Gründe
I
In dem der Nichtzulassungsbeschwerde zugrunde liegenden Rechtsstreit streiten die Beteiligten über die Sozialversicherungspflicht
des Beigeladenen zu 2. in seiner Tätigkeit für die Klägerin in den Jahren 2009 bis 2013.
Der aus Polen stammende Beigeladene zu 2. hat ein Gewerbe mit Baudienstleistungen in Deutschland angemeldet und verrichtet
seit Jahren für die als Bauträgerin tätige klagende GmbH & Co. KG verschiedene Arbeiten im Wohnungsbau. Er ist allein tätig,
bei Bedarf vermittelt er Helfer an die Klägerin. Die beklagte DRV Bund stellte die Sozialversicherungspflicht des Beigeladenen
zu 2. in allen Zweigen der Sozialversicherung fest und forderte Beiträge, Umlagen und Säumniszuschläge in Höhe von 140 281,18
Euro (Betriebsprüfungsbescheid vom 30.11.2015, Widerspruchsbescheid vom 2.11.2017).
Klage und Berufung sind erfolglos geblieben (Urteil des SG vom 19.3.2019, Beschluss des LSG vom 18.11.2019). Der Beigeladene zu 2. habe in seiner Tätigkeit für die Klägerin deren Weisungs- und Direktionsrecht unterlegen. Ein relevantes
Unternehmerrisiko habe nicht bestanden. Da schriftliche Vereinbarungen nicht geschlossen worden seien, komme es allein auf
die tatsächlichen Verhältnisse an. Im Rahmen einer Gesamtabwägung spreche mehr für als gegen eine abhängige Beschäftigung.
Insbesondere die Tatsache, dass der Beigeladene zu 2. weder über eigene Bauwerkzeuge und Arbeitsmittel verfügt noch die Baumaterialien
selbst beschafft habe, spreche gegen eine selbstständige Tätigkeit, denn er habe im Wesentlichen nur seine Arbeitskraft gestellt.
Verjährung sei nicht eingetreten, Säumniszuschläge seien zu Recht festgesetzt worden, denn der Geschäftsführer der Klägerin
habe zumindest bedingt vorsätzlich gehandelt.
Gegen die Nichtzulassung der Revision wendet sich die Klägerin mit ihrer Beschwerde.
II
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in der angefochtenen Entscheidung des LSG ist als unzulässig zu verwerfen
(§
160a Abs
4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm §
169 Satz 2 und
3 SGG). Die Klägerin hat die geltend gemachten Zulassungsgründe der Divergenz (§
160 Abs
2 Nr
2 SGG) und eines Verfahrensmangels (§
160 Abs
2 Nr
3 SGG) nicht hinreichend dargelegt oder bezeichnet.
1. Ein Verfahrensmangel iS von §
160 Abs
2 Nr
3 SGG ist der Verstoß des Gerichts im Rahmen des prozessualen Vorgehens im unmittelbar vorangehenden Rechtszug (vgl zB BSG Urteil vom 29.11.1955 - 1 RA 15/54 - BSGE 2, 81, 82; BSG Urteil vom 24.10.1961 - 6 RKa 19/60 - BSGE 15, 169, 172 = SozR Nr 3 zu § 52
SGG). Nach §
160 Abs
2 Nr
3 Halbsatz 2
SGG kann sich der geltend gemachte Verfahrensmangel nicht auf eine Verletzung von §
109 SGG und §
128 Abs
1 Satz 1
SGG stützen. Ferner kann die Geltendmachung eines Verfahrensmangels auf eine Verletzung des §
103 SGG (Amtsermittlungspflicht) gemäß §
160 Abs
2 Nr
3 Halbsatz 2
SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt
ist.
Prüfungsmaßstab ist die materiell-rechtliche Rechtsauffassung des LSG (vgl BSG Beschluss vom 14.5.2007 - B 1 KR 21/07 B - juris RdNr 18 mwN; BSG Urteil vom 28.5.1957 - 3 RJ 219/56 - SozR Nr 79 zu §
162 SGG; BSG Beschluss vom 31.1.1979 - 11 BA 166/78 - SozR 1500 § 160 Nr 33). Neben der Geltendmachung des Vorliegens eines Verstoßes gegen das Verfahrensrecht ist mit der Beschwerdebegründung darzulegen,
dass die angefochtene Entscheidung auf diesem Verstoß beruhen kann. Ein entscheidungserheblicher Mangel des Berufungsverfahrens
wird nur dann substantiiert bezeichnet, wenn der Beschwerdeführer diesen hinsichtlich aller ihn (vermeintlich) begründenden
Tatsachen darlegt, sodass das Beschwerdegericht allein anhand dieser Begründung darüber befinden kann, ob die angegriffene
Entscheidung des LSG möglicherweise auf dem geltend gemachten Verfahrensmangel beruht. Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung
nicht.
