Versicherungspflicht einer Tagesmutter in der gesetzlichen Rentenversicherung als selbstständig tätige Erzieherin
Gründe:
I
Die Beteiligten streiten darüber, ob die inzwischen verstorbene Ehefrau bzw Mutter der Kläger als Tagesmutter in der gesetzlichen
Rentenversicherung versicherungspflichtig war.
Die im Januar 2009 verstorbene Ehefrau bzw Mutter der Kläger (im Folgenden: Betroffene) war in der Zeit vom 1.10.2001 bis
31.3.2003 als Tagesmutter regelmäßig mehr als 15 Wochenstunden selbstständig tätig. Sie betreute in dieser Zeit ganztags drei
Kinder unter drei Jahren. Für diese Tagespflege erhielt sie nach dem insoweit maßgebenden Recht des Landes Mecklenburg-Vorpommern
Zahlungen in Höhe von insgesamt 403 Euro je Kind monatlich. Die Zahlungen erfolgten zu 70 vH (282 Euro je Kind monatlich)
aus öffentlichen Mitteln (durch das Land zu 30 vH, durch die Wohnsitzgemeinde zu 30 vH und durch den örtlichen Träger der
öffentlichen Jugendhilfe zu 10 vH) sowie zu 30 vH (121 Euro je Kind monatlich) als "Elternbeitrag" von den Eltern auf der
Grundlage eines privatrechtlichen Betreuungsvertrags. Die Einkommensteuerbescheide wiesen für die Betroffene in den Veranlagungszeiträumen
2002 und 2003 positive Einkünfte aus freiberuflicher (selbstständiger) Tätigkeit in Höhe von 2607 Euro bzw 1655 Euro aus,
in den Veranlagungszeiträumen 2004 und 2005 1755 Euro bzw 1796 Euro.
Mit Bescheid vom 8.11.2002 stellte der beklagte Rentenversicherungsträger (Deutsche Rentenversicherung Bund) fest, dass die
Betroffene als Tagesmutter ab 1.10.2001 nach §
2 Satz 1
SGB VI in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherungspflichtig ist. Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies die Beklagte
mit Widerspruchsbescheid vom 17.6.2003 zurück. Eine erwerbsmäßig ausgeübte, die Rentenversicherungspflicht begründende Tätigkeit
als Tagesmutter liege - in Anlehnung an die einkommensteuerrechtliche Behandlung - nur dann nicht vor, wenn ausschließlich
steuerfrei gestellte Zuwendungen aus öffentlichen Mitteln bezogen würden. Werde eine Vergütung ausschließlich oder - wie hier
die Elternbeiträge - auch auf privatrechtlicher Grundlage gezahlt, sei im Hinblick auf die Steuerpflichtigkeit der Vergütung
Erwerbsmäßigkeit der Tätigkeit anzunehmen und damit auch Rentenversicherungspflicht.
Das SG hat die hiergegen erhobene Klage abgewiesen. Während des Berufungsverfahrens hat die Beklagte die Betroffene für die Zeit
vom 1.4.2003 an von der Rentenversicherungspflicht befreit (Bescheid vom 28.12.2006) und hat die Betroffene daraufhin ihre
Klage auf die Zeit vom 1.10.2001 bis 31.3.2003 beschränkt. Auf die - insoweit weiterverfolgte - Berufung hat das LSG das erstinstanzliche
Urteil und die angefochtenen Bescheide aufgehoben. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Als Tagesmutter sei die
Betroffene selbstständig tätige Erzieherin und damit grundsätzlich nach §
2 Satz 1 Nr 1
SGB VI rentenversicherungspflichtig gewesen, weil sie ihre Tätigkeit im streitigen Zeitraum auch in mehr als geringfügigem Umfang
ausgeübt habe. Eine solchermaßen anzunehmende Versicherungspflicht bestehe jedoch nicht, wenn die selbstständige Tätigkeit
nicht erwerbsmäßig betrieben werde. Dies sei im Hinblick auf das Urteil des BSG vom 22.6.2005 (B 12 R 12/04 R - SozR 4-2600 §
2 Nr 2) anzunehmen, wenn ein ausschließlicher oder überwiegender Bezug von gemäß §
3 Nr 11
Einkommensteuergesetz (
EStG) steuerfreien Leistungen aus öffentlichen Mitteln oder ein (bloßer) Aufwendungs- und Kostenersatz vorliege, weil dann die
erforderliche Gewinnerzielungsabsicht entfalle. So liege der Fall hier. Auch wenn die Tätigkeit aus Sicht der Tagesmutter
mit Gewinnerzielungsabsicht verfolgt worden sei, sei aus "landesrechtlicher normativer" Sicht hier zumindest ein überwiegender
Bezug steuerfreier Leistungen öffentlich-rechtlicher Leistungsträger zu bejahen, der als bloßer Aufwendungsersatz eine Gewinnerzielungsabsicht
entfallen lasse.
