Sozialversicherungsbeitragspflicht für eine Tätigkeit als Hörfunk-Moderator und Redakteur
Grundsatzrüge im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren
Formgerechte Darlegung einer grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtssache
Bezeichnung einer abstrakten und aus sich heraus verständlichen Rechtsfrage
Gründe:
I
In dem der Nichtzulassungsbeschwerde zugrunde liegenden Rechtsstreit streiten die Beteiligten darüber, ob der Beigeladene
in seiner Tätigkeit als Moderator und Redakteur für den klagenden Hörfunksender in der Zeit vom 1.4.2002 bis 30.11.2013 aufgrund
Beschäftigung der Versicherungspflicht in allen Zweigen der Sozialversicherung unterlag.
Nachdem der Beigeladene für die Klägerin zunächst als Techniker tätig war, war er seit Juni 1997 als Moderator und Redakteur
tätig. Beide trafen hinsichtlich der Tätigkeit vertragliche Vereinbarungen, zuletzt in einem "Vertrag für freie Mitarbeiter"
vom 26.3.2002. Im Rahmen eines vom Beigeladenen initiierten Statusfeststellungsverfahrens stellte die beklagte Deutsche Rentenversicherung
Bund fest, dass er aufgrund Beschäftigung der Versicherungspflicht unterlag (Bescheid vom 1.10.2014). Den Widerspruch der
Klägerin wies die Beklagte zurück (Widerspruchsbescheid vom 2.2.2015). Das SG hat der Klage der Klägerin stattgegeben und die Bescheide der Beklagten aufgehoben (Urteil vom 4.3.2016). Das LSG hat die
Berufung der Beklagten zurückgewiesen (Urteil vom 18.5.2018). Mit seiner Beschwerde wendet sich der Beigeladene gegen die
Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG.
II
Die Beschwerde des Beigeladenen gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 18.5.2018 ist
gemäß §
160a Abs
4 S 1 Halbs 2
SGG in entsprechender Anwendung von §
169 S 2 und 3
SGG als unzulässig zu verwerfen. Der Beigeladene hat in der Begründung des Rechtsmittels entgegen §
160a Abs
2 S 3
SGG keinen Zulassungsgrund hinreichend dargelegt oder bezeichnet.
Das BSG darf gemäß §
160 Abs
2 SGG die Revision gegen eine Entscheidung des LSG nur dann zulassen, wenn
- die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr 1) oder
- das angefochtene Urteil von der höchstrichterlichen Rechtsprechung abweicht (Nr 2) oder
- bestimmte Verfahrensmängel geltend gemacht werden (Nr 3).
Die Behauptung, das Berufungsurteil sei inhaltlich unrichtig, kann demgegenüber nicht zur Zulassung der Revision führen (vgl
BSG Beschluss vom 26.1.2005 - B 12 KR 62/04 B - SozR 4-1500 § 160a Nr 6 RdNr 18 = Juris RdNr 9).
Der Beigeladene beruft sich in der Beschwerdebegründung vom 23.7.2018 auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung
der Rechtssache (§
160 Abs
2 Nr
1 SGG) und macht das Vorliegen von Verfahrensmängeln (§
160 Abs
2 Nr
3 SGG) geltend.
1. Bei Geltendmachung des Zulassungsgrundes der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache muss die Beschwerdebegründung ausführen,
welche Rechtsfrage sich ernsthaft stellt, deren Klärung über den zu entscheidenden Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit
oder Rechtsfortbildung im allgemeinen Interesse erforderlich (Klärungsbedürftigkeit) und durch das Revisionsgericht zu erwarten
(Klärungsfähigkeit) ist (stRspr, vgl nur BSG Beschluss vom 17.4.2012 - B 13 R 347/11 B - SozR 4-2600 § 72 Nr 5 RdNr 17 mwN). Die Beschwerdebegründung hat deshalb auszuführen, inwiefern die Rechtsfrage nach
dem Stand von Rechtsprechung und Lehre nicht ohne Weiteres zu beantworten ist, und den Schritt darzustellen, den das Revisionsgericht
zur Klärung der Rechtsfrage im allgemeinen Interesse vornehmen soll (vgl BSG Beschluss vom 25.10.1978 - 8/3 BK 28/77 - SozR 1500 § 160a Nr 31 S 48). Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung nicht.
