Im Rahmen einer Betriebsprüfung getroffene Feststellung einer Versicherungspflicht
Grundsatzrüge im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren
Gründe
I
In dem der Nichtzulassungsbeschwerde zugrunde liegenden Rechtsstreit streiten die Beteiligten um die im Rahmen einer Betriebsprüfung
getroffene Feststellung der Versicherungspflicht des Beigeladenen zu 2. aufgrund einer abhängigen Beschäftigung für die Klägerin
in der Zeit vom 4.7.2011 bis 23.11.2013 sowie eine daraus resultierende Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträgen in
Höhe von zuletzt noch 6 564,37 Euro (Bescheid vom 14.11.2016, Widerspruchsbescheid vom 26.4.2017). Das SG Karlsruhe hat die Bescheide der Beklagten dahingehend abgeändert, dass die Klägerin nur Beiträge zur gesetzlichen
Rentenversicherung und Arbeitslosenversicherung schulde; nach §
5 Abs
5 SGB V liege Versicherungsfreiheit des Beigeladenen zu 2. in der gesetzlichen Krankenversicherung und der sozialen Pflegeversicherung
vor (Urteil vom 11.5.2018). Das LSG Baden-Württemberg hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Bei Abwägung aller Umstände des Einzelfalls überwögen
die für eine abhängige Beschäftigung des Beigeladenen zu 2. sprechenden Gesichtspunkte. Wesentliches Gewicht komme insbesondere
dem fehlenden Unternehmerrisiko und der Weisungsabhängigkeit zu. Dass der Beigeladene zu 2. andere Auftraggeber gehabt habe,
mache ihn nicht zum Selbstständigen im Verhältnis zur Klägerin. Daneben könne der Beigeladene zu 2. - wie vom SG angenommen - im Verhältnis zu den anderen Auftraggebern als hauptberuflich selbstständig angesehen werden; eine selbstständige
und abhängige Beschäftigung im selben Tätigkeitsbereich nebeneinander schlössen sich nicht aus (Urteil vom 25.10.2019). Gegen die Nichtzulassung der Revision wendet sich die Klägerin mit ihrer Beschwerde.
II
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in der angefochtenen Entscheidung des LSG ist als unzulässig zu verwerfen
(§
160a Abs
4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm §
169 Satz 2 und
3 SGG). Die Klägerin hat entgegen §
160a Abs
2 Satz 3
SGG den allein geltend gemachten Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§
160 Abs
2 Nr
1 SGG) nicht hinreichend dargelegt.
Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine abstrakt-generelle Rechtsfrage aufwirft, die - über
den Einzelfall hinaus - allgemeine Bedeutung hat und aus Gründen der Rechtseinheit oder der Rechtsfortbildung einer Klärung
durch das Revisionsgericht bedarf (Klärungsbedürftigkeit) und fähig (Klärungsfähigkeit) ist. Mit der Beschwerdebegründung
ist daher aufzuzeigen, welche rechtliche Frage sich zu einer bestimmten Norm des Bundesrechts iS des §
162 SGG stellt. Hierzu ist anhand des anwendbaren Rechts sowie unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung und
des Schrifttums auszuführen, weshalb eine Klärung erforderlich und im angestrebten Revisionsverfahren zu erwarten ist. Schließlich
ist darzulegen, dass der angestrebten Entscheidung eine über den Einzelfall hinausgehende Breitenwirkung zukommt (vgl BSG Beschluss vom 17.4.2012 - B 13 R 347/11 B - SozR 4-2600 § 72 Nr 5 RdNr 17 mwN). Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung nicht.
Die Klägerin stellt die Frage,
"ob für den Fall, dass ein Auftraggeber (Klägerin) einen unstreitig hauptberuflich Selbstständigen (Beigeladenen zu 2) mit
denselben Arbeiten beauftragt, die er auch im Rahmen seiner selbstständigen Tätigkeit ausübt, auch diese Arbeiten dann als
selbstständige Tätigkeit qualifiziert werden müssen".
Dazu macht sie geltend, dass sich die Arbeiten des Beigeladenen zu 2. für die Firma S. GmbH & Co KG und dessen Arbeiten für
sie selbst nach Art, Inhalt und Umfang nicht voneinander unterschieden hätten. Art
3 GG gebiete aber gleiche Sachverhalte gleich zu behandeln. Der einzige Unterschied sei, dass sie den Beigeladenen zu 2. ab dem
1.4.2014 bis zum 15.1.2015 versicherungspflichtig beschäftigt habe. Allein dies könne jedoch nicht als Indiz dafür herangezogen
werden, dass auch die vorherigen Arbeiten im streitigen Zeitraum sozialversicherungspflichtig gewesen seien.