Die Beklagte rügt mit ihrer Revision sinngemäß eine Verletzung von §
2 Satz 1 Nr 1
SGB VI. Das für eine in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherungspflichtige selbstständige Tätigkeit erforderliche Merkmal
der Erwerbsmäßigkeit bzw Gewinnerzielungsabsicht liege vor. Entscheidend dafür sei allein, ob eine Tagesmutter überhaupt Einkünfte
erziele, die der Besteuerung unterlägen. Es komme nicht darauf an, ob neben steuerpflichtigen auch steuerfreie Zahlungen erfolgten.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 23. April 2008 aufzuheben und die Berufung der Klägerin gegen
das Urteil des Sozialgerichts Neubrandenburg vom 24. November 2006 zurückzuweisen.
Die Kläger beantragen schriftsätzlich,
die Revision der Beklagten zurückzuweisen.
Sie halten das angefochtene Urteil für zutreffend. Die Tätigkeit als Tagesmutter sei von der Betroffenen ohne Gewinnerzielungsabsicht
ausgeübt worden. Es seien ausschließlich öffentlichrechtlich vermittelte Aufträge zur Kinderbetreuung ausgeführt und hierfür
überwiegend aus öffentlichen Mitteln Aufwandsentschädigungen gezahlt worden. Die im geringeren Umfang erfolgten privatrechtlichen
Zahlungen durch die Personensorgeberechtigten stellten ebenfalls lediglich Aufwandsentschädigungen dar.
II
Die zulässige Revision der Beklagten (Deutsche Rentenversicherung Bund) ist begründet. Zu Unrecht hat das LSG der Berufung
der verstorbenen Ehefrau bzw Mutter der Kläger (im Folgenden: Betroffene) stattgegeben und das die Klage abweisende Urteil
erster Instanz aufgehoben. Das Berufungsurteil war daher aufzuheben, die von der Betroffenen als früherer Klägerin eingelegte
Berufung zurückzuweisen. Zutreffend hat die Beklagte in ihrem Bescheid vom 8.11.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 17.6.2003 festgestellt, dass die Betroffene in ihrer Tätigkeit als Tagesmutter vom 1.10.2001 bis 31.3.2003 nach §
2 Satz 1
SGB VI der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung unterlag.
1. Im Revisionsverfahren zu überprüfen ist nur noch der Zeitraum vom 1.10.2001 bis 31.3.2003, nachdem die Beklagte die Betroffene
während des Berufungsverfahrens in ihrer Tätigkeit als Tagesmutter ab 1.4.2003 nach §
229 Abs
6 SGB VI von der Rentenversicherungspflicht befreit (Bescheid vom 28.12.2006) und die Betroffene ihre zulässigerweise erhobene Anfechtungsklage
gegen die Bescheide der Beklagten daraufhin nur noch bezogen auf den erstgenannten Zeitraum weiterverfolgt hat.
2. Die Betroffene war in ihrer Tätigkeit als Tagesmutter als "Erzieherin" nach §
2 Satz 1 Nr 1
SGB VI rentenversicherungspflichtig und nicht (auch) - wie es in den angefochtenen Bescheiden heißt - als in der Kinderpflege tätige
Pflegeperson nach §
2 Satz 1 Nr 2
SGB VI (vgl zu dieser Unterscheidung im Einzelnen BSG Urteil vom 22.6.2005 - B 12 RA 12/04 R, SozR 42600 § 2 Nr 2 RdNr 7 f, 12, mwN). Sie war ausgehend von den hierzu im angegriffenen Urteil des LSG getroffenen Feststellungen,
an die der Senat gebunden ist (§
163 SGG), selbstständig tätig (vgl zur selbstständigen Ausübung einer Tätigkeit als sog Tagesmutter etwa BSG SozR 3-4100 § 101 Nr
10 S 37, zur - alternativ - ebenso bestehenden Möglichkeit der Ausübung im Rahmen einer abhängigen Beschäftigung vgl andererseits
BSG SozR 3-2200 § 539 Nr 40 S 157 f) und beschäftigte im Zusammenhang hiermit keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer.