Der Beigeladene macht geltend, das LSG habe zu Unrecht der Tatsache, dass er sich zu einer bestimmten Zeit im Sender habe
befinden müssen, keinen Indiz-Charakter beigemessen. Hierfür habe es keine technischen Gründe gegeben, weil er die Sendungen
vollständig und problemlos vollständig von seinem Zuhause aus habe erstellen können. Für diese Tatsache sei die Einholung
eines Sachverständigengutachtens angeboten worden. "Diese Rechtsfrage" könne vom Revisionsgericht "durch Auslegung des §
25 Abs
1 S 1
SGB III" unter Beachtung der allgemein anerkannten Auslegungskriterien beantwortet werden. Die heute technischen Möglichkeiten habe
das BSG "damals selbstverständlich" noch nicht berücksichtigen können, sodass heute die Festlegung auf Zeit und Ort der Arbeitsausführung
sich nicht mehr aus technischen Gegebenheiten erkläre und damit keine Indizwirkung haben könne. Zudem habe das LSG darauf
abgestellt, dass eine ständige Dienstbereitschaft oder die Heranziehung in nicht unerheblichem Umfang ohne Abschluss entsprechender
Vereinbarungen für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis spreche. Das Merkmal der ständigen Dienstbereitschaft gehe jedoch
an den tatsächlichen Lebenssachverhalten komplett vorbei, da sich die Radiosender einer klaren Disposition durch die Erstellung
von Dienstplänen bedienen würden.
a) Die Beschwerdebegründung erfüllt die Darlegungsvoraussetzungen für eine Grundsatzrüge (vgl hierzu exemplarisch BSG Beschluss vom 25.9.2002 - B 7 AL 142/02 B - SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 70 mwN) schon deshalb nicht, weil der Beigeladene keine abstrakt-generelle Rechtsfrage zur Auslegung,
zum Anwendungsbereich oder zur Vereinbarkeit einer konkreten revisiblen Norm des Bundesrechts (§
162 SGG) mit höherrangigem Recht (BSG Beschluss vom 23.12.2015 - B 12 KR 51/15 B - Juris RdNr 11 mwN) formuliert hat. Die Bezeichnung einer abstrakten, aus sich heraus verständlichen Rechtsfrage ist jedoch
unverzichtbar, damit das Beschwerdegericht an ihr die weiteren Voraussetzungen der Grundsatzrüge prüfen kann (BSG Beschluss vom 10.9.2014 - B 10 ÜG 3/14 B - Juris RdNr 11 mwN).
b) Unabhängig hiervon legt der Beigeladene weder die Klärungsbedürftigkeit noch die Klärungsfähigkeit der von ihm (sinngemäß)
in den Raum gestellten Fragen dar. Insbesondere befasst er sich trotz entsprechender Hinweise im angefochtenen Urteil des
LSG nicht mit der umfangreichen Rechtsprechung des BSG zur Abgrenzung von selbstständiger Tätigkeit und (abhängiger) Beschäftigung. Er behauptet insoweit lediglich, dass eine von
ihm nicht näher präzisierte Entscheidung des BSG lediglich zum damaligen Stand der Technik ergangen sei. Darüber hinaus fehlen Ausführungen zu dem nach der Rechtsprechung
des BSG zu bewertenden Gesamtbild der Tätigkeit. Schließlich macht der Beigeladene im Kern seines Vorbringens lediglich eine seiner
Meinung nach bestehende Unrichtigkeit des angefochtenen Urteils geltend. Hierauf kann aber eine Nichtzulassungsbeschwerde
nicht gestützt werden.
2. Auch einen Verfahrensmangel iS des §
160 Abs
2 Nr
3 SGG hat der Beigeladene nicht in einer den Zulässigkeitsanforderungen entsprechenden Weise bezeichnet (zu den Anforderungen an
die Bezeichnung eines solchen Verfahrensmangels s exemplarisch BSG Beschluss vom 12.12.2003 - B 13 RJ 179/03 B - SozR 4-1500 § 160a Nr 3 RdNr 4; BSG Beschluss vom 19.11.2007 - B 5a/5 R 382/06 B - SozR 4-1500 § 160a Nr 21 RdNr 4 - jeweils mwN; Krasney/Udsching/Groth, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 7.
Aufl 2016, Kap IX, RdNr 202 ff). Ein entscheidungserheblicher Mangel des Berufungsverfahrens wird nur dann substantiiert bezeichnet,
wenn der Beschwerdeführer diesen hinsichtlich aller ihn (vermeintlich) begründenden Tatsachen darlegt, sodass das Beschwerdegericht
allein anhand dieser Begründung darüber befinden kann, ob die angegriffene Entscheidung des LSG möglicherweise auf dem geltend
gemachten Verfahrensmangel beruht. Diesen Anforderungen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht.
a) Der Beigeladene behauptet, das LSG sei seinen Beweisanträgen nicht nachgegangen. Damit rügt er sinngemäß einen Verstoß
gegen §
103 SGG und macht in diesem Zusammenhang auch einen Verstoß gegen den Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs geltend.