a) Sofern die Klägerin auf Seite 3 des Begründungsschriftsatzes rügt, das SG und das LSG seien von falschen Tatsachen ausgegangen, fehlt es an Ausführungen dazu, gegen welche Norm des Verfahrensrechts
die Vorinstanzen damit nach Meinung der Klägerin verstoßen haben sollen. Soweit die Klägerin eingangs ihres Begründungsschriftsatzes
einen Verstoß gegen die Pflicht des LSG zur Amtsermittlung rügt, fehlt es dazu an jeglichen Ausführungen.
b) Auch eine Verletzung der Begründungspflicht in der Entscheidung des LSG ist nicht hinreichend dargetan. Gemäß §
136 Abs
1, §
128 Abs
1 Satz 2, §
142 Abs
2 SGG sind im Beschluss gemäß §
153 Abs
4 SGG die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind. Aus den Entscheidungsgründen muss ersichtlich
sein, auf welchen Erwägungen in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht die Entscheidung beruht. Das Gericht muss aber nicht
jeden Gesichtspunkt, der erwähnt werden könnte, abhandeln (vgl BVerfG Beschluss vom 1.8.1984 - 1 BvR 1387/83 - SozR 1500 § 62 Nr 16 S 14; BVerfG <Kammer> Beschluss vom 25.3.2010 - 1 BvR 2446/09 - juris RdNr 11; BSG Beschluss vom 22.1.2008 - B 13 R 144/07 B - juris RdNr 7 mwN). Gemessen an diesen Maßstäben fehlt es an hinreichenden Darlegungen. Die Klägerin rügt die wörtliche Übernahme der Entscheidungsgründe
des SG durch das LSG, erklärt aber nicht, warum dieser Umstand vor dem Hintergrund des §
153 Abs
2 SGG gegen die Pflicht zur Begründung des angefochtenen Beschlusses verstoßen soll. Nach dieser Vorschrift ist das Berufungsgericht
sogar ermächtigt, von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe abzusehen.
Soweit die Klägerin damit sinngemäß die Auffassung vertritt, die wörtliche Wiederholung der Tatsachenfeststellungen des SG in der Darstellung des Sachverhalts durch das LSG reiche nicht zur Darstellung des Sachverhalts im Sinne des §
128 Abs
1 Satz 2
SGG, genügt das ebenfalls nicht den Anforderungen. Die Klägerin rügt lediglich die Wiedergabe ihrer Berufungsbegründung und die
mit denjenigen des SG wortgleichen Feststellungen im Tatbestand des angefochtenen Beschlusses und behauptet, ihre Berufungsbegründung und das Urteil
des SG hätten sich widersprochen. Dieser Vortrag genügt den Anforderungen nicht, insbesondere folgt daraus nicht die fehlende Erkennbarkeit,
von welchen Tatsachen das LSG ausgegangen ist (vgl BSG Urteil vom 14.3.2018 - B 12 KR 12/17 R - SozR 4-2400 § 7 Nr 34 RdNr 26). Die Tatsache, dass die Feststellungen des SG und der klägerische Berufungsvortrag in der Sache nicht übereinstimmen, zeigt lediglich auf, dass auch nach Darstellung des
LSG die Klägerin weder mit den Sachverhaltsfeststellungen des SG noch mit dessen rechtlichen Schlussfolgerungen einverstanden war.