Die Betroffene war in der Zeit vom 1.10.2001 bis 31.3.2003 nicht etwa nach §
5 Abs
2 Satz 1 Nr
2 SGB VI in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherungsfrei, weil sie eine geringfügige selbstständige Tätigkeit (§
8 Abs
3 SGB IV) ausübte. Nach den im streitigen Zeitraum (noch) geltenden Fassungen des §
8 SGB IV war für die Annahme einer geringfügigen selbstständigen Tätigkeit nach dessen Abs 1 Nr 1 neben der Geringfügigkeit des Entgelts
nämlich erforderlich, dass diese Tätigkeit regelmäßig weniger als 15 Stunden in der Woche ausgeübt wurde (vgl erst die Änderung
des §
8 Abs
1 Nr
1 SGB IV durch Gesetz vom 23.12.2002 mWv 1.4.2003, BGBl I 4621). Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts war diese - seinerzeit
kumulativ zu erfüllende - zeitliche Voraussetzung nicht gegeben, sodass es hier auf die Höhe des aus der selbstständigen Tätigkeit
als Tagesmutter erzielten Arbeitseinkommens für die Beurteilung der Geringfügigkeit nicht (mehr) ankommt.
Entgegen der vom LSG vertretenen Auffassung steht der Annahme einer selbstständigen Tätigkeit der Betroffenen als einer der
Voraussetzungen ihrer Rentenversicherungspflicht nicht entgegen, dass sie im streitigen Zeitraum aus ihrer Tätigkeit als Tagesmutter
im Umfang von 70 vH - und damit überwiegend - von der Finanzverwaltung als steuerfrei angesehene Einnahmen aus öffentlichen
Mitteln nach dem Recht des Landes Mecklenburg-Vorpommern erhielt. Der Senat folgt dem Berufungsgericht nicht, soweit es unter
Hinweis auf eine Formulierung im Urteil des Senats vom 22.6.2005 (SozR 4-2600 § 2 Nr 2 RdNr 8) die Meinung vertritt, die Betroffene
habe ihre (gesamte) Tätigkeit mit Blick auf diese Fallgestaltung deshalb ohne Gewinnerzielungsabsicht ausgeübt. Der Senat
hält es zunächst durchaus für überprüfungswürdig, ob es in diesem Zusammenhang für die Annahme der Rentenversicherungspflicht
Selbstständiger - im Hinblick auf die Voraussetzung "selbstständige Tätigkeit" - überhaupt auf das Vorliegen eines ungeschriebenen
(Tatbestands)Merkmals der "Gewinnerzielungsabsicht" ankommen kann (dazu a). Jedoch braucht er sich in diesem Punkt nicht abschließend
festzulegen, weil eine solche Gewinnerzielungsabsicht der Betroffenen - wenn man sie weiter fordern will - auf der Grundlage
der Feststellungen des LSG hier jedenfalls zu bejahen ist (dazu b).
a) Der Senat hat allerdings in der Vergangenheit, im Zusammenhang mit der Beitragsbemessung bei hauptberuflich selbstständig
Erwerbstätigen in der freiwilligen Krankenversicherung (Urteil vom 26.9.1996 - 12 RK 46/95, BSGE 79, 133 = SozR 3-2500 § 240 Nr 27), mit der Antragspflichtversicherung selbstständig Erwerbstätiger in der gesetzlichen Rentenversicherung
(Urteil vom 25.2.1997 - 12 RK 33/96, SozR 3-2200 § 1227 Nr 8), mit der Rentenversicherungspflicht selbstständig Tätiger (SozR 4-2600 § 2 Nr 2) und mit dem Ausschluss
hauptberuflich selbstständig Erwerbstätiger von der Familienversicherung (Urteil vom 4.6.2009 - B 12 KR 3/08 R, SozR 4-2500 § 10 Nr 9) für die Annahme selbstständiger (Erwerbs)Tätigkeit stets als unerlässlich angesehen, dass die Tätigkeit
(auch) auf die Erzielung positiver Einkünfte gerichtet war. Er hat dies zum Teil - bezogen auf die jeweilige gesetzliche Regelung
- mit der Entstehungsgeschichte, dem Zweck und dem Wortlaut dieser Regelung begründet (vgl zB SozR 3-2200 § 1227 Nr 8 S 10).
