Versicherungspflicht einer ausgebildeten Sporttherapeutin als selbstständige Lehrerin in der gesetzlichen Rentenversicherung;
Zulässigkeit rückwirkender Beitragsforderungen
Gründe:
I
Die Klägerin wendet sich gegen eine Beitragsforderung der Beklagten für die Zeit vom 1.12.2001 bis 30.11.2002. Sie beruft
sich nur noch auf deren Verjährung.
Die Klägerin - eine ausgebildete Sporttherapeutin - übte seit 1999 in zwei Vereinen Tätigkeiten in Form der "Betreuung von
Herzsportgruppen" aus; Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung führte sie hierfür nicht ab. Vom 1.8.2001 bis zum Beginn
des Mutterschutzes und anschließender Elternzeit im September 2003 war sie zusätzlich als Angestellte für Büroarbeiten bei
einem der Vereine tätig, wofür Sozialversicherungsbeiträge abgeführt wurden.
Mit Schreiben vom 23.8.2006 wandte sich die Klägerin mit der Frage an die Beklagte, ob es möglich sei, wie bisher als angestellte
Bürokraft und parallel dazu freiberuflich in der Betreuung von Herzsportgruppen tätig zu sein. Die Beklagte übersandte ihr
daraufhin mit Schreiben vom 26.10.2006 einen Fragebogen zur Feststellung der Versicherungspflicht in der Rentenversicherung
für Selbstständige und wies darauf hin, dass zu prüfen sei, ob die Klägerin als selbstständig Tätige der Versicherungspflicht
unterliege. Nachdem die Klägerin den Fragebogen zurückgereicht hatte, forderte die Beklagte mit Schreiben vom 28.11.2006 zusätzliche
Unterlagen an, ua Einkommensteuerbescheide für die Zeit ab Beginn der selbstständigen Tätigkeit. Gleichzeitig bat sie um Mitteilung,
wann genau die selbstständige Tätigkeit aufgenommen worden sei. Mit zwei Bescheiden vom 24.1.2007 stellte die Beklagte die
Versicherungspflicht der Klägerin als selbstständige Lehrerin ab 1.1.1999 und Versicherungsfreiheit wegen Geringfügigkeit
ab 1.1.2004 fest. Für die Zeit vom 1.12.2001 bis 31.12.2003 forderte die Beklagte zudem Beiträge in Höhe von 3665,45 Euro.
Der Widerspruch der Klägerin, mit dem diese sich ua auf die Verjährung der Beitragsforderung berief, blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid
vom 29.5.2007). Mit Urteil vom 6.5.2008 hat das SG "den Bescheid" vom 24.1.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids aufgehoben, soweit darin Beiträge für die Zeit bis
30.11.2002 nachgefordert werden, da insoweit Verjährung eingetreten sei; im Übrigen hat es die Klage abgewiesen.
Auf die Berufung der Beklagten hat das LSG mit Urteil vom 29.4.2009 das Urteil des SG geändert und die Klage abgewiesen: Die Feststellung der Versicherungspflicht der Klägerin als Selbstständige im streitbefangenen
Zeitraum stehe bestandskräftig fest, weil die Klägerin selbst das Urteil des SG nicht angegriffen habe, und sei zudem inhaltlich richtig. Die - zutreffend errechnete - Beitragsforderung sei auch nicht
verjährt, weil spätestens durch das Schreiben der Beklagten vom 28.11.2006 ein Verwaltungsverfahren eingeleitet und die Verjährung
gemäß §
198 Satz 2
SGB VI gehemmt worden sei.
Mit ihrer Revision rügt die Klägerin (nur noch) eine Verletzung der §§
25 Abs
1 Satz 1,
23 Abs
1 Satz 2
SGB IV und des §
198 Satz 2
SGB VI. Entgegen der Auffassung des LSG seien die Beitragsforderungen für den streitbefangenen Zeitraum verjährt. §
198 Satz 2
SGB VI idF des Gesetzes vom 21.6.2002 (BGBl I S 2167) sei vorliegend nicht anwendbar, da anderenfalls eine unzulässige echte Rückwirkung
zu ihren Lasten vorläge. Auch habe kein Beitragsverfahren iS des §
198 Satz 2
SGB VI vor Ablauf des 31.12.2006 begonnen, da ein solches für sie nicht erkennbar gewesen sei. Das LSG habe verkannt, dass sie bei
der Beklagten nur um die Überprüfung einer zukünftigen Beitragspflicht nachgesucht habe. Der Wille der Beklagten zur Durchführung
eines Beitragsverfahrens auch für die Vergangenheit sei weder durch deren Schreiben vom 26.10.2006 noch durch das vom 28.11.2006,
sondern erst durch den Beitragsbescheid vom 24.1.2007 erkennbar geworden. Die Erkennbarkeit der Durchführung eines Beitragsverfahrens
für einen Außenstehenden sei jedoch zwingend erforderlich.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 29. April 2009 aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen
das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 6. Mai 2008 zurückzuweisen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das Urteil des LSG für zutreffend. Insbesondere stelle auch ein Verfahren über die Feststellung der Versicherungspflicht
