entschiedenen auch nicht so weit vergleichbar, daß auch er gleich entschieden werden müßte. Der Unterschied besteht darin,
daß der Kläger die Mittel, nämlich das anrechenbare Einkommen, von Anfang an ungeschmälert in der Hand hatte und vor der Frage
stand, sich in Erfüllung seiner Unterhaltspflicht durch tatsächliche Leistung des Unterhalts hilfebedürftig zu machen, während
in dem vom Bundesverwaltungsgericht entschiedenen Fall das Einkommen von vornherein durch Pfändung nur gemindert zur Verfügung
stand. Ob der Fall, in dem jemand seiner Unterhaltspflicht ohne Zwangsvollstreckungsmaßnahmen nachkommt, etwa durch Lohnabtretung
oder durch nachweislich regelmäßige Unterhaltszahlungen, dennoch gleich zu behandeln wäre, etwa unter dem rechtlichen Gesichtspunkt,
die Leistung von Unterhalt könne nicht mit der Erfüllung einer sonstigen schuldrechtlichen Verbindlichkeit auf eine Stufe
gestellt werden (vgl. dazu BVerwG a.a.O. sowie HessVGH, Urt. v. 24.01.1986, FEVS 35, 447), braucht nicht entschieden zu werden.
Denn Voraussetzung dafür wäre mindestens, daß die Unterhaltungsverpflichtungen des Klägers dem Grunde, jedenfalls aber auch
der Höhe nach eindeutig feststünden. Das ist jedoch nicht der Fall. Ob der Kläger dem Sohn R. gegenüber überhaupt (noch) unterhaltspflichtig
ist, ist ungeklärt. Fest steht lediglich, daß der Kläger in der Vergangenheit den Kinderzuschuß zu seiner Rente in Höhe von
152,90 DM monatlich an R's Mutter überwiesen hat, und zwar, obwohl dieser Zuschuß schon am 30.06.1993 weggefallen war (AS
343, 356), noch im September 1993 (AS 323). Daß im maßgeblichen Zeitraum eine dahingehende Verpflichtung bestanden hätte,
ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Dagegen spricht, daß der Kläger, wie er selbst vorträgt, diese 152,90 DM ab
Juli bis September 1993 "fälschlicherweise" überwiesen hat (AS 342).
Unklar ist auch, ob der Kläger seiner Tochter J. zur Zahlung von monatlich 196,-- DM bzw. 318,-- DM verpflichtet war. Alles
was dazu an Nachweisen vorgelegt worden ist, ist ein Schreiben der Bevollmächtigten der früheren Ehefrau des Klägers vom 25.10.1993,
wonach der Kläger 318,-- DM im Monat schulde, und ein Schreiben des Prozeßbevollmächtigten des Klägers vom 28.08.1995 (AS
358), wonach es zwar einen Titel über diesen Unterhaltsbetrag nicht gebe, dem Kläger seinerzeit aber dennoch geraten worden
sei, den geforderten Betrag zu zahlen. All dies genügt nicht, um in den Zahlungen des Klägers die - einkommensmindernde -
Erfüllung einer bestehenden Unterhaltspflicht zu sehen.
Mithin bleibt es dabei, daß von dem für September 1993 anrechenbaren Einkommen der Kläger in Höhe von 2 635,90 DM lediglich
der Betrag von 383,22 DM (149,93 + 233,29) abgesetzt werden kann. Für September 1993 ergibt sich somit, daß das Einkommen
des Klägers um 492,23 DM über dem Bedarf liegt (2 635,90 ./. 383,22 = 2 252,68 ./. 1 760,45 = 492,23).
Für Oktober bis Dezember 1993 ist von einer Rente des Klägers in Höhe von 1 414,30 DM, 825,70 DM Einkommen der Klägerin und
113,-- DM Wohngeld (vgl. AS 21 der VG-Akte), insgesamt also von 2 353,-- DM auszugehen. Davon sind wiederum 383,22 DM nach
§ 76 BSHG abzusetzen, so daß einem Einkommen von 1 969,78 DM ein Bedarf von 1 781,10 DM gegenübersteht. Das ergibt einen Überschuß
von 188,68 DM. Ab Januar 1994 bleibt das Einkommen der Kläger gleich, erhöht sich aber der abzusetzende Betrag um 1,06 DM
(vgl. AS 360), mithin ergibt sich ein Betrag von 1 968,72 DM, dem ein Bedarf von 1 792,-- DM gegenübersteht. Das ergibt einen
Überschuß von 176,72 DM.