Zur Erläuterung hat der Senat ausgeführt, dass es nicht zum Begriff der selbstständigen (Erwerbs)Tätigkeit gehöre, dass Einkünfte,
dh Arbeitseinkommen iS von §
15 SGB IV, tatsächlich erzielt werden. Die Tätigkeit müsse lediglich (subjektiv) darauf gerichtet sein, positive Einkünfte zu erzielen;
das sei etwa ausgeschlossen, wenn sie der Liebhaberei diene (SozR 3-2200 § 1227 Nr 8 S 10 f).
Gegen das Erfordernis einer Gewinnerzielungsabsicht als Voraussetzung einer die Rentenversicherungspflicht begründenden selbstständigen
Tätigkeit könnte vor allem sprechen, dass das Gesetz mit den auch für selbstständig Tätige geltenden Regelungen über die Versicherungsfreiheit
in der gesetzlichen Rentenversicherung wegen (Entgelt)Geringfügigkeit (§
5 Abs
2 Satz 1 Nr
2 SGB VI iVm §
8 Abs
1 Nr
1, Abs
3 SGB IV) schon ein sozialversicherungsrechtliches Instrument und Korrektiv bereithält, um für die Zuordnung zum Kreis der Rentenversicherungspflichtigen
relevante von irrelevanten selbstständigen Tätigkeiten zu unterscheiden. Dem - einer genaueren Betrachtung bedürfenden - Regelungskontext
des §
2 Satz 1
SGB VI könnte möglicherweise zu entnehmen sein, dass es für die Annahme von Rentenversicherungspflicht ohne Rücksicht auf subjektive
Vorstellungen allein auf die Erfüllung des objektiven Tatbestandes selbstständiger Tätigkeit ankommen soll, dies mit der Folge,
dass dann alle selbstständig Tätigen iS von §
2 Satz 1
SGB VI - unter den weiteren, für die einzelnen Personengruppen in Nr 1 bis 10 der Vorschrift geregelten Voraussetzungen - der Rentenversicherungspflicht
unterliegen; die Frage, ob mit dieser Tätigkeit des Betroffenen Arbeitseinkommen erzielt werden "soll", hätte dann grundsätzlich
keine eigenständige Bedeutung mehr und die Frage, ob (tatsächlich) Arbeitseinkommen erzielt worden ist, nur insoweit, als
wegen dessen Höhe Versicherungsfreiheit wegen (Entgelt)Geringfügigkeit nach §
5 Abs
2 Satz 1 Nr
2 SGB VI bestehen kann.
b) Einer abschließenden Festlegung des Senats zu der geschilderten Problematik bedarf es vorliegend indessen nicht, weil den
Feststellungen des LSG jedenfalls zu entnehmen ist, dass die Tätigkeit der Betroffenen als Tagesmutter in der Zeit vom 1.10.2001
bis 31.3.2003 auf die Erzielung positiver Einkünfte gerichtet war. Denn eine - ggf weiterhin erforderliche - Gewinnerzielungsabsicht
kann bereits daraus hergeleitet werden, dass die Betroffene Einkommen aus selbstständiger Tätigkeit erzielen wollte, von dem
jedenfalls Teile - nämlich die von den Eltern bzw Personensorgeberechtigten der betreuten Kinder an sie geleisteten Zahlungen
- einkommensteuerpflichtig waren (dazu aa). Dass und in welchem Verhältnis aus dieser Tätigkeit neben steuerpflichtigen Einkünften
auch solche erzielt werden sollten, die steuerfrei waren oder einen (bloßen) Aufwendungs- und Kostenersatz darstellten, ist
für die Annahme der Gewinnerzielungsabsicht ohne Bedeutung (dazu bb).
aa) Die von den Eltern auf der Grundlage des privatrechtlichen Betreuungsvertrags an die Betroffene geleisteten Zahlungen
("Elternbeiträge") waren nach §
18 Abs
1 Nr
3 EStG als Einkünfte aus sonstiger selbstständiger Arbeit einkommensteuerpflichtig. Sie waren nicht nach §
3 Nr 11
EStG (oder §
3 Nr 26
EStG) steuerfrei. Wie sich aus dem vom LSG herangezogenen und angewandten einschlägigen Landesrecht ebenfalls ergibt, stellten
die Zahlungen auch keinen (bloßen) Aufwendungs- und Kostenersatz dar.