c) Wenn die Klägerin die "unkommentierte" Wiedergabe ihrer Berufungsbegründung beanstandet, wird nicht deutlich, inwiefern
dieser Umstand zu einem Verfahrensfehler des LSG führen soll. Soweit die Klägerin damit sinngemäß einen Verstoß gegen den
Grundsatz des rechtlichen Gehörs rügen möchte, genügt die Beschwerdebegründung auch insoweit den Anforderungen nicht. Auch
mit dem Vortrag, das LSG habe berücksichtigen müssen, dass der Beigeladene zu 2. nicht durchgängig, sondern nur im Rahmen
von Einzelaufträgen für sie tätig gewesen sei, legt sie einen Verstoß gegen das Recht auf rechtliches Gehör nicht hinreichend
dar. Der Grundsatz der Gewährung rechtlichen Gehörs gebietet es nur, dass die Gerichte die Ausführungen der Prozessbeteiligten
zur Kenntnis nehmen und in Erwägung ziehen, es verpflichtet sie aber nicht, der Rechtsansicht eines Beteiligten zu folgen,
ihn also zu "erhören" (BVerfG <Kammer> Beschluss vom 8.4.2014 - 1 BvR 2933/13 - NZS 2014, 539 RdNr 13 mwN). Dass das LSG ihren Vortrag nicht zur Kenntnis genommen hätte, behauptet die Klägerin aber nicht.
Wenn die Klägerin vorträgt, das LSG unterstelle zu Unrecht, der Beigeladene zu 2. habe keine eigenen Geräte gehabt, rügt sie
damit im Kern die inhaltliche Richtigkeit der Entscheidung. Solches Vorbringen reicht indes nicht aus, um die Revision zuzulassen
(vgl BSG Beschluss vom 26.6.1975 - 12 BJ 12/75 - SozR 1500 § 160a Nr 7 S 10; BSG Beschluss vom 8.2.2006 - B 1 KR 65/05 B - juris RdNr 15 mwN; BSG Beschluss vom 10.3.2011 - B 1 KR 134/10 B - juris RdNr 10 f). Dasselbe gilt soweit die Klägerin meint, das SG (und ihm folgend das LSG) habe nicht davon ausgehen dürfen, dass eine durchgehende Beschäftigung vorgelegen habe.
d) Die Überlegungen der Klägerin zum Beweisverwertungsverbot der durch das Hauptzollamt sichergestellten Unterlagen sind nicht
geeignet, einen Verfahrensfehler des LSG aufzuzeigen. Weder hat sie schlüssig darlegt, dass die Unterlagen des Hauptzollamts
einem Beweisverwertungsverbot unterlägen noch, dass das angebliche Beweisverwertungsverbot im Strafverfahren gegen den Geschäftsführer
der Komplementärin der Klägerin auch im sozialgerichtlichen Verfahren der klagenden GmbH & Co. KG gegen die DRV Bund gelte
noch, dass dieser Verfahrensfehler nicht nach §
295 Abs
1 ZPO geheilt worden wäre (zur Geltung des §
295 ZPO im sozialgerichtlichen Verfahren vgl BSG Urteil vom 5.2.2008 - B 2 U 8/07 R - BSGE 100, 25 = SozR 4-2700 § 200 Nr 1, RdNr 68 mwN; BSG Beschluss vom 13.8.2018 - B 13 R 397/16 B - juris RdNr 11) oder dass die Entscheidung des LSG auf der Auswertung dieser Unterlagen beruhte. Die Klägerin weist vielmehr lediglich auf
Zweifel des Amtsgerichts an der Verwertbarkeit sichergestellter Unterlagen im Strafprozess hin.
2. Der Zulassungsgrund der Divergenz setzt voraus, dass der angefochtene Beschluss des LSG von einer Entscheidung des BSG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes (GmSOGB) oder des BVerfG abweicht und auf dieser Abweichung
beruht. Eine solche Abweichung ist nur dann hinreichend bezeichnet, wenn aufgezeigt wird, mit welcher genau bestimmten entscheidungserheblichen
rechtlichen Aussage zum Bundesrecht die angegriffene Entscheidung des LSG von welcher ebenfalls genau bezeichneten rechtlichen
Aussage des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG abweicht. Insoweit genügt es nicht darauf hinzuweisen, dass das LSG seiner Entscheidung nicht
die höchstrichterliche Rechtsprechung zugrunde gelegt hätte. Nicht die Unrichtigkeit der Entscheidung im Einzelfall, sondern
die Nichtübereinstimmung im Grundsätzlichen begründet die Zulassung der Revision wegen Divergenz. Sie liegt daher nicht schon
dann vor, wenn der angefochtene Beschluss nicht den Kriterien entsprechen sollte, die das BSG, der GmSOGB oder das BVerfG entwickelt hat, sondern erst dann, wenn das LSG diesen Kriterien auch widersprochen, also andere
rechtliche Maßstäbe bei seiner Entscheidung herangezogen hat (vgl BSG Beschluss vom 12.5.2005 - B 3 P 13/04 B - SozR 4-1500 § 160 Nr 6 RdNr 5 und BSG Beschluss vom 16.7.2004 - B 2 U 41/04 B - SozR 4-1500 § 160a Nr 4 RdNr 6, jeweils mwN).