ein Beitragsverfahren iS des §
198 SGB VI dar.
II
Die Revision der Klägerin ist zulässig, jedoch unbegründet. Zu Recht hat das LSG das Urteil des SG geändert und die Klage insgesamt abgewiesen. Die von der Beklagten mit den angefochtenen Bescheiden von der Klägerin für
die Zeit vom 1.12.2001 bis 30.11.2002 geforderten Beiträge sind nicht verjährt.
Die Klägerin hat ihre Revision zulässigerweise (vgl allgemein BSG SozR 4-2600 § 233a Nr 1 RdNr 23 mwN) auf die Frage der Verjährung
der Beitragsforderung für die Zeit bis 30.11.2002 beschränkt. Verjährung ist für die Zeit ab 1.12.2001 jedoch nicht eingetreten,
denn die Voraussetzungen des §
25 Abs
1 Satz 1
SGB IV sind nicht erfüllt. Nach dieser (seit ihrer Einführung zum 1.7.1977 unveränderten) Vorschrift verjähren Ansprüche auf Beiträge
in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie fällig geworden sind. Beiträge pflichtversicherter Selbstständiger
wie der Klägerin wurden im streitgegenständlichen Zeitraum nach §
23 Abs
1 Satz 2
SGB IV (Gesamtnorm idF des 4. Euro-Einführungsgesetzes vom 21.12.2000, BGBl I S 1983) spätestens am Fünfzehnten des Monats fällig,
der dem Monat folgt, in dem die Tätigkeit, mit der das Arbeitseinkommen erzielt worden ist, ausgeübt worden ist. Dementsprechend
waren die Beiträge für die Monate Dezember 2001 bis November 2002 zwischen dem 15.1. und dem 15.12.2002 fällig, so dass die
Verjährungsfrist mit Ablauf des Kalenderjahres 2002 begann und vier Jahre später mit Beginn des 1.1.2007 Verjährung eingetreten
wäre. Letzteres ist aber nicht der Fall, weil die Verjährung bereits zu unverjährter Zeit durch ein Beitragsverfahren iS von
§
198 Satz 2
SGB VI (hierzu 1.) und den nachfolgend erlassenen Beitragsbescheid (hierzu 2.) unterbrochen bzw gehemmt worden ist.
1. Der Ablauf der vierjährigen Verjährungsfrist mit dem 31.12.2006 wurde noch in unverjährter Zeit durch das Verwaltungsverfahren
(§ 8 SGB X) verhindert, das die Beklagte zur Prüfung der Versicherungs- und Beitragspflicht der Klägerin aufgrund des ihr im Rahmen
des Auskunftsersuchens der Klägerin vom 23.8.2006 bekannt gewordenen Sachverhalts eingeleitet hatte (§ 18 Satz 2 Nr 1 SGB X). Dabei kann der Senat offenlassen, ob die Verjährung des Anspruchs auf Zahlung von Beiträgen (§
25 Abs
1 SGB IV) durch das Beitragsverfahren nach §
198 Satz 2
SGB VI in der seit dem 1.1.2002 geltenden Fassung durch das Hüttenknappschaftliche Zusatzversicherungs-Neuregelungs-Gesetz (HZvNG
vom 21.6.2002, BGBl I S 2167) gehemmt oder nach §
198 Satz 2
SGB VI in der zuvor geltenden - wegen Fehlens einer dem § 115a
SGB IV vergleichbaren Übergangsregelung möglicherweise auf bereits laufende Verjährungsfristen weiterhin anwendbaren - Fassung unterbrochen
worden ist. Denn jedenfalls hat die Verjährungsfrist bis zum Erlass des Beitragsbescheids vom 24.1.2007 nicht erneut bzw wieder
zu laufen begonnen. Gleichzeitig kommt es vorliegend nicht darauf an, ob der gesetzlich nicht definierte Begriff des "Beitragsverfahrens"
grundsätzlich weit auszulegen ist (so BSG [5. Senat] SozR 4-2600 § 233a Nr 1 Leitsatz 2 und RdNr 26 mwN). Unter diesen Begriff
sind nämlich zumindest Verwaltungsverfahren zu fassen, die - wie hier - auf die Feststellung der Versicherungs- und Beitragspflicht
sowie die ordnungsgemäße Beitragserhebung abzielen (so auch die engere Auffassung von Mutschler in jurisPK-
SGB VI [Bearbeitungsstand insoweit 21.9.2010], §
198 RdNr 23 ff, der nur "Verfahren über die Versicherungsberechtigung, Beitragszahlung, Beitragstragung und Beitragshöhe" zu
den Beitragsverfahren zählt).