Nach § 21 Abs. 2 Satz 2 BSHG kann an sich das Einkommen dieser sieben Monate (September 1993 bis März 1994) berücksichtigt werden. Durch die ermessensbindende
Regelung der RdNr. 21.31 Satz 1 SHR ist der Beklagte aber, wie im Widerspruchsbescheid zutreffend ausgeführt, bei der Bekleidungshilfe
auf einen Multiplikator von 3, bei der Heizungshilfe auf einen solchen von 4 und bei der Weihnachtsbeihilfe auf den Multiplikator
1 festgelegt. Abweichend davon wurde dann aber im Widerspruchsbescheid tatsächlich für Bekleidung und Heizung nur jeweils
der Multiplikator 2 eingesetzt, was durch RdNr. 21.31 Satz 2 SHR gedeckt wäre, wenn die überschießenden Einkommensteile der
Kläger tatsächlich so hoch gewesen wären, wie im Widerspruchsbescheid angenommen. Da, wie oben ausgeführt, dies aber nicht
der Fall ist, verbleibt es bei den Multiplikatoren 3 und 4, für die Weihnachtsbeihilfe bei 1.
Die Frage, in welcher Art und Weise diese Multiplikatoren anzuwenden sind, nacheinander, also auf acht Monate verteilt, oder
teilweise oder ganz parallel ("überlappend", vgl. RdNr. 21.33 Satz 1 SHR), beantworten die Sozialhilferichtlinien nicht. RdNr.
21.33 trifft den vorliegenden Fall nicht. Sie regelt vielmehr denjenigen Fall, daß mehrere einmalige Leistungen zu verschiedenen
Zeitpunkten beantragt werden (vgl. das Beispiel am Ende von RdNr. 21.33). Ist in einem solchen Fall "das übersteigende Einkommen
des betreffenden Monats und evtl. folgender Monate" auf einen vorangegangenen Bedarf bereits angerechnet worden, so soll "zunächst
versucht werden", die Befriedigung des weiteren Bedarfs "hinauszuschieben", oder, wenn dies nicht möglich ist, sollen die
bereits "verbrauchten" Monate übersprungen und es soll auf die folgenden Monate bis zum sechsten "hinausgegriffen" werden.
Schon die Wortwahl läßt erkennen, daß der Richtliniengeber einige Schwierigkeiten gehabt haben muß, die praktische Handhabung
mit der vorgegebenen Gesetzeslage in Einklang zu bringen: "... soll ... versucht werden ..., hinauszuschieben" klingt sehr
nach einer Verlegenheitslösung auf Kosten des Hilfeempfängers, und das "Hinausgreifen" bis auf den sechsten auf die "augenblicklich
anstehende Hilfeentscheidung" folgenden Monat, also auf insgesamt sieben Monate, steht in offenkundigem Widerspruch zur Multiplikatorenregelung
der RdNr. 21.31, ohne daß dieser Widerspruch aufgelöst wird.
Der Senat braucht diesen Fragen indes nicht abschließend nachzugehen, denn der vorliegende Fall ist im Gegensatz zu dem in
RdNr. 21.33 SHR geregelten dadurch geprägt, daß die Kläger alle drei streitigen Leistungen am selben Tag beantragt haben.
In einem solchen Fall gibt es nichts "hinauszuschieben" und nichts "hinauszugreifen". Vielmehr beantwortet sich die Frage,
welche Überschüsse welcher Monate berücksichtigt werden können, unmittelbar und ausschließlich aus § 21 Abs. 2 Satz 2 BSHG. Danach sind das der Monat, in dem über die Hilfe entschieden worden ist und die sechs Monate danach, hier also September
bis Dezember 1993 und Januar bis März 1994.