Dem wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht. Die Klägerin hat weder sich widersprechende Rechtssätze noch aufgezeigt,
dass das LSG die Rechtsprechung des BSG nicht nur nicht beachtet oder unzutreffend angewandt, sondern auch in Frage gestellt hätte. Die Klägerin behauptet, das LSG
habe den Rechtssatz aufgestellt, dass ihr Wissen um eine mögliche Scheinselbstständigkeit im Baugewerbe und um die Möglichkeit
eines Statusfeststellungsverfahrens die Annahme bedingten Vorsatzes rechtfertige, und meint, es stelle dadurch das Wissen
um die Möglichkeit einer Beitragszahlung dem Wissen um das Bestehen der tatsächlichen und rechtlichen Verpflichtung zur Zahlung
gleich. Die Klägerin schließt aus Ausführungen des LSG zum Tatbestandsmerkmal "unverschuldet" in §
24 Abs
2 SGB IV auf einen Rechtssatz zum Tatbestandsmerkmal "keine Kenntnis von der Zahlungspflicht" (zur Unterscheidung vgl BSG Urteil vom 12.12.2018 - B 12 R 15/18 R - SozR 4-2400 § 24 Nr 8 RdNr 12 f, auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen ohne zu erklären, inwiefern beide Tatbestandsmerkmale gleichzusetzen sind. Damit legt sie schon den behaupteten Rechtssatz
des LSG nicht hinreichend dar.
Soweit die Klägerin beanstandet, das LSG habe nicht die vom BSG geforderte Prüfung des bedingten Vorsatzes im Einzelfall geleistet, es habe zu Unrecht von der Kenntnis von einer möglichen
Scheinselbstständigkeit auf bedingten Vorsatz geschlossen, legt sie keine fehlende Übereinstimmung im Grundsätzlichen, sondern
eine unzureichende Würdigung des Sachverhalts im Einzelfall dar. Die Behauptung, die Berufungsentscheidung sei inhaltlich
unrichtig, kann jedoch nicht zur Zulassung der Revision führen (vgl BSG Beschluss vom 26.1.2005 - B 12 KR 62/04 B - SozR 4-1500 § 160a Nr 6 RdNr 18). Eine Abweichung im Grundsätzlichen ist auch nicht mit der Behauptung dargelegt, dass das LSG entgegen der Entscheidung des
Senats vom 12.12.2018 (B 12 R 15/18 R - SozR 4-2400 § 24 Nr 8, auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen) schematisch vorgegangen sei. Auch insofern rügt sie lediglich die (vermeintlich) fehlerhafte Würdigung der Tatsachen im konkreten
Einzelfall.
Soweit die Klägerin das BSG mit dem Rechtssatz zitiert, im Rahmen der Statusbeurteilung nach §§ 7a, 7
SGB IV seien maßgeblich die Rechtsbeziehungen zwischen den Beteiligten, wie sie tatsächlich vollzogen würden, und die tatsächliche
Umsetzung, wie sie rechtlich zulässig sei, entnimmt sie den Entscheidungen des BSG zwar zutreffend das Prüfprogramm des §
7 SGB IV. Sie stellt diesem aber keinen Rechtssatz des LSG gegenüber. Soweit die Klägerin Ausführungen des LSG zur Zulässigkeit der
Beschäftigung nicht freizügigkeitsberechtigter Personen beanstandet, rügt sie die fehlerhafte Anwendung der Kriterien des
§
7 SGB IV im Einzelfall und keine Abweichung im Grundsätzlichen.
3. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab, weil sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung
beizutragen (§
160a Abs
4 Satz 2 Halbsatz 2
SGG).
5. Die Streitwertfestsetzung folgt aus §
197a Abs
1 Satz 1 Teilsatz 1
SGG iVm § 52 Abs 1 und Abs 3 Satz 1, § 47 Abs 1 Satz 1 und Abs 3 sowie § 63 Abs 2 Satz 1 GKG.