Damit hat die Klägerin bereits keine hinreichend bestimmte Rechtsfrage zur Auslegung und zum Anwendungsbereich einer konkreten
revisiblen Norm des Bundesrechts formuliert. Die Bezeichnung einer hinreichend bestimmten, aus sich heraus verständlichen
Rechtsfrage ist jedoch unverzichtbar, damit das Beschwerdegericht an ihr die weiteren Voraussetzungen der Grundsatzrüge prüfen
kann (BSG Beschluss vom 10.9.2014 - B 10 ÜG 3/14 B - juris RdNr 11 mwN). Eine Rechtsfrage ist so konkret zu formulieren, dass sie als Grundlage für die Darlegung der weiteren Merkmale der grundsätzlichen
Bedeutung (Klärungsbedürftigkeit, Klärungsfähigkeit, Breitenwirkung) geeignet ist (Voelzke in Schlegel/Voelzke, jurisPK-
SGG, 1. Aufl 2017, §
160a SGG RdNr 97). Insbesondere wenn - wie hier - ein Verfassungsverstoß geltend gemacht wird, muss die Rechtsfrage derart klar formuliert
sein, dass deutlich wird, welche konkrete Regelung als mit der Verfassung nicht in Einklang stehend erachtet wird. Daran fehlt
es hier. Vielmehr lässt sich die Frage als eine nach der Richtigkeit der Einzelfallsubsumtion deuten, die im Rahmen der Nichtzulassungsbeschwerde
von vorneherein irrelevant ist.
Selbst wenn eine Rechtsfrage zu §
7 SGB IV oder §
5 Abs
5 SGB V als aufgeworfen unterstellt würde, wäre jedenfalls deren Klärungsbedürftigkeit nicht dargelegt.
Zur Darlegung der Klärungsbedürftigkeit reicht nicht allein die Erklärung, dass das BSG "bisher keine entsprechende Entscheidung getroffen" habe. Denn eine Rechtsfrage gilt auch dann als höchstrichterlich geklärt
und damit als nicht (mehr) klärungsbedürftig, wenn diese zwar noch nicht ausdrücklich entschieden worden ist, aber schon eine
oder mehrere höchstrichterliche Entscheidungen ergangen sind, die ausreichende Anhaltspunkte zur ihrer Beantwortung geben
(vgl BSG Beschluss vom 30.8.2016 - B 2 U 40/16 B - SozR 4-1500 § 183 Nr 12 RdNr 7 mwN; s auch BSG Beschluss vom 28.11.2018 - B 12 R 34/18 B - juris RdNr 6). Das BSG hat bereits entschieden, unter welchen Umständen eine anderweitige Tätigkeit auch für andere Auftraggeber ein Indiz für die
Selbstständigkeit einer Tätigkeit sein kann (vgl BSG Urteil vom 4.6.2019 - B 12 R 12/18 R - juris RdNr 32; BSG Urteil vom 4.9.2018 - B 12 KR 11/17 R - BSGE 126, 235 = SozR 4-2400 § 7a Nr 10, RdNr 23; BSG Urteil vom 18.11.2015 - B 12 KR 16/13 R - BSGE 120, 99 = SozR 4-2400 § 7 Nr 25, RdNr 28). Die Beschwerdebegründung lässt jedoch eine substantiierte Auseinandersetzung mit dieser höchstrichterlichen Rechtsprechung
ebenso vermissen wie mit derjenigen zur Maßgeblichkeit des Gesamtbilds der konkret einzuordnenden Arbeitsleistung (vgl zB BSG Urteil vom 14.3.2018 - B 12 R 3/17 R - BSGE 125, 177 = SozR 4-2400 § 7 Nr 36, RdNr 12) und auch allgemein zu Art
3 Abs
1 GG.
Soweit die Klägerin auf die Vergleichbarkeit der Sachverhalte bei den verschiedenen Tätigkeiten des Beigeladenen zu 2. abstellt,
legt sie auch nicht dar, dass das LSG hierzu jeweils ausreichende Feststellungen zu allen für seine Einordnung wesentlichen
Punkte getroffen hätte. Nur dann wäre aber die Klärungsfähigkeit ihrer Frage gegeben. Ausführungen dazu wären schon im Hinblick
auf den Streitgegenstand des Berufungsverfahrens veranlasst, der die fehlende Versicherungspflicht in der Krankenversicherung
aufgrund einer hauptberuflich selbstständigen Erwerbstätigkeit nicht umfasst.
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab, weil sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung
beizutragen (§
160a Abs
4 Satz 2 Halbsatz 2
SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf §
197a Abs
1 Satz 1 Teilsatz 3
SGG iVm §
154 Abs
2, §
162 Abs
3 VwGO.
Die Festsetzung des Streitwerts für das Beschwerdeverfahren hat ihre Grundlage in §
197a Abs
1 Satz 1 Teilsatz 1
SGG iVm §
63 Abs
2 Satz 1, § 52 Abs 1 und Abs 3, § 47 Abs 1 und 3 GKG und entspricht der von den Beteiligten nicht beanstandeten Festsetzung durch das LSG.