Das bedeutet zunächst, daß eine Anwendung der Multiplikatoren September, Oktober, November 1993 auf die Bekleidungshilfe,
Januar bis April 1994 auf die Heizungshilfe und Dezember 1993 auf die Weihnachtsbeihilfe, wie in der Berechnung des Beklagten
vom 13.09.1995 (AS 360) geschehen, schon deshalb nicht möglich ist, weil danach entgegen der Rechtslage acht Monate einbezogen
würden. Abgesehen davon kommt ein "Hinausgreifen" auf die "auf die augenblickliche Hilfeentscheidung" folgenden Monate deshalb
nicht in Betracht, weil der Beklagte über alle drei Anträge am selben Tag entschieden hat.
In einem solchen Fall sind zwar auch die Überschüsse derjenigen Monate, die auf den Monat der Hilfeentscheidung folgen, von
Bedeutung, jedoch nur unter Berücksichtigung der Multiplikatoren der RdNr. 21.31 SHR. Diese können mangels entsprechender
gesetzlicher Regelung allerdings nicht nacheinander, sie müssen vielmehr gleichzeitig angewendet werden. Eine Berechnung wie
in der Aufstellung des Beklagten vom 13.09.1995 vorgenommen, nämlich dahin, daß September bis November 1993 für Bekleidungshilfe
und die folgenden Monate für Heizungsbeihilfe und Weihnachtsbeihilfe berücksichtigt werden, würde gegen § 21 Abs. 2 Satz 2 BSHG verstoßen.
Sind bei der gleichzeitigen Beantragung mehrerer einmaliger Leistungen die Überschüsse der maßgeblichen Monate gleichzeitig
(parallel) zu berücksichtigen, so ergibt sich im vorliegenden Fall ein Multiplikator von höchstens 4, nämlich derjenige für
die Heizungshilfe. Maßgebend sind daher ausschließlich die Monate September bis Dezember 1993.
Die praktische Anwendung ergibt: Die Bekleidungshilfe - sie beträgt 660,-- DM - ist mit den Überschüssen September und Oktober
(492,23 + 188,68) in Höhe von 680,91 DM abgegolten; es bleibt ein Rest von 20,91 DM, der auf die Heizungshilfe zu verrechnen
ist. Für diese - sie beträgt 600,-- DM - ergibt sich somit ein anrechenbarer Betrag von (20,91 Rest Oktober + 188,68 Überschuß
November + 188,68 Überschuß Dezember 1993) 398,27 DM. Die Kläger haben deshalb noch einen Anspruch auf Zahlung von 201,73
DM. Der gleiche Betrag ergibt sich, wenn man mit der Heizungshilfe anfängt: Überschüsse September und Oktober 1993 = 680,91
DM, Rest 80,91 + Überschüsse November und Dezember 1993 = 458,27. Die Differenz zur Bekleidungshilfe in Höhe von 660,-- DM
beträgt ebenfalls 201,73 DM.
Für die Weihnachtsbeihilfe gilt: Auf sie sind die Überschüsse der Monate November oder Dezember anzurechnen; sind diese bereits
angerechnet, so wird Weihnachtsbeihilfe voll gewährt (RdNr. 21.33 am Ende SHR). RdNrn. 21.22 und 76.37 bleiben aber unberührt.
Nach RdNr. 76.37 Satz 2 SHR ist auf die Weihnachtsbeihilfe die Weihnachtszuwendung an die Klägerin in Höhe von 136,67 DM voll
anzurechnen (vgl. jetzt RdNr. 76.44 SHR n. F.), so daß die Kläger nur noch 43,33 DM beanspruchen können.
Insgesamt haben die Kläger gegen den Beklagten also einen Anspruch in der Gesamthöhe von (201,73 + 43,33) 245,06 DM.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§
155 Abs.
1 Satz 1,
188 Satz 2, 159
VwGO, 100
ZPO.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil keine der Voraussetzungen des §
132 Abs.
2 VwGO gegeben ist.