a) Rechtsfehlerfrei hat das LSG das Vorliegen eines auf die Feststellung der Beitragspflicht und die Beitrags(nach)erhebung
auch für den streitbefangenen Zeitraum abzielenden Verwaltungsverfahrens spätestens im Zusammenhang mit dem Schreiben der
Beklagten vom 28.11.2006 angenommen. Mit diesem hat die Beklagte - nach den nicht mit Revisionsrügen angegriffenen und deshalb
für den Senat bindenden (§
163 SGG) Feststellungen des LSG - ua die Einkommensteuerbescheide der Klägerin ab Beginn ihrer selbstständigen Tätigkeit angefordert,
nachdem die Klägerin bereits zuvor einen Fragebogen zur Überprüfung der Versicherungspflicht für Selbstständige in der Rentenversicherung
auf Anforderung der Beklagten zurückgesandt hatte. Dabei kommt es - eine zeitliche Trennbarkeit unterstellt - entgegen der
Ansicht der Klägerin für das Vorliegen eines Beitragsverfahrens auch bezüglich des streitbefangen Zeitraums nicht darauf an,
ob sie bei der Beklagten nur um die Überprüfung einer zukünftigen Beitragspflicht nachgesucht hat; denn ein Beitragsverfahren
ist nach § 18 Satz 2 Nr 1 SGB X iVm §
76 Abs
1 SGB IV nicht nur auf Antrag, sondern auch von Amts wegen durchzuführen.
Gleichzeitig konnte das LSG offenlassen ob - wie mit der Revision erneut geltend gemacht wird - die Klägerin tatsächlich nicht
erkannt hatte, dass die Beklagte mit der Anforderung dieser Unterlagen ein Beitragsverfahren auch für den hier streitbefangenen,
in der Vergangenheit liegenden Zeitraum betrieb. Das sozialrechtliche Verwaltungsverfahren, auch in der Ausprägung als Beitragsverfahren,
wird in § 8 SGB X als die nach außen wirkende Tätigkeit der Behörden definiert, die auf Prüfung der Voraussetzungen, die Vorbereitung und den
Erlass eines Verwaltungsaktes oder auf den Abschluss eines öffentlich-rechtlichen Vertrages gerichtet ist. Dabei verdeutlicht
das Merkmal "nach außen wirkende Tätigkeit", dass Bestandteil des Verwaltungsverfahrens nur die Tätigkeit der Verwaltungsbehörde
nach außen, insbesondere im Verhältnis zu den Bürgern ist, nicht aber schon die Tätigkeit allein im Zusammenhang mit der inneren
Willensbildung der Behörden (vgl entsprechend zu § 9 VwVfG BVerwGE 66, 15, 18; 68, 189, 193 f). Die Verwaltungstätigkeit muss nur - im tatsächlichen Sinne - "nach außen wirken", sie muss also nicht
schon notwendig eine Regelung enthalten oder eine rechtlich geschützte Position eines Verfahrensbeteiligten oder sonstiger
Personen unmittelbar berühren (vgl Kopp/Ramsauer, VwVfG, 11. Aufl 2010, § 9 RdNr 10; Vogelgesang in Hauck/Noftz, SGB X, Stand der Einzelkommentierung Januar 2007, K § 8 RdNr 17). Eine Außenwirkung in diesem Sinne ist jedenfalls dann anzunehmen, wenn im inhaltlichen und zeitlichen Zusammenhang
mit einem Verwaltungsverfahren eine Tätigkeit der Behörde erfolgt, die unmittelbar aus dem Bereich der Verwaltung heraus in
die Sphäre des Bürgers hineinwirkt (so Schmitz in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Aufl 2008, § 9 RdNr 117 mwN), so ua bei konkreter Ermittlungstätigkeit im Einzelfall zB zur Vorbereitung einer Leistungsgewährung oder eines
Leistungsentzugs (von Wulffen in von Wulffen, SGB X, 7. Aufl 2010, § 8 RdNr 6; Vogelgesang, aaO, RdNr 16; Krasney in KasselerKomm, Stand der Einzelkommentierung Dezember 2003, § 8 SGB X RdNr 5; ähnlich Kopp/Ramsauer, aaO, § 9 RdNr 11; Schmitz in Stelkens/Bonk/Sachs, aaO, ebenda).
