Grundsatzrüge im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren
Gründe:
I
In dem der Nichtzulassungsbeschwerde zugrunde liegenden Rechtsstreit streiten die Beteiligten im Rahmen eines Statusfeststellungsverfahrens
darüber, ob der zu 1. beigeladene Steuerfachwirt und Unternehmensberater in seiner Tätigkeit für die Klägerin im Zeitraum
vom 1.8.2007 bis 31.8.2010 der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung, der sozialen Pflegeversicherung
und nach dem Recht der Arbeitsförderung unterlag (Bescheid vom 15.10.2012; Widerspruchsbescheid vom 14.6.2013). Das SG Detmold
hat die Klage abgewiesen (Gerichtsbescheid vom 12.7.2016). Das LSG Nordrhein-Westfalen hat die Berufung zurückgewiesen und
ausgeführt, nach Abwägung sämtlicher Umstände liege abhängige Beschäftigung vor. Der als "Teleauftragsvertrag" bezeichnete
Vertrag zwischen Klägerin und Beigeladenem zu 1. trage bereits nach seinem Wortlaut überwiegend arbeitsvertragliche Züge.
Der Vertrag spiegele in Verbindung mit der Honorarvereinbarung auch den wahren und wirksamen Inhalt der zwischen den Beteiligten
geschlossenen Vereinbarung wider. Dass von einigen vertraglichen Regelungen kein Gebrauch gemacht worden sei, sei unerheblich.
Ohnehin hätte eine nachträgliche Änderung aufgrund der im Vertrag vereinbarten qualifizierten Schriftformklausel schriftlich
erfolgen müssen. Eine Gesamtabwägung ergebe, dass der Beigeladene zu 1. in einem Maße weisungsgebunden in die Arbeitsorganisation
der Klägerin eingegliedert worden sei, wie dies für eine abhängige Beschäftigung prägend sei. Angesichts dessen berechtigten
insbesondere auch das festgestellte Ausmaß des unternehmerischen Risikos des Beigeladenen zu 1., seine Tätigkeit für weitere
Auftraggeber und die gewährte Entgelthöhe in der Gesamtschau nicht zur Annahme einer selbstständigen Tätigkeit (Urteil vom
14.11.2018). Gegen die Nichtzulassung der Revision wendet sich die Klägerin mit ihrer Beschwerde.
II
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in der angefochtenen Entscheidung des LSG ist als unzulässig zu verwerfen
(§
160a Abs
4 S 1 Halbs 2 iVm §
169 S 2 und 3
SGG). Die Klägerin hat entgegen §
160a Abs
2 S 3
SGG die von ihr geltend gemachten Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§
160 Abs
2 Nr
1 SGG), der Divergenz (§
160 Abs
2 Nr
2 SGG) sowie des Verfahrensmangels (§
160 Abs
2 Nr
3 SGG) nicht hinreichend dargelegt bzw bezeichnet.
1. Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine abstrakt-generelle Rechtsfrage aufwirft, die - über
den Einzelfall hinaus - allgemeine Bedeutung hat und aus Gründen der Rechtseinheit oder der Rechtsfortbildung einer Klärung
durch das Revisionsgericht bedarf (Klärungsbedürftigkeit) und fähig (Klärungsfähigkeit) ist. Mit der Beschwerdebegründung
ist daher zunächst aufzuzeigen, welche rechtliche Frage sich zu einer bestimmten Norm des Bundesrechts iS des §
162 SGG stellt. Sodann ist anhand des anwendbaren Rechts sowie unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung und
des Schrifttums darzutun, weshalb eine Klärung erforderlich und im angestrebten Revisionsverfahren zu erwarten ist. Schließlich
ist aufzuzeigen, dass der angestrebten Entscheidung eine über den Einzelfall hinausgehende Breitenwirkung zukommt (BSG Beschluss vom 17.4.2012 - B 13 R 347/11 B - SozR 4-2600 § 72 Nr 5 RdNr 17 mwN). Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung nicht.
Die Klägerin misst der Frage,
"ob im Hinblick auf die Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status nur die schriftlich ausformulierten Regelungen
in einem Rahmenvertrag zu berücksichtigen sind oder vielmehr das zwischen den Parteien praktizierte Vertragsverhältnis zu
werten ist, welches bei Durchführung der einzelnen Aufträge gelebt werde",
und der Frage,
"ob die Aufnahme von Regelungen zum Datenschutz und zum Berufsrecht in einem Rahmenvertrag ein Weisungsrecht im engeren Sinne
darstellen, welches als Indiz für eine abhängige Beschäftigung zu werten ist",
eine grundsätzliche Bedeutung bei.