Einen entscheidungserheblichen Verfahrensmangel bezeichnet der Beigeladene damit jedoch nicht.
Auf eine Verletzung des §
103 SGG (Amtsermittlungsprinzip) kann ein Verfahrensmangel gemäß §
160 Abs
2 Nr
3 Halbs 2
SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt
ist. Mit der Beschwerdebegründung wurde schon nicht aufgezeigt, dass der Beigeladene im Verfahren vor dem LSG einen prozessordnungsgemäßen
Beweisantrag gestellt hat (stRspr, vgl BSG Beschluss vom 29.3.2007 - B 9a VJ 5/06 B - SozR 4-1500 § 160 Nr 13 RdNr 11 mwN; BSG Beschluss vom 5.2.2015 - B 13 R 372/14 B - Juris RdNr 10 mwN). Der Beigeladene führt lediglich aus, die Zeugin G. sei im Schriftsatz vom 6.9.2016 als Zeugin für
die Tatsache benannt worden, dass der Beigeladene zum Abschluss des freien Mitarbeitervertrages und zur Beendigung des Arbeitsvertrages
gezwungen wurde, da er dies entweder so akzeptieren würde oder "raus sei". Inwieweit es sich dabei überhaupt um einen prozessordnungsgemäßen
Beweisantrag handelt und darüber hinaus, inwieweit das vermeintlich unter Beweis gestellte Vorbringen im Hinblick auf die
entscheidende Frage des Vorliegens einer (abhängigen) Beschäftigung Relevanz entfaltet, kann der Beschwerdebegründung nicht
entnommen werden. Schließlich fehlen auch Ausführungen dazu, inwieweit der Beigeladene seinen vermeintlichen Beweisantrag
bis zur Entscheidung des LSG - vorliegend ohne mündliche Verhandlung - aufrechterhalten hat. Entsprechende Ausführungen, etwa
zur Aufrechterhaltung in der letztmaligen Einverständniserklärung nach §
124 Abs
2 SGG im Schriftsatz vom 26.1.2018 (vgl hierzu Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt,
SGG, 12. Aufl 2017, §
160 RdNr 18c mwN) sind der Beschwerdebegründung nicht zu entnehmen. Gleiches gilt für den in diesem Zusammenhang vom Beigeladenen
behaupteten Verstoß gegen den Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs.
b) Soweit der Beigeladene auf Seite 3 f der Beschwerdebegründung eine seiner Meinung nach bestehende Unrichtigkeit der angefochtenen
Entscheidung wegen einer ihn nicht überzeugenden Argumentation behauptet, zeigt er keinen Verfahrensmangel in einer den Zulässigkeitsanforderungen
entsprechenden Weise auf.
c) Auch einen Verstoß gegen §
124 Abs
2 SGG bezeichnet der Beigeladene nicht in zulässigkeitsbegründender Weise. Insoweit macht er zweierlei geltend: Die Berichterstatterin
des LSGSenats habe in einem Erörterungstermin erklärt, "sie" gehe von (abhängiger) Beschäftigung aus. Zusätzlich seien Honorarrechnungen
angefordert und der Entscheidung zugrunde gelegt worden. Hätte er von der "Änderung im Vorsitz" und von der "Änderung in der
Rechtsansicht" gewusst, hätte er niemals seine Einverständniserklärung nach §
124 Abs
2 SGG im Schriftsatz vom 26.1.2018 abgegeben.
Hierdurch bezeichnet der Beigeladene keinen entscheidungserheblichen Verfahrensmangel. Er legt bereits nicht dar, inwieweit
überhaupt eine im Rahmen eines allein von der Berichterstatterin des LSG-Senats durchgeführten Erörterungstermins (möglicherweise,
vgl Niederschrift vom 23.11.2016) geäußerte Rechtsansicht der Berichterstatterin überhaupt geeignet sein kann, bei einem Beteiligten
die sichere bzw schützenswerte Erwartung auszulösen, der aus fünf Richterinnen und Richtern bestehende Spruchkörper werde
genauso entscheiden. Dies gilt umso mehr, als nach dem Erörterungstermin weitere Unterlagen in Form von Honorarabrechnungen
angefordert wurden. Schließlich befasst sich der Beigeladene nicht damit, dass er nach Durchführung des Erörterungstermins
und nach Anforderung der Honorarabrechnungen ausdrücklich im Schriftsatz vom 26.1.2018 vorbehaltlos sein weiter bestehendes
Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt hat.
3. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab, weil sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung
beizutragen (§
160a Abs
4 S 2 Halbs 2
SGG).
4. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von §
193 SGG.