Eine solche Ermittlungsmaßnahme ist die vom LSG festgestellte Anforderung der Einkommensteuerbescheide der Klägerin ab Beginn
ihrer selbstständigen Tätigkeit durch die Beklagte. Die vom LSG mangels diesbezüglicher Revisionsrügen für den Senat bindend
festgestellten Tatsachen tragen auch dessen - von der Klägerin mit der Revision in Zweifel gezogene - Folgerung, dass für
die Klägerin insbesondere aus dem Zusammenhang mit dem bereits zuvor von ihr beantworteten Fragebogen zur Überprüfung der
Versicherungspflicht für Selbstständige in der Rentenversicherung erkennbar war, dass die Beitragspflicht und Beitragserhebung
auch für einen zurückliegenden, nun streitigen Zeitraum geprüft werden sollte. Jedenfalls ist der Klägerin damit in Bezug
auf die Prüfung der Beitragspflicht für die Vergangenheit ein Verwaltungshandeln als solches tatsächlich bekannt geworden,
sodass es auf die mit der Revision aufgeworfene Frage, ob das Verwaltungshandeln den Bereich der Behörde verlassen muss und
insbesondere dem Betroffenen bekannt werden muss (vgl hierzu Schmitz, aaO, RdNr 117 ff; Vogelgesang, aaO, RdNr 17; verneinend
zB Krasney, aaO, RdNr 6), nicht mehr ankommt.
b) Der Klägerin ist nicht zu folgen, soweit sie vorträgt, sie habe - was das LSG zu Unrecht offengelassen habe - keine positive
Vorstellung von der Durchführung eines Beitragsverfahrens auch für den streitbefangenen Zeitraum entwickelt, und soweit sie
unter Hinweis auf in §
25 Abs
2 Satz 1
SGB IV in Bezug genommene Vorschriften des
BGB über die Hemmung der Verjährung auch im Rahmen des §
198 Satz 2
SGB VI eine der Einleitung des zivilrechtlichen Mahnverfahrens vergleichbare "Förmlichkeit der Kenntnisverschaffung" von der Durchführung
eines Beitragsverfahrens gegenüber dem Betroffenen fordert. Ein solches Erfordernis lässt sich nicht auf den Wortlaut des
§
198 SGB VI oder des § 8 SGB X stützen. Vielmehr genügt danach zur Herbeiführung der Unterbrechung bzw Hemmung der Verjährung bereits - wie unter a) ausgeführt
- schon die bloße "Durchführung" eines Beitragsverfahrens und eine diesbezügliche nach außen wirkende Tätigkeit, die der Klägerin
nach den Feststellungen des LSG vorliegend auch tatsächlich bekannt geworden ist. Auch die Verweisung auf Vorschriften des
BGB in §
25 Abs
2 Satz 1
SGB IV lässt einen solchen Schluss nicht zu; denn systematisch stellt §
198 Satz 2
SGB VI gerade eine Ausnahme zu den in §
25 Abs
2 SGB IV normierten allgemeinen Regelungen über die Hemmung und den Neubeginn von Fristen dar. Schließlich kann die Forderung nach
der "förmlichen" Einleitung eines Beitragsverfahrens auch nicht auf ein aus dem Zweck des §
198 SGB VI abzuleitendes besonderes Schutzbedürfnis des Betroffenen gegenüber einer Beitragserhebung nach dem Fälligkeitszeitpunkt gestützt
werden. So handelt es sich bei §
198 SGB VI nicht etwa um eine den Versicherten einseitig belastende, sondern im Grundfall um eine ihn begünstigende Regelung: Abweichend
von §
197 SGB VI erlaubt sie die Beitragszahlung noch außerhalb der dort bestimmten Fristen und soll dadurch verhindern, dass die zur Durchführung
des Verwaltungsverfahrens benötigte Zeit zu Lasten des Versicherten geht (so die Begründung der Fraktionen der CDU/CSU, SPD
und FDP zu § 193 des Entwurfs zum Rentenreformgesetz 1992, BT-Drucks 11/4124 S 190). Aber selbst innerhalb des Anwendungsbereichs
des §
198 Satz 2
SGB VI liegt keine einseitige Belastung des Versicherten vor, weil der Verpflichtung zur Beitragszahlung typischerweise zugleich
begünstigend der Erwerb von Rentenanwartschaften gegenübersteht.