Es kann dahingestellt bleiben, ob damit eine Rechtsfrage zur Auslegung, zum Anwendungsbereich oder zur Vereinbarkeit einer
konkreten revisiblen Norm des Bundesrechts (§
162 SGG) mit höherrangigem Recht (vgl BSG Beschluss vom 23.12.2015 - B 12 KR 51/15 B - Juris RdNr 11 mwN) formuliert worden ist. Die Bezeichnung einer hinreichend bestimmten, aus sich heraus verständlichen
Rechtsfrage ist zwar unverzichtbar, damit das Beschwerdegericht an ihr die weiteren Voraussetzungen der Grundsatzrüge prüfen
kann (BSG Beschluss vom 10.9.2014 - B 10 ÜG 3/14 B - Juris RdNr 11 mwN). Eine Rechtsfrage ist so konkret zu formulieren, dass sie als
Grundlage für die Darlegung der weiteren Merkmale der grundsätzlichen Bedeutung (Klärungsbedürftigkeit, Klärungsfähigkeit,
Breitenwirkung) geeignet ist (Voelzke in Schlegel/Voelzke, jurisPK-
SGG, 1. Aufl 2017, §
160a RdNr 97). Selbst wenn jedoch insoweit Rechtsfragen als aufgeworfen unterstellt würden, wäre jedenfalls deren Klärungsbedürftigkeit
nicht dargelegt.
Eine Rechtsfrage ist dann als höchstrichterlich geklärt und damit als nicht (mehr) klärungsbedürftig anzusehen, wenn diese
bereits beantwortet ist. Ist sie noch nicht ausdrücklich entschieden, genügt es, dass schon eine oder mehrere höchstrichterliche
Entscheidungen ergangen sind, die ausreichende Anhaltspunkte zur Beantwortung der von der Beschwerde als grundsätzlich herausgestellten
Rechtsfrage geben (BSG Beschluss vom 30.8.2016 - B 2 U 40/16 B - SozR 4-1500 § 183 Nr 12 RdNr 7 mwN).
Mit der umfangreichen Rechtsprechung des BSG zur Beurteilung einer Tätigkeit als Beschäftigung iS von §
7 Abs
1 SGB IV oder als selbstständige Tätigkeit (vgl ua BSG Urteil vom 16.8.2017 - B 12 KR 14/16 R - BSGE 124, 37 = SozR 4-2400 § 7 Nr 31, RdNr 15 ff; BSG Urteil vom 29.6.2016 - B 12 R 5/14 R - Juris RdNr 33 f; BSG Urteil vom 18.11.2015 - B 12 KR 16/13 R - BSGE 120, 99 = SozR 4-2400 § 7 Nr 25, RdNr 17 f) setzt sich die Klägerin aber nicht auseinander. Das Beschwerdevorbringen, das nicht auf
eine einzige Entscheidung des BSG Bezug nimmt, erschöpft sich darin, die Wertung des LSG der im konkreten Fall vorliegenden Gesamtumstände und insbesondere
die Rechtsauffassung des LSG zur Auslegung des Teleauftragsvertrags als fehlerhaft zu kritisieren. Wenn ausgeführt wird, dass
"materiell-rechtlich (...) der Beigeladene zu 1. (...) unzweifelhaft als freiberuflicher Mitarbeiter zu qualifizieren" sei,
dass das LSG "unzutreffend die Feststellung getroffen" habe, dass der Teleauftragsvertrag das wahre Vertragsverhältnis zwischen
den Beteiligten wiedergegeben habe und dass der Beigeladene zu 1. auch nicht in die Arbeitsorganisation der Klägerin eingegliedert
gewesen sei, wird nur die Richtigkeit des angefochtenen Urteils im konkreten Einzelfall beanstandet. Die Behauptung, die angefochtene
Entscheidung sei inhaltlich unrichtig, kann aber nicht zur Zulassung der Revision führen (vgl BSG Beschluss vom 26.1.2005 - B 12 KR 62/04 B - SozR 4-1500 § 160a Nr 6 RdNr 18).
2. Der Zulassungsgrund der Divergenz setzt voraus, dass das angefochtene Urteil des LSG von einer Entscheidung des BSG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes (GmSOGB) oder des BVerfG abweicht und auf dieser Abweichung
beruht. Eine solche Abweichung ist nur dann hinreichend bezeichnet, wenn aufgezeigt wird, mit welcher genau bestimmten entscheidungserheblichen
rechtlichen Aussage zum Bundesrecht die angegriffene Entscheidung des LSG von welcher ebenfalls genau bezeichneten rechtlichen
Aussage des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG abweicht. Insoweit genügt es nicht darauf hinzuweisen, dass das LSG seiner Entscheidung nicht
die höchstrichterliche Rechtsprechung zugrunde gelegt hätte. Nicht die Unrichtigkeit der Entscheidung im Einzelfall, sondern
die Nichtübereinstimmung im Grundsätzlichen begründet die Zulassung der Revision wegen Divergenz. Sie liegt daher nicht schon
dann vor, wenn das angefochtene Urteil nicht den Kriterien entsprechen sollte, die das BSG, der GmSOGB oder das BVerfG entwickelt hat, sondern erst dann, wenn das LSG diesen Kriterien auch widersprochen, also andere
rechtliche Maßstäbe bei seiner Entscheidung herangezogen hat (vgl BSG Beschlüsse vom 12.5.2005 - B 3 P 13/04 B - SozR 4-1500 § 160 Nr 6 RdNr 5 und 16.7.2004 - B 2 U 41/04 B - SozR 4-1500 § 160a Nr 4 RdNr 6, jeweils mwN). Eine solche Abweichung ist nicht dargetan.