Nach § 10 Abs 5 und Abs 9 des Zweiten Gesetzes zur Änderung des Ersten Ausführungsgesetzes zum Kinder- und Jugendhilfegesetz (KitaG) des Landes Mecklenburg-Vorpommern vom 11.12.1995 (GVOBl M-V 1995, 603) hatten sich die Personensorgeberechtigten
an der Erstattung der Tagespflegekosten zu beteiligen und durfte die Höhe dieser Beteiligung 30 vH der der Tagesmutter zur
erstattenden Tagespflegekosten nicht übersteigen. Nach § 4 Abs 1 der im maßgebenden Zeitraum geltenden, aufgrund des § 10
Abs 4 Satz 3 und des § 16 Abs 1 des Zweiten Gesetzes zur Änderung des KitaG erlassenen Betriebskostenlandesverordnungen vom
20.11.2000 (GVOBl M-V 2000, 546), 26.3.2002 (GVOBl M-V 2002, 148) und 29.1.2003 (GVOBl M-V 2003, 104) hatten sich die Personensorgeberechtigten
für Kinder bis zum Schuleintritt an den Tagespflegekosten mit höchstens 231,90 DM bzw 121 Euro bzw 123,80 Euro monatlich zu
beteiligen. Nach den Feststellungen des LSG stellten sich die von den Eltern der betreuten Kinder auf privatrechtlicher Grundlage
als "Elternbeitrag" geleisteten Zahlungen in Höhe von 121 Euro je Kind monatlich als Beteiligung der Personensorgeberechtigten
an der Tagespflegekostenerstattung im Sinne dieser Vorschriften dar, die der Senat - als Landesrecht und damit im Sinne von
§
162 SGG nicht revisibel - sowohl in der Feststellung des genannten Inhalts als auch in ihrer Auslegung durch das Berufungsgericht
seiner Entscheidung zu Grunde zu legen hat.
Private Zahlungen für die Betreuung, Versorgung und Erziehung eines Kindes in einer fremden Familie wurden in den Jahren 2001
bis 2003, um die es hier geht, nach einer Verwaltungsanweisung des Bundesministers der Finanzen (BMF) vom 20.1.1984 (IV B
4-S 2248-2/84, BStBl I 1984, 134) als solche aus einer sonstigen selbstständigen Tätigkeit iS des §
18 Abs
1 Nr
3 EStG und damit als einkommensteuerpflichtig angesehen. Die in der Anweisung vom 20.1.1984 vertretene Auffassung des BMF, dass
die - für das aus öffentlichen Mitteln gezahlte Pflegegeld im engeren Sinne und das Erziehungsgeld geltende (vgl die Verwaltungsanweisung
des BMF vom 16.11.1982 [IV B 4-S 2121-85/82, BStBl I 1984, 133]; später Verwaltungsanweisung des BMF vom 7.2.1990 [IV B 1-S
2121-5/90, BStBl I 1990, 109]) - Steuerbefreiung nach §
3 Nr 11
EStG auf Zahlungen aus privaten Mitteln nicht entsprechend anzuwenden war, wurde weder in der Rechtsprechung der Finanzgerichte
(vgl etwa BFHE 161, 361 = BStBl II 1990, 1018) noch in der steuerrechtlichen Literatur (vgl zB Wacker in Schmidt,
EStG, 21. Aufl 2002, §
18 RdNr 155 - Tagesmutter -; Lambrecht in Kirchhof,
EStG, 2. Aufl 2002, §
18 RdNr 151,
25) in Zweifel gezogen. Nach einem Schreiben der für die Betroffene örtlich zuständigen Oberfinanzdirektion Rostock vom 10.4.2002,
dessen Inhalt das LSG in seinem Urteil festgestellt hat und das auf den Erlass des Finanzministeriums des Landes Mecklenburg-Vorpommern
vom 6.3.1992 (IV 310-S 2248-1/91) verweist, betrachtete auch die Finanzverwaltung des Landes Mecklenburg-Vorpommern die von
privater Seite gezahlten "Elternbeiträge" als nach §
18 Abs
1 Nr
3 EStG steuerpflichtig.
Die von den Eltern geleisteten Zahlungen stellten auch keinen (bloßen) Aufwendungs- und Kostenersatz dar. Das ist auf der
Grundlage der Feststellungen des LSG zum einschlägigen Landesrecht aus § 10 Abs 4 Satz 3 des bereits erwähnten Zweiten Gesetzes
zur Änderung des KitaG vom 11.12.1995 des Landes Mecklenburg-Vorpommern und aus § 1 Abs 5 der maßgebenden Betriebskostenlandesverordnungen
zu entnehmen. Danach setzten sich die Tagespflegekosten aus den Kosten für angemessene Sachaufwendungen (Sachkosten) und den
Kosten der Erziehung zusammen und teilten sich die Kosten für angemessene Aufwendungen und diejenigen für Erziehung im Verhältnis
30 vH zu 70 vH auf (vgl im Übrigen - zu dem [anteiligen] Abzug einer Betriebsausgabenpauschale bei von privater Seite vorgenommenen
Zahlungen - die Verwaltungsanweisung des BMF vom 1.8.1988 [IV B 4-S 2248-10/88, BStBl I 1988, 329]).