c) Der Klägerin kann auch nicht gefolgt werden, soweit sie §
198 Satz 2
SGB VI idF durch das HZvNG wegen einer echten Rückwirkung für nicht anwendbar hält, weil die Fälligkeit der streitigen Beiträge
zum Zeitpunkt dieser Neufassung in der Vergangenheit lag, der maßgebliche Lebenssachverhalt mithin bereits abgewickelt gewesen
sei und die Neuregelung die bisher geltende Regelung zur Verjährung in unzulässiger Weise zu ihren (der Klägerin) Lasten verändert
habe. Allerdings trat §
198 SGB VI idF durch Art 8 Nr
12 HZvNG vom 21.6.2002 (BGBl I S 2167) nach Art 25 Abs 5 HZvNG bereits zum 1.1.2002 und somit rückwirkend in Kraft und könnte
- eine entsprechende Anwendbarkeit des § 115a
SGB IV vorausgesetzt - iVm Art 229 § 6 Abs 1
EGBGB auch Beitragsansprüche, die bereits vor dem 1.1.2002 entstanden, jedoch an diesem Tag noch nicht verjährt waren, erfassen.
Hierin läge im Falle der Klägerin aber bereits deshalb keine unzulässige echte Rückwirkung (zu den Voraussetzungen vgl nur
BVerfG, Beschluss vom 21.7.2010 - 1 BvL 11/06 ua -, Juris RdNr 71 mwN), weil die Neuregelung für die sich auf die Verjährung der Beitragsforderung berufende Klägerin sogar
die potenziell günstigere Regelung darstellt: So blieb §
198 Satz 2
SGB VI auf der Tatbestandsseite unverändert. Lediglich auf der Rechtsfolgenseite wurde "Unterbrechung" durch "Hemmung" der Verjährung
ersetzt. Durch diese Umgestaltung lief nach einem Ende der Hemmung die Frist im Umfang der zum Zeitpunkt des Hemmungseintritts
verbleibenden Zeit weiter (§
209 BGB: "Der Zeitraum, während dessen die Verjährung gehemmt ist, wird in die Verjährungsfrist nicht eingerechnet"), während demgegenüber
die Verjährungsfrist nach einer Unterbrechung in vollem Umfang erneut zu laufen begonnen hätte. Die Verjährung der streitigen
Beitragsforderung würde deshalb im Falle der Hemmung der Frist des §
25 Abs
1 SGB IV im November 2006 bereits kurze Zeit nach dem Wegfall des die Hemmung begründenden Tatbestandes eintreten und nicht - wie
im Falle der Unterbrechung - erst nach Ablauf weiterer vier Jahre.
2. Auch über den (vorläufigen) Abschluss des Beitragsverfahrens durch Erlass der Bescheide vom 24.1.2007 hinaus blieb der
Lauf der Verjährungsfrist durchgehend gehemmt. Denn nach § 52 Abs 1 Satz 1 SGB X idF durch Art 11 Nr 3 HZvNG, der nach dem mit demselbem Gesetz eingefügten § 120 Abs 5 SGB X iVm Art 229 § 6 Abs 1 Satz 1
EGBGB allein anwendbar ist, hemmt ein Verwaltungsakt, der zur Durchsetzung des Anspruchs eines öffentlich-rechtlichen Rechtsträgers
erlassen wird, die Verjährung dieses Anspruchs. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Anwendbarkeit der genannten Fassung
im vorliegenden Fall bestehen aus den bereits oben zu §
198 Satz 2
SGB VI nF erörterten Gründen nicht. Die Hemmung endet erst mit Eintritt der Unanfechtbarkeit des Verwaltungsakts oder sechs Monate
nach seiner anderweitigen Erledigung (§ 52 Abs 1 Satz 2 SGB X). Beides ist bisher nicht eingetreten.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.