Die Klägerin behauptet lediglich einen Verstoß in der Entscheidung des LSG "gegen Wertungsgrundsätze der höchstrichterlichen
Rechtsprechung" sowie "gegen sozialrechtliche Rechtsgrundsätze". Sie benennt jedoch keine einzige Entscheidung des BSG, von der das LSG abgewichen sein soll. Vermeintlich voneinander abweichende Rechtssätze werden weder benannt noch einander
gegenübergestellt. Auch insoweit wird lediglich - wie bereits ausgeführt - die Unrichtigkeit der angegriffenen Entscheidung
gerügt.
3. Die Klägerin hat auch einen Verfahrensmangel, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann, nicht hinreichend bezeichnet.
Sollte in dem Vorbringen über fehlerhafte "Feststellungen" des LSG sinngemäß (auch) eine Verletzung des Grundsatzes der freien
Beweiswürdigung (§
128 Abs
1 S 1
SGG) gerügt werden, verkennt die Klägerin die Voraussetzungen des §
160a Abs
1 Nr
3 Halbs 2
SGG, demzufolge eine Revisionszulassung ausscheidet, wenn eine Verletzung des §
128 Abs
1 S 1
SGG (Entscheidung des Gerichts nach freier, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnener Überzeugung) geltend gemacht wird.
Soweit darin eine Rüge der Verletzung des §
103 SGG (Amtsermittlungsprinzip) zu sehen ist, beachtet die Klägerin nicht, dass eine Beschwerde auf eine Verletzung des §
103 SGG nur gestützt werden kann, wenn sich der geltend gemachte Verfahrensmangel auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne
hinreichende Begründung nicht gefolgt ist (§
160 Abs
2 Nr
3 SGG). Insoweit ist darzulegen, dass ein prozessordnungsgemäßer Beweisantrag, mit dem sowohl das Beweismittel als auch das Beweisthema
angegeben und aufgezeigt wurde, über welche Tatsachen im Einzelnen Beweis erhoben werden sollte, in der abschließenden mündlichen
Verhandlung oder bei einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung schriftsätzlich zu einem Zeitpunkt, in dem feststand, dass
das LSG von sich aus Ermittlungen nicht mehr durchführen würde, bis zuletzt aufrechterhalten oder festgestellt worden ist
(vgl BSG Beschluss vom 19.11.2007 - B 5a/5 R 382/06 B - SozR 4-1500 § 160a Nr 21 RdNr 6; BSG Beschluss vom 18.12.2000 - B 2 U 336/00 B - SozR 3-1500 § 160 Nr 31 S 51 f). Hinsichtlich der geltend gemachten fehlerhaften "Feststellungen" hat die Klägerin jedoch
Entsprechendes nicht dargelegt.
Soweit die Klägerin die Verletzung des Amtsermittlungsprinzips rügt, weil das LSG ihrem Beweisantrag, die Akten des Finanzamts
D und des Finanzamts S während der Zeit des Auftragsverhältnisses beizuziehen, nicht gefolgt sei, bezeichnet sie ebenfalls
keinen Verfahrensfehler. Auch wenn die Klägerin hierzu in der mündlichen Verhandlung einen entsprechenden Antrag gestellt
hat (was sie allerdings nicht vorträgt), hat sie insbesondere nicht dargelegt, dass die Entscheidung des LSG auf der Nichtbeiziehung
der Akten des Finanzamts D beruhe (§
160 Abs
2 Nr
3 SGG). Dazu hätte vorliegend jedoch Anlass bestanden, da das LSG die zur Beweis gestellte Behauptung, dass die Tätigkeit des Beigeladenen
zu 1. für die Klägerin keine Hauptbeschäftigung gewesen sei, als wahr unterstellt hat.
4. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab, weil sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung
beizutragen (§
160a Abs
4 S 2 Halbs 2
SGG).
6. Die Streitwertfestsetzung folgt aus §
197a Abs
1 S 1 Teils 1
SGG iVm § 52 Abs 1 und 2, § 47 Abs 1 S 1 und Abs 3 sowie § 63 Abs 2 S 1 GKG.