bb) War die Tätigkeit der Betroffenen als Tagesmutter mithin nicht schon (von vornherein) darauf gerichtet, ausschließlich
nach §
3 EStG steuerfreie Einnahmen zu erzielen oder einen (bloßen) Aufwendungs- und Kostenersatz zu erhalten - nur dann könnte eine ggf
erforderliche Gewinnerzielungsabsicht entfallen -, so kann offenbleiben, ob und inwieweit der an die Betroffene aus öffentlichen
Mitteln vom Land, der Wohnsitzgemeinde und dem örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe gezahlte Anteil der Tagespflegekostenerstattung
einkommensteuerrechtlich zu behandeln war. Denn darauf, in welchem Verhältnis aus der Tätigkeit als Tagesmutter bezogene steuerpflichtige
zu steuerfreien Einkünften standen, kommt es für die Annahme einer - ggf erforderlichen - Gewinnerzielungsabsicht nicht an.
Insbesondere war es nicht notwendig, dass der steuerpflichtige Anteil der Zahlungen als steuerfrei zu behandelnde Einkünfte
"überwog".
Dem LSG ist nicht zu folgen, soweit es einer Formulierung im Urteil des Senats vom 22.6.2005 (SozR 4-2600 § 2 Nr 2 RdNr 8)
entnommen hat, es komme für die Annahme einer - sozialversicherungsrechtlich bedeutsamen - Gewinnerzielungsabsicht der Betroffenen
und damit für das Vorliegen einer selbstständigen Tätigkeit als einer der Voraussetzungen ihrer Rentenversicherungspflicht
nach §
2 Satz 1 Nr 1
SGB VI allgemein darauf an, dass der steuerpflichtige Anteil der (privaten) Zahlungen als steuerfrei zu behandelnde Einkünfte (aus
öffentlichen Mitteln) "überwogen" haben muss. Der Senat stellt insoweit vielmehr klar, dass sich ein solches generelles Erfordernis
des "Überwiegens" weder aus dem Sozialversicherungsrecht noch aus dem Einkommensteuerrecht und den dazu ergangenen ministeriellen
Verwaltungsanweisungen ausdrücklich oder mittelbar herleiten lässt. Der Senat sieht sich in dieser Auslegung bestätigt durch
eine in diesem Sinne erfolgte Antwort der Bundesregierung vom 4.12.2001 auf eine Kleine Anfrage der Abgeordneten Ina Lenke
ua, betreffend die "Einkommensteuerliche und rentenversicherungsrechtliche Situation von Müttern und Vätern in der Tagespflege"
(BT-Drucks 14/7725, S 5). Dort wird ebenfalls ausgeführt, bei einer stets in ihrer Gesamtheit zu betrachtenden Tätigkeit werde
"eine erwerbsmäßige und infolgedessen rentenversicherungsrechtlich zu beurteilende Tätigkeit ... immer dann vorliegen ...,
wenn die Tagespflegeperson aus ihrer Tätigkeit Einkünfte erziele, die nach §
2 EStG der Besteuerung unterliegen"; dabei sei "unerheblich, ob ggf für einzelne Kinder anteilsmäßig oder in vollem Umfang Pflege-
und Erziehungsgelder aus öffentlichen Kassen gezahlt werden, die gemäß §
3 Nr 11
EStG steuerfrei gestellt" seien. Das kann dahingehend verstanden werden, dass nach Ansicht der Bundesregierung für eine ggf weiterhin
zu verlangende Gewinnerzielungsabsicht allein an die (bloße) Steuerbarkeit von Einkünften (ohne Rücksicht auf deren einkommensteuerrechtliche
Behandlung als steuerpflichtig oder steuerfrei) als Kriterium angeknüpft werden soll.
3. Die Kostenentscheidung folgt aus §
193 SGG.